Samstag, 29. Februar 2020

1783 Ein belangloses Stilleben


Ich sehe die Wirklichkeit als gemaltes Bild. Ein belangloses Stilleben. Ein Tisch, ein leerer Wasserkrug. Ein Tablett mit Schüsseln und Gläsern. Dahinter etwas Undefinierbares. Alles ein wenig verschwommen. Die von rechts hereinragenden Äste der Monstera deliciosa. Ist das das Albertina-Training? Will ich die Wirklichkeit nicht mehr wahrnehmen? Spiele ich mich mit Grenzverschiebungen?

Durch die geschlossenen Augendeckel schaut die Welt noch interessanter aus.
Eigenartige Szenen spielen sich ab. Gespannte Seile quer über das graue Gesichtsfeld in Augenhöhe.

Umblättern vorm geistigen Auge.











(29.2.2020)












©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1782 Ausgeschrieben


Ich bin ausgeschrieben. Ich setze mich auf, nehme Brille, Notizbuch, Stift und nichts kommt. Ich habe es schon vor sechs Stunden versucht, da war es genau so. Und: seht ihr! Es kommt wieder nichts!









(28.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 28. Februar 2020

1781 Nicht Größenwahn


Ich geh in die Albertina - heute als erstes in die Richter-Warhol-Abteilung - setze mich wenn möglich auf einen meiner Lieblingsplätze - heute bei den drei Frauen vom Trio 4 (A. Katz) - und zwar gehe ich zielstrebig hin, nicht wie jemand, der zum Flanieren kommt oder ein Erstbesucher, der sich erst orientieren muß, nein, zielstrebig, ich weiß ja, was ich will (zumindest so ungefähr), lege auf die erste freie Lieblingsbank mein liebes Albertinatäschchen (für Notizbuch, Kugelschreiber, Brille etc.; ein wirklich schön gemachtes Geburtstagsgeschenk meiner lieben Frau), zieh meine chinesische Jacke aus, lege auch sie hin, ziehe dann meinen kürbisorangen Pullover (ebenfalls …) aus, nachdem ich vorher die musikalischen Ohrenstöpsel heraus genommen und alles hingelegt habe, und dann – unter Herausnahme meiner Lesebrille, weil ich ansonsten nicht lesen kann, welcher Stöpsel für links, welcher für rechts zuständig ist – installiere ich diese meine Musikanlage neu, ziehe die Jacke wieder an, nehme Notizbuch und Stift aus dem Albertinasackerl, setze mich nun hin, schlage beim eingelegten roten Bändchen auf und schaue erst jetzt auf das Bild. Ein photographierender Besucher jedoch lenkt mich ab, indem er sich vor mich stellt, ich komme dadurch auf die selbe Idee, hole mein liebes, mickriges Handy (ich verabscheue die Wischerei – ich drücke noch Knöpfe) aus meiner Jackentasche und photographiere ebenfalls –  eine Tätigkeit, die ich für hier beim vorletzten Besuch noch verachtet habe, und stelle erwartungsgemäß fest: dieses Photo kann das innere Leuchten der drei Frauen nicht wirklich wiedergeben. So, jetzt schaue ich aufs Bild. Im Ohr Dissolve von John Frusciante, dann gehe ich weiter zur „psychodelischen Ecke“.

Beim Aufstehen merke ich, daß mich ein Wächter genau beobachtet. Mein Gott! Ich würde ja hingehen und mich erklären: „ich komme mindestens ein Mal die Woche her, ich nutze die Besuche hier zum Schreiben (vielleicht bringe ich sogar den Satz „ich bin nämlich ein Schriftsteller“ über die Lippen), ich weiß meistens, wo ich mich hinsetzen will. So gehe ich recht zielgerichtet auf meine Lieblingsplätze, aber um dort zu verweilen, nicht um etwas zu attackieren. Schauen Sie (hier zeige ich meine Tasche und ihren Inhalt): Notizbuch, Brille, Jahreskarte, Ausweis, viele verschiedenfarbige Kugelschreiber (und gebe ihm/ihr/ihnen meine Schublade-Visitenkarte).“ Vielleicht könnte ich mich bezüglich der verschiedenfarbigen Stifte auch auf Doderer, Heimito von, berufen, aber ich fürchte, mich dabei in einen Wirbel hineinzureden, der mich erst recht verdächtig macht. Aber so kann es auch nicht weitergehen, daß ich hier immer ein schlechtes Gewissen gegenüber der Aufsicht habe, weil ich sie irritieren könnte! Ich würde ihnen gern entgegenkommen, um ihnen keine Stress zu machen und mir kein Schuldgefühl.
Mir ist zum Heulen und ich verstehe, warum ich kaum noch mein Zimmer verlassen will. Aber das geht nicht! Es geht nicht, daß ich mich so unwürdig fühle, daß ich mich entschuldigen zu müssen glaube, den öffentlichen Raum zu benützen. Es geht einfach um mein Recht zu leben und da zu sein! (das mir weder Albert noch Tina, sondern meine in meiner Seele abgelegten und einprogrammierten Urteile absprechen.)

Als ich mich meiner „psychodelischen Ecke“ nähere, stehen die Leute dort von der Bank auf. Aber nicht wegen mir! Ich bin nicht paranoid! Ich sehe das mit der Aufsicht realistisch und richtig.
So! Jetzt kann ich die Bilder anschauen (Katharina Grosse, Liliane Tomasko, Oehlein); ja und der Richter sticht sozusagen von beiden Seiten her. (John Frusciante, Will to Death).
Ich schaue kaum noch auf die anderen Besucher.

Ich könnte mich zwischendurch zum Schreiben in einen der Gänge setzen, dort ist es wohl weniger heikel.
Nein, ich muß es aushalten, in der Welt zu sein, auch wenn ich mit meiner Existenz und mit meinem Verhalten andere irritieren könnte – sonst komme ich endgültig in des Teufels Küche.

Die psychodelische Ecke. Ich liebe diese Bescheidenheit in den Bildern hier. Ja, ja! Bescheidenheit! Nicht Größenwahn.

Eine Frau mit Kinderwagen und ganz kleinem Baby – es kann nur ein paar Tage alt sein – kommt herein. Sie setzt sich auch auf „meine“ Bank, weil das Baby unruhig geworden ist, um es zu beruhigen. Was für eine schöne, starke Geste des Universums! Danke, ich bin am richtigen Weg. Segen für Dich, kleines Kind, deine Eltern und Familie. Liebes Baby, sei gegrüßet und willkommen in dieser Welt. (Auch) Du bist die große Chance für diese Welt; (auch) in dir wird die Welt neu! Ich verneige mich. Gold habe ich nicht, Myrrhe glaube ich auch nicht, Weihrauch habe ich keinen bei mir, sondern zu Hause. Trommeln kann ich auch nicht (nur mein Bruder!) So kritzel ich halt ein paar Worte für Dich her. Amen. (Singen tut Ximena Sariñana mit der Omar-Rodriguez-Lopez-Group eines meiner liebsten Andachtslieder.)

Richters abstraktes Bild von 2016 habe ich mir heute mit meiner Lesebrille auf ganz nah angeschaut und es hat Whow! gemacht! Eingefahren wie ein Trip (obwohl ich gar nicht weiß, wie ein Trip einfährt).

Ich setze mich zu Scheibls Glühen nieder und lasse mich bestrahlen und habe in mein Albertinatascherl ein paar Visitenkarten gesteckt, um eine vielleicht doch der Aufsicht zu geben – als Entgegenkommen. Bin gespannt, ob ich mich trauen werde (nein, ich traute mich nicht).

Die Sammlung Hahnlos, die ich bisher übersehen habe und die völlig überlaufen ist, hat mich komplett irritiert; ob mehr wegen der Tatsache, daß ich diese Abteilung, auch als Räumlichkeiten, total übersehen habe, oder wegen der Fülle der Bilder hier. Ich bin in meinem Schock nur schnell durchgegangen und werde sie mir bei einem eigenen albertinischen Ausflug vornehmen – denn es werden tolle Bilder gezeigt.
Ich zittere noch nach dem Schock und schon vor Unterzuckerung.

Ich raste vor der Werefkin und werde die geliebte Batliner-Sammlung nur mehr durcheilen.








(27.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1780 Ja, kann ich


Mitten in das Traumexperiment hinein, den Kaffee einfach als Pulver einzunehmen, wecken mich die fröhlichen Rufe der Tageskinder auf.

Es ist ein Privileg und ein Luxus, auf solch eine herzerfrischende Art und Weise aus dem Schlaf geholt zu werden.
Jetzt singen sie, weil sie Geburtstag feiern spielen.
Die Katze kommt und will gestreichelt werden: auch nicht die unangenehmste Tätigkeit.

Da höre ich, daß meine vielgeliebte Tochter, an der ich mein Wohlgefallen habe (und dieses Wohlgefallen gilt auch für meine erste Tochter), ins Bad geht, darf ich noch mit Fug und Recht im Bett liegen bleiben.

Ist das nicht ein wunderbarer Morgen? Kann man sich einen schöneren Tagesbeginn vorstellen?

Ja, kann ich. Einen ohne Kreuzschmerzen.











