Donnerstag, 31. Oktober 2019

1572 Der Beginn des letzten Oktobertages


Wie bestellt und nicht abgeholt bin ich aufgewacht. Jetzt bin ich da, aber wofür? Mein Körper bewegt sich unkoordiniert und mein Wachbewußtsein taumelt überhaupt noch und dreht und zuckt sich in der Hülle, in diesem Kokon, das ich vielleicht bin. Die Augenlider sind nicht offen zu derhalten, meine Ohren von außen an das innere Surren angeschlossen, meine Unterarme zittern bewegungslos. Schauder und energetische Rucks laufen durch meinen Körper, vornehmlich von oben nach unten und retour. Ganz schräge Bewegungsmeldungen: ein angebliches Zucken im linken Knie, das ich an der linken Wange spüre. Wellen gehen von meiner linken Hand, die das Notizbuch sehr festhält, aus und laufen bis ins wabbelnde Gehirn. Ich spüre regelrecht, wie die Stirnknochenplatte mein zittriges Gehirn schützt, das sich jedoch über meinen Schädel hinaus ausgedehnt hat. Ein in sich kreisendes Vibrieren fühle ich im Gesicht, wiewohl mein Empfinden es vor meinem Gesicht gefunden hat und verortet hätte. Die immateriellen Sinnesmeldungen sind intensiver und umfassender als die materiellen.

Im Traum hatte ich eine heiß ersehnte Begegnung mit der heiß begehrten Exgeliebten, die mir zärtlich und liebevoll über meinen Kopf gestreichelt hat. Meine zwei Augenhöhlen überlagern sich und schließen sich zu einer einzigen zusammen. Klassisches Gedudel von unten (Küche) bewirkt das Gegenteil seiner Intention: ich finde es nicht schön, sondern nervig. Eine kindliche innere Stimme sagt wie beiläufig „uaah, uaah“ - ein ausdrucksarmer Ausdruck einer anstrengungslosen Anstrengung in meinem Inneren. Ein kleines, rundes Gewicht etabliert sich in meinem linken Ohr und rollt in den Gehörgang. Plötzlich starre ich bei geschlossenen Augen auf meine Schwachstelle im Rücken beim Kreuz herunten und verstehe ein wenig die darauf einwirkenden physikalischen Kräfte. Zwischen den Augen und meiner Nasenwurzel schwebt und arbeitet ein energetischer Knäuel vor Ort außen vor mit größerem spezifischen Gewicht als seine Umgebung. Die milchschäumenden und kaffeebohnenmahlenden Geräusche von unten (Küche) schieben mich ein wenig Richtung Alltagswelt, das Vibrieren in meinen Unterschenkel wird dabei zu einem Ziehen.

Fast schmerzhaft starke Elektroschocks stoßen von meinem Gemächt aus Wellen ab. Mehrere Wellenbewegungen laufen auf mein Gehirn zu und erreichen es vor meiner Stirn.

Möge ich einst in einem langen, feierlichen Gewand sterben; ein Gewand, das über die Füße hinaus reicht.







(31.10.2019)






©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 30. Oktober 2019

1571 Und das Wort ist Fleisch geworden ...


Die Spielgeräte stehen still und stumm, wie Zeugen einer möglichen, aber verpaßten Welt. Bald schon werden sie belebt sein, denn ich höre bereits die jauchzenden Rufe der zurückkehrenden Tageskinder im Stiegenhaus. Dann werden die Kinder darauf herumklettern, rutschen – einfach ihre Möglichkeiten ausprobieren, die vielen Spielsachen benutzen für ihre Spiele. Und niemand wird sie dafür verurteilen, wenn sie irgendeine Klettertour nicht schaffen. Sie werden es bald wieder versuchen. Niemand wird die Nase rümpfen, wenn ein Kind ein anderes vorgelassen hat („sich verdrängen lassen“ - eben nicht! Das wird nicht beurteilt und nicht bewertet! Keine Noten!) oder nicht vorgelassen.

Jetzt jedoch legen sich meine persönlichen Lebenserfahrungen darüber und die Klettergerüste zum Beispiel werden stumme, aber bildhafte Zeugen meiner Versagensgeschichte im Klettern und im Turnunterricht (also in Arbeit und Freizeit), wie Folterinstrumente, die mich an meine Geschichte der Erniedrigungen, Bloßstellungen, Beschimpfungen, Demütigungen und Verurteilungen erinnern und haben so plötzlich nichts mehr mit einer Einladung zu Spiel und Freude an der Bewegung zu tun. Mir krampft es den Magen zusammen. Mir ist zum Weinen. So stark wirken diese Zeiten nach! Schade, daß ich nicht in einem Heim war, denn dann könnte ich wenigstens Schmerzensgeld und Entschädigung einklagen. Aber gegen normale Eltern und normale Schulen? Abgesehen davon, daß das Alles schon längst verjährt ist (bei euch vielleicht! bei mir sicher nicht! Mir ist das tief in Geist, Seele und Körper eingebrannt. Die bösen Worte sind Fleisch und mein Leben geworden und wohnen unter euch).

Darum stehe ich jetzt von der Wohnzimmerbank auf, gehe in die Küche und bereite mein Morgenmahl, um Leib und Seele zu stärken.










(30.10.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1570 Ich habe die Große Katastrophe überlebt


Die Kriege werden immer flächendeckender und unübersichtlicher. Offensichtlich habe ich die Große Katastrophe überlebt. Wie, das weiß ich kaum; die Erinnerung setzt weitgehend aus. Ich erinnere mich nur schemenhaft. Ich weiß nur, ich bin den Menschen ausgewichen. Bin alleine herumgewandert und den Menschen ausgewichen, wenn es nur irgend möglich war. Wenn es nicht möglich war, habe ich mich so unauffällig wie ich konnte durch die Menschen bewegt. Manchmal war ich in großen Städten.

So wie jetzt wieder. Dafür, daß die Menschheit radikal dezimiert wurde, sind recht viele hier. Sie haben keine Ahnung von früher, als läge das schon Jahrzehnte zurück. Die meisten sind sehr jung. Ich sehe keine Alten. Mysteriös das Ganze. Wie viele Jahre sind vergangen seit dem Großen Krieg? Wo war ich dann so lange? Für mich kann der Krieg höchstens ein paar Monate, höchstens ein Jahr gedauert haben. Sehr mysteriös!

In der Stadt stehen noch viele Gebäude, aber es liegt überall viel Schutt, Glasscherben, kaputtes Zeugs herum. Es ist schwierig, einen halbwegs sauberen Platz zum Schlafen zu finden. Den Menschen hier scheint das völlig egal zu sein, daß hier überall, auch in den Räumen dieser Schutt, diese zerfetzten Teile, oft aus Plastik, verstreut sind. Außerdem werde ich unsicher, ob der Krieg wirklich vorbei ist. Gibt es noch kämpfende und marodierende Einheiten?

Übrigens: viele junge Frauen sind hier in der Stadt. Sie ticken ganz anders. (übrigens: ich habe in der handschriftlichen Fassung, gleich nach dem Aufwachen niedergeschrieben, statt „ticken“ „ficken“ geschrieben; ein Wort, daß ich im Gegensatz zu „vögeln“ hasse, weil es so aggressiv, kalt und brutal klingt.) Ich verstehe ihr Verhalten nicht: völlig naiv und unschuldig, anscheinend ohne Interesse oder Kenntnis von Sex. Dabei möchte ich sie nicht als asexuell bezeichnen. Irgendwie geläuteter, ätherischer, höherentwickelt?

Übrigens befinde ich mich in einem riesigen Betonbau. Ein megagroßer und außergewöhnlich hoher Betonkasten. Aber obwohl er so hoch ist, ist er kein Turm, denn er ist breiter als höher. Das Gebäude scheint in der Substanz den Großen Krieg gut überstanden zu haben, obwohl innen auch alles von Trümmern bedeckt ist. Aber hier, hinter den meterdicken Betonmauern, fühle ich mich einigermaßen sicher.

