Dienstag, 29. Januar 2019

1240 „Angst essen Seele auf“


„Angst essen Seele auf“ – dieser Filmtitel von Fassbinder, dessen Filme ich meistens nicht so mag, beschreibt meinen Zustand nach dem Aufwachen am besten. Zunächst liege ich ein paar Minuten friedlich, mein Bewußtsein ist noch nicht ganz angekommen, doch plötzlich, wirklich von einer Sekunde auf die nächste, wacht mein Bewußtsein zu seiner vollen Alltagdimension auf und es packt die Angst zu und ich bin wie gelähmt. Der Atem stockt, das Herz klopft – ich weiß nicht, ob wirklich schneller und stärker, aber mir kommt es so vor. Eine leichte Übelkeit sucht mich heim und bleibt mir für längere Zeit erhalten. Im Hals empfinde ich leichtes Würgen, als wäre die erste Stufe des Kotzreflexes ausgelöst.
Wenn ich schon bei Sprüchen und Zitaten bin: „der Tod sitzt im Gedärm“ fällt mir dazu noch ein. Irgendwo da unten in meiner Leibeshöhle liegt schwer dieser Knäuel aus Angst, mein gordischer Knoten, der sich sicher nicht mit einem Schwerthieb auflösen läßt (Ana-lyse).

Die Übelkeit kommt nun in Wellen, gemeinsam mit der Angst.

Bei manchen Wellen spüre ich auch, wie die Angst nach meinem Herzen greift.






(29.1.2019)







©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1239 Trotz Angst


Trauer. Angst - fast zur Panik gesteigert, wenn ich meine Zimmertür gerade noch vorm gefährlichen Mann verschließen kann. Nicht ohne Schuldgefühl, daß ich so abweisend und so voller Vorurteile bin. Ich spiele weiterhin meine halbwitzigen Spielchen nach außen. Dagegen ist nichts zu sagen – findet momentan sogar mein innerer Kritiker.

Ich spüre die Angst im Bauch beim Zwerchfell; jetzt, wo ich meine Aufmerksamkeit dort hinlenke, kommt ein unwillkürlicher, tiefer, entlastender Atemzug. Dann beginnt sich das Angstgefäß wieder aufzufüllen. Doch dann kommt noch so ein Atemzug (beim Tippen in den Computer auch). Und ein dritter – sie kommen ganz von alleine. Nummer vier. Das Zwerchfell stößt dabei die Angst an und hilft, sie ein wenig aufzulösen.

Nun mache ich vier absichtliche, bewußte Atemzüge, bei denen ich das Zwerchfell fest nach unten stoße, um obigen Effekt zu verstärken. Dann folgen ein paar natürliche tiefe Züge, am tiefsten erreichten Punkt immer an der Kippe, ob sie wirklich in die Tiefe gelangen oder stecken bleiben. Dabei beruhige ich mich.

Und schon ist die Angst wieder da. Ein panikartiger Zustand, ich bin hochgradig nervös, zappel herum, mit zitternden Fingern suche ich das benötigte Zeug zusammen, weil ich wieder „hinaus“ muß, und wie üblich vorher aufs Klo. (Dabei geht es zu meiner Lieblingstherapie hier!) Diese Reaktion auf das Verlassen des geschützten Bereichs ist schon so selbstverständlich, daß ich sie im Alltag kaum noch registriere. Die Tür geschlossen zu halten und mich umzudrehen und zu entscheiden: ich geh nicht raus! – das schaffe ich nicht. Da ist meine Autoritätsgläubig- und Hörigkeit viel zu stark.

(Da fällt mir ein: ich könnte meine Lesungen mit meinen T-Shirts und ohne zu reden starten.)

Also fahre ich alles Mögliche auf, um trotz Angst hinaus zu gehen.








(28.1.2019)










©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1238 Hört! Hört!


Schwere Müdigkeit und Trauer hängen sich an mich und ziehen mich zu Bett. Ich blicke jedoch noch auf den Vorhang. Seine Blumenmuster beginnen abzusinken und bleiben doch oben. Dann sinken sie wieder langsam ab und nach ein paar Sekunden passiert so etwas wie ein Zerplatzen des Angestarrten und das Spiel startet wieder von neuem. Ich habe durch Betätigen des Lichtschalters das viele, schöne, gelbe Licht aus der Szenerie genommen und schon wird es kühler. Die weißen Stellen am Vorhang bekommen einen Stich ins Blaue. Ich bin rechtschaffen (hört! hört!) müde und beende die Schreiberei für heute.





(25.1.2019)





©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


Freitag, 25. Januar 2019

1237 Oh nein!


Oh nein! die große Angst ist wieder da! Ich liege noch friedlich im Bett, in Seitenlage nach links gedreht, als sie plötzlich, im Moment völlig unerwartet, in meiner Körpermitte auftrifft. Es schaut so aus, als reagierte auch die Angst auf die Schwerkraft, denn sie sinkt nach unten, das heißt in meiner Körperhöhle nach links und ich spüre sie, als wäre etwas mit deutlichem, aber nicht allzu schwerem Gewicht in meine Körpermitte eingesunken und drückt da etwas nieder, in einer durchaus fließenden Bewegung, nicht stoßhaft, aber dennoch wie schnell und plötzlich dort gelandet. Wie ein riesiger Tropfen, fällt mir dazu ein.
Dann liegt dieser Angstknoten mit seinem deutlichen Gewicht in meiner Köpermitte – näher kann ich das nicht orten; ich habe ja auch keine Ahnung, wo welche Organe liegen – und löst wie in einer Bewußtseinsexplosion Panik aus, die mir den Atem nimmt und den Verstand (fast) raubt. Wie nach einem Schlag oder Tritt in den Bauch – nur daß ich es diesmal auf Zeitlupe schalten konnte, sodaß ich das Ganze nicht als Stoß, sondern als „landen“ erlebt habe.

Durchs Schreiben gewinne ich Abstand. Ich spiele mich ein wenig damit, indem ich versuche, die Angst wieder herbeizuholen – schließlich will ich sie ja besser kennenlernen, gerade in der Vergrößerung der Zeitlupe - was aber nur einmal gelingt. Auslöser dürfte der erste Gedanke über meine Zukunft gewesen sein. Wovon werde ich leben?

In meinen jungen Jahren hat soetwas dazu geführt, daß ich mich immer mehr im Bett eingerollt und eingekrümmt habe, bis ich mich damals dann gezwungen habe, am Rücken zu schlafen und mich der Angst zu stellen. Weggegangen jedoch ist sie erst im vorigen Frühjahr mit der Einnahme eines Antidepressivums. Und jetzt ist sie wiedergekommen.










