Mittwoch, 30. September 2020

2009 Ein grauer Morgenoptimismus

 

Ein grauer, grauer Morgenoptimismus schaut beim Fenster herein, und durch die Tür sucht mich der Duft der Katzenscheiße heim. Ja, für diese Zeit bin ich schon recht munter! Die Welt hat mich schon gebraucht: ich mußte dafür sogar die Brille auf meine verschlafenen Augen setzen: ich habe nämlich die alte und teilinvalide Heizung eingeschaltet und den ausgeronnenen vermuteten Wasserkessel aufgefüllt. Da aber jetzt unten in der Küche für mich keine gute Zeit, weil kein guter Platz, ist, habe ich es riskiert, mich wieder ins warme Bett zu legen und mein Zimmer im grauen Licht zu betrachten.

Es ist aber mein Körper, der sich sensationell in meine Aufmerksamkeit spielt: im linken Ohr arbeitet es: es fühlt sich an, als würde sich dort drinnen ein sanfter Wurm schlängeln. An meiner Nasenspitze kitzelt es unausstehlich: direkt an den Eingängen der Nasenlöcher. Meine Schädeldecke juckt und in der rechten Ferse verspüre ich ein leises, scharfes Stechen.

Die Pölster in Rücken und Nacken sind nicht optimal geschlichtet – womit ich mir vermutlich Nackenschmerzen einhandeln werde, denn meine Versuche, dies zu verbessern, gelingen nicht. Jetzt juckt es beim linken Auge oben außen.

Meine Alternative: diesen nicht gerade weltbewegenden Text weiterschreiben und wach bleiben, bis die Küche frei ist, oder aufhören die Welt zu belästigen und wieder einschlafen.

Bin neugierig, wofür ich mich entscheiden werde.

Und ja: ich werde heute im Zimmer auch tagsüber das Licht aufdrehen müssen.

 

 

 

 

 

 

 

 

(30.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

2008 Zimmergrube

 

Ich beginne meine nächtliche Zimmerbetrachtung. Ich meditiere mein Zimmer. Zunächst imponiert mir seine Tiefe – ich liege doch recht tief in dieser Zimmergrube – und das ist mir angenehm. Aus diesem Abgrund rufe ich nicht hinauf, ich schaue nur. Dann gefällt mir Reichtum und Fülle, Buntheit und Formenvielfalt. Das Bett. Die Bilder und ihre Intensitäten. Die Bücher und ihr gesammeltes Wissen. Alles bei mir und um mich herum.

Wenn ich so daliege und zum Plafond blicke: ein bißchen wie in einem großzügigen Versteck.

Wovor verstecke ich mich? Vor meiner Bedeutungslosigkeit da draußen? Das ist Selbstmitleidsfolklore, die ich anscheinend zu dieser Stunde (1:57 a.m.) hervorholen muß. Ich darf das alles hinschreiben und mein Kugelschreiber ist ein Pilot (Piloten ist nichts verboten – ein Idiotenspruch! Aber er passt hier).

Zurück zur Meditation. Das Zimmer ist für mich Universumsmolekül riesig! Mein Raumgefühl hat sich nämlich etwas verschoben: das Zimmer ist nun weniger tief, dafür weiter. Kubistischer sozusagen. Und ich bin darin das Leben, das fast am Boden liegt. Dort empfinde ich mich als genau richtig.

 

 

 

 

 

 

 

(29./30.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

2007 Achsoja

 

Der schönste Platz in unserer Wohnung: ich sitze auf der einen Couch im Wohnzimmer mit schönstem Blick auf die Holzstiege, bis in die Küche und bis zur Badezimmertür. Dann klopft es. Eigentlich warte ich auf eine Lieferung, aber es ist eine Nachbarin, die uns einen Riesenkürbis bringt. Ich bitte sie mehrmals herein. Zögernd gibt sie nach. Wahrscheinlich fürchtet sie, dass ich über sie herfalle. Meine Angetraute ist nicht da. Aber die Katze kommt die Stiegen herunter.

Achsoja, es hat geklopft, ich muß zur Tür.

 

 

 

 

 

 

(29./30.9.2020)

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

 

2006 Der zynische Arzt

 

Der Frühnebel auch am mittleren Vormittag hinter meinen geschlossenen Lidern – von meinem wahrnehmenden Bewußtseinskern aus vor den Lidern, wo er sich staut.

Ein wilder Albtraum, wo Dilettanten an meinem Herzen herumoperiert haben und dann abgehauen sind und ich mit offener Wunde zurückgeblieben bin.