Ich will bei den jungen Frauen als Mann landen; besonders bei einer, die einfach so nackt da liegt und mich auch freudig begrüßt hat, als ich gekommen bin. Aber sie scheint nichts zu verstehen. Zu aggressiv und direkt traue ich mich mein Verlangen nicht äußern, meine Andeutungen nimmt sie nicht wahr, versteht sie nicht.

Wie alt bin ich eigentlich? Ich habe keine Ahnung.











(30.10.2019)












©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 29. Oktober 2019

1569 Guten Morgen


„Guten Morgen!“ rufe ich um halb neun Vormittag gut gelaunt ins Lokal. Keine Antwort. „War das jetzt zu laut oder schon zu spät?“ frage ich dann in die spärliche Runde. Jetzt bekomme ich von den beiden Damen – der Kellner ist schon weg – ein Lächeln. Zumindest von einer. Eine, das ist jetzt sicher!
Ich hatte nämlich heute einen Zahnambulatoriumstermin um sieben Uhr Morgen und bin dafür um halb sechs aufgestanden – ohne Frühstück verlasse ich ungern das Haus - und dann fröhlich und mit Elan zu Fuß durch die Morgendämmerung dorthin gewandert. Mir tut nämlich die moderate Kälte und die Frische in der Luft seelisch gut – die ist mir lieber als die faule, wehleidige Föhnwärme vorher. Und nach dem Termin bin ich eben in eines meiner Lieblingslokale.

Ansonsten bin ich viel später dort. Wer meine Schublade regelmäßig liest, weiß, wie schwer ich mich meistens mit dem Aufstehen tue. Und ich habe großes Verständnis, wenn frau/man fröhliche Morgenaktivisten nicht ausstehen können. Ich bin ja selber dem „Im Frühtau zu Berge“ und dem „Und die Morgenstunde, das ist unsere Zeit“ gegenüber äußerst mißtrauisch, erst recht seit ich weiß, daß das naziverseucht ist (obwohl der Mister H erst gegen vierzehn Uhr aufzustehen pflegte). Aber heute war ich gut drauf und Punkt.

Meine normale lokale Besuchszeit gegenwärtig ist zwischen elf und siebzehn Uhr. Früher war das die Nacht. Viel früher. So ab zweiundzwanzig Uhr.

Ungefähr im Jahr 1985 bin ich manchmal zu später Stunde in so einer Art Leichenstehhalle eingekehrt. Alle dort sind so klug, intelligent, neutral und cool herumgestanden und nichts hat sich gerührt. Bei Kunststudenten war dieses Lokal sehr beliebt, bei Kunststudenten, die so taten, als würden sie sich das volle Leben geben. Auch ich bin dort so einsam, kontaktlos, tot herumstanden, habe getrunken und geraucht. In den anderen vor mir frequentierten Lokalen konnte ich durch Trinken Schwung aufnehmen und aufblühen, ganze Tische unterhalten – aber dort hat sogar das Trinken nicht funktioniert. Also zünde ich mir in besagtem Lokal wieder einmal eine Zigarette an und nach einiger Zeit dämpfe ich sie mir auf der Unterseite meines rechten Unterarmes aus. Langsam den Druck erhöhend, damit sie noch ein ordentliches Loch in mein Fleisch brennen kann. So tat ich, lokalkonform ohne eine Miene zu verziehen. Ich bin stark, sehr sehr stark und tapfer! (Ist „so tat ich“ nicht zu pathetisch? Wäre die übliche Vergangenheitsform nicht angemessener? Oh Nein! Wer solche Heldentaten vollbringt, verdient Pathos!)











(28./29.10.2019)













©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 28. Oktober 2019

1568 Auflösungserscheinungen


Die Auflösungserscheinungen überrollen mich und die Wellen schubsen mich hin und her. Ich träume von gegenseitigen Raubzügen und umgedrehten Versicherungspolizzen  (ich weiß bis heute nicht, was das ist, eine Versicherungspolizze). Hat nicht meine Frau vor kurzem einen Prozeß angestrengt? Oder habe ich das nur geträumt?

In meinem rechten Nasenloch bewegt sich etwas und erzeugt ein kurzes, unangenehmes Schmerzchen. Mein lieber linker Daumen fängt zu ziehen an (als würde ihm etwas fehlen und hat Sehnsucht danach), in Kooperation mit der linken großen Zehe.

Ein Zettel schiebt sich aus eigener Kraft aus seinem Stapel. Die Bewegungen des linken Zeigefingers bewirken die Steuerung. Anscheinend bin ich Spanierin und habe ein Kind (oder dringt mein reisendes Bewußtsein in fremde Bewußtseine ein?).

Moment! Es ist mit dem Gong … es ist, Moment!, der Zeiger von der Uhr gefallen und mein Kugelschreiber stürzte auf das Leintuch …

Soeben bin ich im Freien gewesen, am Meer, wenn mich nicht alles täuscht. Der Kugelschreiber lag wieder im Bettzeug versteckt. Die sinkende Welt der Jacht.

Ich versuche zu laufen – ich habe vergessen, wem ich hinterher war – aber das Laufen geht schlecht im Bett, die Füße verhängen sich im Leintuch.

Meine rechte Hand zittert, aber nicht beim Schreiben, sondern beim Schlafen. Unbekannte Zeichnungen, also mir selbst unbekannte großformatige Zeichnungen von mir hängen an der Wand. Als ich sie mir näher anschauen will, zerplatzen und verschwinden sie.

Die Frau von meinem Meister kommt herein – ausschauen tut sie wie eine alte Putzfrau.

Ich will einen Satz korrigieren und ergänzen, aber er steht gar nicht da.

Es ist etwas zu löschen und ich weiß nicht, ist es ein Feuer, Durst oder die Zeichnung.

Wer nimmt wem etwas weg?

Vom Bücherregal haben mich plötzlich zwei Augen angeschaut, als ich sie mir näher in den Blick nehmen will, sind sie verschwunden.










(28.10.2019)













©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1567 Über dem Brillenrand


Über dem Brillenrand springt mein Blick hin und her. Eine gewisse (oder ungewisse) Fröhlichkeit steckt in oder hinter den Gegenständen die ich anschaue. Und Klarheit. Einige glitzern zurück, stellenweise sind es viele.

Dann verliere ich alles aus meinem Blick oder die Bilder erreichen nicht mehr mein oberflächliches Bewußtsein, weil ich in Gedanken gefallen war.











(27./28.10.2019)













©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Sonntag, 27. Oktober 2019

1566 Die glücklichen Momente


Zu den schönsten Momenten des Tages gehören die, wenn ich mich vor mein Laptop setze. Der bequeme Bürostuhl ist für die Höhe des Schreibtisches etwas niedrig, außerdem habe ich unter das Laptop (sagen würde ich der Laptop, aber zum Schreiben kommt mir „das“ edler vor. Detto: Sessel – Stuhl) eine kleine Spanholzschachtel gestellt, damit er – nein es – das Laptop fünf Zentimeter über der Schreibtischfläche besser abkühlen kann. Hilft eh nichts; er stürzt mir in letzter Zeit wieder öfters ab (er – der Computer „im“ Laptop), vorher wird er (sorry für das Durcheinander!) in der linken unteren Ecke immer heißer; die konsultierten Reparateure haben nie etwas gefunden.

Jedenfalls: ich sitze sehr tief hinter dem Laptop, fast ganz versunken, hinterm Lapy („hintern“ jetzt von mir aus gesehen hinterm Lapy) das Zimmerfenster, durch das ich über den kleinen Lichthof, der eher ein Lichtschacht ist, auf und ins gegenüberliegende Gangfenster und durch es auf den gegenüber liegenden Gang blicken kann (Absicht!).

In dieser versunkenen, versteckten Position fühle ich mich wohl und atme jedesmal beim Hinsetzen erleichtert auf: so, jetzt kann ich alles loslassen und mich doch bildlich und schriftlich allem wieder zuwenden. So ist es mir recht, denn ich bin ein Schriftgelehrter und Pharisäer. Vom direkten Leben fühle ich mich leicht und häufig überfordert und in meinen Denkabenteuern gestört.