(27.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


1779 Mut zur Güte


Der Salto meines Kugelschreibers aus meiner linken Hand auf meinen Unterarm hat meine Wenigkeit aufgeweckt. Beim Versuch, aus dem Gewirr meines inneren Gebrabbels einen brauchbaren Faden für das Weben eines textilen Textes zu ziehen, bin ich eingeschlafen. Unentschlossen, ob ich meine Rechtfertigung gegenüber dem Münchner Affenarsch notieren oder doch lieber meinen Traum als Gitarrist in einer kuhlen Band verfolgen und beschreiben will, hatte mein Bewußtsein beschlossen, die Pattsituation durch Einschlafen aufzulösen.

Für die Jahrhundert-Ereignis-hafte Mobilisierung des Geistes/der Güte/der Lücke/des Glückes (? ich kann meine Schrift nicht lesen) gilt Selbiges. Aufgeweckt hat mich der Gedanke, ich versäume etwas. Als ob das nicht auch fürs Träumen gelte!










(27.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


1778 Aushalten


Es ist nach Mitternacht und ich habe gerade gelesen. Aber egal, was ich zuletzt gemacht habe, ob es Lesen, Computern, Musikhören ist: wenn ich mein Innen zulassen und zuhören muß, weil ich mich ins Bett lege und vorm Einschlafen Gedanken und Gefühle kreisen: es kommt der Schmerz. Ich bin gezwungen auf mein Leben zu blicken und die Bilanz fällt katastrophal aus. Damit kann ich weder hüben noch drüben reüssieren, damit kann ich weder hier noch dort hausieren gehen, damit komme ich weder im Diesseits noch im Jenseits durch.

Ich muß es einfach nur aushalten. Ich verlange ja gar nicht, daß ich dabei eine gute Figur mache.













(26./27.2.2020)












©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1777 Das wohnungsinterne Fenster


Viel zu früh vom Katzenviech aufgeweckt bewegen sich die Dinge auf mich zu ohne näher zu kommen. Von unten tönt schöne Musik herauf garniert mit Küchengeräuschen. Ich schließe das wohnungsinterne Fenster. Die Musik kann man noch gedämpft hören. Aber jetzt surrt, wischt und pocht es mich nieder und in die Wiedereinschlafphase.

Mit geschlossenen Augen suche ich noch Sätze und Erkenntnisse, aber allzuviel kommt dabei nicht heraus. Beim Öffnen der Augen fürs Niederschreiben brauche ich ein paar Sekunden, bis ich die schwarz-weiß-photographische Welt wieder färbig sehe und die Farbe des Kugelschreiber sehen, wahrnehmen und identifizieren kann.










(26.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


1776 Kein schlechter Tag


2:54. Manchmal sitze ich vorm Laptop, bin schon hundemüde und kann nicht aufhören. Oder umgekehrt: ich kann nicht schlafen gehen und höre deshalb nicht auf. Die Hoffnungen des Tages haben sich noch nicht erfüllt. Kein schlechter Tag. Ein nichtssagender Tag vielleicht. Die Göttin hat mit mir nicht gesprochen. Naja: ich habe sie wohl nicht gehört.










(25./26.2.2020)











©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


Montag, 24. Februar 2020

1775 Beim blöden Kardinal


Albertina. Beim blöden Kardinal schaue ich in den Spiegel. Vertrauenserweckend schaue ich nicht aus. Fast wieder wie eine Karikatur meiner selbst.
Wie ein Fußballer am Feld ziehe ich meine Stutzen rauf, die mir immer wieder runter rutschen. Ansonsten kann ich nicht viel reparieren. Den Pullover, den ich wie ein Wanderer – ich weiß nicht, ob das Wanderer heute, in Zeiten wie diesen auch noch machen – um meine Hüften und meinen Hintern geschlungen habe und mit seinen Ärmeln am Bauch vorne verknotet – könnte ich wieder hinunter nehmen. Aber wohin, wenn ich nicht zur Garderobe zurück will und nicht weiß, ob mir nicht doch zu kalt wird? So ist es bequem und meinem kaputten Kreuz warm. Aber das macht meine Körpermitte recht dick und breit, was sehr blöd ausschaut. So richtig blöd!

Heute habe ich alle Kokoschkas angeschaut, nicht nur meine zwei Lieblinge: die Städte. Die habe ich aber auch genau, lange und intensiv betrachtet, bis mir die Tränen aufgestiegen und angestaut sind. Ja, die Welt! Die liebe, fremde, mir unerreichbare Welt. Ich seufze.

Ich schau wirklich wie ein Narr aus. Das bunte, farblich unvorteilhaft zusammengestellte Gewand, die Glatze und die abstehenden Haare, die zu weite, ausgebeulte Hose, die pseudoseriöse Brille und mein dummes Grinsen, die klobigen Schuhe, die verkrümmte Haltung, das altgewordene, ungelebte Gesicht („jetzt geh i a scho aufn Siebzga zua, und bin oiwei no da hoitabua“ - um ein Beispiel aus einem anderen Milieu zu nehmen. Goiserer Viergesang, mit kleiner zehnjähriger Änderung). Nein, ich kann mich noch so oft im Spiegel anschauen: daran ändert sich nichts.

Ich genieße wieder die Giacometti-Schatten. Für mich sind die wie Offenbarungen. Die Schatten, die ich jetzt mit meinem mickrigen Handy zu photographieren versucht habe. Hätte ich Geduld und Ausdauer und genügend Selbstbewußtsein, um hier drei Stunden zu sitzen und meine Augen zum Beispiel in den Schatten des Käfigmenschen zu versenken – ich glaube, es würde dann die Welt angehalten und ich erleuchtet sein (was nicht heißt, daß man dann kein Blödel mehr ist oder wieder zu einem solchen herabsinkt – vergleiche die Geschichte von der Verklärung am Berg Tabor).

Plötzlich ist die Bude hier bummvoll, sodaß die Schatten dauernd verstellt sind und es zu stinken anfängt. Natürlich glaube ich sofort, daß ich selber es bin, der da stinkt. Aber ich bin es nicht. Ich habe es extra überprüft, indem ich von den Leuten abgerückt bin, und da rieche ich nichts.

Macht nichts. Ich gehe weiter. Bei den Sphinxen bleibe ich nur zum Photographieren stehen, wie es einem Narzissten gebührt und um meinen Eigendünkel zu feiern.

Beim Leibl werde ich noch die Zeichnungen anschauen.











(24.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1774 Die Sammlung Sternenhimmel


Wenn ich einmal reich bin … eine große, gut ausgebaute Dachwohnung unter den Sternen habe ich schon erwähnt; viel bunte Kleidung, Schmuck, Bücher, CDs, DVDs etc. auch. Was ich noch nicht ausführlich beschrieben habe: ich werde eine Galerie finanzieren, KünstlerInnen fördern und meine Kunstsammlung großzügig ausbauen. Schon in Richtung Museum (kommt von den Musen!). Viel Zeit werde ich dafür nicht mehr haben, aber wenn ich bald anfange, geht es sich noch aus.

Ich kaufe Bilder – der Schwerpunkt ist eindeutig Bilder – die mir gefallen. Ganz subjektiv. Da ich es nicht nötig habe, zu „investieren“ oder die Sammlung als „Wertanlage“ zu betreiben, kann mir der Kunstmarkt und seine Spielchen wurscht sein.

Ich werde beim Sammeln von denen ausgehen, von denen ich schon Bilder besitze: Hannes Priesch, Neuvalis aka Alois Neuhold, Jana Vizjak und Joseph Thomas Jocher. So unterschiedlich die auch sein mögen … überhaupt: innere „Widersprüche“ darf die Sammlung haben; mindestens so viele wie ich sie habe.
Meine Idee ist, ganze Serien zu kaufen. Beim Priesch z.B. habe ich schon eine konkrete Idee.

Dann werde ich mir meine anderen REM-FreundInnen anschauen: vom Bergler Fritz und der Irma Eberl kaufe ich auf jeden Fall; bei den andern muß ich noch schauen, weil ich nicht weiß, was sie jetzt so machen. Es werden viele Atelierbesuche nötig sein und wenn sich dann der Kreis erweitert, werde ich Scouts brauchen und anstellen.

Ich werde sicher Bilder von Thomas Auerswald, Päivi Vähälä und Simina Badea und kaufen. Michael Haas und Nuria Martin Luengo stehen auch auf meiner Liste, ebenso wie Michael Hedwig und RT Moreau. Weiters: Nina Werzhbinskaja-Rabinowich, Maria Bergstötter, beim Danner Sepp werde ich auch nachschauen, und: Isa Keimel, Barbara Michl-Karasconyi  (Zeichnungen), Dubravka Rakoci, Andrea Bischof, Josef Huber (Rettenschöss), Regula Dettwiler, Anna  Stangl; wenn ich mich auch auf Photographie einlasse, dann unbedingt Hannah Mayr, Valerie Habsburg-Lothringen. Und dann gibt es noch eine junge Künstlerin, von der ich nur einmal ein Bild im Internet gesehen habe, deren Name mir nicht einfällt und die ich im Netz nicht mehr finden kann - wenn ich sie finde, kaufe ich auch von ihr Bilder (ich habe mir ihren Namen nicht aufnotiert, weil ich damals noch nicht gewußt habe, daß ich eine Kunstsammlung aufbauen werde). (OH Danke! Mit Hilfe des Dichters und Lyrikers Martin Leidenfrost - nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Journalisten - weiß ich jetzt den Namen der Künstlerin: Helena Maria Christine Ellefee! 25.2.) Das ist das, was ich bisher weiß. Ich bin mir sicher, daß im Laufe der Geschichte noch viele Künstlerinnen dazukommen und neue Ideen auftauchen werden.

