Samstag, 10. November 2007

29 Die zehn Gebote

Kürzlich wurden die „zehn Gebote der Mafia“ entdeckt. Sie erinnern stark an die zehn Gebote der Bibel: „Die Wahrheit sagen!“, „Niemals auf die Ehefrauen unserer Freunde schielen!“, „Niemals sich das Geld anderer Familien aneignen!“, „Kategorisch alle Verabredungen einhalten!“. Ausgeschlossen wird, „wer einen Ehebruch in der Familie hat“, wer „sich nicht an die moralischen Werte hält“ (alles nach „die Presse“ vom 9.11.07).

Die Ähnlichkeiten sind nicht zufällig – bei beiden handelt es sich um archaische Gesetzgebung, mit der ein Stamm seine innere Ordnung oder Clans ihre Gemeinschaftsordnung festlegen wollen, und zwar so, dass es möglichst wenig interne Konflikte gibt. Es könnte im Mafiakodex genauso „Du sollst nicht (illegitim) töten!“ drinstehen, weil das auch im alten Testament nur innerhalb der Rechtsgemeinschaft gegolten hat: nicht im Krieg und im Kampf gegen andere, nicht beim Töten nach Gesetz und der darin festgelegten juridischen Abläufe (z.B. Steinigung von Ehebrecherinnen, Hinrichtung von Verrätern etc.). Der außerhalb der Rechtsgemeinschaft Stehende war nicht geschützt, außer, ihm wurde Gastrecht gewährt, das heißt, ein Mitglied der Rechtsgemeinschaft nimmt ihn unter seinen Schutz und nimmt ihn so quasi temporär in die Familie auf; eine Verletzung des Gastrechtes war dann eigentlich eine Verletzung des „Bürgerrechts“ bzw. der Vollmitgliedschaft des Gastrechtgebers in seiner Gemeinschaft, weil ihm seine rechterzeugende Potenz als Vollmitglied abgesprochen wird. Zum Vergleich sei auf die Geschichte von Lot in Sodom im alten Testament (Genesis, Kapitel 19) verwiesen, wo der Frevel der Einwohner Sodoms in der krassen Verletzung des in alten Zeiten geheiligten Gastrechts liegt.

Die zehn Gebote der Bibel waren ursprünglich kein universal verstandenes Gesetz, sondern eine Stammesordnung. Ich vermute auch, dass die ersten drei biblischen Gebote der Gottesverehrung bei der Mafia irgendeine (geschriebene oder ungeschriebene, explizite oder implizite) Entsprechung haben.

© Peter Rumpf 2007 peter_rumpf_at@yahoo.de