(25.1.2019)











©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1236 Anderes Futter


Es ist still geworden und als ich mich umschaue, herrscht um mich, in mir und um mich herum Leere. Die schlechte Leere; die, die Ekel mit sich bringt. Die nichtssagende Leere; die Leere, die mit nichtsnutzigem Zeug vollgeräumt ist.
Kein Wunder nach drei Krimifolgen hintereinander. Es war gar kein schlechter Film, sogar beruhend auf Tatsachen. Aber mir ist im Innersten (? – gibt es dort nicht einen Bereich, der von all dem unberührt bleibt?) schlecht davon. Nicht, weil der Film seine blutige Geschichte besonders blutrünstig erzählt, nein, weil er im Inneren eine Leere hinterläßt, in der man sich nicht mehr richtig fühlen kann, beziehungsweise weniger als sonst. Und weil mich jeder Krimi, jeder Film davon überzeugt, daß ich lebensuntüchtig und ein Loser bin. Selbst wenn der Kommissar als solcher dargestellt wird: er steht weit über mir, denn er hat einen Beruf und ein – aus meiner Sicht – ordentliches Einkommen. In vielen amerikanischen Filmen ist der (oft zunächst) Antiheld ein Collegeprofessor. Collegeprofessor! Da bin ich erst heute dahinter gekommen: ich vergleiche mich mit dem Helden oder Antihelden (auch den depressiven) und schneide schlechter ab. Die Seele jedoch kann zwischen Bild und Realität nicht unterscheiden. Oder richtiger: die Seele bekommt die Wirklichkeit auch nur als Bild, als Film geliefert ("ich bin zwar nicht im Kino, aber sicher im falschen Film"). Und mit  diesen Niederlagen füttere ich sie. Aber woher anderes Futter nehmen? Alles rundherum klagt mich an.










(24.1.2019)











©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1235 Danke, lieber Apfelbaum


Ich grüße den Apfelbaum vor meinem Fenster; oft vergesse ich darauf in meiner Selbstversunkenheit. Schauder und Vibrieren laufen mir den Rücken hinunter. Danke, lieber Baum, daß du zurückgrüßt. Vielleicht ist es nicht fair, mir dich als Verbündeten zu suchen, denn in einer Woche fahre ich weg und werde dich zurücklassen und vermutlich vergessen. Dabei wissen wir, daß die Energie der Bäume langsamer ist als unsere. Lieber Baum, ich bin nur mehr eine Woche da. Danke für Deine Freundschaft!

Ich esse genußvoll einen der hier zur freien Entnahme ausgelegten Äpfel und denke: das wird nichts. Ich werde nicht – wie doch empfohlen – nochmals zur Sozialberatung gehen. Es ist schon alles besprochen – mehr Geld wird es nicht geben.
Ich nehme mir einen zweiten Apfel (zu viel Zucker – alarmiert eine innere Stimme) und blicke der Frau, die gerade hereinkommt und die Bücher im Regal durch schaut, ungeniert auf den Hintern  (vom Sportlehrer entschuldigt? Naja, eigentlich hat er nur gesagt, daß wir Menschen dort hinschauen – und ich ergänze: um die energetische Situation abzuchecken) - natürlich in der Annahme, daß sie es nicht merkt. Und sonst auch niemand.
Aber sie bringt mich auf eine interessantere Idee: als sie wieder gegangen ist, gehe ich zum Regal und schaue mir die Bücher an. Erstaunlich! Es sind viele katholische darunter, bis zu: „Zehn Argumente für den Zölibat“. Wer legt die Bücher aus? Soll ich mich bei diesen Büchern heimisch oder fremd fühlen? Freudig ergriffen oder abgestoßen? Ich weiß es schon wieder nicht! Der Austritt hat also auch keinen eineindeutigen Standpunkt gebracht. (Gut, „mission controll“ gibt es auch.)
Oh! Das Büchlein (Zölibat) interessiert mich! Im ersten Kapitel spricht er mir (teilweise!) aus der Seele.

Zehn Minuten vor Beginn der nächsten Veranstaltung bin ich wieder überpünktlich da, weil sich meine Nervosität nicht ruhigstellen und meine Versagensangst und Autoritätsunterwürfigkeit nicht wegdrängen lassen. (Ich will ja nicht nur die Meute, sondern auch die Autoritäten nicht gegen mich aufbringen. Vielleicht brauch ich noch Letztere zum Schutz vor Ersteren.)









(24.1.2019)










©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1234 Ich werde mich ablenken


Oh! Wieder die Angst! Die Panik sitzt in meiner Körpermitte, ich weiß nicht: Zwerchfellgegend? Noch liegt sie eingerollt da und beißt noch nicht richtig zu, aber ich zittere schon am ganzen Körper. Vielleicht ist es bloß ein frommer Wunsch, daß sie eingerollt bleibt. Ich werde mich ablenken. Ich werde so tun, als wäre nichts.

Ich wanke. Ich muß mich zum Rasieren zwingen. Ich verliere gerade alle Hoffnung.

Rasieren geschafft. Schlampige Ausführung. (Amtssprache!)

Keine Lust zu duschen. Ich muß aber. Ich bin schmutzig (ist das nicht putzig?). Ich mag nicht mehr. Ich möchte aufgeben.

Der protestantische Kirchturm (der mir auf den ersten Blick katholischer ausschaut als der katholische – auf den zweiten Blick sieht ist das anders: am katholischen Turm sind Sonne und Halbmond) spiegelt sich im Glas des Bücherschranks der Bibliothek, ebenso wie das niedere, schneebedeckte Dach eines Hauses und der kahle Baum hinter mir. Schräg drüben eilen Leute hin und her. Abreise, Anreise. Ach ja: aus einem Rauchfang hinter mir steigt vor mir gespiegelter Rauch.

Im  winterlichen Seebad werfe ich meinen weiten Blick in die Ferne. Dorthin, wo die Weiße des Schnees am zugefrorenen See mit dem Weiß des neblichen (sic!) Himmels – scheinbar!  Was ist schon Realität! – zusammenstößt und eine leuchtende, fast vibrierende, einen Zentimeter dicke Linie bildet, von der im Halbkreis nach oben ein Strahlen ausgeht, das den Luftraum darüber heller macht. Ja, ja, es ist so, als würde man in ein Wunder blicken, als wäre das Licht des Himmels dort! dort! herabgekommen.

Jetzt, zur früheren Nacht, hat mich doch tatsächlich eine schräge, deutsche Krimikomödie aus der Depression geführt (Fernsehen statt Therapie).

Nicht lange: denn jetzt finde ich mich wieder bloß ab. Ich werde nicht mehr versuchen, an meinem gescheiterten Leben etwas zu ändern (inklusive an meiner ständigen und scheiternden Sehnsucht, mein Leben zu ändern). Amen.  (Das wär’s ja, gell?!)

Ich grüße auch Bäume.








(23.1.2019)









©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1233 Hilfe


Schon wieder eine Chance nicht zu nützen gewußt. Die Karotte für mich den Esel hat sich als sehr wirksam erwiesen: ich habe mich weiterlocken lassen (anstatt mich einfach hinzulegen und zu schlafen) und für mich nichts erreicht. (Ich finde, am Ende des Tages könnte man schon die Karotte gnadenhalber dem Esel zuwerfen.)  Diese Enttäuschung erlebe  ich als Niederlage. Jetzt stehe, sitze, liege ich da und weiß nicht, wie weiter. Ich trau mir nicht zu, mich zurechtzufinden (zum Recht zu finden: dem Lebensrecht). Ich brauche Hilfe.








(22.1.2019)








©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 22. Januar 2019

1232 Kleine Notizen


Ich klopfe ein hingeschleudertes Bild nach dem anderen herunter. Unter Anspannung. Antony singt „I’m a jungle man“. Nachher bin ich erschöpft.