Nebenbei gesagt: ich werde mir einen eigenen Namen für die Sammlung ausdenken, denn Sammlung Rumpf oder gar Rumpf-Sammlung klingt wahrlich nicht gut. Vielleicht „Sammlung Ixtlan“, oder „nobody is perfect“ oder „Sammlung Orion“ oder gleich „Sammlung Sternenhimmel“

Die Standortwahl wird sehr sorgfältig vorgenommen werden müssen, denn es geht sowohl darum, daß die anfängliche Galerie zu einem Museum mit aktuellen und ständigen Ausstellungen erweitert werden kann – es muß also im Gebäude sehr viel Raum und gute Möglichkeiten zur Lagerung gegeben sein (Bist du deppert! Wird des teier!), als auch darum, daß das Gebäude verkehrstechnisch gut liegt und auch mit öffentlichen Verkehrsmittel gut erreichbar ist. Auch sollte der Standort etwas hergeben – mit einem Platz davor etwa - und das Gebäude ansprechend.

Jedenfalls werde ich das Haus außen vorm Haupteingang mit Mosaiken des Ateliers Hans Pfefferle & Co, Zirl und Wien, ausgestalten lassen, vielleicht nach Entwürfen von mir, oder teilweise Entwürfen von mir. Auch innen gibt es Mosaiken von Pfefferle und ich kaufe auch einige seiner Objekte und Bilder. Vorher respektive in gleichzeitiger Absprache gehen natürlich auch Architekten über das Gebäude.

So lange ich kann, werde ich den Ankauf leiten nach meinen Vorstellungen (wer zahlt, bestimmt!). Es wird mir sehr schwer fallen, mein Projekt dann rechtzeitig aus der Hand zu geben, weil es dann sehr wahrscheinlich in eine andere Richtung gehen wird. Denn bei mir wird es nur darum gehen, ob mir ein Bild gefällt, und nicht nur nicht darum, ob der Künstler eine gelungene Investition sein wird, sondern auch nicht darum, wie sich der Künstler präsentiert: ob er/sie selbstbewußt auftritt, ob ersie fleißig oder faul ist, leidenschaftlich extrovertiert oder gehemmt, still oder laut … alles egal. Ersie muß kein verrücktes oder größenwahnsinniges Genie abgeben, den „Künstler“ (was immer das ist) vorzuspielen, ist nicht nötig. Aber schon gar nicht ist es nötig, das Marktgenie zu machen, den coolen Kunstmarkt-Belieferungs-Strategen – nein! Die Bilder sind es. Die Bilder! Bilder, die ich als Verbündete, als Hilfsgeister, als Freunde, zur Freude, zur Erhebung und zur Orientierung  anschauen darf. Und ich teile diese Freude gerne!










(24.2.2020)











©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

Sonntag, 23. Februar 2020

1773 Ich höre die Amseln singen


Ich höre die Amseln singen. Die eine, die ganz nahe sitzt, singt so unglaublich schön und abwechslungsreich. Ich habe den Morgengesang der Amseln schon lange nicht mehr gehört – mir kommt vor, seit Jahrzehnten nicht (was ich mir nicht glaube).
Diese eine Amsel da hat auch wirklich eine besonders schöne Stimme, voller, melodiöser, präziser, wie ich sie noch nie belauschen konnte.

Nun hat sie aufgehört. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ganz in der Ferne noch eine zweite höre, oder ob ich sie mir bei all dem Gesurre im Ohr bloß einbilde.

Ich mach mir Sorgen um die Funktionstüchtigkeit meines Gehirns. In den paar Zeilen da oben habe ich so viele falsche Buchstaben und Wörter geschrieben, Verdrehungen, legasthenische Fehler, daß es mir unheimlich wird. Und zwar beim Schreiben mit meiner seit der Schulzeit antrainierten rechten Hand – beim Eintippen finde ich solche Fehler noch normal, da ich nie das Schreibmaschinenschreiben gelernt habe.
Ist das bedenklich? Oder eine Spätfolge des Zwanges, in der frühen Kindheit von der bevorzugten linken auf die rechte Hand umsteigen zu müssen? Meine Seele will da nicht mehr mitspielen und auch mein Gehirn hat von den Verbiegungen genug? Ich weiß es nicht.

Das frühe Frühstücksbreichen, das ich vergnügt und mit Genuß gegessen habe, überfordert mich nun körperlich, seelisch und geistig (ich ziehe es meistens vor, den Menschen in dieser Dreiteilung zu beschreiben – dies kommt mir als die beste Annäherung an seine Wirklichkeit vor). Meine intellektuelle Ablenkung da in Klammern hilft mir nichts: ich drohe ein wenig aus den Fugen zu geraten. Ich bin/war recht munter für diese frühe Zeit, aber jetzt sickert eine unglaubliche Müdigkeit ein, daß ich völlig die Konzentration verliere und unheimlicher Schweiß auf meine Stirn tritt.

Ich lege das Notizbuch weg und mich flach.

Oder geht’s dann erst richtig los?









(23.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


1772 Komisch drauf


Rot-rosa-weiß kariert die Decke – GottseiDank kein Rustikalgefühl. Das Fenster ist gekippt und der dünne Vorhang wird bewegt. Der dünne Vorhang, der so toll mit großartigen Motiven, auch von mir gezeichneten Köpfen zum Beispiel, (von uns) bedruckt ist.

Die Katze findet mich und schaut mich – irgendwie komisch drauf – mit ihren großen Augen knapp über den hohen Wangenknochen groß an.

Meine Frau ist komisch drauf vom stundenlangen Yoga; ich vom stundenlangen Internet.

Darum bin ich jetzt auch so früh liegen gegangen.








(22.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


1771 Die Schlafgöttin


Ich hänge an die Wand gelehnt im ehemaligen „Papabett“ sozusagen im Patt, von dem mir vor Jahrhunderten jemand fälschlich eingeredet haben muß, das das Schech heißt, oder ich habe in meiner Erinnerung einiges verwechselt, jedenfalls harre ich aus, bis wieder Bewegung ins Spiel kommen kann, was sich als Veränderung des Settings schon abzeichnet. Jedoch kämpfe ich noch mit Hypnos, Somnus und Morpheus, bevor ich mit Brizo und der Schlafgöttin von Gazi zu turteln und zu schmusen anfange (schmusek groggy), letztere ist mit spitzen Brüstchen und drei Mohnstengeln mit Kapseln im Stirnband dargestellt, auf einer anderen Skulptur hübscher und mit fünf Mohnkapseln am Kopf (aber in alten Zeiten ging es wohl nicht so sehr um Hübschheit, sondern um Wirkung). (Ich habe das recherchiert: es gibt also auch Schlafgöttinnen, mit denen ich nicht kämpfen muß, sondern auch schmusen kann.)

Es wird hier ruhig. Ich könnte jetzt aufstehen. Oder bald.

In einem Halbtraum oder Ganztraumfetzen schlage ich einen fetten Rowdy mit einer Glasflasche nieder.

Stunden und Minuten sausen die Treppe rauf und runter.

So!









(22.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


Freitag, 21. Februar 2020

1770 Vive l'Anatol Algérie!


Mein liebes Leuchtendes Wesen! Für einen kurzen Augenblick ist das Kastl am Bettende schräg gestanden, bevor es sich schnell wieder richtig hingestellt hat. Und in meinem linken Ohr höre ich ein substanzloses Pochen. Oder? Ein Windstoß bei Windstille und geschlossenem Fenster bewegt die Jalousie vielleicht nicht wirklich, aber erzeugt ein dem entsprechendes Geräusch (das stimmt! Auch die Katze hat reagiert!).
Mein Haupt umkränzt ein Reif aus Druck. Auflösungs- und Verdichtungswellen heben in der Körpermitte an.
Nobody ist perfect but you. (Mein Sozial-Wesen-Konglomerat regt sich auf, daß ich Englisch schreibe, obwohl ich es nicht beherrsche. - „Na und!“ - antworte ich.)
Die Chefin sucht eine Belohnung.
Auch das Nein-Schütteln beginnt in der Leibesmitte und landet dann dort, wo es hingehört: beim Kopf.
Neben meinem linken Ohr atmet schnell ein herziges Tier.
Ich verspreche, daß ich heute den Blutdruck messen werde. (Das gleiche Problem wie die Gas-Therme?)(Ein Problem gleicht dem anderen.)

Der große Zehen juckt. (Hier sind meine Zehen männlich! Dort – vielleicht bloße Energie.)

Apropos hier: mein liebes Leuchtendes Wesen, ich habe dich hier durch viel Mist und Müll getrieben. Es tut mir wirklich leid! Ich hätte mich mehr anstrengen und einen besseren Pfad finden müssen!

Vive l'Anatol Algérie!

„Ironie ist die letzte Phase der Enttäuschung.“ (Anatol France)








(21.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


Donnerstag, 20. Februar 2020

1769 Meine goldene Lesebrille


Ein Fuder Licht und Klarheit sind in meine schöne Zelle geworfen und heben deutlich die Stimmung. Meine abenteuerliche Kletterwand aus Büchern, Bildern und Objekten wird so erstaunlich plastisch und die Konturen scharf. Trüb ist nur meine „goldene“ Lesebrille.