Und erst recht bin ich glücklich, wenn ich mir den Kopfhörer zum Musikhören aufsetze (ich störe niemanden) und so ein Fußballspiel von Sturm Graz etwa per Liveticker verfolge und/oder mich sogar über ein simples Computerspiel wie Solitär oder Mahjongg dem Gewinnen – Verlieren aussetze, ohne dabei Schaden davonzutragen.









(27.10.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1565 Ich schalte mein Echolot ein


Ich schalte mein Echolot ein. Meine Ohren sind vollgestopft mit Surren. Das Surren wölbt sich geradezu als physische Masse in meinen Innenraum. Unvorteilhaft langsame Traumsequenzen ziehen schnell an meinen geschlossenen Augen vorbei. Der blutige Innenkopf eines Parteichefs. Eine kaum regiestrierte Schockwelle innen, aber nicht wegen dem blutigen Kopf, der war schon längst vorbei.

Am nächsten Morgen hielten wir Tagwache.

Mein rechter kleiner Finger hängt an der Notizbuchecke fest.









(27.10.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1564 Ganz still


Der Energieknödelmann steht unbeweglich und zweigeteilt  - Kopf, Brust, Arme sind von Bauch, Gemächt, Beinen getrennt – da. Der ergriffene Lehrer lehrt schon jahrelang seine frommen StudentInnen, ohne daß sich etwas ändert. Die flache, gut gemeinte Platane zeigt schon lange ihre befremdenden, türkisgrünen Blätter her, ohne daß sie abfallen. Die in leicht entschlüsselbarer, griechenbuchstabiler Geheimschrift verfaßte Liebeserklärung behauptet sich schon lange in diesem Kreis, ohne daß wirklich klar ist, ob sie wirklich gilt. Die verbotenen Worte – die, die in die falsche, verderbliche Richtung locken – hängen schon jahrelang vergessen und oft gebraucht da. Auch der Kornfeldkreis verändert sich nicht mehr – die Halme wachsen nicht, verdorren nicht, stehen nicht mehr auf und kippen nicht mehr um.

Hinter der Wand herrscht Leben, rückt Sessel, redet, klopft am Boden und gibt Laute, die mir unerklärlich sind. Bis es ganz still wird. Ganz still.











(26./27.10.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Samstag, 26. Oktober 2019

1563 Der Versager


Angeregt durch meine letzte Therapiesitzung bin ich wieder darauf gestoßen, daß ich mit fünfzehn Jahren ein Tagebuch zu schreiben angefangen habe. Ich hab das Büchlein – diese typischen Tagebücher für junge Mädchen mit Verschluß, der leicht aufzubrechen ist, und Schlüsselchen – schon lange nicht mehr, aber ich kann mich noch an einen Satz ziemlich am Anfang erinnern. „Mir wurden Grüße ausgerichtet!“ Und daran sehr genau, daß ich recht bald eine ganze Seite mit dem Satz „Ich bin ein Versager“ vollgeschrieben habe. Eine ganze Seite. Damit habe ich nur das Mantra wiedergegeben, daß ich fünfzehn Jahre lang gehört und gesehen hatte – gehört ganz normal die Aussagen meiner Eltern und anderer; gesehen an deren Mimik, Gestik und so weiter. Wir haben jetzt vermutlich ziemlich genau das Fünfzig-Jahre-Jubiläum dieses Eintrags zu feiern und – wie schon gesagt, angeregt durch die gestrige Therapiesitzung habe ich mich zum ersten Mal gefragt, was „Versager“ eigentlich bedeutet, und vorallem: welchen etymologischen Hintergrund hat dieses Wort, oder anders: warum ver-sagen? Was hat das mit sagen zu tun?

Laut Wikipedia bezeichnet Versager „als Schimpfwort einen Minderleister“ oder – in der Sprengtechnik - „einen nicht explodierten Sprengzünder oder eine nicht explodierte Schlagpatrone“. So viel kann ich schon verraten, daß mir die zweite Definition als sehr aufschlußreich vorkommt.
Aber schauen wir zunächst noch auf das Wort „versagen“. Ich schlage auf Anhieb mein etymologisches Wörterbuch eine Seite neben der gesuchten auf, aber dort steht kein „versagen“ (vielleicht ist das eines). DWDS, der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute (www.dwds.de) kennt folgende Bedeutungen: 1 „etwas verweigern“: A „etwas verweigern“; „der Arzt versagte (=verbot) ihm jegliche Ausschweifung“. B „sich etwas nicht zugestehen, auf etwas verzichten“; „er versagte sich [Dativ] weitere Fragen zu stellen“. C „gehoben sich jemandem nicht hingeben zu (geschlechtlichem) Verkehr.“; „sie hat sich ihm stets versagt.“  2 „nicht das Erwartete leisten“:  A „an einer Aufgabe scheitern“; „er hatte körperlich und geistig völlig versagt“.  B „(etwas versagt) etwas funktioniert nicht“. „Der Motor, die Bremse versagte“. Die Etymologie, soweit sie sich mir erschlossen hat, gibt nicht viel her; ich weiß immer noch nicht, was „versagen“ mit „sagen“ zu tun hat.

Was auffällt im Sprachgebrauch: Versagerinnen gibt es nicht, das scheint demnach ein rein männliches Konzept zu sein. Ja, was solls: das ist ein rein männliches Konzept und betrifft nur Männer und Buben. Von ihnen wird Einiges erwartet. Die Gesellschaft, die Väter und vor allem die Mütter bauen auf ihre Söhne, haben Aufträge, Erwartungen, Vorstellungen für sie (so durfte ich als Sohn das Gymnasium besuchen, während meine begabten Schwestern das „nicht brauchen, weil sie dann eh heiraten werden“ - so meine Mutter (!).) Ist ein Versager ein Mann, der das Versprechen, die „Ansage“, die mit dem Nomen „Mann“ verknüpft ist (stark, dominant, beschützend) nicht erfüllt?

Für meine Lebensgeschichte paßt auch sehr gut „der nicht explodierte Sprengzünder“, weil ich sicherlich den Mutterauftrag hatte, meinen Vater, den meine Mutter verachtete, „wegzusprengen“, zumindest zu besiegen als Rächer der enttäuschten Mutter (ob zu recht oder unrecht enttäuscht ist eine ganz andere Frage).


Gestern habe ich noch – angeregt durch die letzte Therapiesitzung, wo wir auch freudsche Versprecher und Verschreiber („Kopf“ statt „Topf“ z.B. im vorigen Text) behandelt haben, wo sich also ein verdrängtes Wissen, ein verdrängter Sinn gegen Widerstand an die Oberfläche des Bewußtseins durchkämpfen will – eine neue „sinnanalytische“ Methode erfunden, für den Fall, daß man in der Deutung nicht weiterkommt: die „legasthenische Methode“, bei der man/frau mit Vertauschen und Verschieben einzelner Buchstaben herumspielt.

Und nach der „legasthenischen Methode“ ist das einfach so: „Versager“ - „Vergaser“. Womit wir bei der ererbten Schuld sind. Amen!











(26.10.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 25. Oktober 2019

1562 Ich probier es mit Schlaf


Schon um Mittag erschöpft habe ich mich aufs Bett gelegt. Zur Sicherheit hatte ich vorher noch den Wecker auf zwei Uhr nachmittags gestellt. So kraftlos habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Es zieht in meinen Beinen, meine Sinne verschwimmen. Unten scheppern die Deckel der Töpfe (ich hatte mich verschrieben: Köpfe), kichern die Kinder, erzählen, schieben schwere Dinge hin und her.

Ein kaum merkbarer verdunkelnder Schleier legt sich über die Welt und die Geräusche aus allen Richtungen und Ecken verbinden sich mit der Surrerei zu einer einzige Symphonie (die noch unvollendete. Ich verspreche: irgendwann wird diese Symphonie vollendet und fertig, aus, vorbei, zu Ende gespielt sein!).