Vergebliche Trauer. Ja, ja, ich wäre schon bereit zu vergeben, wenn vorher alles auf den Tisch käme.

Ich spüre die Angst im Untergrund. Wird das Eis halten? Was passiert, wenn es taut? Bin ich dann ausgeliefert?

Mir ist zum Weinen, aber ich weine nicht. Nur hinter den Augen.

Ich bin erschöpft und halte mich am Notizbuch fest, daß sich der linke Arm verkrampft.

Ich habe die Muster und Linien der Fußbodenfliesen im Badezimmer angestarrt. Fast alle haben sich zu bewegen begonnen, wie vergrößerte kleine Mikroben. Ganze Horden sind herumgekrabbelt; alle auf mich zu (und sind doch an Ort und Stelle geblieben).

Die Morgenangst ist wieder da. Ich zittere am ganzen Körper und beruhige mich nur langsam. In meinem Inneresten steckt panisches Schreien.

Mein Zwerchfell funktioniert nicht richtig. Ich atme komisch und bekomme nicht die richtige Luft.

Draußen ist herrlicher Nebel – ich sollte spazieren gehen, aber ich gehe nicht. Das Sollte verdirbt mir jeden Impuls. Oder ist der „herrliche Nebel“ nur so eine Idee, so ein Programm?

Ich gehe jetzt doch.









(20./21./22.1.2019)










©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Sonntag, 20. Januar 2019

1231 Ich grüße den vertrauten Freund


Es ist absolut still. Von innen das bleiche Licht der Fluchtwegbeleuchtung, von außen das bleiche Mondlicht. Durchs vernetzte Fenster kann ich das Sternbild des Schwans erkennen. Ich freue mich und grüße den vertrauten Freund.

Ein Flugzeug unterstreicht die Stille. Ein einsames Fenster gegenüber leuchtet auf. Mein lieber Apfelbaum reckt reglos seine winterlichen Zweige in die tiefe Nacht. Die eiskalte Luft sickert durch das Fenstergitter herein. Aus der Ferne erlausche ich jetzt etwas, daß sich wie weitentferntes Glockengeläut anhört; vielleicht über den See herüber. Aber das kann nicht sein! Mitten in der Nacht läuten keine Kirchenglocken. … Oh! Es ist doch schon sechs Uhr fünfundzwanzig! Rufen sie zur ersten Frühmesse am Sonntag?
Deswegen und weil jemand das Ganglicht aufgedreht hat, wird die ganze Szenerie profaner. Und auch die kalte Luft beginnt zu stinken.

Ich werde das Fenster schließen.





(20.1.2019)






©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1230 Die Lücke


Die absurden Geräte spreizen und strecken ihr absurdes Gestell in den Raum und blinken, leuchten und schreiben Buchstaben (mene mene tekel upharsin …?) auf das Display. Das Zeug surrt und rauscht leise und kontinuierlich. Der Boden glänzt von gelb-hellbrauner Glätte und heller machende, bleichende Wolken wandern meinem Blick entlang darüber hin (meine Augen sind schwache Scheinwerfer).
Es dämmert und auch hier herinnen im Fitnessraum versinkt der Tag und wird vom Boden? von den Wänden? oder wovon? aufgesaugt. Die Vier-, Fünf-, Sechs-, Sieben- und Achtuhrstriche spiegeln sich deutlich im Fenster, weil unter der Wanduhr diese häßliche, grüne, beige Fluchtweglampe leuchtet. Die Displays wiederholen ständig ihre aus meiner Sicht unleserlichen Botschaften (mene mene tekel upharsin …?), sonst leuchtet hier nichts.
Ein paar Zweige einiger Weinstöcke krümmen und biegen sich gleich vorm Fenster draußen und strecken sich auch.
Die leise Stille hier – laut ist sie nicht, geräuschlos auch nicht – erzeugt eine fremde und entfremdende Stimmung. Man könnte seinen Namen vergessen und genauso verschluckt werden wie der sterbende Tag. Die Nacht ist noch nicht da – die ist dann wieder ein eigener Kreislauf. Das jetzt ist ein Zeitpunkt, wo die Lücke spürbar wird und die Selbstverständlichkeit aufreißt. Bei mir zumindest (und bei allen Junkies und Exjunkies auch; die müssen jetzt ihre Lampen aufdrehen).

Ich gehe mich um meine Wäsche kümmern. Vielleicht ist die Waschmaschine schon fertig damit.







(19.1.2019)








©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 18. Januar 2019

1229 „Flaue Sau“


„Flaue Sau“ heißt ein Gemälde von Hannes Priesch und so fühle ich mich seit einer Woche. Eine leichte Übelkeit begleitet mich ständig.

Die satten Farben des Vorhangs. Satt von den abgefangenen Bildern; den Bildern, die er nicht durchgelassen hat.
Die Hohe Lampe ohne Licht ist eine schöne, weiße Säule.

Tief am Grunde meines Seelenstroms wandern Trauer und Verzweiflung. Wann wird letztere endlich abgeschliffen und zermalmt sein? Wie lange wird das dauern? Fünftausend Jahre? Noch länger? Viel länger?

„Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag. Dann kommt schon der Tag.“





(17.1.2019)







©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1228 Apropos Spaziergang


Bei einem Spaziergang durch das Ufergelände fliegt ein Wildgänsepärchen über mich und ich grüße sie: „Ich grüße Euch, ihr lieben Wildgänse und wünsche euch einen schönen Abend!“ oder so ähnlich. Und wirklich, sie haben zurückgegrüßt! Ich habe aufgepaßt! Sie haben weder vorher noch nachher gerufen!

Natürlich kann es auch sein, daß die eine zur anderen gesagt hat: „Schau, da unten geht so ein Trottel, der grüßt uns! Das gibt’s doch nicht!“ Oder: „Achtung! Da unten ist einer!“ Oder sie zu ihm oder er zu ihr – ich weiß ja nicht, wer bei den Wildgänsen dominiert: „Was fliegst du so eine depperte Route! Wo da unten ein möglicherweise gefährlicher Mensch geht! Mich so in Gefahr zu bringen! Pass besser auf!“ Oder ganz was anderes: „Au weh! Heute habe ich schon wieder Kreuzschmerzen!“ Oder: „Schönes Flugwetter heute!“ Oder: „Die Frau Sowieso ist wirklich eine blöde Gans! Stell dir vor, was die heute früh zu mir gesagt hat. …  .“ Oder: „Ich freu mich schon, wenn wir heute Abend schlafen gehen, Schatz“.

Apropos Spaziergang: Bei unserer Runde zur Morgenaktivierung kommen wie immer an einem kleinen Gärtlein vorbei, wo hinter dem Zaun schon eine Katze auf uns wartet und maunzt. Sie spricht uns also an und einige bleiben stehen und streicheln sie und reden mit ihr. Mit gefällt die Vorstellung außerordentlich gut, daß diese Katze im Vertrag mit der Reha-Einrichtung ist: sie bekommt Obdach und Futter, dafür animiert sie die Patienten zu empathischen Gefühlen und deren Ausdruck.




