Dienstag, 31. Dezember 2019

1685 Der Schriftsteller bei der Arbeit


Was kann ich an einem letzten Tag im Jahr schreiben, der zufällig festgelegt und „gemacht“ ist und an dem sich – soweit ich weiß – und wenn ich es geschwollen ausdrücken darf – kosmisch-energetisch nicht allzuviel abspielt – wie zum Beispiel am Frühlingsbeginn - wiewohl vielleicht der Massenwirbel heute Nacht auch eine paar Energien in Bewegungen bringen könnte – also, was schreib ich da?

Ein ganz gemütlicher Morgen. Mit Katze auf meiner Schreibhand. Das ist gut, denn so muß ich jeden Satze abwägen, weil ich ihn gegen das Gewicht des Tieres aufschreiben muß und so mir zu leichtes und seichtes Schreiben nicht der Anstrengung wert erscheint. Keine überflüssigen Sachen unter diesen erschwerten Bedingungen.

Jetzt düdelt ein Handy. Jetzt zischt der Milchschäumer der Kaffeemaschine. Jetzt düdelt wieder das Handy; und nocheinmal. Jetzt rattert das Mahlwerk der Kaffeemaschine und jetzt geht das ganze Gezische und Geklopfe los, mit dem der Kaffeetrunk erzeugt wird. Und jetzt Wassergepritschel. Jetzt kommt der zweite Kaffee dran, der für mich (zischen, mahlen, pfauchen, klopfen).

Ich warte auf die Photographin und den Kaffee; ich brauche Photos für das Album „Der Schriftsteller bei der Arbeit“.












(31.12.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


Montag, 30. Dezember 2019

1684 Die Kontrarzeit


Der Schriftsteller bei der Arbeit schläft immer wieder ein.
Kommt die Kontrarzeit, ist es damit vorbei.
Der Zug zu meinen Gehirnströmen bleibt immer wieder stehen.
Bläuliches Licht kommt von unten ins Gesichtsfeld herein, bleibt aber nicht. Schnell hat es sich verstrahlt.
Meine Dominenz läßt sich.
Mein Zugriffssystem läßt nach.
Wie bestellt und abgeholt.
Wann geht die Zukunft der SchriftstellerInnen prozessionieren?
Gemeinsam mit der Zunft der Hübschlerinnen?
Ich will nirgends dazu gehören.
Die ausgeblasene Kerze erzeugt Rauch.
Die Katze stößt ihr Glas mit Wasser um.










(30.12.2019)













©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1683 Orchester des Zeitalters der Erleuchtung


„Orchester des Zeitalters der Erleuchtung“ - ist mir im Aufwachen eingeschossen. Schon lange nichts mehr von ihm gehört. Aber das kann sehr wohl mit meinen unaufgeklärten Radio-Hör-Gewohnheiten zusammenhängen.

Was ist mit meinem inneren „Orchester der Tageszeit der Morgendämmerung“? Es surrt. Kraftvoll, hoch und nachhaltig hält es den monotonen Ton.

Das „Orchester meiner Körperteile und Organe“ spielt die Einschlafsymphonie – die ohne Paukenschlag – und ober mir donnert das „Orchester der aufgedrehten Wässer“ und rinnt das Wasser kalt/warm in der Badewanne zusammen. Unter mir drückt die Matratze weich gegen Hintern und Fußsohlen.

Aus der Küche scheppert das „Ensemble des Couverts et Vaiselles Modernes“ (habe auch erst im Wörterbuch nachschauen müssen und dann einen möglicherweise unerlaubten Plural genommen).

„Gesundheit!“ ruf ich der niesenden Dirigentin in der Küche zu (- ich bin nur der Zuhörer!).

Achja: und das „Orchester des romanischen Schweißes“!








(29.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1682 Das orangene Tuch


Dieses orangene Tuch, das meinen funktionsunfähigen Plattenspieler abdeckt – ganz genau genommen die Schachtel, die über ihn gestülpt ist – drapiert sich fast lüstern im Futur exakt. Und die magische Raupe auf dem kleinen Bild erinnert an die früheste Wahrnehmung (und daran, daß es für mich Zeit wäre, mich endlich zu verpuppen um als ausgereifter, wesentlicher Schmetterling endlich zu schlüpfen). Mein Kopf fällt wegen meiner Verschlafenheit immer wieder zur Seite. Vom Einschlafen bedroht schließe ich die Augen und drücke meine Zunge auf das Gaumendach; dort sollen große Mengen an Energie zu holen sein; Traumenergie vielleicht.

Bei geschlossenen Augen bin ich tatsächlich in einer ganz anderen Wohnung, aber bevor ich alles besichtigen kann, bin ich wieder retourgebeamt. Ich klicke meinen Kugelschreiber aus und stierle mit dem so verlängerten Druckknopf in meinem rechten Ohr. Dann klicke ich ihn wieder ein und schreibe dieses Ereignis auf. Der Schlaf hängt immer noch über und an mir, aber ich liebe es, so im Bett zu hocken und immer wieder einzunicken.

Dann lege ich mich flache, strecke meine Glieder und genieße es, von der warmen Bettdecke bis zum Hals eingehüllt zu sein, was mir innere Ruhe verschafft und mich davor bewahrt, in meine einzelnen Teile zu zerfallen.








(28./30.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1681 Unbegreifliche Schwäche


Wegen einer mir unbegreiflichen Schwäche – und was mir dazu noch am ehesten einfiele, will ich nicht gelten lassen – habe ich mich um drei Uhr Nachmittag hingelegt. Das Surren arbeitet wie wild – als wäre ich unter Drogeneinfluß – dabei habe ich am Morgen nur zwei Tassen dünnen Kaffee getrunken – ja, dieses Surren hüllt mich regelrecht ein und ruckt und reißt an mir herum in unerwarteten Stößen und Sprüngen, als wolle mich jemand wie einen Zaunstipfel ausreißen, und reißt hin und her. Das Zucken läuft dann physisch durch Wahrnehmung und Körper.

Früher kannte ich so ähnliche Zustände nur im hohen Fieber. Wie Windstöße geht das Surren auf mich los. Vorhin, in Bus und Straßenbahn war mir ständig etwas übel, als vertrüge ich das Fahren überhaupt nicht mehr. Sagt mir, was los ist!

Die markanten „Richtungs-“ und Geschwindigkeitswechsel der Surrattacken sind von einem leicht überhörbaren Schnalzen und Kleschen begleitet, das mich immer aufschrecken läßt. Und jetzt kommt wieder der leichte, aber lästige Schmerz in der rechten Ferse, etwas, das mich in letzter Zeit öfters heimsucht. Meine Achillesferse, obwohl ich weit davon entfernt bin, ein Achill zu sein.

Und mein Surren, als wäre es körperlich, hüllte mich als Substanz ein und könnte zucken. Was zum Teufel ist los mit mir?

Ich wickle mich bis zum Hals in die Bettdecke, um meinen Körper und mein ausbrechendes Surren beieinander zu halten, daß nicht einzelne Energiekluster oder sonstige Teile des Körpers und der Seele auf Reisen gehen oder gar auf Nimmerwiedersehen abhauen.










(26.12.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1680 Gott segne die Lesenden


Gott segne die Breiesserinnen! Nachdem ich ihnen meinen Doppelsegen (mit beiden Händen gleichzeitig) verpaßt und anderes im Bad erledigt habe, gehe ich wieder zu Bett.

Während die Katze schnurrt beziehungsweise raunzt, wenn ich aufhöre, sie zu streicheln, blicke ich auf den in einem mönchsbuddhistischen gelben dramatische Falten werfenden Tuch gehüllten funktionsuntüchtigen Plattenspieler: zur Zeit ist er für nichts. Das stört mich jedoch nicht; ich wüßte nicht, wann ich hier Musik hören könnte.