Ich selbst ziehe mich zwei Zentimeter tiefer in mich zurück. Und ich werde nun nicht mehr schreiben, weder ins Notizbuch, noch werde ich mich aufraffen, das alles in den Computer zu tippen. Im Gegenteil: Ich probier es mit Schlaf.









(25.102019)










©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1561 Das Universum stampft?


Irgendetwas weit draußen im Universum stampft. Ich höre es ganz dünn, schwach und kaum wahrnehmbar über den Äther herein. Ich täusche mich sicher nicht und ein blaues Licht in der nordöstlichen Kurve meines Gesichtsfeldes bestätigt es mir. Es stampft und muß immer mal luftholen – oder was man/frau/es sich da draußen, hinter dem Orion, holt.

Rosa und schmutziggelbe Farbbänder bei geschlossenen Augen. Manchmal sehe ich mit geschlossenen Augen besser. Ich lasse die Welt, die wir kennen, wieder aus der Dunkelheit auftauchen, indem ich langsam meine Augenlider hebe. Eine graue Wirbelscheibe schwebt in etwa über der Katze, ganz am östlichen Rand meines Blickfeldes. Sie, diese Wirbelscheibe, glaubt, ich merke es nicht, aber ich bemerke sie sehr wohl, laß mir aber nichts anmerken.

Nun hat sich ein Grauschleier über alles gezogen und die Scheibe ist weg. Ich wette, sie ist das. Sie hat sich ausgedehnt und dabei verdünnt.

Mein Sirenenchor zirpt und schrillt wie verrückt, wie in großer Aufregung. Beruhigt euch! Es ist nicht Odysseus, der in eure Nähe geraten ist. Auch wenn sich der da ebenfalls verirrt hat und nicht heimfindet. Und schlau ist er auch nicht. Und auch kein Kämpfer und nicht groß. Meinetwegen rümpft eure Nasen. Obwohl ihr keine Engel seid. Ich bin froh, daß ich euch nicht sehen kann.

Die Schatten fangen vorsichtig und Rücksicht nehmend mit ihrem Eigenleben an, aber vermeiden es, mich allzusehr zu verunsichern oder gar zu provozieren und zu erschrecken. Auch mein Umgang mit denen ist höflich.









(24./25.10.2019)













©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


Donnerstag, 24. Oktober 2019

1560 Der dritte Kondensstreifen


Lautlos unter dem gerade noch hellen, sonnenleeren Himmel bewegen die Bäume da vorne im Hof ihre Zweige mit den übrig gebliebenen Blättern dem Wind zuliebe und wiegen sich schon zur Nachtruhe hin. Nervöses Zucken jedoch wandert gelegentlich noch durch die Kronen und ihren dünnbeblätterten Randzonen und das schreckt sie nochmals auf, während es immer dunkler wird.
Ein in rötlichem Weiß auftauchender Kondensstreifen schiebt sein dunkelsilbriges Flugspielzeug quer über den Himmel.

Der dritte Kondensstreifen formt sich gerade zu einer geheimnisvollen Schrift, die man schnell lesen müßte, denn das Universum hat mit den Lesern seiner Botschaft keine Geduld und läßt die Schrift gleich wieder verschwinden. Vielleicht ist es schon mehr als fünf vor zwölf und keine Zeit mehr übrig? Aber was steht da (ist gestanden)? Mene, mene tekel upharsin? Gewogen und zu leicht befunden? Diese Botschaft höre ich oft und sage sie mir selber immer wieder vor. (Hier sitz ich und ich kann nicht anders.)

Jetzt rührt sich nichts. Gar nichts. Bevor allzu große Feierlichkeit aufkommt, bellt ein Hund, durchaus zurückhaltend, und ein neuer Windhauch kommt auf. Der Abend ist hereingebrochen. Der Tag und seine Chancen sind vorbei. Alles wartet auf die Nacht, auf dieses andere Reich, das bald seine vielversprechenden Möglichkeiten anbieten wird.

Ist es schon die Erwartung auf diese Nacht, die die Blätter jetzt wieder vibrieren läßt? Die Bäume also auch?

Bei mir kommt Trauer, denn wenn ich es tagsüber nicht vors Haus geschafft habe, schaffe ich es – meistens - erst recht nicht in die dunkle Nacht hinaus.










(24.10.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1559 Ich schließe den Versuch jetzt ab


Gedankenverloren – was ja nicht heißt, daß man die Gedanken verloren hat, sondern sich selbst an die Gedankenströme – zupfe ich am Druckknopf des Kugelschreibers herum, in unkonzentrierter Erwartung einer zündenden, initiierenden Schreibidee. Aber es kommt nichts rechtes. Mein Zimmer samt Interieur habe ich schon hundertemale zu beschreiben versucht und ebenso diesen nächtlichen (2:06) Zustand zwischen Müdigkeit, Trauer, geistiger Ratlosigkeit und seelischer Unerfülltheit („Leere“ will ich jetzt nicht schreiben).

Es liegt schon auch ein resignativer Genuß darin, dieser Stille zu lauschen und meinen Blick über den Brillenrand drüber und durch die Brillengläser hindurch in meinem Reich herumwandern zu lassen, als wäre das etwas.

Wobei ich heute nicht sehr aufmerksam und viel zu schnell bin und deshalb wenig aufnehme.
Ich bleibe nur beim ausgefransten Schatten meiner Finger meiner linken Hand im indirekten Licht auf dem Papier des Notizbuches hängen.
Und schließe diesen Versuch jetzt ab.








(23./24.10.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1558 Vereinsamt vorm Computer sitzend


Vereinsamt vorm Computer sitzend schlage ich im Facebook um mich. Abgekoppelt von Gesellschaft, Welt und Gemeinschaft, oder noch wichtiger: von mir selber, dresche ich auf die Dämonen meiner Kindheit ein, oder die, die ich dafür halte. Zum Teil auch gegen besseres Wissen. Zum Teil!

Zum andern Teil sind diese Dämonen echt und zeitgenössisch. Es trifft dann schon die Richtigen, aber das Eindreschen und Verspotten wird sie auch nicht erlösen.









(23.10.2019)









©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1557 Ein Hund bellt mich zurecht


Das Lesezeichenbändchen meines Notizbuches hat sich in Form eines seitenverkehrten, geschlungenen L am Kaffeetischen hingelegt. Mein Kaffee: schon ziemlich ausgekühlt. Ich nehme einen kleinen Schluck Wasser und werde hoffentlich bald unterbrochen, denn ich warte.

Das gelbe Licht der Lampe unterm Büropflanzenbaum, dessen Name mir unbekannt ist, erzeugt jetzt um drei Uhr Nachmittag eine heimelige, aber mit den fieber- und drogenvertrauten Abendängsten verbundene Atmosphäre in der Ecke dort. Bedrohtsein durch das sich als mißglückt abzeichnende Tagesende. Noch ist es also Nachmittag und nicht alles vorbei-gelaufen.

Ich blicke immer wieder zum Fenster hinaus, ob der Verabredete mit Stunden Verspätung schon kommt; nicht ohne eine gewisse Nervosität. Unverständlich, denn ich habe Zeit und mir geht hier im Espresso nichts ab. Zu Hause würde ich doch nur vorm Computer sitzen und – je nachdem – meine Leidensmanie verteilen oder fast schon blind und fast schon ungerecht auf die Fratzen einschlagen. Wenn ich nicht lustige Gifs verbreite. Eine gewisse Süchtigkeit muß ich schon eingestehen.

Ein Hund bellt mich zurecht, indirekt, er schimpft zur offenen Tür herein: tu nicht so empfindsam! Du bist empfindlich, nicht sensibel!

Ich lege (gleich) Notizbuch, Stift, Brille auf das Tischchen um ins wortlose Nichts starren zu können (theoretisch; praktisch schießen immer Gedankensplitter herein).









(23.10.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1556 Das Paradies gibt es wirklich


Ich kann durchaus zufrieden auf der Straße dahingehen und aus dem Nichts überkommt mich eine starke, schmerzende Sehnsucht nach – wie kann ich das sagen? … In aller Mißverständlichkeit: - nach dem Paradies. Das ist keine Todessehnsucht! Das Paradies gibt es wirklich. Es geht nämlich um die Fülle des Lebens!