(15./18.1.2019)






©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 14. Januar 2019

1227 Die Tänzerin kommt herein


Die von der allgemeinen (kat-holischen) Morgenbetra … Morgenaktivierung kommen gerade herein, wie ich von meinem übersichtlichen Lieblingsplatz aus gut sehen kann. Antony Kiedis singt wieder am Place, where the junkies go. Ich aber freue mich schriftlich.
Der heftige Wind, der um den Palast weht, schüttelt und reißt die mittelgroßen grünen Pflanzen in den dicken Tontöpfen ordentlich durch. Meine hinweisende Frage allerdings, ob beim Menschen – im Gegensatz zur Gazelle zum Beispiel, die ja bald nach der Geburt laufen kann beziehungsweise können muß, die deshalb den Fluchtreflex braucht – ob also beim Menschen, da er noch lange im sozialen Uterus lebt und da nicht flüchten oder kämpfen kann, der Todstellreflex wichtiger sein könnte, scheint nicht ganz angekommen zu sein. Vielleicht werden deshalb die Traumata der Braven so oft übersehen.

Erst heute fällt mir auf, daß mein Lieblingsplatz nicht nur herausgehoben (Obergeschoß), sondern auch im Aufenthaltsbereich der therapeutischen Gesellschaft ist. Wieder eine potentielle oder aktuelle Anmaßung.

Die Tänzerin kommt herein, aber sie hüpft nicht, sie geht schnell.

Antony besingt den Zephir und schon ersteht vor meinem inneren Auge mitten im Winter die antike Mittagshitze mit Pan, Nymphen und allem PiPaPo. Wieder eine ganz andere Welt.

Oh! Die Sonne wirft wunderschöne Lichtstreifen unter das Glasdach an die Wand der gegenüberliegenden Innenhofmauer. „Sonne! Sonne! Sonne!“  (Zitat Christine Lavant) (I could die for you singt Antony). Diese beglückenden Lichtstreifen sind das einzige Sonnenlicht, das ich von hier aus sehen kann.

Inzwischen hat sich der Wind draußen zu einem Sturm gesteigert und ein kleines Blättchen versucht durchs Eingangstor herein in den geschützten Bereich zu gelangen. Aber obwohl es vor dem Tor mehrmals hin und her flattert,  es gelingt ihm nicht, die Türöffnerautomatik auszulösen.  Dazu ist es zu klein und unbedeutend.
Bald ist das Blättchen verschwunden; ich habe nicht mitbekommen, wohin.









(14.1.2019)











©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Sonntag, 13. Januar 2019

1226 Der Wundertäter


Der Wundertäter (eine Figur, die ich von Daniil Charms „die alte Frau“ gestohlen habe – ich denke, es ist keine Schande, wenn schon, dann bei den Besten zu stehlen – das ist nämlich ein Wundertäter, der nie ein Wunder vollbringt), der Wundertäter also verläßt mit seiner Frau das Hotel, wo sie sich aus zwei verschiedenen Richtungen kommend getroffen hatten. Aber bevor sie es wirklich verlassen, überlegen sie, ob sie ihr Gepäck auch nach dem Auschecken bei der Rezeption zwischenlagern sollen, bis der Zug der Wundertäterin abfährt, damit sie ohne Gepäck die Stadt erkunden können, oder ob sie es – des Wundertäters Vorschlag – gleich zum Bahnhof bringen und dort in ein Gepäckfach ablegen sollen. Es sei nicht weit, argumentiert der Wundertäter, fünf, höchstens zehn Minuten von hier, und dann sei es dort, wo sie es wieder brauchen. Da bei der Rezeption des Hotels eine Schlange ansteht, willigt sie ein und sie verlassen das Hotel und gehen los. Sie, die Ehefrau, tendiert nach links, da sie in dieser Richtung den Bahnhof vermutet, der Wundertäter jedoch, der sich viel auf seine gute Orientierung einbildet, tendiert nach rechts. Sie starten in etwa geradeaus, dann setzt sich der Wundertäter durch (aus Gutmütigkeit der Frau) und sie biegen immer mehr nach rechts. (Wir vergessen nicht: der Wundertäter hätte nur mit den Fingern schnipsen brauchen – so erklärt es Daniil Charms – und sie wären am Bahnhof oder ihr Gepäck im Schließfach. Aber er tut es nicht.)

Was dem Wundertäter auffällt: der Weg wird immer länger, mindestens viermal so lang wie vorgesehen und versprochen. Seine Frau glaubt nicht, daß sie den richtigen Weg gehen, aber dem  Wundertäter zuliebe folgt sie ihm ohne zu meckern. Der Wundertäter hätte nur mit den Fingern schnipsen brauchen und der Weg wäre kürzer geworden, aber er tut es nicht. Endlich erreichen sie die Bahnhofstraße, deutlich angeschrieben, wie es der Wundertäter prognostiziert hatte, und er fordert seine Frau auf, die Richtigkeit seiner Orientierungsansage anzuerkennen. „Wunderbar!“ sagt sie. Er meint, sie könnte es noch deutlicher mit ihm als eindeutigerem Adressaten der Anerkennung aussprechen und daß er es war, der den richtigen Weg gefunden hat und nicht sie. „Wenn wir deinen Weg gegangen wären, wären wir wahrscheinlich bei Rust herausgekommen“ behauptet er. „Wunderbar!“ sagt sie wieder, aber da es aus ihr nicht präziser herauszubekommen ist, meint er zu ihr, nicht ohne Resignation: „Einmal geht’s noch!“ „Wunderbar!“ antwortet sie und der Wundertäter läßt das als ihre Anerkennung seiner Orientierungsüberlegenheit gelten.

Aber auch die Bahnhofstraße wird länger als geplant und auch der Wundertäter wird etwas unsicher. Tapfer stapft er mit seinem und ihrem Gepäck am Buckel, gestützt auf den Gehstock weiter, bittet seine Gemahlin um ihr Vertrauen, als er sie auf die andere Seite der Straße und durch eine Unterführung führt, scheinbar endlos zieht sich die Straße dahin, als endlich der Bahnhof in Sicht kommt und mit letzter Anstrengung erreicht wird. Dort angelangt fällt ihm auf, daß es zwar ein Wartezimmerhinweisschild gibt, aber kein explizites für eine Gepäckablage. Und tatsächlich! Ein Wunder ist geschehen!: es gibt am ganzen Bahnhof weder eine Gepäckaufgabestelle, noch Münzschließfächer! „Das gibt’s nicht!“ ruft der Wundertäter aus und umkreist den Bahnhof zuerst gegen den Uhrzeigersinn, und dann im Uhrzeigersinn. Umsonst! Die Gepäcksschließfächer bleiben verschwunden!

