Freitag, 5. November 2010

65 Traumhochzeit

Kürzlich war auf youtube ein Video von einem Schweizer Paar zu sehen, das auf irgendeiner dieser Tourismustrauminseln heiratete. Der Mann, der vom Hotel engagiert war, diese Zeremonie zu leiten, führte sie in seiner Landessprache durch, und klang dabei sehr echt und weihevoll, sagte aber in Wirklichkeit zu dem Paar lauter Obszönitäten und Frechheiten. Das Video war mit der Übersetzung unterlegt. Die anwesenden Einheimischen haben sicher ihren Spaß gehabt. Jetzt gibt es bei vielen Völkern und in früheren Zeiten auch bei uns im Umkreis von Hochzeiten, die ja auch mit Sexualität zu tun haben, immer wieder Bräuche, die für unsere prüden Augen und Ohren – und unsere aufgeklärte, intellektuelle und politisch und sonstwie korrekte Zivilisation ist prüde, sonst hätten wir nicht eine solche Vermarktung von Sexualität – da gab es also Bräuche, die für uns schmalbrüstige Fitnessasketen erschreckend obszön sind. Aber die Szenerie im Video hatte nicht viel damit zu tun, denn der Zeremonienmeister schmähte und verspottete das Hochzeitspaar.
Ich kann mir nicht verkneifen zum Hochzeitspaar zu sagen: selber schuld! (obwohl es mir nicht zusteht.)
Heiraten tut man doch an dem Ort, an dem man oder frau lebt, um allen seinen Verwandten, Bekannten, Freunden, Nachbarn und Mitbewohnern mitzuteilen: das ist mein Mann, das ist meine Frau. Und respektiert diese Beziehung! Darum wird das auch in aller Öffentlichkeit getan mit allen Rechtsfolgen.
Ich verstehe schon, daß man mit der Liebe das Paradies erreichen will. Aber ein Ferienparadies ist nicht der Himmel. Welch ein Mißverständnis! Mit dem himmlischen Paradies hat die letzte hergeleierte kirchliche Hochzeitsfeier immer noch mehr zu tun als so eine künstliche, in die Armut reingestellte und von ihr abgeschirmte Touristenenklave, von der Bevölkerung dort einerseits gebraucht wegen der Einnahmen, andrerseits gehasst wegen der Zerstörung von Kultur und Natur, wegen dem meist erniedrigenden Dienst an den ganzen Idioten und Schwächlingen aus den reichen Ländern, die die Not dort bewußt oder unbewußt, absichtlich oder unabsichtlich, rücksichtslos oder vorsichtig ausnutzen. (Vom Sextourismus haben wir noch gar nicht gesprochen). Daher hat eine solche Touristenenklave auch nichts mit einem Paradies auf Erden zu tun.


©Peter Rumpf 2010 peter_rumpf_at@yahoo.de