Und ich weiß ja, daß sich das bei mir nicht mehr ausgeht. So lausche ich in den Lärm der Stille hinein, schaue herum in meinem Zimmer (kelion), versuche meine ungeübten, eingerosteten Fühler und Sensoren auszufahren, um irgendeine Intensität zu erhaschen.

Und ich versuche, mir nicht irgendeinen fragwürdigen Erfolg einzureden, um und und die unerfüllte Leere auszuhalten.

Daß es so spät ist (gegen halb drei in der Nacht), hilft mir beim Aushalten, denn die konkrete, irdische Müdigkeit gewinnt immer mehr die Oberhand und die sehnt sich nur nach schlafen.









(22./23.10.2019)









©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1555 Die Heizung


Die Heizung ist schon angesprungen. Der Kugelschreiber, der mir aus der rechten, guten Hand auf die linke, schieche Hand fällt, weckt mich wieder auf. Doch gleich darauf bin ich wieder eingeschlafen.







(22.10.2019)







©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1554 Unsichtbarkeit


Ich fühle mich gekränkt. Ich frage mich, was denn dahintersteckt. Daß von mir Unsichtbarkeit verlangt wird? Zu plakativ.
Dabei starre ich vor mich hin in den Innenraum der Trommel der offenen Waschmaschine. Dort sehe ich graue Energie rieseln. Hauptsächlich drinnen in der Trommel, aber ich glaube, sie kommt auch heraus.

Ob es gute oder schlechte Energie ist, weiß ich nicht. Ob es überhaupt Energie ist, weiß ich genau genommen auch nicht.

Bald jedoch habe ich diese Wahr- oder Unwahrnehmung wieder vergessen und bin zurück bei meinem Ärger.

Sicher: hier bin ich nicht der Chef, war ich nie. Nirgends.








(21.10.2019)









©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 21. Oktober 2019

1553 Das ist ja alles nicht so schlimm


Es gibt Leute, die reden so, daß man neben ihnen weder lesen noch schreiben kann, weil ihr Reden – das mich nicht betrifft – wie eine Säge ins Gehirn schneidet. Dabei verstehe ich sie kaum, obwohl ich am Nebentisch sitze; sie reden laut, aber äußerst undeutlich. Ein Mann und eine Frau, die sich offensichtlich gerade kennenlernen. Vielleicht ist es das, das dem Ganzen seine scharfe Energie gibt. Sie reden so schlampig, undeutlich (Sound), aber korrekt (Grammatik, Vokabular) und so laut, daß meine Konzentration völlig zusammengebrochen ist. Für die paar Zeilen habe ich Stunden gebraucht (maßlos übertrieben!). Dann das Dazwischenlachen, laut, aber doch verhalten. Es muß ihre angespannte Energie sein, die sich so aufdrängt. Sie versuchen sich auch locker toll zu präsentieren. Bitte geht! Bitte geht! Erst recht, weil sie mir themenmäßig in gefährliche Nähe kommen: Schreiben, Lebensunterhalt. Vielleicht geht es auch um viel mehr: Plan A oder Plan B. Ich weiß ja nichts.

Gut, ich lege Brille und Kugelschreiber weg und schaue nur in die Luft.

Ich gehe doch lieber selber.








(21.10.2019)







©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1552 Unverschämtheit


Ich spiele Augenkino. Durch Veränderung meiner Augeneinstellungen bringe ich Bewegung in meine Bücherwand gegenüber. Gleichzeitig kippt mein mein Bewußtsein hin und her. Das mache ich so lange, bis meine Augen tränen.
Viel ist es also nicht, was ich mit und in der Welt mache, der Austausch mit der Welt ist auf ein Minimum reduziert, aber – Verzeihung bitte für die Unverschämtheit: - „die Welt hat mich nicht erkannt.“







(19.10.2019)







©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1551 Ich habe völlig freie Wahl


Wie oft in seelischer Bedrängnis rasen meine Gedanken zerbrochen und zerstückelt durch meinen Geist, mein Herz fühlt nichts, wie taub, spürt nur ein dumpfes Unbehagen.
Ich will nicht so weitermachen, finde jedoch keinen Ausweg. Der faule, schlechte Geschmack eines fragwürdigen Lebenskompromisses.

Aufatmen geschieht erst, als ich mir klar mache, daß ich ja auch gehen kann. Niemand kann mich zwingen zu bleiben. Ich habe völlig freie Wahl.









(18./19.10.2019)









©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 18. Oktober 2019

1550 Flucht aus der Bedrängnis


Die Katze kratzt immer wieder an meiner Tür, weil ich sie nicht in mein Zimmer lasse (sie: Durchfall, und ich: aus ganz anderen Gründen: verstört). Es fällt mir schwer, so kaltblütig zu handeln, aber allmählich kommen auch mein verleugneter Sadismus und meine versteckte Machtgeilheit ein wenig zum Vorschein. Wobei die Macht über eine Katze auszuspielen schon ziemlich mickrig ist. Oh mein Gott! (oder wer oder …) in welches Abseits habe ich mich manövriert? Wegen der Nachwirkungen meiner unzähligen Albträume heute Nacht kann ich auch nicht darüber lachen (Normalerweise kann ich das). Die Katzenscheiße stinkt sogar durch die geschlossene Tür herein.

Warum glaube ich, daß der Vorname des Wonderfull-World-Amstrong Tony oder Antony ist? Flucht aus der Bedrängnis ins Einschlafen, aber dort lauern die Albträume. Hier lauern Katzenscheiße und Vertreibung.

Dreimal krähte die Krähe, die ersten zweimal klingt es wie dadadada, dann erst gelingt es meinem Gehör, sich ordentlich einzustellen, so, wie es sich gehört (!) und ich höre endlich die Krähe krahkrahkrahkrah rufen. Eindeutig eine Veränderung an meinem Gehör, nicht an den Krähenrufen!

Eigenartig: wenn ich die Augen schließe, wird es hell, wenn ich sie öffne, ist es finster. War das sonst nicht immer umgekehrt?

Ich will meinen nach vorne gekippten Kopf heben, da durchzucken mich Schmerz und großer Schrecken, als könnt ich tatsächlich meinen Kopf verlieren, aber: anscheinend lebe ich in einem großen Haus mit Garten.

Seit zwei Stunden kämpfe ich ums Aufstehen. Diesmal ist es keine Frage von Lust und Laune, sondern ich bin in diesem Schlaf-Traum-Wach-Zwischenreich wie gelähmt. Ich wollte um acht Uhr frühstücken (Zeitpunkt, da die Küche menschenleer gewesen wäre), aber es war nichts zu machen. Nicht einmal zum Schreiben (und dann wieder weiterschlafen) bin ich hochgekommen. Ich konnte mich gegen mich (?) nicht durchsetzen. Wie gelähmt war ich gefangen, den Traumfetzen ausgeliefert, meine Beine steif und schmerzend. Ein hochmodernes Universitätsgebäude, das ich orientierungslos durchstreife, auf der Suche nach der Vorlesung, die ich besuchen muß und schon zu siebzig Prozent verpaßt habe, um wenigstens den Professor ansprechen zu können und mich für mein Versäumnis zu entschuldigen und zu fragen, wie es jetzt mit mir und meiner Prüfung weitergehen kann. Aber der Trakt ist überschwemmt. Auch im dritten Stock fließt am Gang ein regelrechter und nicht zu kleiner Bach durchs Gebäude. Dann öffne ich die Tür zum Hörsaal, in dem ich die gesuchte Vorlesung vermute, auch da steht das Wasser bis über die Knöchel und es sind keine Studenten da, eigentlich auch keine Möbel, ein leerer weißer Raum, in dem drei Professoren im Wasser stehen und irgendwas besprechen. Der gesuchte ist – glaube ich – nicht dabei, ich erkenn nur den Liturgieprofessor Philipp de la Fontaine Graf d'Harnoncourt-Unverzagt, aber den suche ich nicht.
Also wie sie weggehen frage ich doch einen von den zwei unbekannten, nach meiner Zeit an die Uni gekommenen, nämlich den mit den zwei Flinserl im linken Ohr, wo meine Vorlesung … jedoch antwortet er gar nicht bis unklar, undeutlich, leise – ich bin so orientierungslos wie zuvor.
Wie ich bis zum gelähmten Wachzustand hochkomme, ist mir fast schlecht und ich bin sehr verstört, nichteinmal die drei Professoren im Wasser können mir ein inneres Lachen auslösen. Alle meine Traumfetzen sind harmlos-schrecklich. Selbst eine Frau, die sich in der U-Bahn mir gegenüber setzt und ihr Kleid lüftet, kann mich nicht erheitern, nicht erfreuen, kann mir nicht helfen, meinen inneren Schrecken und meine äußere Lähmung aufzulösen.