Ich reinige meine Lesebrille mit dem Überzug der Bettdecke. Meinen Blick freut es, daß er jetzt besser sieht, aber bald schon zieht er sich doch hinter die Augenlider zurück und starrt dort in die innere Finsternis.

So ganz blind beginne ich, mir mein Leben und die Welt zu erklären. Oder einzureden. Mach ich mir die Welt, wie sie mir nicht gefällt?











(20.2.2020)











©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1768 Links, wo mein Herz ist


Mein erster Blick geht auf meine neue Halbnackte. Ich habe umgestellt: rechts im Lautsprecher des Kassettenrekorders ist die Neue, der Totenkopf tümpelt jetzt in der Mitte vor sich hin – noch dazu bloß angelehnt, nicht magnetisch angepickt. Die Prostituierte klebt wie letztens noch am linken Lautsprecher.

Mein zweiter Blick geht auf das im Licht der Leselampe so schön glitzern und leuchtende rote Lesezeichenband des Notizbuches, welches Bandl vorm Hintergrund des mittelblau bedruckten Überzugs der Bettdecke so hübsch sich ausmacht.

Mein linkes Ohr entwickelt sich zum Spezialisten für Herzschlag. Dort höre und spüre ich ihn.

Ein Photo am Bücherregal – einfach dort auf ein Bücherbrett gepinnt – im Laufe der Jahre vermutlich durch die unterschiedliche Feuchtigkeitsaufnahme der unterschiedlichen Beschichtung der Vorder- und Rückseite gekrümmt – die aufgebogenen Enden zeigen zu mir her – bündelt in seiner Mitte das Licht der Leselampe zu einem aufrecht stehenden bläulichen Schweifstern, der – abgesehen von seinem Schweif – eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Sirius hat („Mein Hundsstern bist jetzt du!“ C.L.).

Nun legt sich eine kleine Dunkelheit über mein Gesichtsfeld, als hätte mein eingebildetes Bild der Welt, die hier mein Zimmer ist, schnell und abrupt etwas nachgedunkelt; als wäre der Bildschirm meiner Wahrnehmung – ich weiß nicht von wem – ein, zwei Helligkeitsstufen zurück geschaltet worden.

Meinen linken Arm durchwandern Zuckungen.

Links … links … links ... wo mein Herz ist.










(20.2.2020)











©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1767 Das rote Band


Wieder höre und spüre ich meinen Herzschlag wie ein „Wischen“ in meinem linken Ohr. Wieder sucht mich Trauer heim, aber diesmal eine heitere. Ich tu so, als wäre ich ein reicher, sicherer Mann („es leuchtet über festem Boden schöner dem sicheren Mann sein Himmel“), ein großer Besitzer, der es sich leisten kann, großzügig zu sein. Und dieser zusammenphantasierte Reichtum, diese phantasierte Milde und Großzügigkeit stimmen mich heiter.

Das rote Band an meinem Notizbuch ist der Wahnsinn! Das leuchtet und glitzert so toll in seinem herrlichen, fröhlichen, lebensfreundlichen Rot!

Tatsächlich! Ich bin so reich! Ich bin so reich!









(19./20.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 19. Februar 2020

1766 In der psychodelischen Ecke


Nun: zuerst in der „psychodelischen Ecke“ (John Frusciante: The Will to Death) – ich brauche nichts sagen.
Heute schaue ich Katharina Grosse's Ohne Titel nicht auf die Zehen, sondern oben auf den „Kopf“, auf die unten offenen Bögen der zuletzt aufgetragenen Farblinien. Und dann luge ich zu den zwei Richters hinüber.
Und jetzt gehe ich überhaupt in den Richter-Teil.

Heute nimmt mich ein anderes abstraktes Bild Richters (2001) „gefangen“. Bis jetzt habe ich es im Vorübergehen als so eine Art „Abwälzung“ gesehen und ignoriert, aber nun spricht und zieht es mich und meine Aufmerksamkeit an.

Ich hocke wieder vor Scheibls Glut, aber die drei Base-Litze im Raum stören mich maßlos. Und auch in den Raum dahinter gehe ich nicht und will ich auch nicht hinschauen.

Wieder vor Grosses O.T. (John Frusciante und Omar Rodriguez-Lopez spielen auf); eigentlich unmögliche Farben und Farb- und Formkombinationen, aber dennoch! Ich dreh mich sogar zu einem Oehlen um: auch fast unmöglich, und dennoch! Diese Ecke gefällt mir! Hier sitze ich gerne.

Jetzt ist auch der Platz vorm Trio 4 frei und ich eile hin. Ich habe es ein Meisterwerk genannt. Jedoch bin ich mir wegen des Hintergrunds nicht sicher – ist der nicht doch zu gewollt, fast gewaltsam, oder? Oder lieg ich daneben?
Die drei Köpfe strahlen immer noch von lauter Licht. Die innere Energie ist ihnen noch nicht erloschen.

Ich habe mich wieder hingesetzt. Batliner. Erster Raum. Ich trage die bunte „chinesische“ Jacke, die mich in den finanziellen Ruin zu ziehen droht und darunter das schwarze T-Shirt mit der gelben Schrift „Da steht nichts drauf!“. Weil aber die offen getragene Jacke Anfang und Ende des Satzes abdeckt, kann man nur „steht nichts“ lesen. Was mir doch etwas peinlich ist, gerade Modiglianis Prostituierter gegenüber, aber auch wegen der Besucher, die das verstehen. GottseiDank kann ich fast alles zu einem Witz erhöhen oder degradieren.
Rechts vom Modigliani hängt auch ein Akt, der mir heute zum ersten Mal in mein Bewußtsein sickert. Von hier aus kann ich den Beitext nicht lesen.

Im Ausweichen vor den vielen Besuchern im Fauvistenbereich stoße ich auf Vuillards Blaues Zimmer, das mich sofort fasziniert. Das Zimmer, die Frau – eine Welt, mir immer unzugänglich. So gekonnt! So schön! Solche Bilder liebe ich. (John Frusciante, All We Have“ auch so eine versteckte Perle).

Der nächste Raum ist neu gestaltet; der quadratische Klee ist weg und der lustige Feininger. Meine Augen bleiben an zwei Bildern von Marianne von Werefkin hängen: Der Nachtschwärmer, Sturmnacht. Im ersten der Wolf und sein Mondschatten; im zweiten das beleuchtete Cafe und wie das Licht den Platz vorm Eingang erhellt, während sich die ganze Landschaft unter den Sturm beugt. Und drei Männer davor herumschleichen. Toll gemalt! Ich habe mir noch den Farbauftrag aus der Nähe angeschaut.

GottseiDank! Die Lieblingskokoschkas hängen noch. Dazu muß ich nichts mehr sagen.

Ich bin sehr nervös, weil so viel umgehängt und neu ist und einiges „verschwunden“. Das ist keine Kritik, ich muß mich umorientieren und zum Teil neue Verbündete suchen.
Das Klee-Kabinett ist aufgelöst – nur mehr drei, aber andere Bilder von Klee. Sirene 2 mit der Altstimme gefällt mir sofort! Und sonst sind hier einige Picassos – von denen mir auch einige gefallen könnten, wenn ich nicht so nervös wäre.

Darum habe ich mich bei den Giacomettis und ihren Schatten eingeladen und hingesetzt.
Ja, es ist wieder da! Die Intensität der Skulpturen und vor allem – das klingt unfair dem Künstler gegenüber, ist es aber nicht – ihrer Schatten an der Wand. Vielleicht, daß ich ein Peter Schlehmil bin.

Was mir an den Schatten noch auffällt: daß auf das Licht, das die Schatten an der Wand umgibt, das Material der Skulptur „abfärbt“. Bei der Schmalen Büste auf Sockel (Amenophis) – ein goldener Anklang im Licht; beim Käfig ein silberner.

Vorm Heimweg eine kurze Rast bei den Sphinxen, wo ich mich als echter Narzisst auch photographiere.










(19.2.2020)















©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com




1765 Konvulsionen


Knapp vor fünf Uhr Morgen: eine große Erleichterung. Aufatmen! Aufatmen! Aufatmen!

Acht Uhr: von unten höre ich ein fröhliches Gespräch. Ich selber blicke auf das Meer im größeren Lošinj-Bild und sehe darin dieses Meer neu und anders – Nebelschwaden ziehen über es dahin und noch etwas hat sich verändert, das ich nicht auffinde.

Der Herzschlag, den ich als ein rhythmisches Wischen im Ohr höre und spüre, lenkt mich vom Bild ab.

Weiche, wellenartige Konvulsionen, die von meiner Körpermitte ausgehen – schmerzfrei, ohne Krampf und nicht unangenehm – schütteln mich fest durch.











(19.2.2020)











©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


1764 In Verbannung


Gerade phantasier ich mir eine lustige Ermordung meiner selbst durch irgendwelches Gesindel zusammen. Wo ich ganz fröhlich bin, weil sie – im Glauben, mir etwas anzutun – in Wirklichkeit ganz in meinem Sinne arbeiten. Also: ich phantasiere es. Ich bin gerade an der Stelle, wo ich entscheiden muß, ob ich mich in letzter Minute doch noch retten lasse, oder eben nicht.