Oh arme, grausame DDR! (Film zur Vorgeschichte meines Traumes).

Nein, der Schlaf überwältigt mich wieder, wie es der zynische Arzt im Traum vorhergesagt hat.

 

 

 

 

 

(29.9.2020)

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

2005 Ante Meridiem

 

Meine rechte Hand streichelt die Katze – da kann ich den Pilot-Kugelschreiber noch so lange in der Hand halten – er wird nicht schreiben.

An jedem Abend nehme ich mir vor: ich werde morgen in die Albertina gehen – Jahreskarte! - und nie gehe ich. Auch jetzt leiste ich mir diesen Vorsatz und bin bereit, die Frustration auszuhalten. Genauso mit dem Aufstehen: jeden Abend nehme ich mir vor, morgen früh aufzustehen, aber heute habe ich schon aufgegeben, denn es ist schon 2:10 ante meridiem. Ich werde wohl ausschlafen. Früh aufstehen? Warum sollte ich auch?

 

 

 

 

 

 

 

(28./29.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 28. September 2020

2004 Eingeschneit

 

In meinem Zimmer abgeschnitten. Wie eingeschneit von Rücksichtnahme. Mein linker, halbierter Daumen fängt zu vibrieren an. Mit einem Ohr ständig nach unten lauschend, ob ich die Rücksichtnahme schon wegschmelzen lassen kann. Ich weiß es nicht, denn ich kann die Geräusche und Gespräche unten nicht eindeutig einordnen.

Wieder vibriert mein linker Daumenstumpf. Nimmt der irgendwelche Wellen auf? Wenn ja, dann wohl aus dem weiten Universum.

Plötzlich öffne ich meine offenen Augen und bin in einer neueren Welt. 11:34. Zeit zum Frühstücken. Egal, was unten los ist.

 

 

 

 

 

 

 

(28.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

2003 Die Augen

 

Mit Surren hat der Tag gestern aufgehört, mit Surren fängt er in der Morgendämmerung wieder an. Und die Bücher im Regal zerbersten fast vor Energie.

Die Katze schmiegt sich an meinen rechten Arm und mir wird klar, dass das noch nicht mein Tagesbeginn sein wird. Die Augen fallen mir immer wieder zu und ich schaffe es nicht, sie offen zu halten.

 

 

 

 

 

 

(28.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

2002 Buchrücken Schlote

 

Über meinen Büchern stehen für eine Sekunde grau-beige … Dings … also, als wären die Buchrücken Schlote, aus denen Rauchfahnen aufsteigen. Dann sind sie weg und die Schleier legen sich horizontal über die Bücher, an die jeweilige Größe angepasst. Auch das nur eine Sekunde lang. Dann ist nichts besonderes mehr festzustellen.

Ein paar dunkle Schleier – kommt mir vor – schweben noch im Zimmer, aber so verdünnt, dass sie fast unsichtbar sind – ich kann sie nur mehr erahnen.

Surrende, rauschende, zirpende Stille. Erschreckend laut, wenn ich hinhöre. Das würde mich interessieren, ob das alle so hören.

Das Rauschen wird im Verhältnis zum Surren schwächer.

 

 

 

 

 

 

 

(27./28.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

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Sonntag, 27. September 2020

2001 Abendgebet mit Katze

 

Mein tägliches Abendgebet schaut ungefähr so aus: zuerst lege ich mich im Bett ohne Polster auf den Rücken. Das bemerkt sofort die Katze (wie sie auch am Morgen jedesmal mein Aufwachen bemerkt) und springt herauf und steigt auf mir herum. Es ist dann nicht ganz leicht, mich zu konzentrieren und meine Gedanken beieinander zu halten, aber gleichzeitig ein gutes Training dafür.

Wenn ich dann bereit bin, beginne ich mit der Anrufung: „Absicht! Ich will die Verantwortung übernehmen dafür, dass ich ein sterbliches Wesen bin. Ich will akzeptieren, dass ich sterben werde!“ (dreimal). Dann die Bestärkung: „Kraft und Zuversicht, Unabhängigkeit und Stärke!“ (dreimal). Dann Vergewisserung und Bestätigung: „Das Mysterium des Montagepunkts ist der Dreh- und Angelpunkt der Zauberei“ (dreimal). Und zum Schluß: „Ich bin bereits der Kraft anheimgegeben, die mein Schicksal regiert. Ich klammere mich an nichts, daher ...“ und so weiter (auch dreimal).