Nach zwei Stunden schaffe ich es wenigstens in den Schreibzustand: im Bett, aber in der Lage, Notizen zu machen. Es wird so gegen halb zehn sein, ich habe mich gestern schon um einundzwanzig Uhr hingelegt.

Jetzt bin ich soweit wach und stabilisiert, daß ich ernsthaft ans Aufstehen denken kann. Halb elf.











(18.10.2019)












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1549 Unter den Sternen wohnen


3:02. Aber diesmal um diese Zeit aufgewacht. Ich überlege mir, was tun? Ich grüble. Meine üblichen selbstquälerischen und erpresserischen Phantasien machen mir jetzt keine Freude mehr und bereiten mir keinen Trost. Meine Lieblingsvorstellung in diesem Moment ist: einen dieser zum Glaskasten ausgebauten Dachböden mieten, von hier ausziehen und unter den Sternen wohnen.









(18.10.2019)









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Donnerstag, 17. Oktober 2019

1548 Hinsetzen


Aufspringen, aufstehen, Wäsche waschen (die Katze!). Und jetzt ist reinigen der Kaffeemaschine angesagt. Wechseln der Arbeitsbrille (beim Erledigen der vorgeschriebenen Arbeitsschritte) und der Lesebrille (beim Lesen der Gebrauchsanweisung). Anweisung. Wie angewiesen habe ich nach meinem Frühstück  - das ständige Blinken des roten Clean-Lämpchens hat mich schon beim Frühstück nervös gemacht – alles gründlich gereinigt und sauber geputzt. Nebenbei kurze Gespräche und kleine Spiele mit den Tageskindern. Meine Karaffe für den übriggebliebenen Frühstückskräutertee, den ich mit nach oben nehme, muß ich auch noch auswaschen.

Das Tageskinder-Mittagessen-Geschirr kommt herein. Mit meiner Frau. Meine Frau erzeugt sogleich einen mittleren Wirbel. Muß Ablagerung des Geschirrs auf die für meine Arbeit reservierten Flächen verhindern und meine dürftige Schreibkonzentration verteidigen, aber jetzt piepst die Kaffeemaschine nervig, weil ich den zweiten Reinigungsvorgang einleiten soll.
Da ich zu faul bin, für diese Arbeit schon wieder die Brillen zu wechseln, habe ich mit der Lesebrille ein ungewohnt verzerrtes Arbeitsfeld und muß schauen, daß ich bei den vorgeschriebenen Handgriffen (Griffen!) nicht danebengreife.

Jetzt doch die Arbeitsbrille, weil ich gleich den Geschirrspüler mit dem Tageskinder-Geschirr bespielen werde.

So! Fast alles erledigt. Ich trinke noch in Ruhe meinen Kaffee aus und dann rauf hinter den Computer! Dort ist mein mir zugedachter Platz. Dort störe ich am wenigsten. Und dort fühle ich mich wohl und atme beim Hinsetzen jedesmal erleichtert auf.










(17.10.2019)










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1547 Oder einschlafe


Den kleinen, weichen, warmen Körper der Katze bei mir. Nicht, daß mir kalt wäre, aber … das Fell der Katze ist angenehm, warm, weich. Ich streichle sie, bis mir etwas zu schreiben einfällt. Oder bis ich einschlafe.








(16./17.10.2019)








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1546 Ich zittere


Diese unangenehmen Träume, wo man Prüfungen nachholen muß und einem die Ex-Geliebtinnen davonrennen und nichts mehr mit einem zu tun haben wollen.

Ich muß meine Augen schließen, weil sich meine müdes Gesichtsfeld verdunkelt und verkleinert. Ich habe mir Sorgen gemacht, daß die Teekanne im Geschirrspüler nicht gefunden wird, darum war ich schon auf.

1.400.- oder 14.000.- Euro auf mein Konto drüben?

Ich zittere am ganzen Körper und mache mich flach.










(16.10.2019)










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1545 Nicht abgeschlossen


2:43: Ich bin sehr müde, möchte aber noch nicht schlafen. Warum? Ich weiß es nicht. Der Tag ist noch nicht abgeschlossen.








(15./16.10.2019)








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Dienstag, 15. Oktober 2019

1544 Ich herrsche


2:23 und ich habe den Wecker auf 9 gestellt. Ich bin sehr müde, möchte aber noch nicht schlafen gehen. Warum? Ich weiß es nicht. Ich möchte noch etwas fühlen und spüren. Ein tiefer Atemzug, der seufzend meine Brust weiter macht. Lunge und Herz machen auch weiter und alle anderen Teile. Teile und herrsche. Manchmal bin ich verärgert und herrsche meine Familie an (Zum Beispiel weil in der Küche alle Tische, Ablageflächen mit gebrauchtem Geschirr vollgeräumt sind und es
nicht wenigstens in die Abwasch gestellt wird, oder weil die Abwasch so voll ist, daß man kaum noch Wasser vom Wasserhahn nehmen kann, weil man kein Gefäß, keinen Becher, kein Glas unter halten kann). (Ich unterhalte mich übrigens ganz gut bei meiner Schreiberei.) Herrsche meine Familie an, aber zunehmend vor mich hin, weil … (wer kennt noch den „progressiven Alltag“ von Chlodwig Poth? Das mit dem „der Papagalli soll dorthin zurück wo er herkommt ...“? Also zunehmend vor mich hin).

„Ich herrsche vor mich hin“ - auch nicht schlecht!


(Anmerkung: das in Klammern nachträglich eingefügt)











(14./15.10.2019)












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Montag, 14. Oktober 2019

1543 Spießers Betrachtungen


Diesmal bestellte ich mir statt dem zweiten Cappuccino einen Kakao! Ein Fahrrad fällt in China um und ein Sack Reis! Kaffeehaus ist anstrengender als Espressobar! Keine Deklarationen mehr! Schon gar nicht mit Ausrufungszeichen!

Ein wenig hilft es, wenn ich die Brillen runter nehme: ich sehe besser!
Ich hebe meinen Blick vom bodenständigen, bodengehenden und sesselsitzenden Chaos nach oben zur Decke und betrachte die spinnenartigen Beleuchtungskörper.
Kakao ist süß und fett (dabei ist Kakaopulver doch bitter!).

In und an meinem Genick stimmt etwas nicht – ja, ich habe anscheinend mit ihm, dem Genick bezahlt (denn ich habe letztens statt „Genick gebrochen“ „das hat mir das Genick gekostet“ gesagt. Seitdem mir das so rausgerutscht ist, habe ich am Genick immer wieder leichte Schmerzen (und was habe ich mir damit eingehandelt? Wem habe ich mit meinem Genick bezahlt? Was habe ich dafür bekommen, daß ich nicht mehr richtig „ja“ und „nein“ deuten kann?) und es paßt mir der Kragen des Sakkos nicht mehr. Was will mir das Universum damit sagen? Ah! Es will mir sagen, ich soll mein MP3-Hörerkabel etwas weiter und nicht so eng um meinen Hals legen, damit es über den Sakkokragen und nicht über meine nackte Haut am Hals verläuft. Danke Universum! Der zweite Teil meiner Anfrage ist damit gelöst!

