1571 Und das Wort ist Fleisch geworden ...
Die Spielgeräte stehen still und stumm, wie Zeugen einer
möglichen, aber verpaßten Welt. Bald schon werden sie belebt sein, denn ich
höre bereits die jauchzenden Rufe der zurückkehrenden Tageskinder im
Stiegenhaus. Dann werden die Kinder darauf herumklettern, rutschen – einfach
ihre Möglichkeiten ausprobieren, die vielen Spielsachen benutzen für ihre
Spiele. Und niemand wird sie dafür verurteilen, wenn sie irgendeine Klettertour
nicht schaffen. Sie werden es bald wieder versuchen. Niemand wird die Nase
rümpfen, wenn ein Kind ein anderes vorgelassen hat („sich verdrängen lassen“ -
eben nicht! Das wird nicht beurteilt und nicht bewertet! Keine Noten!) oder
nicht vorgelassen.
Jetzt jedoch legen sich meine persönlichen Lebenserfahrungen
darüber und die Klettergerüste zum Beispiel werden stumme, aber bildhafte
Zeugen meiner Versagensgeschichte im Klettern und im Turnunterricht (also in
Arbeit und Freizeit), wie Folterinstrumente, die mich an meine Geschichte der
Erniedrigungen, Bloßstellungen, Beschimpfungen, Demütigungen und Verurteilungen
erinnern und haben so plötzlich nichts mehr mit einer Einladung zu Spiel und
Freude an der Bewegung zu tun. Mir krampft es den Magen zusammen. Mir ist zum
Weinen. So stark wirken diese Zeiten nach! Schade, daß ich nicht in einem Heim
war, denn dann könnte ich wenigstens Schmerzensgeld und Entschädigung
einklagen. Aber gegen normale Eltern und normale Schulen? Abgesehen davon, daß
das Alles schon längst verjährt ist (bei euch vielleicht! bei mir sicher nicht!
Mir ist das tief in Geist, Seele und Körper eingebrannt. Die bösen Worte sind
Fleisch und mein Leben geworden und wohnen unter euch).
Darum stehe ich jetzt von der Wohnzimmerbank auf, gehe in
die Küche und bereite mein Morgenmahl, um Leib und Seele zu stärken.
(30.10.2019)
©Peter Alois Rumpf,
Oktober 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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