Dann lasse ich die vergangene Nacht (egal ob ich allein im Bett geschlafen habe, oder mit meiner lieben Frau) und den Tag - also vom letzten Abendgebet an bis jetzt – Revue passieren mit Fokus auf alles, was mich erfreut hat. Das kann alles mögliche sein: schöne Begegnungen – und wenn es nur ein nettes Geplauder in der U-Bahn war oder ein kleiner Scherz, den ich im Lift anbringen konnte oder ich durfte jemanden den Weg zur U2 zeigen … - oder ein ergreifendes Spiel der Baumschatten an der Wohnzimmerwand, etwas Tolles gelesen, gesehen, gehört (Literatur, Kunst, Musik), Albertinabesuch, auf der Straße einen kleinen Wirbelwind gesehen, der vor mir seine Pirouetten dreht, oder einen beeindruckenden Weiberarsch, Vogelgezwitscher, das ich plötzlich im Autolärm herausgehört habe, eine schöne Vernissage, eine Krähe fliegt laut rufend von links nach rechts oder umgekehrt, unerwarteter Geldsegen, eine üppige Essenseinladung, ein interessantes Farbspiel irgendwo, eine lustige Szene, eine tiefe Erkenntnis, … was auch immer!

Dann bedanke ich mich für alles, was ich habe (meistens nicht ohne ins Sinnieren zu verfallen, was man denn wirklich „haben“ kann - „habe“ ich Weib und Kinder zum Beispiel?). Was „habe“ ich: Essen – genug und von bester Qualität, Kleidung, Zimmer, viele Bücher, viele Schallplatten und CDs, viele Bilder (Kunst), Internet, mein ganzer Reichtum …

Dann bedanke ich mich für alles, was ich weiß: da ist alles gemeint: das echte Wissen aus eigener Erfahrung, das aufgelesene Wissen, egal aus welchem Gebiet - ach, liebe Leute! Ich hätte viel zu erzählen und anzubringen! Mein Wissensschatz ist groß und vor allem sehr interessant, ich wäre ein guter Lehrer, denn ich habe viel auf Lager, was im Mainstream nicht vorkommt! -  bis hin zum dem Wissen, das ich nur für Kreuzworträtsel brauchen kann – auch für das bedanke ich mich.

Dann bedanke ich mich für alles, was ich bin. Da komme ich immer ins Schleudern, denn oft weiß ich nicht, was ich bin. Darum fange ich bei dem an, was ich sicher sagen kann: dass ich Vater zweier Töchter bin. Und egal wie gut ich das Vatersein hinbekommen habe: ich bedanke mich, dass ich diese zwei wunderbaren Wesen mitzeugen und in ihrem Aufwachsen begleiten durfte und immer noch genießen darf. Das ist die einzige Stelle in meinem Abendgebet, wo ich die Himmelskräfte um etwas bitte – völlig egal, ob solche Bitten sinnvoll sind oder nicht – dass sie meine Töchter segnen und fördern mögen (schon im Bewußtsein, dass bei mir Weltkompetez und Weltpotenz nicht allzu groß sind).

Dann: „ich weiß nicht, ob ich ein richtiger Ehemann bin, einer, wie es sich gehört, aber ich bedanke mich, D. an meiner Seite zu haben.“

Dann: „ich weiß nicht, ob ich ein richtiger Schriftsteller bin, aber ich bedanke mich für meine Schreiberei, die mir so viel Spaß bereitet.“

Dann bedanke ich mich dafür, dass ich ein „echter Seher“ bin  - ich würde mich das nicht hinschreiben trauen, wenn mir das nicht jemand von Cleargreen gesagt hätte.

Dann bedanke ich mich, dass ich einen Energiekörper und einen mit ihm verbunden energetischen Zwilling, der sieht, habe und somit (wie alle anderen auch) ein leuchtendes Wesen bin.

Dann bedanke ich mich dafür, dass ich als leuchtendes Wesen vor der Unendlichkeit gestanden bin und vor der ersten Pforte des Träumens, auch wenn ich mir damals dessen nicht bewußt war und dann nicht weiter gewußt habe.