Ich habe ja schon gesagt, daß meine Seele Tagträume als Ventil braucht, auch wenn sie ure deppert sind – sie müssen nur als seelische Entlastung funktionieren.
Ich nehme an, sowas will niemand hören. Es ist aber die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit, hohes Gericht.

Um auf bessere Gedanken zu kommen, schicke ich meinen Blick über meine Bilder, und um für morgen ein Ziel zu haben, für das sich das Aufstehen lohnt, nehme ich mir einen Besuch in der Albertina vor; damit ich mich auf etwas freuen kann.

Ich darf nicht daran denken, auf welches Abstellgleis ich abgeschoben bin! Wie in Verbannung, nur daß sie mir keiner aufzwingen muß.

Zurück zu meinen Bildern hier im Zimmer. Ich will auf die aufkommende Verzweiflung nicht einsteigen.

Ich bin zu den Büchern abgeschweift. Ich habe meinen Blick stolz über meine Bücher wandern lassen, habe einer imaginierten Person von den Büchern erzählt, so als würde ich einem Besuch* meine Bibliothek zeigen und Erklärungen abgeben, zum Teil unter Lachen, weil ich von einzelnen Büchern gar nichts mehr weiß, obwohl ich sie gelesen habe.

Auch das ist klarerweise ein Ventil, phantasiere, als gäbe es jemanden, den meine Schätze interessieren. Nicht ohne Besitzerstolz bin ich das Bücherregal durchgegangen, doch im Gefolge kommt Wehmut und Schmerz, denn was wird nach meinem Tod mit den Büchern, CDs, DVDs, Schallplatten, Bildern, Texten passieren? Werden sie BesitzerInnen finden, die damit etwas anfangen können und sich darüber freuen?
Sicher, alles Irdische ist vergänglich und auch bei größter Sorgfalt gilt: ein Erdbeben, eine Gasexplosion, ein Krieg – und alles kann im Dreck landen.

Ich versuche es nocheinmal mit den Bildern, oder habe ich die schon bis zum Geht-nicht-mehr ausgelaugt?

Okay. Es funktioniert nicht. Ich werde Notizbuch, Schreibzeug, Brille weglegen, das Licht abdrehen und in mich horchen, nachspüren, wo Schmerz und Weh sitzen. Und was sie mir sagen wollen.










(18./19.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


1763 Das Haus


Große, schwere Traurigkeit. Aber im kleinen Lošinj-Bild entdecke ich eine Stelle neu. Die Straße, die unter der Stahlbrücke fließt und die Landschaft dahinter: heute leuchten sie anders.
Das Haus scheint sich fast abzuwenden, als wolle es vor dem Sog dieses Lichtstroms flüchten um sein eckiges Dasein zu retten.
Der eine Baum geht mit mit dem Licht, der andere weiß noch nicht so recht. Er hat noch etwas Zeit, bis ihn der Lichtstrom erreicht. Und es entstehen zusätzlich noch Lichtstrahlen und Lichtflecken.

Endlich seufze ich tief. Der innere Druck läßt etwas nach.









(17./18.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


Montag, 17. Februar 2020

1762 Der Totenschädel


Den Dürer mag ich nicht. Trotzdem habe ich letztens in der Albertina ein Magnetbildchen eines Totenschädels von ihm gekauft und habe es am zweiten Lautsprecher meines Kassettenrekorders positioniert.
Eigentlich hatte ich nach einem nackten oder wenigstens halbnackten Weib gesucht, wie Modiglianis Prostituierte am linken (von mir aus gesehen) Lautsprecher, aber es war kein solches Magnetbildchen zu finden. Und als ich dann den Totenschädel gesehen habe, dachte ich mir: „Gut! Auch keine schlechte Idee; dann werde ich eben von meinem Bett aus an meine Sterblichkeit erinnert.“

Jetzt schaue ich also auf dieses finstere, düstere Bildchen, kann den Totenkopf gar nicht erkennen, höchstens ahnen, und mir ist schlecht. Weil der Tod finster ist und unklar, kaum zu erkennen. Nichts Klares wie: „So! Es ist jetzt so weit. Jetzt sterbe ich! Also her mit dem Lebensfilm!“ Sondern: „Was? Leb ich noch? Bin ich schon tot? Finster? Wie geht’s weiter? Kommt jetzt der Lebensfilm? Damit ich endlich das Ganze unverstellt sehen und verstehen kann! Oder wird mir der vorenthalten? Zu schlecht gelebt, um den serviert zu bekommen? Nicht würdig dafür? Oder muß ich jetzt den richtigen Schalter finden? Ist die depperte Aufgabenstellerei und Fallenstellerei immer noch nicht vorbei? Wieder wie bestellt und nicht abgeholt! Keiner sagt mir was, keiner klärt mich auf! Wie in meinem Leben! So ein Schaaß! Dann freut mich das Sterben aber auch nicht mehr!“

Ja, mir ist richtig übel. Und der Totenschädel vom Dürer schaut sehr verwortakelt aus, eigentlich mickrig – das behaupte ich aus der Erinnerung, sehen kann ich hier nur ein dunkelgraues, leicht bräunlich-violett unterlegtes Rechteck. Links Mitte einen ganz leichten weißlichen Schimmer, abwechselnd mit schwärzeren Flecken – das geht so im Kreis herum und könnte der Schädel sein. Manchmal gelingt es mir - mit dem Wissen, was das darstellt, im Kopf – die dunklen Kleckse vage Richtung Totenschädel zusammen zu setzen. So allmählich kommt ein finsterer Knödel zustande.









(17.2.2020)









©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1761 Am Westbahnhof


Am Westbahnhof schaue ich in Richtung der fernen, westlichen Berge. Auch hier gibt es Wächter. Gleichzeitig sind aber einige Sitze im unangenehm offenen Warte-eben-nicht-Raum sehr verdreckt. Der mir gegenüber sitzt muß sehr große und kantige Eier haben, weil er die Beine so weit, sehr weit spreizt. Dazu rutscht er so tief in den Sitz hinein, daß er mir sein Gemächt oder Geohnmächt regelrecht entgegenhält. GottseiDank fast zwei Meter Abstand!

Ich bin hier, um meine liebe Frau vom Zug abzuholen, wie es Frauen anscheinend so gerne haben und selbstverständlich finden (gegen den mit den mächtigen Eiern wäre ich auch keine große Hilfe – ich fürchte mich ja selber!). Ich wollte ihr schon schreiben, daß sie mir die falsche Ankunftszeit geschickt hat, aber es stimmt nicht: ich habe mich verlesen.

Ich bin müde, hungrig, unterzuckert, die untergehende Sonne löst Frust und seelische Unruhe aus. Mehr als ein Hauch von Sucht schwebt in der Halle als auch in meinem psychophysischen Innenraum.
Ein arabischer Junkie – in seinen besten Jahren demoliert – mit seinem Kompagnon – mir scheint, sie haben gerade noch ihren Deal mit einem Dritten abgewickelt – flüchtet vor zwei näher kommenden Polizisten, ohne daß die etwas mitbekommen. Mir ist es ja wurscht, aber wollen die nichts merken?

Mein zweiter MP3-Player – der erste war überhaupt plötzlich leer – gehorcht mir auch überhaupt nicht mehr: spielt etwas anderes, als angezeigt, ich kann herumdrücken wie ich will, er unterbricht die Musik, machte einfach Pausen, setzt weiter fort oder springt auf etwas ganz anderes. Wiederholt viermal dieselbe Freedom-Passage von Johnny Cash, springt aber dann auf John Frusciante, mitten hinein in eines seiner wunderschönen, schmerzhaften Drogenlieder aus seiner Drogenfinanzierungscede.

Ich werde nervös, aber nicht wegen der Musik, sondern ob der Zug schon angekommen ist. Dabei sehe ich von hier aus genau auf das richtige Geleis.

Auf der fernen Felberbrücke sehe ich die Autos – wie mir vorkommt viel zu schnell im Zeitraffer – über die Brücke sausen. John Frusciante singt inzwischen: „what I need is a haven“ (oder so ähnlich; es zählt ja was ich höre).
Die Anspannung steigt und hinter den Augen der Tränendruck.





(15.2.2020)






©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1760 Albert, Ina und Peter


Ich besuche die drei Frauen. Und zum ersten Mal sehe ich den Schmerz in ihren Augen – zumindest bei zweien. Die dritte – die im Profil – scheint ansatzweise zu lächeln. Bei der Frau rechts zeigt sich etwas wie ein Schock in den Augen; die Mittlere wirkt auf mich eher enttäuscht, schmerzlich müde, desillusioniert, ein wenig gelangweilt. Vielleicht auch Scham, und könnte das mit Hochmut rächen. Vielleicht aber schaut sie auch nur ins Andere, hier abwesend, und sieht, daß das Andere leer ist. (Ximena Sariñana singt mit der Omar Rodriguez-Lopez Group die schönen Wochentage.)

Ich raste in der „psychodelischen Ecke“ („corazon ... silencia ... existes“ singt sie). Ich freue mich inzwischen jedesmal darauf, mich hier niederzulassen. Heute rückt mir der Richter links näher: unglaublich spannende, schöne Farben. Rechts schwingen Tomaskos Fierce und Sounds und bilden zwei kleine, eigenständige Universen, in die ich als reiner Geist hineinschwebe (n mich trauen würde).
Aber heute krümmt es mich – weder frei, noch Geist, noch schwebend - wieder fest zusammen; dem titellosen Bild vor mir schaue ich sozusagen auf die Zehen – höher kommt mein Blick schwer rauf.