Das Wetter draußen vor der Tür ist schön – wie man so sagt – laß ich mir berichten. Das heißt wahrscheinlich Aufstehen und Ausflug, keuchend unter Schmerzen kraulend das Bett verlassen. Im Traum hat mir ein reicher Schnösel durch ein kleines Fenster hereingesagt, daß ich schiach wohne! Gut, ich bin auch mit dem Aufbauen einer Holzwand um meinen Computerplatz herum nicht weitergekommen. Sonst hätte er mir das gar nicht sagen können.

Gott segne die Lesenden, vor allem die lesenden Frauen. Eine von denen beobachte ich eindringlich (eindringlich!): die Neigungen und Drehungen des Kopfes, die Augenbrauen über den lesenden Augen, die für mich hier wie zu ausschauen. Den Ausdruck des geschlossenen Mundes, die Gesten und Bewegungen der linken Hand im Gesicht; die durch die Verrückungen des Kopfes verursachten Veränderungen der Haarpracht. Das kurze Nasenbohren der Protagonistin, das Niedersinkenlassen der Zeitung, den Griff zum Tee, zum Handy, das Wischen mit edel gespreizten Fingern, ihr wartender Blick (leicht fragend; so gut kennt sie sich mit ihrem Gerät auch wieder nicht aus), ihr leises Lachen, als sie sich nach rechts beugt und ihrer für mich aus meiner Alkoven-Perspektive nicht sichtbaren Tochter am Handy ein Bild zeigt, deren leises Lachen wiederum ich so nicht sehen, aber hören kann.
Das breite Grinsen während dem sie in renaissance-kunsthafter Hand- und Fingerhaltung ihr Handytippen vollzieht. Ihre Blick- und Konzentrationsstabilität. Ihr Schweigen. Ihr Teenehmen und trinken. Jetzt ihr Flüstern mit ihrer (und meiner) Tochter (obwohl ich im Bett gar nicht schlafe, aber es ist mir recht!). Ihr im Gegensatz zu meinem entschiedeneres Profil, als sie sich dreht und jetzt auf der Couch liegend Zeitung liest. Und wieder diese adelige Handhaltung der die Zeitung haltenden Hand.
Oder sind diese manierierten Handhaltungsdarstellungen der Renaissancekunst in Wirklichkeit alltäglicher als ich bis jetzt angenommen habe?











(26.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1679 Mittagsschlaf


Ich muß schon ziemlich verschroben sein, wenn ich zu unserer Katze „mein Täubchen“ sage. Sozusagen auf den russischen Spuren des Tschudo Judo („und was ist mit der Schönheit?! Pustekuchen mit der Schönheit!“)

Der Dachfirst wird immer dunkler und abstrakter und schließlich ist er eine schwarze Krähe (Vrana) und fliegt auf. Das ganze Gebäude fällt auseinander und löst sich auf.

Die zweite Zeile macht Schwierigkeiten. Streck ich mich bis zum Notizbuch durch, ist die Zeile weg. Schaffe ich es zu ihr zurück, ist das Notizbuch außerhalb meiner Reichweite.

Eine riesige Seelandschaft, aus der die Dächer der überschwemmten Hütten herausragen.

Ich muß mich zum Mittagsschlaf flach legen, die Augen fallen mir andauernd zu.










(24.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1678 Schöne Phantasien im Morgengrauen


Schöne Phantasien im Morgengrauen.









(22.12.2019)








©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1677 2:55


Jetzt haben wir 2:55 in der Nacht. Ich bin neugierig, ob mich die Katze in einer Stunde wieder aufwecken wird oder ob sie mich schlafen läßt. Gnädig: 6:40










(21./22.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Samstag, 21. Dezember 2019

1676 Meine Glückseligkeit


Nach dem Frühstück sitze ich alleine unten mit Blick durch Wohnzimmer und Küche zur Badezimmertür. Das Wohnzimmer ist eher im Dunkeln, denn draußen ist es grau, noch dunkler ist es im fensterlosen Durchgang zur Küche, an der Stiege zum oberen Stock vorbei. Die Küche selbst ist hell erleuchtet; obwohl von einer Ledlampe ist das Licht doch noch gelb genug, um dieses anheimelnde Gefühl zu vermitteln, dieses Gefühl „hier ist ein Haus, eine Hütte, ein Ort der Sicherheit und Geborgenheit“. Das muß eine uralte, schon ewig gespeicherte Prägung, ein uraltes Muster sein, denn viele der Traumata des zwanzigsten Jahrhunderts werden sich in dem noch gelberen, wärmeren Licht der alten Glühbirnen abgespielt haben.

Zwei Meter vor mir steht schon der leere Christbaum voller schöner, üppiger Zweige; die Nadeln glänzen im grauen Tageslicht weißlich.
Der Geschirrspüler spult und spült sein Selbstreinigungsprogramm ab, und es klingt, als würde der rotierende Wasserspender ans Geschirr streifen, aber das tut er nicht, denn das Gerät ist leer.

Mein Gott! (oder wer oder was auch immer), ich erlebe bei diesem Blick in die nicht zu fett gelbe Küche und mit dem monotonen Geräusch des innen rotierenden Geschirrspülers so etwas wie eine kontemplative Glückseligkeit. Nicht ganz schmerzfrei (wie es sich gehört), aber so, daß ich sagen kann: verweile Augenblick, du bist so schön (bei diesem Zitat kann mich nichteinmal der Gedanke an diesen mißratenen, völlig überschätzten deutschen Affenarsch von meiner Glückseligkeit abbringen).

Ich weide meine Augen. Lange sitze ich da und schaue bloß.

Jetzt singe ich noch „Nun komm der Heiden Heiland“, aber weil ich den meisten Text vergessen habe, auf „dü dü dü“. Da kann ich auch leichter jazzmäßig variieren und auszieren. Und mein Glück weitet sich akustisch und in meinem Brustkorb.
Dabei lümmel ich lässig auf der Couch und habe die Füße auf dem Beistelltisch ausgestreckt.
Zum leichteren Variieren wechsle ich auf „ninini“ und „hühühü“, „lalala“ - „popopo“ (Trompete).
„dududu“
„nnõnnõnnõ
„bababa“  „wawawa“
„lololo“ (bei fast ganz geschlossenem Mund)
„didiridilala“
„ßoßoßo“
„nionionio“
„blblbl“
tam-tam-ram-tam“; „tam“ Pause „tam“ Pause „tam“ Pause (a là Baß)
„hãhãhã
„aaaaa“ (mit Knarrlauten dazwischen/daneben)
„tǔtǔtǔ“ (mit ganz schmalem Mund)
„hmhmhmhm“ (Mund zu)
gepfiffen (schlecht gepfiffen)
„lolololololololo“ (Zunge tanzt im möglichst hohl geformten Mund schnell hin und her)
„nǖnǖnǖnǖnǖnǖnǖnǖ

Ich stehe auf und gehe beim Singen herum und meine Freude wird immer größer. Dann zünde ich – immer noch singend – die Kerzen des Adventkranzes an; und zwar alle vier. Alle vier, weil ich jetzt um ein Uhr Mittag – meine Glückseligkeit in Hochform – diesen dämmrigen Tag zum Abend honoris causa erkläre, und somit – mit dem Samstagabend nämlich – liturgisch der vierte Adventsonntag begonnen hat. (Das ist mir sowieso wurscht!) (Daß der Samstagabend liturgisch zum Sonntag gehört, konnte ich in meiner Familie nie durchsetzen, und so durften wir nie am Samstag Abend schon Adventsingen, auch wenn es zeitlich und Familien-Versammlungs-technisch besser gepaßt hätte.)