Zeitung lesen. Den Kurier nehme ich mir immer wegen dem Pammesberger. Mein Gott! Den Platzgumer habe ich als 18jähriges Bürschchen (er) kennengelernt. Seitdem nie wieder getroffen. Markus Gstrein hat ihn mir in der BlueBox als Musiker vorgestellt. Aber ich habe keine REM-Konzerte mehr veranstaltet.

Der Kakao ist mir zu fett und zu süß – darum trinke ich ihn so gut wie nie. Bis ich sein Fett- und Süßsein vergessen und verdrängt habe. Es reicht wieder für ein oder zwei Jahre. Wegen dieser Fetten und Süße werde ich unruhig und will gehen.
Ich gehe.






(14.10.2019)









©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1542 Aber wieso?


Seit fast einer Stunde hocke ich nach dem Aufwachen im Bett und habe nichts geschrieben. Dafür versuchte ich irgendwelche Gespenster mir verschlafenen Fußtritten zu verjagen. In meinem Lieblingslokal drüben im Traum, wo ich mich – so wie jetzt auch hier – doch flach hingelegt habe um schlafen zu können, werde ich von zwei Hacklertypen, also Workingclassheroes deswegen kritisiert. Ich bin mir nicht sicher, ob die wirklich hackeln - vielleicht sind sie nur Schmähführer (was machen die am Vormittag in einem Lokal? Gut, Schichtdienst wäre möglich), aber ich nehme ihnen ab, daß sie hackeln könnten, wenn sie hackeln wollten. Und daß sie dualitätserprobt und dualitätstüchtig sind. Aber ich verstehe das trotzdem nicht; ich habe ja ein Getränk bestellt und werde es bezahlen; wenn ich dann weiterschlafe, wieso soll das nicht drinnen sein? Was ist daran falsch?
Ich blicke mich um: alle anderen Gäste sitzen angezogen auf Stühlen, nur ich bin in Leiberl und Unterhose in einem Bett unter einer weißen Decke. Ist das komisch? Ich weiß es nicht. Aber wieso?

Jedenfalls haben die zwei Helden mich doch an einem wunden Punkt erwischt – stelle ich fest, denn ihre Kritik wird mir immer unangenehmer. Sehr unangenehm.

Ich wache auf und habe ein schlechtes Gewissen. Das drückt mich erst recht ins – jetzt reale – Bett. Knapp habe ich es geschafft, mich darin wenigstens aufzusetzen, wenn schon nicht es zu verlassen.











(14.10.2019)













©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


Samstag, 12. Oktober 2019

1541 Lebenslauf


Geboren am 24.2.1954 in Admont, Steiermark,
aufgewachsen in Irdning, Steiermark, Besuch der Volksschule dort,
dann Besuch des Bundesgymnasiums Stainach, Matura 1972,
1972: Beginn des Studiums der katholischen Theologie in Graz, mit Ausflügen zu Philosophie, Pädagogik und Soziologie.
1976: Abbruch des Theologiestudiums. Austritt aus der katholischen Kirche. Allmähliches Überwechseln zur Kunst (z.B. „Aktion Wetzawinkel“ mit Hannes Priesch). Aufgabe der anderen Studien und Tischlereikurs mit Gesellenprüfung 1978, Übersiedelung nach Wien, Arbeit in Tischlerei nur eine kurze Episode, dann weitere Hinwendung zur Kunst (Aktionen, Zeichnen und Malen).
1981: Trigon 81 in Graz als Mitarbeiter von Hannes Priesch „Eine glühende Kugel“. Mitbegründer der Wiener Künstlergruppe REM (www.rem.or.at).
1984: Beteiligung an „remidemmi“ 7.4. in Ö1 (Kunsttag).
Beteiligung an „Wanzen im Talon“, Multivision 84 (Wiener Festwochen).
„Haut an Haut“, eine zehntägige Aktion in einem Gehege in REM.
1985: „Zirler Langes“, Ausstellung von Bildern, Zeichnungen und Objekten in Zirl/Tirol.
„Hand im Halt“, Bilder und Zeichnungen im REM.
1986: Teilnahme an den XXI. Internationalen Malerwochen in der Steiermark in Rein; Ausstellung der Ergebnisse in der Neuen Galerie Graz/Gradec.
Austritt aus der Künstlergruppe REM.
1988: Teilnahme an den I.Celje`er Malerwochen (damals Jugoslawien, heute Slowenien) in Miholašćica auf Cres (damals Jugoslawien, heute Kroatien) mit anschließenden Ausstellungen der Ergebnisse in Celje (Keleia, Cilli), Zdravilišča, Rogaška Slatina und Ljubljana (Emona, Laibach), und viele Orte mehr.
Ausstellung von Bildern im Galeriecafe, Wien (Vindobonna, Dunaj).
Spanienreise als Besucher zur Ausstellung „Prototipos“ in der Galerie ZU, Lugo.
1989: „Wir stellen vor“, Galerie Ariadne, Wien.
Beteiligung an „60 Tage österreichisches Museum des 21. Jahrhunderts“ (Jan Hoet).
Beratung beim Münchner Astrologen Wolfgang Döbereiner und Übernahme seines Urteils über meine künstlerische Tätigkeit, nämlich, daß sie Dreck sei und Annahme seiner Empfehlung, das abgebrochene Theologiestudium abzuschließen, weil dort meine Berufung und mein beruflich-finanzielles Auskommen läge. Deshalb Wiedereintritt in die katholische Kirche und Wiederaufnahme des Theologiestudiums.
Auslandsstipendium in Paris, schon im Wissen, die Malerei aufzugeben.
1990: In dieser Zeit der Weiterführung des Theologiestudiums: Taglöhner und acht Jahre ohne jeden Versicherungsschutz, auch ohne Krankenversicherung in ziemlicher Armut (Kochen auf einflammigen Campingkocher, nur gelegentliches Heizen im Winter; so richtig unangenehm wird es bei unter 12 Grad im Zimmer). Verzweifelter Versuch, auch innerlich zur katholischen Kirche zurückzufinden.
1992: Vernichtung aller meiner noch in meinem Besitz befindlichen künstlerischen Arbeiten.
1997: wieder zu zeichnen begonnen.
1998: Abschluss meines Theologiestudiums mit einer Diplomarbeit über die Himmelfahrtspredigten des Johannes Tauler (1300-1361).
In diesem Jahr Heirat mit der Künstlerin Daniela Hantsch (zwei Töchter), gemeinsame Arbeiten und Ausstellungen mit Bildern und gemeinsam produzierten Stoffen (Siebdruck), so unter anderem 1999 beim Rettenschösser Symposium, Tirol, und auch 2001 im Schloss Blidegg, Schweiz. Beteiligungen auch in Bregenz und Rosenheim. „Stoffsalons“ im eigenen Atelier.
Gelegentlich Siebdrucke(n) für modernes Kachelofendesign des steirischen Künstlers Jürgen Rajh (https://www.kachelofen.net).
Allmähliches Versinkern des malerisch-zeichnerischen Impulses. Arbeit in der Meinungsforschung als Interviewer und Telefonierer (Liebste Studie: Image & PR, bei der Firma Consent: www.consent-research.com  unter „Ansätze und Methoden“). Beginn meiner Schreibarbeit, zunächst Texte, Essays hauptsächlich zum Themenbereich Religion, Schamanismus und Ähnlichem (bislang veröffentlicht auf www.dieschublade.blogspot.co.at Texte Nummer 1-83). Diese ganze Zeit ab 1990: furchtbarer, jahrzehntelanger innerer Kampf mit der „Münchner Rhythmenlehre“ des Döbereiners und später dann darum, aus meiner „döbranitischen Gefangenschaft“ rauszukommen und damit die Urteile des Herrn Döbereiner wieder abzuschütteln und an ihn zurückzugeben. Auseinandersetzungen und schließlich zornige Abrechnung und endgültiger, auch persönlicher Bruch mit ihm per Brief.
Nach Tod meiner Eltern und dann 2014 des Döbereiner literarisches Aufblühen und intensive schriftstellerische Arbeit, wenn auch klandestiner Art; will sagen: ich veröffentliche nur auf meiner Schublade www.dieschublade.blogspot.co.at (Texte Nummer 84 bis – Stand heute – 1540).
Ab 2011 Job als Telefonierer beim Institut Ifes, liebste Studie Mediaanalyse (www.media-analyse.at).
Frühjahr 2018: Stiller psychophysischer Zusammenbruch in der Arbeit mit anschließenden Panikattacken, langer Krankenstand, ordentliche Depressionen, Behandlung – auch medikamentös - wegen jahrzehntelang ignorierter Depression (Zusammenreißen! Zusammenreißen!), die nun zum Ausbruch gekommen war. Rehabilitation im Sonnenpark Rust; dort wieder Aufflammen des malerisch-zeichnerischen Impulses. Bald wieder erloschen. Intensive Therapien.
Sommer 2018: Wieder aus der katholischen Kirche ausgetreten.
Seit Frühjahr 2019 in Pension (Höhe: ca € 391.- monatlich).