„Ich werde der ÖBB einen Brief schreiben. Das geht nicht! Der Bahnhof einer Landeshauptstadt und keine Gepäcksablage!“ schimpft er im Weggehen, beladen mit seinem und ihrem Gepäck. „Nein, ich schreibe dem Landeshauptmann!“ Und nach ein paar weiteren Schritten „Nein, ich schreibe gleich dem Fürsten Esterhazy! Soo geht das nicht!“








(13.1.2019)










©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1225 Das Wunder


Ich bin in E und mein erster Weg - nachdem ich die Rückfahrzeiten gecheckt habe – geht – schließlich habe ich genug Zeit – zum Dom des Heiligen Martin.
Diesen Weg zum zentralen Heiligtum mache ich – kirchenrechtlich eingetreten oder ausgetreten: egal! – fast immer auf meinen kleinen Reisen. Immer will ich, wo ich mich auch aufhalte, den lokalen Gottheiten oder Heiligen beziehungsweise dem Spiritus loci meine Referenz erweisen.
Ich gehe also wie vorgeschrieben (die Hinweistafel hängt am Nordtor) zum  Westtor. Der Wind bläst mir ordentlich in den Rücken, in den Ohren John Frusciante mit Curtains. Als ich das Kirchentor aufmachen will – oh! – da geht es von selber auf! Ich glaube sofort an ein Wunder! Daß nämlich der stürmische Wind für mich das Tor genau zum richtigen Zeitpunkt meines Eintretens aufgemacht hat. Der Vorgänger oder die Vorgängerin hat es nicht gut geschlossen, so konnte es der Wind aufdrücken. Ja, ein Wunder! Ein Zeichen des Himmels!

Ich will es bessermachen und das Tor ordentlich schließen und versuche das schwere Tor gegen den Widerstand des starken, stürmischen Luftdrucks zu schließen, was mir nicht gelingt. Ich drücke und drücke, bis ich kapiere, daß das nicht der Wind, sondern die Türautomatik ist. Schade! Kein Wunder! Es war nicht der vom Himmel geschickte Wind (der Heilige Geist weht wo er will), der das Tor vor meinem Eintreten geöffnet hat, sondern die Türautomatik. Wirklich schade! Ich wäre vielleicht nicht nur in den Dom eingetreten.
Drinnen im Dom „opfere“ ich meine üblichen drei Kerzen („offering“  klingt wirklich nicht so masochistisch), bete ein Vaterunser und ein GegrüßetseistduMaria, mache schöne, konzentrierte Kniebeugen und Kreuzzeichen – den John Frusciante habe ich nicht abgedreht – und gehe wie ein Gehbehinderter am nicht benötigten, aber zum Eigentümer zu  transportierenden Gehstock hinaus, stapfe durch eine kleine, enge Gasse zur Mariensäule auf der Hauptstraße, umkreise diese, oben die Krönung Mariens nach ihrer Himmelfahrt am 15. August (ich wiederhole mich: Himmelfahrten bezweifle ich nicht!),  erinnere mich jetzt im Cafe an den angepfeilten Heiligen Sebastian, den Heiligen Nepomuk, ich vermute den Heiligen Jakob (wegen des Hundes als Wegbegleiter Tobias?), einen Heiligen, der fast lasziv ein Knie vorstreckt, kann ich nicht identifizieren, und dreiunddreißig Schritte entfernt steht die Statue des Heiligen Sankt Florian, der unser Haus schont und andere anzündet. Ich peile dann, nachdem ich mich bezüglich unseres gebuchten Hotels orientiert habe, eine Konditorei (nicht Cafe) an, wo wir schon beim letzten Aufenthalt in dieser Stadt eingekehrt sind, wo ich alles aufschreiben will (zum Zeitpunkt, den ich beschreibe), tatsächlich aufschreibe (zum Zeitpunkt, wo ich aufschreibe). Dabei breche ich beim Eintreten in eine reine Damenwelt ein, bestehend aus zwei Peronaldamen und zwei separate, erstaunlich lautstarke Damenrunden, die mich erstaunt bis mißtrauisch beäugen, obwohl ich schon vorm Eintritt meine Kapuze vom Kopf und die Empedreistöpsel aus den Ohren gezogen habe. Ich komme mir in dieser Gesellschaft trotz ähnlichen Alters jünger vor – ein Fehler, den ich gern mache, aber ungern aufdecke. Nach der Bestellung muß ich die Stiege hinunter zur Toilette (eben!) und stelle erleichtert fest: es gibt auch ein Herrenklo.
Ich  bestelle zum italienisierten Kapuziner eine Kastanientorte, die ich mir genüßlich einverleibe (und die Tort‘ ist Fleisch, respektive Fett geworden).

Aber nun muß ich der langen Sätze wegen Luft holen und mein Notizbuch weglegen.

Das größte Wunder jedoch wäre trotzdem: ich sage: „Oh Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund“. Und der Herr spricht ein Wort, und meine Seele ist gesund.










(12.1.2019)











©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


Freitag, 11. Januar 2019

1224 Nasse Wäsche


Der Baum vor meinem Fenster, zu dem ich heute Morgen hingegangen bin und den ich per Handschlag gegrüßt habe – jetzt, wo ich das schreibe und an ihn denke, läuft mir ein deutlicher, angenehmer Schauder über den Rücken – ja, dieser Baum hat noch ein paar schwarze, verschrumpelte Äpfel in seinen Zweigen hängen und zwei kleine rote.
Ja, ich seufze. Ein wenig schwermütig. Ein wenig mehr schwermütig. Ziemlich schwermütig. Ich lege meinen Ohren Scout Niblett’s This Fool Can Die Now auf und warte, bis der Wäschetrockner mit meiner „Nassen Wäsche“ (Sie erinnern sich?) schranktrocken-plus fertig ist.

Die Eingangstür unten geht ohne menschlichem Passanten auf und wieder zu – sie öffnet sich auch für nichtorganische Lebewesen – nein, im Ernst: wenn herinnen jemand in die Garderobe geht – und ich kann das von meinem Standort heroben nicht einsehen -  kommt er meist der Automatik der inneren Türe so nahe, daß sich die innere Tür und nur diese öffnet und dann schließt, ohne daß jemand durchgegangen ist.
Ich warte. Das ist das, was ich am besten kann. Ich spüre den eisernen Ring um meinem Herzen und möchte weinen. Offensichtlich wünsche ich es mir zu sehr, denn ich weine nicht. Ich bin jetzt nicht glücklich, aber ich warte auf meine Lieblingslieder und verbiete mir, allzuviele Nummern am Empedrei ungehört weiter zu klicken.




(11.1.2019)





©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1223 Die leeren Buchstaben


„Der Morgen. Da sich im Wind die Krähen drehen …. will …. verstehen …. Infantilität  will nicht vergehen …. mit Sakramenten versehen ….“ (Sakra!)

So fängt ein Morgen an, an dem ich nichts zu sagen habe. Aber ich hocke da und will schreiben. Vielleicht kann ich etwas herbeizaubern (Br! Br!)! Sonst sind es leere Buchstaben. Kein Buchstabhochsprung. Hoch die internationale Solitärität!
Meine Zehen bewegen sich unaufhaltsam. Die Lichtsituation hier im Zimmer ist nicht schlecht; das bläuliche Morgenlicht durch die Netzvorhänge mit eingeschlossen. Meine Zehen spielen verrückt (die Energielacke da unten?).
Mir würden die Augen zufallen. Augen zu und durch. Wir haben ja damals geglaubt, wir sind die Spitze der Avantgarde! Dabei waren wir ziemlich daneben, kindisch, unprofessionell und tatsächlich die Spitze der Avantgarde. Gut, das schreibe ich mir jetzt auf meine Erfolgsliste, Listige Erfolge. Was folgt daraus? Verlorene Fäden, fadenscheinige Texte. Ein wenig lachen.