Vor Richters Aladin und Flow würde ich gern sitzen und länger verweilen, aber hier ist keine Bank – was ich verstehe, denn die würde den weiten Blick aus dem anderen Raum auf die Trinkende Frau verstellen und verstören. Und das wäre sehr schade.
Überhaupt Richter: so  viele verschiedene Phasen und Stile und Techniken – das gefällt mir und bestärkt mich, macht mir Mut und Zuversicht. Wie schon gesagt: die Farben und Formen der vier Bilder würde ich gerne länger begaffen und auch sein abstraktes Bild, dem ich jetzt näher bin als vorher von der psychodelischen Ecke aus.

Kurz setze ich mich auch heute Scheibls Glut in R aus – nehme die Abstrahlung auf. Es ist ein Wahnsinn, was hinter den Fassaden ist; es ist nicht zu fassen!

Mit einem fast (nur fast!) eleganten Schwung drehe ich mich auf der Bank sitzen bleibend, die Beine in die Höh, zu Cecily Brown um und lasse mich darin ein wenig verlieren (bin beim Drehen mehrmals stecken geblieben! Nicht in einem Schwung gelungen).
Während ich gedankenverloren, in einer vordergründig fast-Langeweile bei gleichzeitigem gespannten Lauern von meinem Hintergrund heraus mich in die Farben und Formen der Zitronen, Kutteln und – wie ich zu erkennen glaube: Pornos – kann aber auch meine Projektion sein – verliere, merke ich, wie mein Kreuzschmerz und ich mich immer mehr verkrümmen (homo incurvatus in se ipsum). Mein fehlendes Rückgrat gefährdet meine Existenz, naja zumindest meine Kunstbetrachtung, naja zumindest mein Stehen und Sitzen. Ich kann nicht sitzen bleiben, muß aufstehen und gehen. Aber so reiche Bilder die zwei!

Aus den frühen Radierungen bin ich hinaus geflüchtet, wie die gute Seele aus der Hölle, von mir aus auch wie der Teufel vorm Weihwasser - wenn's beliebt, außer daß die handwerklich überragend sind, sagen sie mir nichts (Sender – Medium – Empfänger; irgendwo ist der Hund begraben).

Aber jetzt raste ich vor den Radierungs-Räumen auf einer Bank, wo ich meinen Rücken anlehnen kann und schaue zu Weiler's Mr. Batliner hinüber – ein guter Beobachtungsplatz, auch wenn oder weil oft Leute meinen Blick durchkreuzen. Ich liebe die Bilder von Weiler, seinen Farbauftrag, seine Transparenz, seine schwebende Farbigkeit, was er – wenn ich das so sagen darf – an Farbe und Abstraktem aus dem Konkreten herausholt. Ich erinnere mich noch, wie bei einer Weilerausstellung (Künstlerhaus? Schon so lange her!) meine Brust und meine Atmung sich geweitet haben und mein Herz und mein Geist gejubelt.

Das wird für heute meine letzte Station sein. Meine Augen freuen sich an dem Bild, aber mein Körper ist müde.










(15.2.2020)













©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1759 Illusionen


Illusionen und Tagträume braucht meine Seele. Sonst würde sie es hier in der Welt nicht mehr aushalten. Ein wichtiger Tagtraum: daß ich doch noch reich werde, mir eine riesige, gut ausgebaute Dachwohnung nehme, mit Fenstern zu den Sternen – ach und die Hitze ist mir scheißegal – wo ich ungestört wohnen, essen, schlafen, lesen, schreiben, Musik hören, zeichnen, malen, dem Wind, der Nacht, dem Tag lauschen kann. Da ist natürlich auch inkludiert, daß ich mir – nachdem vorgestern mein MP3-Player eingegangen ist, ich einen neuen kaufen kann und vielleicht sogar jemanden bezahlen, der mir meine CDs raufspielt.

Oder in der Internetwerbung werden mir – sie haben zwar nicht alles, aber schon einiges über mich herausbekommen – jetzt immer so buntes, wirklich schönes Gewandt vorgestellt (Döb! Raus!) und ich würde mir sofort Einiges kaufen.

Ohne Illusionen und heimliche Hoffnungen würde ich nur mehr schreiend herumlaufen. Und für die supercoolen neoliberalen Anhänger des die-Verantwortung-Übernehmens: wenn ich jetzt in meinem Alter – wie ihr das so schön nennt – Verantwortung für mein Leben übernehme inklusive für einen ordentlichen Lebensunterhalt: also Universitätsprofessor werde ich nicht mehr, das geht sich nicht mehr aus. Irgendein Beamter auch nicht. Und geschickt spekulieren: mit welchem Einsatz? Und die Ausbildung zum Pokerspieler? Dafür wären wohl hunderte Jahre nötig, so weit weg ist das von mir und meinem Wesen. Ja ich weiß: „die Füchse haben Höhlen ...“ (Eh. Eh. GottseiDank Füchsinnen auch).

(Und falls ihr mich für mein Leben bestrafen wollt: Schande über euch! GottseiDank (und nochmals und nochmals …) werdet nicht ihr über mich zu Gericht sitzen, sondern … vielleicht der aus Nazareth …)

Nein, nein, da träume ich lieber von Wundern und schaffe es mit Ach und Krach irgendwie bis an mein Lebensende.












(14.2.2020)











©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1758 Lachhaft


Wenn ich mir so zuschaue, wie ich manchmal um mich schlage, so hat das doch etwas Lachhaftes: wie da einer strebend sich bemüht! Ein Meisterwerk an gewaltfreier Kommunikation ist das freilich nicht. Nur, daß es dabei nicht nur um reine Kommunikation, sondern vor allem um Geld geht, um die Wahrung meiner Integrität und meiner Interessen vor schamlosen Angriffen. „Schamlos“  - wie gesagt: ein Meisterwerk an gewaltfreier Kommunikation ist es nicht. Und der Kampf gefällt mir: ich spüre mich und meine Kraft, die Lebensenergie; ich sehe: ich kann mich zur Not beschützen. Wenn ich mir dessen sicherer bin, vielleicht kann ich mich dann auf die gewaltfreie „Kampftechnik“ einlassen – auf dieser meiner Stufe jetzt habe ich viel zu viel Angst und Schuldgefühl.










(14.2.2020)











©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1757 Versickern


Jetzt ist meine Welt mein Zimmer. Und ich atme auf. Ich genieße die Stille der Nacht, die in meinen Ohren so laut dröhnt. Meine Gedanken wandern herum, rechtfertigen mich dort, rechtfertigen mich da – sie verteidigen mich tapfer. Ich versuche, in die Nacht zu lauschen und meine Gedanken versickern zu lassen.










(14.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1756 Schwelgen


Statt mich zu konzentrieren und zu schreiben schwelge ich in unsinnigen, seichten Tagträumen. Jedoch schimpfe ich deswegen nicht mit mir, denn ich kann meine Seele verstehen, daß sie ein Ventil sucht. Wie auch in der zunehmenden Bebilderung meines Zimmers als Ersatz für Begegnung, Erlebnis und die Früchte von Erfahrung. Sehr papieren und elektronisch ist meine Welt geworden. Das macht nichts. Es ist trotzdem eine Welt.








(13.2.2020)









©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1755 Unterdruck


Die Leere nach dem Sturm. Die Erregung ist abgeflaut. In der Körpermitte herrscht Unterdruck, innen Leere. Keine Ahnung, ob das physikalisch möglich ist, psychisch anscheinend schon.










(12./13.2.2020)









©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 12. Februar 2020

1754 Alex, Katharina, Liliane, Albert, Arnold, Gerhard, Hubert, Cecily und ich


Jetzt sitz ich vor dem Katzschen Trio4. Bis jetzt bin ich daran vorbeigerannt. Aber bei einem Besuch hier hat mich meine Frau auf das Bild aufmerksam gemacht, indem sie ihr Gefallen geäußert hat. Grund genug für mich, es auszuprobieren. Das Licht hat mich auf dem Großen Bild rechts um die Ecke (Beach Stop) immer schon fasziniert, obwohl mich die Malweise nicht so angesprochen hat. Aber nun, vor den drei Frauenköpfen verweilend beeindruckt mich außerordentlich, wie diese flach gemalten Köpfe von innen leuchten und dadurch plastisch werden. Nein, nichts daran ist flach (im urteilenden Sinne), mit extrem reduzierten Mitteln, schlichteste Graphik, bescheidenster Farbauftrag, ein Meisterwerk!
Verdammt! Das Licht kommt wirklich von innen. Die Frau, die vorm Bild steht und das andere links um die Ecke photographiert, kann mit ihrem Kopf, nicht nur was die Größe betrifft, überhaupt nicht mithalten; der leuchtende Kopf über ihr erscheint viel wirklicher! Ich schaue das Bild an und bin schon in dem Traum! Säße ich nicht, mir würde schwindeln und es würde mich umwerfen, so eine Kraft geht von dem Bild aus.
Wie blaß und leer vergleichsweise die Frau ist, die jetzt in Bildnähe photographiert wird. Ich beschreibe es genauer: ich schaue auf das Bild: erster Eindruck: flach. Nach einer Sekunde verändert sich meine Wahrnehmung und die drei Köpfe werden dreidimensionale Er-Scheinungen.