Und so gehe ich in den unteren Zimmern und Küche bis ins Bad singend herum, meinen Gesang vom Heidenheiland in Varianten variierend, die ich niemals sprachlich und schriftlich wiedergeben kann. Ich halte kurz inne und überlege, ob ich auf ein anderes Adventlied umsteigen soll. Ich zögere – was-weiß-ich: irgendeiner Reinheit oder eines Purismus wegen? - dann nehme ich „es wird scho glei dumpa“ - nur ohne Text gesungen. Und dann bald darauf das andere, westfälische „Oh Tannenbaum“ - das eines der schönsten Advent- und Weihnachtslieder ist und das ich besonders liebe. Hier singe ich – wie immer, wenn ich es allein singe – die erste Strophe erste Stimme, die zweite in der zweiten Stimme, die dritte wieder in der ersten. Die zweite Strophe singe ich mit Text: „warum soll ich nicht grünen, da ich noch grünen kann; ich hab nicht Mutter noch Vater, der mich versorgen kann“. Und beim zweiten Mal singen nehme ich auch die dritte Strophe mit Text: „Und der mich kann versorgen, das ist der liebe Gott [=Nagual], der läßt mich wachsen und grünen, drum leid ich keine Not“ (stimmt, auch wenn das Nagual ganz abstrakt ist).

Und dann gehe ich über zu „Nun lobet Gott (=Nagual) im hohen Thron“ (ohne Text), ganz egal, daß das dem abstrakten Nagual völlig gleichgültig ist, es es nicht braucht und das Bild falsch ist; es dient nur mir und dem Ausdruck meiner Seligkeit.

Das kann mich aber nicht daran hindern, während des singenden Herumgehens aus dem Fenster und einer unten auf der Straße vorbeigehenden Frau auf den Hintern zu schauen, während ich mit meinen Händen auf den Abdeckblechen des Heizkörpers  einen wirklich coolen Rhythmus klopfe.

Allmählich kippt meine Glückseligkeit jedoch eindeutig in einen Rausch - den Kaffee als Droge darf ich auch nicht ganz außer Acht lassen – und nach einer gewissen Zeit bin ich vom Singen und Glücklichsein ganz erschöpft. Das macht nichts! Ich habe meine Adventfeier gehabt! Jetzt kann mir Weihnachten nichts mehr anhaben.










(21.12.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1675 Schon elf!



Oh! Schon elf! Die Katze hat mich mit Mühe, aber großer Ausdauer aufgeweckt. Jetzt zum dritten Mal. Das erste Mal um drei Uhr zwanzig, das zweite Mal so um sieben Uhr achtunddreißig und eben jetzt. Sie schaut mich starr, erwartungsvoll, angespannt und auffordernd an, weil ich nicht hinunter gehe zu ihrem Eßplatz, sondern immer noch im Bett bin (und schreibe).








(21.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1674 Das genügt


In Einsamkeit und Freiheit! Peter, allein zu Haus! Nicht vergessen, sondern absichtlich. Ich habe mich schon lange gefreut, habe Russen und Teufelsroller gekauft, Spagetti und Sugo. Das genügt.









(20./21.12.2019)









©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 20. Dezember 2019

1673 Na dann!


Halb fünf in der Früh! (Kacke! Äääh: Katze!) Im Traum war ich beim Pumpernig, der für Rapid (!) gearbeitet hat! Undenkbar! Ein Grazer Sturm … also da hat sich die Traumregie vertan! Aber so was von vertan!

Oder im Jenseits? Wo er ja schon ist! Haben sie ihn dort …? Fegefeuer? Und der edle Konzern, bei dem er auch, zugleich oder abwechselnd arbeitet? Auch Bestrafung? In der Musikabteilung für Kopfhörermusik?

Jetzt lache ich kurz auf! Hast nicht bald von den Frage- und Ausrufungszeichen genug? Ja! Doch! Na dann!








(20.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1672 „Rettet aussterbende Wörter“


Mach ich mich anheischig, der hauseigene Hofnarr oder zumindest Kabarettist zu sein? Das schreibe ich jetzt hin, weil ich vor ein paar Tagen auf der Seite der Facebookgruppe „Rettet aussterbende Wörter“ den Eintrag „sich anheischig machen“ gelesen habe, mit der Bemerkung der Posterin, daß dieses Wort auszusterben drohe, es aber um es nicht schade wäre (oder so ähnlich). Ich mußte natürlich sogleich darauf behaupten, daß mir dieses Wort gefalle – was ich bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht wußte – und sofort ankündigen, daß ich das Wort demnächst in einem Text verwenden werde – nicht ohne mit dem Text-Verfassen ein wenig angeben zu versuchen (Oida! Auf der Seite! Da tummeln sich doch die Schreiberinnen!), ja, ich habe regelrecht vor meinem inneren Forum das Gelübde abgelegt, dieses furchtbare Wort zu retten, und seit dem überlege ich mir halbwegs brauchbare Anwendungen für das Wort, oder richtiger: die Wortgruppe.
Nun, das ist mein erster Versuch.

Also: mache ich mich anheischig, der hauseigene Hofnarr oder Beziehungskabarettist zu sein?

Jetzt muß ich zugeben, daß ich mir gar nicht mehr so sicher bin, die exakte Bedeutung dieses Wortes und ihres Anwendungsfeldes wirklich zu kennen. Gut, das könnte mit jedem Wort passieren. Was weiß ich: nehmen wir: ich. Das Wort ich. Wenn ich es länger meditiere und nur lang genug vor mir stehen habe, weiß ich nicht mehr sicher, was es bedeutet und auch nicht mehr, wer oder was ich bin. Trotzdem werde ich „anheischig“ nachschauen müssen. Aber jetzt stehe ich nicht mehr auf. Ich habe gelüftet und im Zimmer ist es kalt. Mir ist sogar im Bett kalt, besonders an den Füßen. Außerdem ist es nach Mitternacht und ich will meine acht Stunden Schlaf. Schrammt mein erster Anwendungsversuch am Bedeutungskern vorbei? - frage ich mich noch beim Einschlafen.












(19./20.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 19. Dezember 2019

1671 Der Geschirrspüler


Den Kopf nach vorne gekippt – Kinn bis zur Brust geht nicht – blicke ich in optischer (nicht optimistischer) Schlangenlinie über den Brillenrand bis zum Handtuch neben der Abwasch. Ich sitze nämlich – wer nämlich mit h schreibt ist dämlich – auf der Rückseite des Wohn- und Tageskinderwohnzimmers, das Handtuch hängt an der Rückseite der gegenüberliegenden Küche neben dem Türstock der offenen Badezimmertür. Würde ich bis ins Badezimmer hinein blicken wollen, wäre es optimal (nicht optimistisch), auf der Couch ein Stück weiter rechts zu sitzen.

Der Geschirrspüler dreht und spült in seinem beruhigenden Rhythmus – er hat schon kleine Unregelmäßigkeiten eingebaut – aber jetzt hält er inne, macht nun was anderes, wechselt vielleicht das Wasser, dann tut er anscheindend nichts, knackst, tut nichts. Denkt er nach? Macht er Pause? Zündet er sich eine an? Jetzt gurgelt er einmal, zweimal, knackst nocheinmal und still. Kein Laut.
Fertig ist er noch nicht. Höchstens mit den Nerven. Kaputt ist er auch nicht – da bin ich mir sicher! Das sagt mir der Hausverstand!

Vielleicht träumt er? Oder er schickt gerade seinen Traumkörper in anderen Dimensionen herum? Sagen wir … in der fünften (The 5th Dimension, beim Aquarius), das wäre die dritte Welt von unten gezählt (oder von oben? So gut kenn ich mich nicht aus!).

