Freitag, 18. Oktober 2019

1550 Flucht aus der Bedrängnis


Die Katze kratzt immer wieder an meiner Tür, weil ich sie nicht in mein Zimmer lasse (sie: Durchfall, und ich: aus ganz anderen Gründen: verstört). Es fällt mir schwer, so kaltblütig zu handeln, aber allmählich kommen auch mein verleugneter Sadismus und meine versteckte Machtgeilheit ein wenig zum Vorschein. Wobei die Macht über eine Katze auszuspielen schon ziemlich mickrig ist. Oh mein Gott! (oder wer oder …) in welches Abseits habe ich mich manövriert? Wegen der Nachwirkungen meiner unzähligen Albträume heute Nacht kann ich auch nicht darüber lachen (Normalerweise kann ich das). Die Katzenscheiße stinkt sogar durch die geschlossene Tür herein.

Warum glaube ich, daß der Vorname des Wonderfull-World-Amstrong Tony oder Antony ist? Flucht aus der Bedrängnis ins Einschlafen, aber dort lauern die Albträume. Hier lauern Katzenscheiße und Vertreibung.

Dreimal krähte die Krähe, die ersten zweimal klingt es wie dadadada, dann erst gelingt es meinem Gehör, sich ordentlich einzustellen, so, wie es sich gehört (!) und ich höre endlich die Krähe krahkrahkrahkrah rufen. Eindeutig eine Veränderung an meinem Gehör, nicht an den Krähenrufen!

Eigenartig: wenn ich die Augen schließe, wird es hell, wenn ich sie öffne, ist es finster. War das sonst nicht immer umgekehrt?

Ich will meinen nach vorne gekippten Kopf heben, da durchzucken mich Schmerz und großer Schrecken, als könnt ich tatsächlich meinen Kopf verlieren, aber: anscheinend lebe ich in einem großen Haus mit Garten.

Seit zwei Stunden kämpfe ich ums Aufstehen. Diesmal ist es keine Frage von Lust und Laune, sondern ich bin in diesem Schlaf-Traum-Wach-Zwischenreich wie gelähmt. Ich wollte um acht Uhr frühstücken (Zeitpunkt, da die Küche menschenleer gewesen wäre), aber es war nichts zu machen. Nicht einmal zum Schreiben (und dann wieder weiterschlafen) bin ich hochgekommen. Ich konnte mich gegen mich (?) nicht durchsetzen. Wie gelähmt war ich gefangen, den Traumfetzen ausgeliefert, meine Beine steif und schmerzend. Ein hochmodernes Universitätsgebäude, das ich orientierungslos durchstreife, auf der Suche nach der Vorlesung, die ich besuchen muß und schon zu siebzig Prozent verpaßt habe, um wenigstens den Professor ansprechen zu können und mich für mein Versäumnis zu entschuldigen und zu fragen, wie es jetzt mit mir und meiner Prüfung weitergehen kann. Aber der Trakt ist überschwemmt. Auch im dritten Stock fließt am Gang ein regelrechter und nicht zu kleiner Bach durchs Gebäude. Dann öffne ich die Tür zum Hörsaal, in dem ich die gesuchte Vorlesung vermute, auch da steht das Wasser bis über die Knöchel und es sind keine Studenten da, eigentlich auch keine Möbel, ein leerer weißer Raum, in dem drei Professoren im Wasser stehen und irgendwas besprechen. Der gesuchte ist – glaube ich – nicht dabei, ich erkenn nur den Liturgieprofessor Philipp de la Fontaine Graf d'Harnoncourt-Unverzagt, aber den suche ich nicht.
Also wie sie weggehen frage ich doch einen von den zwei unbekannten, nach meiner Zeit an die Uni gekommenen, nämlich den mit den zwei Flinserl im linken Ohr, wo meine Vorlesung … jedoch antwortet er gar nicht bis unklar, undeutlich, leise – ich bin so orientierungslos wie zuvor.
Wie ich bis zum gelähmten Wachzustand hochkomme, ist mir fast schlecht und ich bin sehr verstört, nichteinmal die drei Professoren im Wasser können mir ein inneres Lachen auslösen. Alle meine Traumfetzen sind harmlos-schrecklich. Selbst eine Frau, die sich in der U-Bahn mir gegenüber setzt und ihr Kleid lüftet, kann mich nicht erheitern, nicht erfreuen, kann mir nicht helfen, meinen inneren Schrecken und meine äußere Lähmung aufzulösen.

Nach zwei Stunden schaffe ich es wenigstens in den Schreibzustand: im Bett, aber in der Lage, Notizen zu machen. Es wird so gegen halb zehn sein, ich habe mich gestern schon um einundzwanzig Uhr hingelegt.

Jetzt bin ich soweit wach und stabilisiert, daß ich ernsthaft ans Aufstehen denken kann. Halb elf.











(18.10.2019)












©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

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