Meistens schließe ich mit einem Amen. Oder auch nicht. Je nach Laune.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(26.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 25. September 2020

2000 Regen

 

Oh du schöner grauer Regen! Du Minimal-Music-Musikant der heutigen Morgendämmerung. Du versetzt mein Herz in fröhlich schöne Melancholie. Tief und voller Sehnsucht atme ich auf. Du Reiniger der Luft! Tränker der Erde. Benetzer der Seelen, die frei und nicht gefangen werden. Du Auffüller der Seen und Teiche. Du Schweller der Rinnsale, Bäche, Flüße und Ströme. Du einziger Wasserbringer des Neusiedlersees. Du Fensterklopfer. Du indiskutables Palindrom! Du Freund und Zwetschkennässer. Du Duscher von Blumen, Gräsern, Kräutern, Büschen und Bäumen samt ihren Früchten, wenn die noch dranhängen. Du Tröpfelin-Tröpfler! Du Sauberkeitsgießer. Du erdnaher (sic!) Himmelsgeschenk! Du Existenzgrundleger für Schirme, Schirmmacher und Schirmindustrie. Du pieselnder Humorist! Du flächendeckender Feuchtkuss-Küsser! Du Wachstumsanreger und Wald-und-Wiesen-Anregner (Himmel und Erde vereinigen sich). Du fruchtbarer Segen und manchmal furchtbarer Fluch. Du trunkender Anti-Trinker. Du männliche (?) Heulsuse! (das stimmt hinten und vorne, oben und unten nicht). Du nasses Licht! Du tröpfchenpedantischer Lichtträger. Du großzügig Aussäender. Du schweigsam undeutlicher Geschichtenerzähler.

Du hörst schon auf. Nur vereinzelt noch tröpfelst du ans Fensterbrett und in den dämmernden Lichtschacht.

Ich höre noch auf Deine letzten Tropfen, dann höre ich zu schreiben auf.

 

 

 

 

 

 

 

(25.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

1999 Ein Knäuel

 

Schlecht rasiert. Das merkt man am deutlichsten in der Nacht darauf.

Ich habe mit dem Satz da oben angefangen, aber dann alles schwungvoll durchgestrichen. Ich starte einen neuen Versuch mit der vertrauten Technik, wenn mir nichts einfällt: schau auf deine Bilder an der Wand.

Tut sich nicht viel. Ich richte die Nachttischlampe auf sie. Ich gaffe mit, ich gaffe ohne Brille. Ein paar Zacken laufen durch mein Gesichtsfeld. Mehr nicht.

Eine kann ich fixieren und an Ort und Stelle halten: sie wird dann soetwas wie zackend-rillendes mehrfarbiges Blinken. „Blinken“ ist zu viel gesagt: es schwebt ein Knäuel Wahrnehmungsverzerrung im Raum, in welchem Knäuel sich Linien, Konturen und Farben schwach blinkend bewegen und zucken.

Zurück zu den Bildern. Zwischen meinem linken Auge und den Bildern hängt immer noch so ein Knäuel, der beinah schon zu glühen anfängt, gelblich und weiß. Sehr bewegt das Ganze, die Zacken laufen, rennen und winden sich – ähnlich der Luft, die an einem heißen Sommertag über dem Asphalt flimmert, nur schärfer, kantiger, konturierter, eckiger, trippiger, heller, gleißender, und vor dunklem Hintergrund.

 

 

 

 

 

 

 

 

(24./25.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

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Donnerstag, 24. September 2020

1998 Überkreuzte Beine

 

Wie fange ich heute den Tag an? Unten höre ich, dass meine Stunde gekommen wäre. Aber ich reagiere nicht. Ich bin zu brav. Nur innerlich klopft mein Herz.

Gebannt bleibe ich im Bett. Ein wurlender Magnetismus oszilliert zwischen Stirn und Leibesmitte. Wie eine Mondsichel liege ich ganz schmal da, die Füße überkreuzt. Nimmt der Mond ab oder zu? Werde ich bald verschwunden sein oder nochmals voll aufleuchten? So wie die Sichel daliegt, müßte sie eher abnehmend sein.

Ja wirklich, die überkreuzten Beine machen mich schlanker.

Nun bildet sich ein Magnetwirbel im Nacken und der versucht, die Wirbelsäule hinabzutauchen. Auch meine Arme werden langsam von der magnetischen Erregung erfaßt, obwohl sie als Notizbuch- und Schreibstifthalter in Alltagsfunktion sind. Sie halten erstaunlich Stand.

Aber jetzt beginnt das Zeug niederzusinken.

 

 

 

 

 

 

(24.9.2020)

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

1997 Feststellung

 

Ich betrachte das Photo und stelle fest: die andern sind schlank und von hohem Wuchs - ich habe eine Wampe und bin eher pyknisch.