(10.1.2019)







©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


Donnerstag, 10. Januar 2019

1222 Kein Wunder


Nach dem Frühstück sitze ich auf meinem Lieblingsplatz und horche Scout Neblitts Baby Emma und blicke von oben ein wenig auf den Eingang hinunter (die fertig sind, gehen, die Neuen kommen), es ist noch dunkel bis dämmrig, ich bin gerade auf melancholisch, eine Kollegin fragt mich etwas, ich  kann ihr umständlich Auskunft geben, bin dann recht glücklich, jubiliere inwendig („ein jeder Mensch will sich für die Gemeinschaft als wertvoll erleben“). Jetzt sind wir bei Dinosaur Egg – das sind  meine zwei Lieblingslieder – die Uhr beim Eingang dreht durch und rennt im Kreis und - tatsächlich! – bleibt am genau richtigen Zeit-Punkt stehen um im richtigen Tempo weiterzugehen.

„Solitude, when will you disappear“  singt Scout Niblett und „Touch your spirit“.

Ich drehe meinen Empedrei zurück zur Baby Emma -  man hat heute so viel Möglichkeiten, kein Wunder, daß so viele an die Wiedergeburt glauben (das Leben  im  Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit) „to remember, to remember, to remember. Kein Wunder, daß wir und ich immer vergesslicher werden (Kein  Wunder, daß kaum wer meine Texte liest).

Trotzdem: die Schreiberei hebt mich im Moment in die Höhe, weil ich sie als gelungen und hinterhältig witzig empfinde. Innerer Jubel.
Den  inneren Jubel kenne ich auch in der Messe bei „Erhebet die Herzen!“ – „Wir  haben sie beim Herrn!“ und sogar, wenn ich Kirchenglocken höre. Sieben Minuten bis zur Inforunde – ich höre nervositätsbedingt auf.

In der Männerrunde war ich knapp an der Grenze zur Manie – finde ich. Vorgedrängt. Zu viel geredet. Dem Therapeuten ins Wort gefallen. Die Welt erklären wollen, mit fremden Federn geschmückt. Verdammt! Ist mir das im Nachhinein peinlich! Tatü tata „Des bin i a, des bin i a, des bin i a“ (Danke)











(9.1.2019)












©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


Montag, 7. Januar 2019

1221 Über den See hinweg


Ich schaue in die Ferne, über den See hinweg. Wie immer bei so einem Blick bekomme ich große Wehmut. Nachdem klar ist, daß ich die auch bekäme, wenn ich dort, wo ich hinschaue, säße und herüberschaute, oder in eine andere Richtung, kann es nur die Sehnsucht über die Welt hinaus sein. Das ist ursprünglich KEINE Todessehnsucht – da bin ich mir ganz sicher – sondern nach dem Anderen (für Tolteken: nach dem Nagual).
Nur weil wir nicht hinfinden oder von dieser Möglichkeit nichts wissen, aber unbewußt ahnen, daß wir alle im Tod ins Andere (Nagual) eintreten werden, kann es zur Todessehnsucht verdreht werden.
Das ist mir wichtig festzuhalten, denn dann kann man das (oder sich) aus der uneigentlichen Todessehnsucht wieder herausdrehen und sein Schicksal mit Anstand akzeptieren.






(7.1.2019)









©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1220 Ein schaches Ich


Ein schwaches Ich ist ein hartnäckiges Ich – wörtlich und im übertragenen Sinn. (ich habe „schaches“ geschrieben: Schach matt – der König ist tot.)
Ich labe mich nun an „abstrakterer“ Musik von John Frusciante, sitze an meinem Lieblingsplatz bei den Bildern, aber atme mit Zwerchfellhochstand.            Ja!    Jetzt!    Jetzt tief.

Ich bin dahintergekommen: ich will das Zittern nicht kontrollieren, ich will überwältigt werden und mein lästiges, erbärmliches Ich loswerden. Gottseidank weiß ich, daß das gefährlich ist. Ich werde achtsam bleiben. Ein schwaches Ich zu zertrümmern bringt nichts, das Nichts, sogar den Tod. Nur starke  gesunde „Ichs“ können mit Überlebenschance in andere Dimensionen reisen. Ich muß mir das immer wieder vorsagen.

Musik  begleitet mich auf der Reise im Hier und Jetzt. (im Hier und Jetzt! – ha ha ha – der ist gut!)





(7.1.2019)






©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1219 Mein Leben ist eine Collage


Mein Leben ist eine Collage, zusammengepickt aus herausgerissenen Stückchen fremder Lebensideen, ein paar größere Brocken sind auch dabei. Wer oder was ich ist oder bin, weiß ich nicht. Ist die Angst der Klebstoff, der alles  zusammenhält? Die Collage ist nicht ohne Charme und künstlerischem Geschick und hat was! Aber ich habe das Bild nicht selbst gezeichnet und gemalt, nur zusammen und übereinander geklebt. Mit fremden Federn? fremden Leben? geschmückt?
Ist es so? Oder gibt es in dieser schlampigen Collage ein Bild, wenigstens ein Fetzerl davon, das meines ist? Angeblich schickt ja der Himmel immer ein Bild, ein Gleichnis in die Welt, das es zu entfalten gilt. Die Idee Gottes. Oder hatte der mehr oder weniger Liebe Gott gar kein Bild, keine Idee von mir und ich bin sozusagen „leer“ durchgerutscht? Ich will nicht glauben, daß es so etwas überhaupt geben kann und außerdem ist das eine viel zu eitle Vorstellung von einem selbst.

Egal, nach diesen edlen oder gotteslästerlichen Gedanken gehe ich mich rasieren und duschen.







(7.1.2019)






©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1218 Dezentral


Die große, schöne, soeben abgedrehte Stehlampe tuckert sich kühler (ich nehme zumindest an, daß diese Geräusche der Lampe vom Abkühlen kommen).  Die Klimaanlage rauscht leise und dezent.

Die neue Woche mit neuen Therapien und Therapeutinnen und Therapeuten macht mich nervös. Obwohl morgen früh genug Zeit ist, bin ich jetzt schon unruhig. Ich atme mit nach unten stoßendem Zwerchfell, um die Unruhe und aufsteigende Angst zu verjagen und nicht die  Beherrschung zu verlieren.
Ich probiere, meine unbequeme Sitzlage zu korrigieren. Hitze steigt in mir auf und in den Kopf. Mir ist heiß, obwohl es herinnen kühl ist, weil ich gerade lange gelüftet habe. Mein Kopf fällt nach vorne und mein Rücken krümmt sich.

Meine Gedanken zerfallen und benehmen sich dezentral.

Schlafen.





(6.1.2019)





©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Sonntag, 6. Januar 2019

1217 Ich bin nicht müde


Dann brauch ich nicht mehr verkommen. (Es ist schön, daß ich so schlampig handschreibe, denn dadurch kann ich verschiedene Lesarten entdecken.)

Die heimeligen Regentropfen: klopfen ans Fenster, aber wollen nicht unbedingt herein. Sie sind zufrieden mit dem, wo sie landen. Ihr Ziel ist das Meer – eindeutig, aber sie haben Zeit; es macht ihnen nichts aus, wenn sie einen Umweg machen. Für sie gibt es gar keine Umwege; sie kennen das Wort nicht.