Jetzt sagt er: „tock!“ Zumindest habe ich es so verstanden. Und still ist er, der Geschirrspüler.

Vielleicht meditiert er und sammelt seine Kräfte für die nächste Runde. Nimmt sozusagen Anlauf für sein nächstes Manöver. Oder geht im Geist seinen Parcours durch wie der Marcel Hirscher den zweiten Slalomdurchgang.

Nichts.

Das dauert.

Jetzt geh ich besser nachschauen.

Er startet wieder mit Brummen und Burren, und surrt fast schon so gut wie mein Innenohr (oder Kopf? Keine Ahnung, wo mein Surren sitzt!) Ich vermute trocknen. Er trocknet jetzt das Geschirr ab.  Bevor er auf blöde Gedanken kommt und mich um Mithilfe angeht, lauf ich lieber hinauf und verstecke mich hinter meinem Laptop und im Internet.










(19.12.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1670 Unverbesserlich


Ich bin im Fernsehen. Zwar nur als dunkle Spiegelung im ausgeschalteten Apparat, aber ich kann mein kleines Köpflein im finsteren Bild erahnen, die Brille, die Glatze, die Andeutung einer Nase, wenn ich den Kopf nach links drehe auch eine Andeutung von Ohr. Und den weißen Ziegenbart. Dahinter eine Leiter (– die Himmelsleiter wird es nicht sein), vertikal geschlichtete Bilder.

Aus diesem Fernseher habe ich schon Josef und Maria gesehen, Jesus von Nazareth (נָצְרַת), seine Apostel, Maria von Migdal (מגדל), den Teufel, den Täufer, Engel (ich bin gerade bei Pasolini). Die alle und auch die, die ich nicht genannt habe, haben mehr Licht ausgestrahlt als ich.

Und mein Auftritt bei der SERENADA CON MODA (Notburga Coronabless/ Peter Battisti; www.youtube.com/watch?v=QW2uP0uSiRQ )?
Nicht auf diesem Bildschirm – bei allem, was ich mich erinnere.

Ein ziemlicher Spießer, der da verschwommen herausschaut. Ohne Bart könnte es auch der Eichmann sein. Aber das macht nur die Brille und die Glatze!

Jetzt sehe ich im Fernseher eine Katze auf der Rücklehne einer Couch, die ihren Kopf an den eines alten Mannes reibt und ihm manchmal auch die Haare, sein restliches Fell putzt.













(19.12.2019)













©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com




1669 Wohin geht die Reise?


Mein Atem dreht sich noch ein paarmal im Brustkorb und rasselt dort ein wenig.
Dann ist Sendepause, denn mein Geist erinnert sich an seinen Schrecken.

Was ist, wenn alles ganz anders ist, als ich es sehe? Vor allem mein Leben? Wenn ich mir die ganze Zeit eine eitle Version zusammenlüge? Wenn meine Liebe zum Zwischenstadium zwischen Traum und Wachen dem leichteren Selbstbetrug dient? Wenn meine Schreiberei nicht für Selbsterforschung und Beobachtung, sondern für Manipulation und Trickserei steht? Und für eine Angeberei, die selber nicht merkt, wie deplatziert, auffällig und selbstentlarvend sie ist? Und meine Formulierungen dem Geschnörksel auf Tand gleicht und meine Freude darüber dem Gekicher eines echten Idioten?

Ich fürchte, wenn ich runtertauche, könnte ein Stein auf mein Auge fallen.

Es geht um den Kern! Ist in mir eine unkontrollierte Kernspaltung im Gange? (siehst du! Ich lenke ab! Ich blase auf! Ich verneble, werde pathetisch und ungenau!)

Ein Geist, der nicht arbeitet, sondern bloß spazieren geht. Ein Herz, das nicht liebt, sondern bloß pumpt. Eine Seele, die nicht fühlt, sondern bloß wandert. Ein Leib, der nicht lebt, sondern bloß vegetiert als Corpus delicti (seht ihr! Was habe ich vorher gesagt!). Ein Humor, der bloß Schmäh führt. Ein Ernst, der bloß finster dreinschaut. Ein Schwanz, der bloß als Nabelschnur gebraucht wird. Eine Selbstbezichtigung, die bloß der Abwehr von Kritik dient. Offenbarungen, die bloß für eine Täuschung herhalten müssen. Freundlichkeit, die als Falle ausgelegt wird. Honig, der nur ums Maul geschmiert wird. Sätze, die bloß zur Verwirrung geschrieben werden.

Weiß man schon, wohin die Reise geht? Nañ? Stell ma sich a bissl blöd?









(19.12.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 18. Dezember 2019

1668 Etwas anderes


Und? Gibt es etwas zu notieren? Eine Mittags/Nachmittagsnotiz wäre etwas selteneres. Nebenbei: die Kleinschreibung von – in diesem Fall: „selteneres“ nach „etwas“, die ich stur durchziehe, weil von meinem Sprachgefühl her „etwas“ Subjekt oder Objekt ist und – in diesem Fall - „selteneres“ das Adjektiv, kommt mir gegen meinen Willen immer absurder vor. Aber „eine Nachmittagsnotiz wäre selteneres“? Oder erst recht: „eine Nachmittagsnotiz wäre seltenes“ - eindeutig!? Wird nicht groß geschrieben? Und „Gibt es Selten zu notieren?“ gibt es gar nicht. (Obwohl: das einzuführen würde mich fast schon wieder reizen!)
Das Ganze hat etwas; das Ganze hat etwas sich-im-Kreis-drehendes. Das Ganze hat Sich-im-Kreis-Drehendes. Jaaaa. Ich weiß nicht!
Und „etwas“ als Adjektiv? Etwas, etwasser, am etwassesten? Ein etwasser Mann, eine etwasse Frau, eine etwasses Kind?

Also!? „Etwas“ ist bei mir das kleingeschriebene Hauptwort und das beigefügte (Wort) schmückt es aus.
Die Kleinschreibung von „etwas“ will ich aber beibehalten!

Machen wir jetzt etwas anderes!









(18.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1667 Eindeutig Tauben


Ein heller Morgen, und sogar Sonnenlicht kündigt sich an. Zwei Krähen sitzen auf dem Rauchfang.
Das Sonnenlicht kommt.
Das Sonnenlicht ist da.
Das Geäst bleibt vorerst noch im Schatten.

Wenn die zwei Vögel am Rauchfang aber Tauben sind? - ich kann Größe und Entfernung schwer abschätzen – dann bin ich wiedereinmal meiner Angeberei aufgesessen. Obwohl der Himmel angeblich mit Tauben signiert.
Die zwei Vögel bewegen sich wenig, darum kann ich auch ihre Bewegungen schwer deuten. Eine geht: eindeutig Tauben!
Nein, so eindeutig ist es nicht.
Jetzt bewegen sie sich so, daß ich sie immer schlechter sehen kann: sie gehen zur von mir abgewandten Kante des Rauchfangplateaus. Eindeutig Krähen.

Oder doch Tauben? Tauben!
Es ist auf jeden Fall ein Pärchen; das kann ich sagen.
Ja, Tauben! Turteltauben.

Das Sonnenlicht hat inzwischen die ersten Äste angefaßt.

Die Vögel kommen jetzt auf die Seite, die mir zugewandt ist: eindeutig Tauben. Endlich konnte ich ihre ganzen Gestalten sehen. Eine stolziert schön sichtbar auf und ab. Tauben!

Und weg! Den Abflug habe ich verpaßt.

Und wieder bin ich dabei im Sessel eingeschlafen. Ich bin doch gerade erst aufgestanden und habe sicherlich genug Schlaf gehabt.