Nun hocke ich in der geliebten „psychodelischen“ Ecke (Katharina Grosse, Liliane Tomasko, Albert Oehlen, am Rande noch zwei Richter, die mich sowieso nicht verurteilen)

(Es ist etwas eigenartig, auf einer der Rückenlehnen-freien und damit in zwei gleichwertigen Hauptrichtungen zu besitzenden Bänken zu hocken, während die flanierenden Besucher*innen in Arschhöhe an meinem Auge vorbei schweben. Ich kann mich schon halbwegs daran gewöhnen.)

Eine Aufseherin zeigt ihre Schulter auf einer Seite nackt; dann zieht sie das T-Shirt wieder rauf.
Kommt, ihr psychodelischen Bilder! Versetzt mich in einen Drogenrausch und hebt mich dabei aus meinem öligen-schmierigen bierdampfig rustikalen Fettbauch-Machismo!

Auch den Oehlen habe ich bisher eher ignoriert und er gefällt mir heute besser.
Optische Unregelmäßigkeiten treten schon auf: so hatte ich plötzlich den Eindruck, ich hätte mich verlesen und es steht Gehlen statt Oehlen dort neben dem Bild: so viel Macht hat meine ansatzweise soziologische Ausbildung vor vielen, vielen Jahrzehnten. Dabei ist der Oehlen gleicher Jahrgang wie ich! Wirken die Farbdrogen schon ein bißchen?

Der Typ, der seine leergesichtige Freundin vor und mit jedem Bild photographiert ist auch wieder da, aber jetzt gehen sie weiter und so kann ich mich vorm Scheiblschen R – vor mir – und Cecily Browns Kutteln mit Zitronen - hinter mir – niederlassen. Ich werde mich öfters hin und her drehen – und zwar elegant: die Beine in die Höh, meinen Hintern als Drehpunkt, ohne von der Bank aufzustehen. Die anderen Bilder hier interessieren mich nicht, außer das W.

Meine Gafferei abseits der Bilder bedeutet mir nichts mehr; es ist nur mehr ein leeres Ritual, das mir zunehmend fad wird. GottseiDank!

Ich betrachte die zwei Bilder, aber etwas neues, etwas, das ich dazu noch nicht gesagt habe, fällt mir nicht ein. Darum sitze ich einfach da, schaue sie an, und gehe dann wieder weiter.

Die zwei umgedrehten Bilder vom B gehen mir am A vorbei – wenn dem umgedrehten Typen wenigstens das Gemächt nach unten hängen tät! Blöder Trick! Halt! Stopp! Zensur! Wie kannst du es wagen … du bist viel zu ungebildet und verstehst nichts von Kunst! Also gut: zensuriert!

Ich bin wieder bei den zwei Sphinxen und den sogenannten Größen. Es ist ein solidärer Mann, der mich da anschaut. Zumindest posiert er so. Gäbe kein schlechtes Schriftsteller-Photo ab. Leichtgläubige ließen sich blenden.











(12.2.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


Dienstag, 11. Februar 2020

1753 Ich rede nicht vom Ohr

Gut ausgeschlafen. Richtig gut ausgeschlafen. Es dürfte so um halb Zehn sein, denn ich höre die Tageskinder im Stiegenhaus rufen und singen.
Ich genieße noch die Wärme des Bettes und horche in mich hinein. Ein Kind beginnt zu weinen – und da! ich spüre das Weinen auch in meinem Körper. Ich rede nicht vom Ohr. In meiner Körpermitte löst das Weinen ein ganz, ganz leichtes nervöses Kribbeln aus. Es geht in Resonanz.

Ein tiefer Seufzer.

Die Katze kratzt im Vorzimmer herum und es hört sich nicht so an, als hätte sie die Streu im Kisterl umgerührt. Ich mache mich gefaßt auf Katzenscheiße am Boden vor dem Kisterl. Vielleicht habe ich Glück und nur ihre Kratzerei fand außerhalb statt (Anmerkung später: ich hatte Glück).

Mit diesem Alltagseinbruch und dieser Realitätsverstärkung meldet sich jedoch auch mein Hunger. Und meine Sorge, denn mir fällt ein, daß ich gestern nicht einkaufen war und nichts Gscheites da ist (Anmerkung später: ich habe genug gefunden und sehr kreativ ein ungewöhnliches Frühstück zusammengestellt. Wer fragt, warum ich nicht vorm Frühstück einkaufen gegangen bin: ich gehe ungern mit leerem Magen raus in die Welt. Da fühle ich mich zu schwach und wehrlos).











(11.2.2020)











©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

1752 Führungslos und schwerkraftbezogen

Vier Uhr fünfzehn am Morgen. Der Regen prasselt gegen das Fenster und es tropft und pocht in einem ungewöhnlichen Rhythmus, der allmählich langsamer und feierlich wird.

Durch meine Lesebrille sehe ich die grauen Zonen aus Lurch nur undeutlich und verwaschen. Das ist mir recht.

Mein kaputtes Kreuz bekommt an seinem wunden Punkt einen Hotspot. Zum ersten Mal erlebe ich so einen glühenden Hitzepunkt im Kreuz.

Der Regen hat aufgehört; es tropft noch ein wenig vom Dach, während mich der Schlaf übermannt und mein Kugelschreiber mit führungsloser Hand schwerkraftbezogen im Notizbuch ästhetisch ansprechende Punkte setzt.










(11.2.2020)












©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 10. Februar 2020

1751 Albert, Ina und Ich

Nun sitze ich vor Modiglianis Prostituierten und betrachte ihren Busen, den ich heute Morgen zu Hause am Magnetbildchen (ohne noch zu wissen, daß es sich um eine bedauernswerte Prostituierte handelt) am stillgelegten Kassettenrekorder nicht ausnehmen (!) konnte. Erst hier erkenne ich, daß sie ihren linken Busen mit ihrer rechten Hand hält, so, daß ihre Brustwarze – ich kann es immer noch nicht sehen – hergezeigt oder mit ihrem Zeigefinger (!) abgedeckt wird.
Ihren Kopf hält sie schief, vermutlich denkt, weiß, glaubt sie, Männer mögen das. Was mich betrifft – ich weiß nicht.

Der Modigliani – feig? rücksichtsvoll? - malt ihre Augen leer. Keine Pupillen stellen Kontakt her – aber ich bilde mir ein, den unsäglichen Schmerz und die ungeheuerliche Verlassenheit in ihren Augen zu erkennen.

Nachdem mich der Wächter schon umkreist, gehe ich weiter.

Henri Mangiuns schlamm- und gatschfarbener Rückenakt unter Bäumen spricht mich an, aber es gibt keine Sitzgelegenheit, von der aus ich das Bild in Ruhe betrachten könnte. Eine schöne nackte Frau mit einem schönen Arsch, die Farben ganz toll gesetzt. Aber wie gesagt: im Stehen bekomme ich Kreuzschmerzen und so kann ich nicht wirklich herausfinden, ob das Bild ein Verbündeter ist oder mich anklagt.

Einer meiner Lieblingssitzplätze vorm quadratischen Klee ist frei (The Hungry Song/Chicha libre), wie immer beruhigt sich vor diesem Bild mein wundes Herz fast zu Tränen.
Bald aber wende ich mich Feiningers Promenade in Arcueil weiter links zu und ich muß wieder lachen (damit es kein Mißverständnis gibt: der Klee tröstet mich ungemein nach all den Gemeinheiten der letzten Zeit); der fanatische Sonntags-Spaziergang-Blick der Bladen, der kleine, etwas gesichtsderangierte Mann mit Hut und Bart. Die anderen zwei Eleganten Tanten und Ganten mit ihrem überrascht verschreckten Blick flüchten sich in „ach, wir sind so, so elegant!“ Und die Schirme erst! Diese Ausgeburten an Lächerlichkeit! - aber großartig und elegant (siehst du!) gemalt. (Aufpassen Bursche! Daß das Urteil der Lächerlichkeit nicht auch noch deine Beschreibung betrifft! Wer – bitte – gebiert lächerliche Schirme?! Das wäre was: der Maler karikiert die promenierende Bougoisie und sein Spott trifft auch den Schreiberling 105 Jahre später!)
Und weiter!

Weit bin ich nicht gekommen, denn es springt mich Jawlenskys bunter Berg bei Oberstdorf an (dort muß sich einmal eine ganze Partie getroffen haben; zuhause habe ich ein Fotokärtchen von Oberstdorf von Monet – ungewöhnlich düster, was wohl der Landschaft, dem Wald und dem Klima dort geschuldet ist).
Ein wenig zu weit entfernt sitz ich – und dadurch ist viel Raum für Projektionen und Überschreibungen, kann man nicht sagen: Überbilderungen meinerseits - aber ich glaube, dieses Bild klagt mich nicht an. Nein, wenn ich sehe, wie rechts die Kontur des Waldes sich unten im Tal und am Gegenhang verläuft und dort gemeinsam mit den Wald aufgeht. Der Maler muß sich in dieser auf den ersten Blick vermutlich faden Landschaft (ich glaube, es gibt keine faden Landschaften; denn Gott „sah, daß es gut war!“) vermutlich so sehr nach Farbe gesehnt haben, daß er verzweifelt oder erlöst (oder erst verzweifelt, dann erlöst) den Berg bunt gesehen oder erfunden hat. Die Abend(- oder Morgen-?)Sonne am letzten (ersten) leuchtenden Berggrat mag ihm dabei geholfen haben. Der Gegenhang – nicht nur der Wald gegenüber – ist auch ganz ... schön … gemalt.