Ich bin nicht müde. Darum gehe ich jetzt schlafen.


„Ich bin  nicht müde. Darum gehe ich jetzt schlafen“ ist natürlich eine geschwindelte Aussage, die eine Bedeutung, einen Inhalt herauskitzeln oder hineinschummeln will, die nicht da sind. Irgendwas wird schon drinnen sein, aber nicht das, das sich da wichtig machen will. Noch dazu in getrennten Sätzen; sie hätten auch mit einem Beistrich verbunden und getrennt werden können. Aber dieser Punkt dazwischen will nochmal eins drauflegen. So wie: Architektur.Büro.Zukunft.Ausstellung.Zentrum. Oder so ähnlich.

Tatsache ist, daß ich gestern Abend nicht müde war, aber trotzdem liegen gegangen bin, weil mir nichts anderes eingefallen ist – Fernsehen am Samstag kannst vergessen. Alles andere, was zu tun möglich gewesen wäre, hat mich nicht gefreut oder ist mir nicht eingefallen. Dann war noch der Gedanke da, früh aufzustehen und vorm Frühstück ein bißchen üben (Tensegrity oder die hier gelernten Kraftübungen).
Ich bin dann ziemlich schnell eingeschlafen. Als ich dann um 1:30 aufgewacht bin, war das doch zu früh. (Übrigens: nichts von meinen Vorsätzen vorm Frühstück geschafft – wen‘s halt interessiert.)

Ich meine, ein wenig schwindeln ist schon O.K. Ich muß mich ja nicht immer gleich voll hinpracken, schutzlos.









(5./6.1.2019)














©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Samstag, 5. Januar 2019

1216 John und Omar im Ohr


John Frusciante und Omar Rodrigues-Lopez im Ohr sitze ich im Café, bin unter Menschen, aber doch für mich.

Musik erfüllt meinen kleinen äußeren Hörraum (von den Innenohren bis zu den Musikohrstöpseln) und meinen inneren Raum. Ich traue mich jetzt, Herzraum zu sagen und die unsichtbaren Tränen … ihr wißt schon!
Wohin mit mir und meinem ganzen inneren Reichtum? In die digitale Flaschenpost?

Oder ist es gar kein Reichtum, sondern innere Armut, mit fremder Musik wie mit fremden Federn ausstaffiert? Das wäre schrecklich!       Mein Mut zum „Herzraum“ hat nur ganz kurz angehalten!

Herzraum, Heizraum, Herzeigraum – Flucht in Sprachspiele und damit in die übergeordnete und personüberschreitende Sprache – dann brauch ich nicht mehr vorkommen und kann mich dort als mit fremden Federn Geschmückter verstecken.





(5.1.2019)





©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1215 Was mir auffällt


Was mir auffällt: Ich schaue bis zu zwanzigmal nach, wann mein nächster Termin ist. So extrem war das schon lange nicht mehr. Dauernd die Angst, etwas vergessen, übersehen, „verschwitzt“ zu haben. Oder, schon in meiner Kindheit „verträumt“ („Traummännlein“ hat mich noch in der Tischlerei der Chef  genannt, mein zweiter Spitzname war Atompeter, weil ich damals einen Anti-AKW-Button getragen habe wegen der Zwentendorfabstimmung). Oder daß ich irgendetwas Wichtiges nicht mitbekommen habe, wie es in meiner Kindheit so oft vorgekommen ist. Ich muß mich heute noch unglaublich anstrengen, um nur halbwegs mitzuhalten.
Also: ich schau am Abend auf meinen Therapiezettel, wann am nächsten Tag die erste Therapie beginnt. Mehrmals, weil ich mir den Termin merken will, aber fünf Minuten später vergessen habe, oder ich mir nicht mehr sicher bin, ob ich mich noch richtig erinnere. Manchmal scheint es mir, der Termin ist komplett weg, weiß auch nicht mehr, um welche Therapie es sich handelt.
Am Morgen erst recht: gleich nach dem Aufstehen sofort der Blick auf den bereitliegenden Zettel. Da! Heute erst um 10:40. Es ist halb sieben, ich wußte noch, daß ich einen späten Termin habe, trotzdem komme ich nur kurz von meiner aufsteigenden „Panik“ (im umgangssprachlichen Sinn) herunter und nach dem Rasieren schaue ich nochmals nach. Wenn ich mit der Morgentoilette fertig bin: zum Frühstück. Eventuell noch ein Sicherheitsblick auf den Zettel: ich traue meinem Gedächtnis nicht; mir kommt vor, ich werfe alle Infos in „Panik“ (siehe oben) in irgendeinen Speicher und nehme nicht richtig wahr, wo ich ihn abgelegt, besser: hingeschmissen habe (wie bei einem fluchtartigen Aufbruch).

Ich komme vom Frühstück zurück und schaue mehrmals nach: ich habe also genug Zeit für Tensegrity, Zeitung lesen, Internet, Notizen machen und ein bißchen am Computer spielen.

Jetzt muß ich wieder zum Zettel gehen: 10:40 beginnt’s. Es ist 10:08. Ich werde sehr nervös. Schreiben geht nicht mehr. Computerspielen (Solitär, Mahjong): das kann ich noch (es zieht mich stark genug hinein, sodaß ich den Druck undeutlicher spüre).

Mich kann ein Termin am Nachmittag unfähig machen, am Vormittag irgendetwas Sinnvolles zu tun oder zu erledigen, mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Computerspielen (allein!) hilft mir, meine Nervosität zu reduzieren oder weniger zu spüren. Musik hilft mir, mich besser zu fühlen. In der Musik finde ich die beste und schönste Resonanz; hier komme ich mit meiner Seele oder Teilen meiner Seele in Kontakt, hier erkenne ich mich wieder, hier (emp-) finde ich meinen Schmerz, meine Trauer, meine Freude, meine Sehnsucht … ausgedrückt! Gelingt aber kaum, wenn der Termin schon zu nahe ist, dann kann ich nicht mehr richtig hinhören.

Und nochmals vom Computer aufgestanden und nachgeschaut, ob 10:40 wirklich stimmt.





(5.1.2019)









©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1214 Das ist mein Tag


Ich bin so traurig. Ich bin so traurig. Und mutlos im Moment. Aber ich liebe die Musik; sie ist meine große Versöhnerin (Vertöchterin). Ich würde die Musik, die ich liebe, so gerne anderen Menschen vorspielen, sie daran teilhaben lassen (daß sie da etwas Schönes bekämen, bezweifle ich nicht). Eine Party veranstalten, wo „meine“ Musik gespielt wird und wir danach tanzen. Ausschließlich „meine“ Musik. Das ist wichtig, denn sonst kommt der und die und der daher und ich bin schon weggedrängt. (Die Anderen kommen an anderen Tagen dran – das ist dann ihr Tag.) Jedoch das jetzt ist mein Tag. Mein Tag. (Vielleicht geht’s bei meinem Begräbnis. Da wird es wirklich um mich gehen.  Anmerkung 5.1.)






(3.1.2019)







©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1213 Der nächste Termin


Draußen regnet es und ich hocke mit dem angenehmen und mit dem melancholischen Gefühl da, im Trockenen und Warmen zu sein.