(18.12.2019)









©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1666 Ein Juckreiz


In mir schaukelt noch der Wellengang vom Stiegensteigen nach. Nur langsam beruhigt sich mein Herz unter Seufzern. Ein Druck drängt sich von innen an die Stirn. Die Augen flattern, obwohl sie geschlossen sind. Die Rückseiten meiner Oberschenkel kribbeln bis zum Hintern runter (ich halte die Knie angezogen). Ein Juckreiz wandert über meine Schädeldecke und breitet sich so immer weiter aus. Mein Gesicht bewegt sich ganz von innen und meine Maske wird dabei deformiert.

Die Rationalität und das Glück hinter allem suchen. Es war der älteste Sohn - der, der gehen soll – der das kapiert hat, aber nicht wissen darf.
Einen hohen Buchpreis erzielen (Einkommen oder Ehrung?). (Beides!)
Nicht das falsche Haustier!
Meine Kopfhaut mit all den daran hängenden Phänomenen zieht nach vorne.
Die Nachbarbuben mit ihren Weibern im Stiegenhaus.
Neues Gewicht rechts an meiner Seite.

Wer ohne Geld unterwegs ist, ist ohne Potenzial und ohne Potenz unterwegs.










(18.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1665 Ich mische mich nicht ein


Vorne surrt es hoch, schmal, spitz und scharf. Dahinter rauscht es leiser, breit, tiefer, weicher.


Ich werd' mich hinleg'n und die Seele fliegen lassen, wohin sie will. Ich mische mich nicht ein.









(17./18.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


Dienstag, 17. Dezember 2019

1664 Es kann nur an mir liegen


Ich schaue wiederum in die graue Welt. Kein Wind, keine Brise bewegt auch nur ein Zweiglein. Unruhe kommt nur von Lärm. Aber mein Blick hält dem stand. Eine stumme Gestalt bewegt sich durchs Bild, dann ist alles wieder unbewegt.

Heute stehe ich nicht aus dem Sessel auf, als Gegenleistung kippe ich fast um und knicke fast ein, vergeblich kämpfe ich gegen den Schlaf.

Der Lärm aus dem Badezimmer bearbeitet vor allem meinen Hinterkopf. Die Augen fallen mir wieder und wieder zu. Ich verliere den Kontakt zu dem Anblick draußen. Die Katze meldet sich, aber ich weiß nicht, was sie will.

Habe ich den Anblick vor mir schon leer geschrieben? Das ist unmöglich! Jedes Atom, jedes Fünkchen dort hat noch viele Milliarden Intensitäten.

Nein, es kann nur an mir liegen, an meiner Leere; will sagen: an meiner Herzensverhärtung, an meiner Wahrnehmungsträgheit, vielleicht – aber so etwas kann ich nicht seriös behaupten – einfach an meiner Müdigkeit.










(17.12.2019)














©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1663 Rauschende Feste


Ich habe von rauschenden Festen geträumt, gemeinsam mit Freunden und deren Freunden und russischen Freunden, noch in der alten Wohnung meiner Eltern in der Buwogsiedlung.
Wild ist es zugegangen, wirklich wild. Und das alles mir zu Ehren.

Mein Herz noch erfüllt vom und begeistert fürs geile Fest versuche ich nun die aktuelle Traumbotschaft zu lesen, aber es geht nicht; meine innere Konzentration reicht nicht aus.
Ich flüchte wieder in den Schlaf.








(17.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1662 Ich bin einfach jemand der schreibt


Ein arbeitsreicher Tag ist abzuschließen. Und? Bist mit deinen Texten zufrieden? Es geht. Ich stelle ja keine hohen Ansprüche. Ich komme ja auch kaum mit der hehren und heiligen Literatur daher. Ich bin einfach jemand der schreibt. Und es ist für meine seelische Gesundheit gut zu brauchen. Von mehr weiß ich nichts.

Das Surren, sobald ich mich auf die Stille einlasse, scheint sich gesteigert zu haben; jetzt höre ich schon zwei Schallquellen in unterschiedlichen Tonhöhen heraus. Und es ist etwas wahnsinniges dazugekommen. Fast könnte es mir Angst machen, aber es macht mir keine Angst. Weil ich es so entschieden habe.










(16./17.12.2019)














©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 16. Dezember 2019

1661 Der verschwundene Staub


In meinem Zimmer ist alles ungewöhnlich klar, als hätte ein Gewitter die Luft gereinigt. Alles ist von klarer Gestalt und die Konturen sind scharf. Das gilt auch für die Bilder an der Wand, besonders für das ganz rechts. Selbst das Surren ist sehr schrill und außerordentlich scharf.

Als gäbe es keinen Staub in meinem Zimmer, aber das kann nicht sein! Hat meine Frau … oder meine Tochter heimlich? Nein, nein.

Ich warte darauf, daß sich irgendetwas offenbart und zeigt und deshalb blicke ich suchend im Zimmer herum, ob irgendwo eine Botschaft versteckt ist, denn das kann alles kein Zufall sein!

Hat jemand heimlich die Fenster geputzt? Das kann und darf nicht sein!, darum erhebe ich mich nicht vom Bett um zum Fenster zu gehen. Schon längst ist es wieder finster draußen. Auch die Bilder und Zettel, all das an die Wand Gestiftelte und Getackerte hängt viel akkurater und glatter als sonst.

Wurde mir von den kosmischen Mächten ein Schleier vom Gesicht weggezogen? Haben sie hier geputzt? Oder im Gegenteil: haben sie mir gnädigerweise einen Wahrnehmungsverschönerer verpasst? Steh ich unter mir unbekannten Drogen? Irgendeine kumulative Wechselwirkung zweier Nahrungsmittel zum Beispiel oder eine krasse Mischung von Weiß-der-Teufel-was mit meinen Medikamenten? Hat sich eine jahrelange Verschleimung gelöst, die mein Geschau jahrelang getrübt hat? Oder umgekehrt? Wie kann bei klarerem Sehen Staub verschwinden?

Ich könnte es auch von der anderen Seite her angehen: was genau meint der Wiener Ausdruck „schaasaugert“?

Dann bin ich eingeschlafen und erst gegen sechs Uhr Abend wieder aufgewacht.









(16.12.2019)









©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1660 Die Lobauquerung


Als ich hinuntergehe, begrüßen mich die Tageskinder lieb und freundlich, und ich grüße dankbar zurück. Sie sind gerade angekommen und ich gehe mit Rucksack und den Walkingstecken ins Vorzimmer und meine Frau sagt: “ah, das sieht frisch aus!“ Ich habe diese unnötige, aufmunternde, affirmative und pädagogische Bemerkung an meinem Ärger und an meiner Arroganz abprallen lassen, sonst wäre ich umgedreht und in mein Zimmer zurück. Denn ich will weder Optimismus noch Frische beweisen – ich bin sowieso ein Feind der hausfräulichen Frischeideologie! Ein Brot zum Beispiel schmeckt besser, wenn es nicht mehr ganz frisch ist.

Ich will nur durch dichten Nebel gehen, die Welt im Nebel in ihrer Aufdringlichkeit sehr heruntergedämpft, die Spitzen der Alltagsaggressionen aufgeweicht, ich will nichts von „Und die Morgenfrühe, das ist...“-Fröhlichkeit und niemandem nichts beweisen.

Was die „pädagogische Intervention“ (auch so eine Art doppeltes Deppenapostroph?) betrifft, gilt das Gesagte gegebenenfalls auch für meine Interventionen, auch meinen Töchtern gegenüber.