 

 

 

 

 

 

 

(23./24.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 23. September 2020

1996 Noch ein Tagesbeginn

 

Das graue Wolkenlicht und das dazugestrahlte gelbe der Nachttischlampe geben meinem Bücherregal eine regelrecht aufklärerische Note. Die Aufklärer des Age of Enlightenment rotieren und ich schmunzle in mein verschlafenes Bewußtsein hinein, weil ich an die prominent platzierten Bücher denke: Astrologie vom Münchner Affenarsch und die Zauberei vor allem (die Theologie habe ich schon längst fast zur Gänze ins Ausgedinge beim stinkenden Katzenklo verfrachtet).

Verliebt tastet mein Blick das Bücherregal ab und verbleibt dann bei den Kunstkarten, die dort gelangweilt herumlehnen, verweilt dann öfters bei denen, die richtungsmäßig erotisch motiviert sind.

Ich ernüchtere mehr und mehr, der Zauber der Verwirrung läßt nach, dafür darf die Müdigkeit kommen.

Krieg den Palä... den Lobbies und Produktionsstätten! Friede den Kemenaten und Schlafzimmern!

 

 

 

 

 

 

 

(23.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

1995 Bläulicher Schein

 

Zuerst ist der bläuliche Schein oben auf einem Buch; dann über zwei, dann über der ganzen Reihe drüben im Bücherregal.

Sehr haltbar sind die blauen Heiligenscheine nicht – Halbwertszeit zirka fünf Sekunden – aber schön. Sie interessieren mich. Sie kommen durch Hinstarren zum Vorschein.

Manchmal ist das Bläuliche nicht so stark, dann sind die Heiligenscheine eher weißlich, sogar gelblich weiß. Dann können sie sich auch in die Höhe ziehen und eine schlanke, längliche Gestalt annehmen. Und manchmal wollen sie nicht er-scheinen.

Jetzt erst sehe ich die Schatten der Bücher. Aber nun verliert mein Starren Konzentration und Kraft und ich gleite völlig ab. Ich lande in Gedankenkreisel und Bildbruchknäuel.

 

 

 

 

 

 

(22./23.9.2020)

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 22. September 2020

1994 Ein Tagesbeginn

 

In meiner Tiroler Landschaft ist jetzt alles normal. Aber doch anders als sonst. Niemand kriecht um den Berg herum, aber die Landschaft moussiert. Und vorne rechts wölbt es sich wieder.

Im größeren Lošinj-Bild ist das Meer heute von berückender Schönheit, in allersouveränster Hingabe liegt es ausgebreitet da. Und die Hafenstraße dreht sich in aufgewühlter Intensität in die Kurve. Die Häuser im Hafen stehen stumm und still, nur das erste Haus spricht.

Im kleinen Lošinj-Bild löst die Absolute Präsenz gerade die vordergründige Wirklichkeit auf.

Und im Foto, das meine ältere Tochter auf der Riesneralm für mich gemacht hat, hat sich die Wintersonne durch den Nebel und über den Hang gekämpft, sodaß sie in der Schneise zwischen den Wäldern tief in meine Kammer hereinscheinen kann.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(22.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

1993 Der Riese wirkt verletzt

 

In meiner Tiroler Landschaft entdecke ich heute Nacht eine kriechende, menschenähnliche Gestalt. Nur ihre Größe ist riesenhaft, verglichen mit der Landschaft. Das linke Bein hat der Riese angezogen, das rechte zieht er nach, mit dem linken Arm greift er aus und stützt sich sich ab, hält ihn gestreckt, um Kopf und Oberkörper vom Boden abgehoben zu halten. Er versucht, einen komischen Berg zu umkriechen. Ein heiliger Berg im heiligen Land Tirol? Doch der Riese wirkt verletzt.

Die Landschaft hinter ihm hat sich verändert. Etwas dunkles wie ein Wald hat sich dort zusammengewölbt. Nur die vermeintlich ewigen Berge sind die selben geblieben.

Die Wiese vor ihm tendiert dazu, zu einem Fluß zu werden. Noch fünf Minuten hinstarren und die Wiese fließt. Aber ich bin müde. Ich werde das Licht abdrehen.