(12.10.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

1540 Ich döse döse


Im kalten Bett kommt langsam die Wärme. Die Liebe zum Wissen habe ich – das kann ich abhaken.
Anorganische Vibrationen durchschütteln meinen halbschlafenden Körper. Kaum setze ich mich im Bett auf, kommt die Katze und will gestreichelt werden. Kaum leg ich mich flach, legt sie sich neben dem Bett mir zu Füßen. Eigentlich: zu Oberkörper.

Zum Schreiben setze ich mich wieder auf und die Katze kommt again und ich döse döse vor mich hin. Ich streichle sie und sie geht. Und da merke ich erst, daß ich eine Falte der Bettdecke als Katzenbein gestreichelt habe.

Ein kurzer Erweckungs- und Erwachungsschock.

Die überlagerten Zeichnungen der Sternbilder auf meinem Rücken wären doch nicht schlecht.

Mit einem Schnarchatemzug wache ich wieder auf. Ein Tageskind ruft nach mir. Ich gestehe, ich fühle mich zu sehr geschmeichelt.









(11.10.2019)









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1539 Post it


Nicht vergessen: bevor ich hinausgehe muß ich noch mich und die Unterhose wechseln!









(10.10.2019)










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1538 Meine kleine Welt


Manche Dinge im meinem Blickfeld bewegen sich, wollen es aber vor mir verbergen. Nur aus den Augenwinkeln und ganz kurz kann ich so eine Bewegung erhaschen. Nicht immer sind es Dinge, oft auch bloß Punkte, die sich in Bewegung setzen. Echter Staub kann auch daruntergemischt sein.

Die Bewegungen werden immer ungegenständlicher und wellenartiger. Ich lächle diese Welt an. Meine kleine Welt, die ich sehen kann, und dann die draußen, und die drüber hinaus. 2:56 in der Nacht.









(9./10.10.2019)









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1537 Träge Augen


Momentan bin ich in einer schwach picassoesken Welt. Das heißt: verschiedene Teile meines Gesichtsfeldes verschieben sich – unterstützt durch die Gläser und Ränder meiner Lesebrillen – gegeneinander, überlagern einander ein wenig und die einzelnen Teile nehmen verschiedene Größen an. Meine Müdigkeit so spät in der Nacht trägt noch das ihre dazu bei (träge Augen, träge Augenmuskel).

Jetzt suche ich mein Gesichtsfeld – es gehört mir! es gehört mir! - nach Glitzern ab und finde viele Stellen. Ich lasse meine Augen entspannt wandern und dann: lasse ich es gut sein.








(8./9.10.2019)








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Dienstag, 8. Oktober 2019

1536 Hausbeschau


Mit geschlossenen Augen blicke ich mit nach rechts geneigtem Kopf auf die schnurrende Katze. Ein kleiner Schmerz im Kreuz versucht sich zögernd an die Oberfläche zu kämpfen. Mein rechter Oberschenkel löst sich ohne mein Zutun von der mit Schweiß angeklebten Pyjamahose.
Am Kopf finden in der Aura energetische Umschichtungen statt. Meinem Rücken hinauf wandern außen (?) an der Wirbelsäule entlang ein paar Stromstöße.

Der Druck der Fußsohlen auf der Matratze schickt Projektionen aus, die bis oben auf dem Kopf wirken und über dem Scheitel ein Kribbeln auslösen.

Aua-Rufe holen mein Bewußtsein wieder aus meinem leuchtenden Körper heraus an die Oberfläche.

Wieder in die Blase mit den schrägen Bildern und eigenartigen Sätzen hinuntergetaucht.
Beim Heraufschwimmen verliere ich das Meiste der Beute. Eine mögliche Pseudoerinnerung bleibt mir; ich bin mir nicht im Klaren, ob ich das erlebt habe oder nicht.
Ich ziehe mich um, trage dann jedoch immer noch den Pyjama.

Ein Blick auf die Uhr (heroben, an der oberflächlichen Realität): 10:59. Das geht noch! (Schau! Schon will diese verdammte Scheißmoral ins Spiel!)

„Ah, die Zöllner und Sünder sind da! Mir brauchts ihr nix erzählen! Ich habe vor Jahrzehnten beim Verzollungspostamt 1036 gearbeitet. Ich kenn mich aus! Hausbeschau bei großen Firmen und so!“ (N.N. streckt seinen rechten Arm mit flach geöffneter, nur leicht gekrümmter, nach oben zeigender Handfläche ein wenig nach vorne.)

Nein, nein, nein! Ich fang jetzt nicht an, Theaterstücke zu schreiben! Das kann ich gar nicht und außerdem viel zu viel Arbeit! Und ich hab Hunger und will endlich frühstücken!










(8.10.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1535 An der rechten Schläfe


An meiner rechten Schläfe außen, aber innerhalb meines Energiekörpers hängt plötzlich ein Gewicht, das meinen Energiekopf verzerrt, sodaß sich auch mein physisches Gesicht verzogen anfühlt (anfühlt!). Ich bin immer recht dankbar für solche harmlosen minimale Grenzerfahrungen; sie bereichern mein zurückgezogenes Leben, auch wenn das alles nirgendwohin führt.

Ich bin an der Nordseite der Alpen hängen geblieben und versuche, so gut es bei meinem vernachläßigten irdischen Leben geht, mich da noch ein wenig vergnüglich einzurichten. Universitätsprofessor mit Festschrift zum Siebziger oder Großbauer, der - sich schon zurückziehend – mit zärtlichem Blick, aber in festem Schritt langsam über seine Wiesen und Felder geht, das werde ich nicht mehr. Also bleibe ich bei den eigenartigen Phänomenen an der rechten Schläfe. Viel mehr habe ich nicht.










(7./8.10.2019)












©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


1534 Steckdosen


Die Anzahl der Steckdosen – hier zweimal drei – als Indikator für Modernität und ideologischer und jugendlicher Freiheit (zum Beispiel: Freiheit von der Verpflichtung zu: „Altbau ist schöner als Neubau“, „Es gibt keinen Fortschritt, früher war es besser“, „Man hüpft nicht nur so herum!“, „das Leben muß ernst und schwer sein!“ - man steckt ein paar Geräte an, dreht ordentliche Lautstärke auf und weg ist der Spuk! Ist es das?)? Schließlich können auch Irrtümer wichtig zur Weiterentwicklung sein.

(Hätte mir heute beim Aufstehen nie gedacht, daß ich solche Gedanken haben werde; ich beziehungsweise die Sprache und ihre immanente Dynamik überraschen mich immer wieder.)
Das Ganze übrigens bei einem Arztbesuch. Die Ordination, das Wartezimmer sind auch ein eigenartiger Auslöser für Solches. Gut, es waren ja auch sechs Steckdosen nebeneinander in zwei Dreiergruppen in einer Reihe. Steckdosen als Symbol für ein freies, offenes Leben! Han?! Sind wir mehr in den Energieraub verstrickt, als wir es ahnen?











(7./8.10.2019)












©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com