Als ich dann endlich in der Lobau angekommen bin – ich vergesse immer wieder den kürzeren Weg über die U2 – hat sich der Nebel schon zu einem Hochnebel gehoben, der sich an manchen Stellen bereits zu lichten beginnt, und der Lärm der Stadt und vor allem der Flugzeuge des nahen Flughafens ist zu laut. Trotzdem wird mir die kleine Wanderung gut tun (so muß man doch denken! Zu denken: „wäre ich daheim geblieben“ ist ein Tabu in unseren Zeiten. Das muß einfach gesund sein. Dem komm ich auch nicht aus.)

Ich möchte auch niemandem beweisen, daß ich aus meiner Depression herauskomme, warum auch? Meine Lebensumstände sind deprimierend. Ich soll das anders sehen! Ich soll das anders sehen! Schön und gut – das ändert aber nichts an meiner Lage, nichts an meinem inneren Ankläger (hebräisch שָׂטָן; Satan), nichts an meinem Leben im Abseits. Ach!

Für kurze Zeit kommt die Sonne heraus; die weitet Herz und Raum - gebe ich gerne zu. Ansonsten habe ich mir bei meiner Lobauwanderung starke Kreuzschmerzen geholt, aber gut durchlüftet werde ich schon sein.









(16.12.2019)









©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1659 Nebel


Draußen ist Nebel. Vielleicht verlasse ich heute doch die Wohnung. Ich schreibe mit dem neuen orangenen Stift, der leuchtet so schön ins Grau.
Zugegeben: auch das Tischtuch vor mir schmücken rote, gelbe, orange Muster.

Vor dem Nebelgrau kommen auch die grünen Pflanzen am Fensterbankerl ins Leuchten und so gut zur Geltung: das Grün strahlt in ungewöhnlicher Intensität und Deutlichkeit.

Der Nebel könnte mich rauslocken. Aber in dem Autoverkehr? In dem Lärm? In die durch keine Schönheit zum Innehalten zu bringende blöde blinde Geschäftigkeit? Nein! Lieber nicht! Nein, hier ist es stiller. Ich weide meine Augen.

Ich schaue und schaue in den Nebel. Und dann nehme ich das Bild wirklich auf und bekomme Sehnsucht, den Nebel feucht auf meiner Haut zu spüren und durch die sanfte Dichte (dichter Nebel lag auf der Erde) zu wandern. Ich erhebe mich vom Stuhl und mache mich für eine kleine Wanderung bereit.









(16.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1658 Gusch!


Ich bin wach, aber schaue nirgends hin. Etwas („Irgend-“ habe ich mir bewußt verkniffen) in mir scheut sich. In mir wackelt es noch. Etwas drückt zusammen und lockert sich wieder. Der Atem ist es nicht. Das Herz? Vom Rhythmus her könnte es passen, aber nun finde ich das Phänomen nicht mehr. Meine Aufmerksamkeit zieht es beim Hinterkopf zusammen.

Eine Welle, die von unten durch mein Inneres nach oben läuft, stößt und spukt mich dort aus. Ist das der, der auch verschiedene Sachen verhindern kann? Das Ding beim Namen nennen macht mir Angst; ich will mich nicht festlegen, schließlich weiß ich ja nichts.

Ein paar echte oder geträumte Katzenschritte (vel: und und oder; es kann ja Gehörtes traumverstärkt werden), die Katzenschritte vor der Tür lösen einen Schock aus, der mich auffahren läßt. Kein schöner Raum in dieser Zeit, als hier der meine weit und breit. Auf einmal sehe ich im gesamten Notizbuch alles in hebräischen Buchstaben geschrieben, lesen kann ich auf die Schnelle nichts. Schon wieder vorbei. Irgendeine Diskonie (?) läßt meine Schreiberei stoppen und flutscht mich wieder nach oben. Wußtest du, der alte Haudegen, der mir die Frau weggeschnappt hat, … ahm … was war da?
Eine schöne Geräuschkette, jedes Element eigenständig.
Meine Schreibhand landet sachte auf dem Rücken der Katze.
Ein Schlag, den ich höre, reißt mich hoch.
Einen staatsnahen Satz versäume ich hinzuschreiben.
Ich wende mich mit meinem Satz in dieser Angelegenheit an die falsche Tochter; die andere hat damit zu tun.
Eine ungefähr ein Dezimeter lange, breite, komplizierte Klammer aus Plastik für die (falsche) Stärke.
Verdammte Sätze.
„Booaah!“ spreche ich im Chor.

Ein Agent mit klarer Ansage. Kurz glaube ich es.
Dann macht ein Flash dem ein Ende.
Habe ich diesen Satz an meine Tochter geschrieben oder träume ich es jetzt?
Die Dunkelheit macht mir ein Kribbeln oben auf der Kopfhaut.
Geh ich in dieser unbekannten, winzigen Kammer in diesem wirren Gebäude zu weit?
Aus einem wirren Klangteppich höre ich meine Frau heraus stöhnen. Fake oder Fakt?
Gibt es in Càk ein Hotel? Oder Gasthaus? Oder Pension? Ich denke an Vorau.

Ein Satz – entfallen! - drückt auf meinem rechten Fuß oben links auf die Schaufel. Die Katze hört ihrem Maunzer außen von innen äußerlich hörbar zu. Diese Bemerkung vertreibt sie aus dem Bett. Jetzt langweilt sie sich neben, unten; aber da war noch eine Erkenntnis.
„Gusch! Gusch!“ höre ich am rechten Ohr.









(16.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1657 Elmsfeuer


Ich lasse viele weißliche Elmsfeuer auf meinen Büchern im Regal tanzen, kann sie aber nur kurz halten. Wie es mir auch nur kurz gelingt, die Zähne nicht zusammenzupressen, dann achte ich nicht weiter drauf und schon hocke ich wieder verbissen da (worin verbissen? Mich zu beweisen?). Dabei müßte ich mich nicht anstrengen. Auch morgen muß ich  nicht außer Haus. Worin verbeiße ich mich so? Denen willst du's zeigen? Von denen lebt niemand mehr und gerade auf diese Art hast du es ihnen nicht zeigen können.

Mein Resumee fällt heu... … laß ich heute ausfallen.

Ich habe Schwierigkeiten mit dem Schreiben, eine Unlust, fast ein Ekel mich zu konzentrieren und meine Umgebung oder mein Empfinden zu erforschen.

Warum ich weiterschreibe ist nur, weil ich am Freitag ohne Notwendigkeit – ich habe Stifte und Minen bis weit über mein Lebensende hinaus – und unter Mißachtung meines mir selbst verordneten, rigiden Sparprogramms neue Schreibstifte in bis jetzt noch nicht benützten Farben gekauft habe (Konsum!) und diese jetzt in meinem Notizbuch ausprobieren will.

Mehr ist nicht dahinter. Und ich bin von meinen Stiften begeistert! Aber bald werden sie mir vertraut und fad werden, und ich werde wieder neue kaufen wollen, aber dann meine strenge Ausgabensperre nicht ignorieren und keine Stifte kaufen!










(15./16.12.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Sonntag, 15. Dezember 2019

1656 „I'm With You“


Der gemütskranke Mann ist nicht „der schwimmende Mann“, aber schaut auf den ersten Blick so ähnlich aus. Aber bei jenem geht nichts weiter. Im Übrigen: möglicherweise wäre ich heute ganz am Morgen als kranker Mann im Halbschlaf nicht nur zum „schwimmenden Mann“ (laut Andreas Vitasek eine Tantrastellung) fähig gewesen, sondern vielleicht sogar zum „fünfbeinigen Hund“ (allerdings nicht realitätsgetestet). Und jetzt siehe oben.