Ich lausche auf die Regentropfen, als plötzlich von irgendwoher im Haus ein Schlagzeug  das rhythmische Kommando übernimmt. Der nächste Termin ist in 20 Minuten und raubt mir jetzt schon die Konzentration und läßt mich den Faden verlieren.








(2.1.2019)










©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1212 Männerrunde


Scout Nibletts Baby Emma über die Ohrenlautsprecher (und die Texte verstehe ich immer falsch bis gar nicht: all my aliens are? Enemies oder in? Enemy –ach weiß der Teufel!). (Aber „all my alies (schreibt man Aliierte überhaupt so? Heißt es etwas ganz anderes?) are enemies“ würde mir gefallen; käme mir bekannt vor. Die Musik gefällt mir soundso.) Lassen wir das Herumstochern in dem, was ich nicht verstehe.

Hinter mir schiebt sich ein Flugzeug, aber langsam, ruhig und majestätisch an meinem Hinterkopf vorbei. Und gleich das zweite. Ansonsten zerrt außerhalb der Fenster der Wind herum. Ein sanfter Chor rührt mich zu unsichtbaren Tränen. „Touch your spirit“ – ich reiße schamlos Sätze aus dem Zusammenhang und frisiere sie – unverstanden – gegen den Strich. Aber nun sind es nur mehr 19 Minuten zur Männerrunde und ich werde nervös. (Vielleicht ist der radikale Subjektivismus trotz besseren Wissens  - das  Flugzeug fliegt „langsam“, obwohl jeder Idiot weiß, daß es schnell fliegt – für unsere Zeit und Verlorenheit typisch.)









(2./5.1.2019)










©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


Mittwoch, 2. Januar 2019

1211 Skandinavien beginnt schon in Pürgg


Ich schaue einen Kinderfilm über einen gesunden Lausbuben a la Michl von Lönneberga an, zuerst irgendwie im Kontext von Tante Frieda und Familie, dann wieder ganz anders (der Traum zerfällt mir schon beim Aufschreiben). Durch meinen Fehler stößt ein Kind – es ist - kommt mir vor - es ist ein Mädchen, mit dem ich den Film anschaue – die Thorarolle um, die auf eine Sitzbank gestellt wurde, damit wir besser spielen können. Anscheinend sind wir in einer Synagoge. Jedenfalls  ist die Thorarolle jetzt umgefallen und ich gehe – ja zu wem? Ist es der Gemeindevorsteher? Ein Rabbi? Oder ist der Mann gar nicht jüdisch, sondern ein goischer Verwaltungsbeamter oder der Manager der Synagoge? Mir kommt so vor. Der Mann erklärt uns, was ich befürchtet habe: die Thorarolle, die physisch unversehrt ist, ist irreparabel beschädigt. Spirituell irreparabel beschädigt und muß neu geschrieben werden: handschriftlich kopiert. Mir ist fast schlecht vor Schuld, obwohl der Mann weder schimpft noch Vorwürfe macht; vielleicht fühle ich die Schuld wegen seiner Höflichkeit und Güte erst recht. Und ich denke an die, die das jetzt abschreiben müssen.
Ich bin schwerst schockiert, denke aber, ich muß wegen dem Kind weitermachen. Dann überlege ich mir schon, ob es wirklich nötig ist, sich in solche Zwänge zu begeben, daß ein umgefallener, unbeschädigter Gegenstand als kaputt gilt. Ich will es auch meiner Mutter sagen, aber ich bremse mich ab, weil ich befürchte, sie nimmt das als Bestätigung für die Berechtigung des Antisemitismus. Ich spüre schon ihren antisemitischen Widerwillen, als ich von der umgefallenen Thorarolle erzählen anfange. Außerdem kommt mir eine spirituelle Beschädigung durch unsachgemäßen Umgang mit einem heiligen Gegenstand gar nicht mehr absurd vor.
Ich muß wegen dem Kind weitermachen, denke ich wieder und schaue – jetzt scheint es ein Bub zu sein – mit ihm den Film fertig. Nur spielt sich das nun in Pürgg beim Mössner Franz ab – der ja in seiner Kindheit und Jugend dem Lausbubenbild meiner Eltern entsprochen hatte und dem Michl aus dem Film nicht unähnlich sah. Ich sage zu ihm: „Skandinavien beginnt schon in Pürgg!“ und bin dann aufgewacht.








(2.1.2019)










©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1210 Kein Wind im Spiel


Ein mit rosa und roten Pflanzenzeichnungen bedruckter Vorhang – durch die Lesebrillen verschwommen schaut er unseren Nebelfeststoffen nicht unähnlich – kommt mir – indem ich auf ihn starre  - betörend nahe. Daß ich vorher statt bedruckt bedrückt geschrieben habe – was sagt das? Tja, es wird schon was sagen. Aber ich bleibe beim Vorhang: die Muster formen und verdichten sich zu einer Gestalt. Scout Nibletts Dinosaur Egg spielt noch in meinen Gehörgängen? Oder schon in meinem Gehirn? nach – ohne die Musikohrenstöpsel.
Ich gaffe wieder auf den Vorhang und verliere recht schnell die Konzentration und bin abgelenkt. Ich versuche es nochmals und setze mich dabei besser und aufrechter hin, den Rücken gut abgestützt.
Die Gedanken sausen herum und locken mich unmerklich vom Schauen weg: zwar schau ich dann noch, aber sehe nichts. Ich nehme nichts mehr auf, als wäre Nebel zwischen dem Vorhang und meinen Augen, dabei ist der Nebel nur in mir. Zur Unterstützung drücke ich meine Zunge an den Gaumen, weil dort Innere Stille gespeichert sein soll.
Jetzt lenkt mich ab, daß mir der T-Shirtspruch, den mein Tischnachbar und ich heute beim Essen entwickelt haben und den ich schon den halben Tag aufschreiben will, aber darauf immer vergessen habe, wieder einfällt (Soo großartig bin ich dann auch wieder nicht!) und den ich endlich aufnotiere.
Ich wende mich erneut dem Vorhang zu. Die Zunge ist längst wieder vom Gaumen heruntergefallen. Der Vorhang wechselt Verdichtungen und Gestalten und wird abwechselnd dünkler und heller. Ich bemühe mich, die Konzentration zu halten, jedoch beginnen mir die Augen zuzufallen und ich in die Müdigkeit.
Der Vorhang scheint sich zu bewegen und diese Bewegungen greifen auf meine Schläfen über und erzeugen dort kleine Wellen an der Haut. (Was mir auffällt: Schläfen – schlafen)

Gut, das war’s für  heute.

Nicht ganz. Beim offenen Fenster will ich noch die bemerkenswerte Äußere Stille jetzt um 20:45 erwähnen.
Nicht nur der Vorhang, auch der offene Fensterflügel zuckt hin und her. (Heute habe ich es mit den u und ü, denn ich habe „zückt“ statt „zuckt“ geschrieben. Was zückt der offene Fensterflügel? Oder will er mich entzücken?) Ich starre wieder hin. Ja, er zuckt bewegungslos. Kein Wind im  Spiel.









(1.1.2019)









©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com