Im Vorbeigehen gesagt: Kirchners spitze Frauen sind auch rund.

Gegen Noldes Mondnacht will ich gar nichts sagen. Ich kann sie gut anschauen (klagt mich nicht an); bei Muellers badenden Mädchen bin ich mir nicht sicher – ich traue ihnen zu, daß sie mich auslachen und bloßstellen.

Munchs Winterlandschaft schaue ich in spitzem Winkel an – meine Augen, mein Herz können sich dort erholen (klagt mich nicht an).

Aber jetzt! - ich sehe schon hinüber!

Aber jetzt bin ich bei Kokoschkas Städtelandschaften – mein liebster Platz hier. Mir treibt's die Tränen hinter die Augen. Der Platz ist frei. Ich glaube, der Platz liebt mich schon. Dieser Platz jagt mich nicht weg. Selbst wenn mich die Wächter rausschmissen – der Platz erlaubte mir, bei ihm zu sein und auch die zwei Bilder haben – glaube ich – nichts dagegen.
Die anderen Bilder im Raum ignoriere ich, auch die Nackte im meinem Rücken; nur links und rechts lasse ich die je zwei Bilder an mich heran.
Und toll, wie ich heute die Menschen hier ignoriere.
In Dresden kann ich ein paar Leute an beiden Ufern der Elbe („in Dresden, das steht ja die Elbe so still, und die Stadt fließt so träge vorbei“ W. Biermann) erkennen und in London ebenso am rechten (?) Ufer der Themse. Das Dresdner Bild ist so alt wie mein Vater, das Londoner etwas jünger: wie weit die Zeit damals schon war! Und wie dieses Gesindel, das dann auf und zur Macht gekommen ist, die Zeit nicht nur aufgehalten, sondern grausam zurückgeworfen hat! Meine Eltern waren daran beteiligt und heute versucht es das gleiche Gesindel wieder.

Beim Obst links kann ich den Vogel nicht so gut erkennen, was mir nur recht ist, ich mag ihn nicht so – den Berg dahinter jedoch liebe ich.
Das erste Mal heute lenkt mich der wirklich schöne, wohlgeformte Hintern einer jungen Frau, noch dazu jeansmäßig gekonnt betont, ab und raubt mir kurz den Atem, als er vor mir Sitzendem in Augenhöhe schwebend verharrt. Ich bin sicher, ich komme bald – nach einem tiefen Seufzer – wieder zu den Tränen zurück.

Ich bin sicherheitshalber weitergegangen bis zur kardinalen Witzfigur. Gegenüber sitze ich, mich selbst sehe ich im Spiegel als feschen älteren Herrn in den besten Jahren (hahaha) mit der Botschaft, daß es jetzt grad gar nicht passe, den Pullover - die Ärmeln vorn am Rumpf herunterhängend – über die Schulter geworfen – so wie das die angstgetriebenen, strachischen Spießer keck und cool und fix finden. Musikalisch habe ich auf Montessori … ach nein … auf Morrisseys gekonnten Jammerklagen umgeschaltet; dann brauch ich nicht weinen und kann über meine Trauer lachen. Mein Spitzbärtchen leuchtet mir weiß-grau herüber, die Augen schielen über den oberen Brillenrand her und den Ausdruck in ihnen kann ich nicht wirklich lesen. Schelmisch? Traurig? Gleichgültig? Professionell schwindelnd? Ich konstantiniere (Konstantin der Große) … also: konsterniere … verdammt! … konstatiere (es stimmt irgendwas mit meinem Gehirn nicht mehr!), wie wieder eine Tränenflut hinter die Augen drängt, aber dort ist Schluß mit dem Selbstmitleid! „Exit! Exit! … running to the exit!“ (singt der geniale Jammerer).
Ein kleines Lächeln spielt um meinen Mund - wie ich im Spiegel entdecke - auch weil eine Aufseherin zweimal zufällig neben mir stehen geblieben und aus dem Fenster hinter mir geschaut hat (Präsenz zeigen! Präsenz zeigen gegenüber potenziellen Attentätern! Peter, der Täter – hatten wir schon öfters). Gut, gehen wir weiter. Muß eh aufs Klo.

Nachdem ich mich am Ort der Klausur erleichtert habe, gehe ich wieder zurück in die Weilersche Batliner-Sammlung, nehme aber die andere Richtung, sodaß ich gleich in den Picasso-Raum komme. Ginge ich in meiner üblichen Richtung, käme ich zuerst in den Klee-Raum, dann in den Picasso-Raum. Aber nach dem feinen Klee ist mir der Picasso einfach zu grobianisch und aufdringlich. Vielleicht eh nur lebensvoller, geiler, machistischer, mit Karacho (das heißt mit erigiertem Penis) unterwegs. Ich bin doch in Paris (Mein Pariser Exil – hier in der Schublade Nr.93 vom 9.3.2015) dauernd ins Picasso-Museum gepilgert; also irgendwas muß ich daran doch finden können. Das einzige Bild, das mich hier anspricht, ist mir gerade verstellt. Jetzt ist der Blick frei, wahnsinnig gekonnte Form- und Farbgebung. Ebenso der Farbauftrag (nicht, daß ich dazu irgendetwas zu sagen habe – ich notiere nur meine Gedanken).
Verbündete? Klagen sie mich an?

Max Ernsts Silence à Travers des âges berührt mich heute stark. Eine gewisse Vergeblichkeit  à Travers des âges? Zu den Jahresringen das Blatt als vergeblichen Versuch, eine Erinnerung an Wachstum und Leben festzuhalten? („ein Hauch des Windes, und schon sind sie dahin, und der Ort wo sie standen, er hat sie vergessen“.)
Mir geht nun das Gejammer vom begnadeten Morrissey, das ich sonst so gern habe, auf die Nerven und ich schalte auf die wunderbare Aldous Harding.

Vom Giacometti beeindruckt mich das Landschaftsbild. Und – das fällt mir erst jetzt und zum ersten Mal auf: die Schatten seiner beleuchteten Figuren an der Wand! Diese Schattenwürfe werfen – nein, das darf man nicht: schmeißen mich fast um! Besonders der Schatten der Käfig-Skulptur berührt mein Herz. Der Mensch mit den ausgestreckten Armen – hält er sich am Käfig fest? Am Schatten seh ich jetzt alles deutlicher: was für ein Schmerz! was für eine Angst! trotzdem: niemand muß, darf, braucht diesem Menschen etwas vorwerfen (und wer es dürfte, tut es nicht), denn der Mensch als Schatten steht in einer Wahrheit da. Ja, das ist es.
Der Schatten des Menschen steht da, fast gelingt ihm der Übertritt, der entscheidende Schritt. Fast. Der Schatten von der schönen, traurigen Gestalt.

Ich gehe in den Klee-Raum. Dort drehe ich nur ein paar unkonzentrierte Runden, weil meine Aufnahmefähigkeit sehr nachgelassen hat. Die Assuan-Zeichnung – so unaufdringlich, leicht und schön. Die Trümmer des Barbaren-Tempels – so weich und zart. Und die Stimmung vorm Fest: … was sag ich? Konzentriert? Nervös? Unkonzentriert?
Und die irrende Seele, 1929: bin das schon ich? Ich, der sich schon seine Eltern auszusuchen beginnt und sie, als sie noch Kinder sind,  umschwirrt? (und irrt, und irrt) (Aldous Harding singt vom weiblichen Schmerz)

Und beim Rückweg sehe ich: Giacomettis Schatten sind noch atemberaubender als auf den ersten Blick. Die vier Frauen: wie eine weibliche Verklärung am Berg Tabor, oder wo auch immer.
Und die schmale Büste auf Sockel: wie verzweifelt sich der Schatten da als so ein verquältes, zerdrücktes, unscheinbares Ding im Licht zu halten versucht, schlecht und recht sich reckt gegen seine Auflösung und gegen die überblendende Kraft des Lichtes ankämpft. Mit Schatten ist es schnell vorbei.

Erschöpft verlasse ich die Batliner-Sammlung und lasse mich auf der Bank im Gang zwischen den Welten vor den zwei blödgesichtigen Sphinxen nieder, die zwei depperten Schwestern, um das fertig zu schreiben. Fragen habe ich keine und ich will von ihnen auch keine Antworten.

Und trotz meiner Angst vor dem Rausschmiss und der Sorge, mit meinem Herumgetue die Wächt* zu überfordern, gehöre ich hierher, hierher, ich gehöre auch hier her! Selbst wenn die Kronenzeitung oder der Clan die Albertina übernimmt: viele Werke erlauben mir, sie zu betrachten und klagen mich nicht an! Nicht von der Idiotenseite und Kronenzeitungseitedrei her. Sub specie aeternitatis mag das anders sein, aber gerade die oben – ganz im Gegensatz zu den Behauptungen der verbreiteten Tradition – klagen nicht an, niemanden! Sie zeigen ihm nur seine tiefste Wahrheit. Punkt. Aus. Amen.

Ich bleib noch ein wenig sitzen, ich bleib noch ein wenig da und lausche Aldous Hardings Horizon während viele Menschen an mir vorbeidefilieren.











(10.2.2020)












©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com