Also ich geh nicht mehr außer Haus. Was soll ich dort? Auf den Tod warten kann ich hier im warmen Bett auch. Mir fehlt nämlich ein gscheiter oder auch blöder Lebenssinn. Und es ist anstrengend genug, dem Wunsch, es gut sein zu lassen, zu widerstehen. So warte ich eben und schaue mir im Internet viele KabarettistInnen an, das hilft, und wenn mir selbst ein lustiger Text gelingt – schmunzeln genügt! - dann erst recht. Und ich stimme Alex Kristan im Grundsatz zu: „lieber eine Depression im Porsche, als in der U-Bahn“, auch wenn es für mich in diesem Punkt gerade umgekehrt wäre: der Porsche interessiert mich persönlich überhaupt nicht, aber als Reicher in der U-Bahn und dann aussteigen und Essen gehen, stundenlang Kaffeehaussitzen, reisen (mit dem Zug) … ja, sagen wir: im Anzug, mit ganz leichtem Gepäck, was ich sonst noch brauch kaufe ich im angereisten Ort vor Ort (kann mir jemand erklären, warum es „vor Ort“ heißt, wenn man dort ist? Aus der Kriminalberichterstattung, weil der Tatort immer abgesperrt ist?). Ich müßte nicht zum tausendsten Mal mein Zimmer beschreiben – an dem ist nichts falsch! Ich finde es großartig, wie variantenreich und neu ich jedesmal dasselbe Zimmer beschreibe (dasselbe? πάντα ῥεῖ!) - aber ich müßte nicht; ich könnte viele verschiedene Hotelzimmer, Orte, Landschaften, Laute etcetera aufnehmen und betrachten.

Übrigens hocke ich jetzt gar nicht in meinem Zimmer, sondern vor dem dunkelgelben, orangelichem Distelblütenlicht.

Reich sein heißt mobil sein. Können, aber nicht müssen. Meine Reisen würden über Europa nicht hinausgehen. Die Karibik zum Beispiel interessiert mich genauso wenig wie der Rum. Aber Schruns-Tschagguns (H.C. Artmann!) oder Kamnik und Celje würden mich interessieren; ebenso wieder Narvik, und Rovanjemi, wo ich es damals nicht hin geschafft habe. Oder Graz, Sinabelkirchen und Stinatz. Oder Zirl, Vienne, Avignon, La Collada/ San Pelayo de Tehona, Ilirska Bistrica (Illyrisch Feistritz), Slovenj Gradec (Windischgrätz), diverse Hauptstädte, Càk, und und und.

Also keine Abenteuerreisen! Kein Interesse! Ich will gar nichts mehr erleben (vergessen? Ich warte auf Bruder Hain). Alles rechtliche wäre geregelt: Begräbnis, Erbschaft. Ich glaube, ich würde verfügen, daß mein Leichnam an Ort und Stelle des Todes verbrannt und begraben werden solle, egal wo. Eventuell ausgestreut; ein Waldfriedhof könnte mich auch noch interessieren.

Das alles, vom Kaffeehaus bis nach XY ist außer meiner Reichweite, momentan, aber wir werden es demütig hinnehmen (bleibt mir auch gar nichts anderes über, ich (ich!) habe keine andere Wahl).

Ich gehe aufs Klo. Und nachher habe ich brav mein Antidepressivum eingenommen und komme mir dabei immer noch etwas blöd vor, als Versager, weil ich es nicht selber geschafft habe. Und entmündigt. Wobei ich gestehen muß, dass ich das brav hingeschrieben, aber nach dem Klobesuch schon wieder vergessen hatte und die Tablette (I'm with you! Red Hot Chili Peppers) erst Stunden später eingeworfen habe (klingt gleich cooler; und wäre es eine illegale Droge, dann noch cooler).

Was könnte mich noch hinaus locken? Konsum!

Bücher, CDs, Konzerte, Theater, Museen, Kleidung, vielleicht sogar Schmuck – ein paar coole Ringe, oder eben die Zugreisen. Das einzige Abenteuer daran wäre, daß ich im Normalfall weder Zug noch Hotel (La Collada: die Ausnahme) reservieren würde. Spontanes Aussteigen möglich!

Außerdem hat der Lukas Resetarits recht: in den Siebzigerjahren war es leichter. Da hatten wir noch viel Hoffnung und ich noch nicht so extreme Legasthenie.










(15.12.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


Samstag, 14. Dezember 2019

1655 Die Genußdepression


„Du kannst unendlich viel Freude haben!“, und dann wird das beworbene Produkt gezeigt. Schade! Denn der Satz ist richtig, trifft zu und stimmt. Dieser Satz hat sogar mit Weihnachten zu tun: die Ankunft des Nagual in der Welt.

Ich schaue auf das Kerzenlicht im dunkelgelben Glas. Es leuchtet und flackert. So wie ich es durch sein Glas und mein Glas (Brille) sehe, ähnelt es einer zuckenden, hüpfenden und vor allem leuchtenden Distelblüte (sind Disteln Dornen?).
Gerade denke ich: Sollte ich jemals noch eine Bewegung, eine Künstlergruppe, eine Partei, eine Religion, eine Zeitschrift, einen Fußballverein, eine Geheimloge, eine nicht geheime Loge, eine Burschenschaft, eine Sekte, eine Firma, einen Konzern, einen Staat, einen Verein – wofür oder gegen was auch immer, eine Modern-Dance-Gruppe – gründen: unser Symbol, unser Wappen, unsere Trademark wird die gelbe Distelblüte sein.

Die Wohnungstür wird von außen aufgesperrt und dann wird telefoniert. Ich will nichts wissen. Ich lege mich flach.

Ich habe gerade etwas ganz neues erfunden: Die Genußdepression! Nachdem ich beschlossen hatte, heute die Wohnung nicht zu verlassen, obwohl es drei interessante Einladungen gibt: a) Familienessen mit köstlichen Schnitzerl aus verschiedenen Fleischsorten b) Erstbesichtigung einer neuen neu gestalteten Wohnung bei mir sehr nahe stehenden Menschen c) Weihnachtsessen bei und mit Freunden mit außerordentlichen Speisen von Spitzenkoch und Spitzenköchin in außergewöhnlichem Ambiente.

Nachdem ich nämlich beschlossen hatte, den ganzen Tag die Wohnung nicht zu verlassen und im Pyjama zu bleiben (ich war in selbigem schon unten beim Postkastl, die Zeitung holen; und natürlich war beim Hinuntergehen niemand im Stiegenhaus, aber beim Heraufgehen, wo ich nicht mehr zurück flüchten konnte, dann fast alle), also im Pyjama zu bleiben „und ohne Zähne“ – das war ein wichtiger Hinweis des nackten Weibes neben mir, das von mir unbemerkt meine Schreiberei mitgelesen hatte – ich wußte gar nicht, daß sie meine Schrift so gut lesen kann, wo ich doch selber beim Eintippen der handschriftlichen Notizen in den Computer oft Schwierigkeiten habe, meine Schrift lesen zu können, sodaß manche Wörter auf ewig unentschlüsselt geblieben sind und ich mir für den Text ein neues ausdenken mußte. Ihren zweiten Ergänzungsvorschlag „... Weibes, dem ich in Liebe zugetan bin“ - so wörtlich – habe ich aus Gründen des Versmaßes und der Sprachrhythmik abgelehnt. Nachdem ich mich also für die Stabilitas Loci entschieden habe, ging es mir wieder gut. Und das nenne ich eine „Genußdepression“ (©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019)!










(14.12.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 13. Dezember 2019

1654 Modern Dance


Gleich nach Aufwachen und Aufstehen mußte sich meine Wahrnehmung erst zurechtfinden; die einzelnen Bildelemente ruckelten noch ein wenig, bevor sie mit ihrer Position zufrieden waren und still hielten.

Jetzt schaue ich wieder in den grauen Morgen hinaus und registriere einen bläulichen Unterton, besonders am kahle Geäst, das sich wieder einmal in seinem schlichten Drehtanz – einmal hin, einmal her, rundherumm das wär zu schwer – gefällt.

Der vollgearbeitete Holzboden – vor allem Farbkleckse, aber auch andere Schrunden – reflektiert das graue Licht von draußen und glitzert es so auf, daß es mich beinah blendet.
Die Spalten im Parkett durchlaufen diesen Glanz wie eine schwarze, gezackte Naht.

Ganz majestätisch wiegen sich die kahlen Bäume, ändern plötzlich die Bewegungsrichtung, verschieben sich gegeneinander, drehen sich miteinander; eine spannende und eindrucksvolle Performance, ernsthaft, tiefsinnig, ausdrucksstark und ehrfurchtgebietend wie gelungener Modern Dance auf der Höhe der Zeit.

Das Grau des Himmels beginnt sich zu lichten, ein helleres Leuchten kommt durch, und das Himmelblau und das Gelb des Sonnenlichts kündigen sich schon an.

Ich liebe diese menschenleere Welt. Wie lange ich sie menschenleer lieben würde, das weiß ich nicht, aber die menschenleere Welt beruhigt mich.
Der Wind mischt das Baumballett ordentlich auf und wird dann wieder zärtlich.

Wenn ich das Wort „Publikation“ höre, wird mir schon schlecht. Damit möchte ich nichts zu tun haben!








(13.12.2019)









©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1653 Die weiße Unterhose


3Uhr30. Von Hustenanfällen aufge... Lungenwasser? … weg! weg! weg!

Meine weiße Unterhose stört – so wie ich sie voll ausgebreitet, den Hinterteil nach oben, auf den Kleiderberg am vollen Gewandsessel, gleichgültig und nachlässig hingeworfen habe – meinen Blick ins Zimmer bis zur Übelkeit.

Deshalb wende ich mich mit meinem Geschau geradeaus aufs Bücherregal, das mehr im Schatten liegt, aber dieses blöde Kleidungsstück, hingepfloatscht wie ein Kuhfladen, leuchtet immer noch vom Rande meines Gesichtsfeldes herein und beunruhigt mich. Ja, mir ist unwohl.

Ich verschiebe meine verdrehte Nachttischlampe um mit der geänderten Lichtsituation meine Unterhosenfixierung zu brechen.

In meinem Inneren hockt und verbirgt sich ein kleines, erschöpftes Wesen; mit einem tiefen Atemzug verschaffe ich ihm etwas mehr Raum.

Père Ubu und seine Musikanten spielen mir in meinem Inneren eine besondere Passage mit besonderem Bass vor („this town is rotten to the core“). Die Unterhose löst kein solches Entsetzen mehr aus, aber gerne schaue ich immer noch nicht in ihre Richtung (warum auch?).

Die Katze schnarcht und ich frage mich, wann sich die Heizung eigentlich anwirft.

Jetzt beginnen die Augen zuzufallen und ich wehre mich nicht.








(13.12.2019)









©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1652 Eine schmutziggelbe Wolke


Mit schwachem, harten Licht leuchte ich mein Zimmerchen aus – ja, man kann schwach und hart sein – nicht zu deutlich leuchte ich es aus, undeutlich wie mein undeutliches Innere.
Ich schließe meine Augen, doch meine Konzentration und Ausdauer sind schwach; selbst die Augenlider wollen nicht unten bleiben, sie zucken dauernd nach oben.
Ich gehe zum Hören über, vielleicht finde ich so besseren Zugang.

Ein leichtes Brennen in der Brust – das ist auch nicht Hören, aber egal. Ein unbedeutendes, plötzliches Geräusch schreckt mich auf – wie wenn Holz auf Holz stößt. Nicht nachhaltig erschreckt es mich, aber ich konnte feststellen, wie es in mir gezuckt hat (von außen sichtbar? Ich weiß es nicht).
Mein eigenes Atmen und Aufschnaufen kommt mir sehr laut, fast donnernd vor, wie … wie … wie … jedenfalls unterbricht es den inneren Strom.

Vor meinem inneren Auge bewegt sich in der Dunkelheit permanent etwas auf mich zu, wie die Straße für einen Autoraser, nur daß das ganze Bild braun ist, ein schwaches, blasses Dunkelbraun. Auch mein Zimmer ist ziemlich dunkel, aber blaß (man kann sich das so vorstellen: eine dunkle Farbe, dünn aufgetragen, sodaß die Farben darunter stark gedämpft durchschimmern). Als wäre mein Zimmer vor Übelkeit blaß geworden. Dieser Vergleich amüsiert mich. Das Leben hier in der Kammer als Amüsement (ich habe die Wohnung tagelang, wochenlang kaum verlassen). Mein innerer Monolog und seine Sprünge als Unterhaltungsprogramm. Geht schon! Geht schon!

Nach innen! Eine schmutziggelbe Wolke, die alles verdunkelt und verdeckt. Jetzt bekommt alles Grünstich – schmutzig, dunkel.

Immer wieder stelle ich fest, daß meine linke Hand verkrampft ist. Ich muß darauf achten, daß mir das nicht bis ans Herz geht. Die Katze legt sich auf meine Brust und schnurrt mir ins Gesicht.

Jetzt geht wieder so eine Trauer los, so eine grundsätzliche. Kurz und heftig. Klingt wieder ab. Nur ein Ziehen zwischen hinter den Augen bleibt.

Ich laß es sein.







(12./13.12.2019)







©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1651 Lassen wir es dabei


Ich kämpfe gegen Trauer und Verzweiflung. Ich habe mich selbst da hinein geritten, indem ich Anerkennung und Respekt erwartet und – ohne es – leichtsinnigerweise, denn das ist ja keine Überraschung – zu bemerken – meine Stimmung davon abhängig gemacht habe. Hänge dein Herz nie an irdische Dinge. Ich spüre den starken Impuls, mich beleidigt zurück zu ziehen. Was aber wäre eine reife und angemessene (auch mir angemessene) Reaktion?

Jetzt halte ich einmal inne und versuche, in mir Handlungsspielraum zu finden und zuerst noch dem Schmerz auf den Grund zu gehen. Ich merke noch, wie ich das empfinde: in dienender Funktion: ich halte es kaum aus. Genauer: mein Ego. Und das muß ich nicht füttern. Soweit sogut. Aber was bleibt? Nichts. Naja! Deine Arbeit trotz allem gut zu Ende zu führen? Lassen wir es dabei!









(12.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 12. Dezember 2019

1650 „It's a Wonderful, Wonderful Life“


Grau und naß. Die Wolken gewölbt. Kein Hauch eines Windes und nichts dahin. Keine Blumen des Feldes, sondern Bäume, kahl, nackt, bizarr. Und schön. Unglaublich schön! Mein Ewigkeitsblick.

Was sich manchmal bewegt sind die großen Wäschestücke, die hier im Atelier unter der Decke zum Trocknen aufgehängt sind. Und Spinnweben, von der aufsteigenden Wärme des Heizkörpers in Schwingung versetzt.

Auf dem ziegelroten Blechdach des Vorbaus glänzen die nassen Flächen grau und weißlich.

Nur die Zweige des Weidenbaums, der noch viele seiner schmalen Blätter hält, schaukeln sachte, leise und verstohlen hin und her, um darnach gleich wieder innezuhalten.

Was für ein schöner Morgen! „It's a wonderful, wonderful life!“ (Black).

Ich bleibe noch mit der Katze sitzen und schaue einfach zum Fenster hinaus.









(12.12.2019)












©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com