 

 

 

 

 

 

 

(21./22.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 21. September 2020

1992 Der Wundertäter ohne Wunder

 

Der Wundertäter – wir wissen es von Daniil Charms („Die alte Frau“, in „Fallen“, Haffmans Verlag, Zürich 1985; Seite 159) – hat in seinem Leben kein einziges Wunder vollbracht (S 162). Er bräuchte nur mit dem Finger schnipsen, aber er tut es nicht. Dass er „von hohem Wuchs“ ist (S 164), kann ich allerdings nicht bestätigen.

Aber da der Wundertäter kein einziges Wunder tut, war er im Alter – auf mitteleuropäische Verhältnisse bezogen – nicht gerade reich. Für einen Zeitgenossen war er seiner Zeit und ihren technischen Möglichkeiten hinten nach, aber als dennoch leidlich moderner Wundertäter benutzte er auch Internet und als alter Mann Facebook. Dort hat er herumgejammert, dass er nur 400 € Pension im Monat bekomme, davon eine Therapie wegen Depression teilfinanzieren müsse und sich nichts leisten könne. Dabei lebt er von seiner Frau, die noch immer unerschütterlich an sein wundertätiges Potenzial glaubt.

Jedenfalls rührte der Wundertäter mit seinen mitleidserheischenden Postings das Herz einer ihm unbekannten, sozial engagierten Frau, nennen wir sie B.W., die ihm zwei Freikarten zu einer Charity-Veranstaltung des Vereins „Künstler und Kinder helfen Kindern“ für ihn und seine Frau schenkte. So weit so gut.

Der Wundertäter, da er seiner Berufung, Wunder zu vollbringen, nicht nach kam, besonders leicht zu verunsichern, wurde zunehmend nervös. Er hatte jetzt ein schlechtes Gewissen wegen dieser Einladung – ob er dieses Geschenkes wohl würdig sei – und das schlechte Gefühl, sich diese Karten durch übertriebenes Jammern erschlichen zu haben. Er fühlte sich bemüßigt, wieder zurück zu rudern, aber Frau B.W. blieb bei der Einladung.

„Charity-Veranstaltung“, dachte er, „ich schaue im Internet nach.“ „Aha! Eine Matinee mit verschiedenen KabarettistInnen zugunsten von Kindern in Armut oder schwierigen Verhältnissen!“ Vor dem inneren Auge des Wundertäters entstand immer mehr das Bild eine High-Society-Veranstaltung unter lauter Reichen und Upperclassikern. Und so fühlte er sich immer unwohler. „Ich werde im Internet recherchieren, wer Frau B.W. ist“, sagte er sich und im Gegensatz zu seinen Wundern tut er es einfach.

„Oh Gott!“ sagte er sich, „Frau B.W.! Zwanzig Universitäten, fünfzehn Lehraufträge dort und da und dort auch noch, zehn Firmengründungen und fünf Firmen - noch dazu Bergführerin und Bergführerinnen-Ausbildnerin, Leistungssportlerin in den Disziplinen X,Y und Z, bildet auch PädagogInnen aus – das passt ja zur Kindercharity! … Nein! Nein! Nein! Wie werde ich da neben stehen, als Wundertäter, der nie seinen Beruf ausgeübt hat! Als Nichts! Als gescheiterte Existenz! Als Unsportler! Als, als als ...ich fürchte mich! Ich habe Angst! Das kann nur schief gehen!“

Der Wundertäter fängt an, sich um seine Kleidung Sorgen zu machen. Er entschließt bei sich, zur Veranstaltung seinen dunklen Anzug aus besseren Zeiten anzuziehen, obwohl er sich vage erinnert, irgendwo gelesen zu haben, am Tage trage man helle Anzüge, dunkle nur am Abend. Zwar besitzt er einen hellen Sommeranzug, aber die Schweißränder am Kragen, die auch die Putzerei nicht mehr raus gebracht hat! Nein, das kann er auf so einem High-Society-Charity-Event am späten Vormittag nicht bringen!

Nochmals sucht der Wundertäter im Internet nach Informationen über Frau B.W.: „Ja, sie muß sozial und gesellschaftlich ganz oben angesiedelt sein. Gut, ihre Einladung hat ganz normal, unkompliziert und freundlich geklungen ...“

Der Wundertäter schaut alle Fotos, die er von Frau B.W. finden kann, an, damit die vereinbarte persönlich Übergabe der Freikarten klappt. In seiner Aufregung kann er sich das Gesicht kaum merken, nur „blonde Haare“ prägt sich ein.

Der Tag rückt näher. Der Sonntag Morgen ist da. Die Kartenübergabe ist für 9:30 vereinbart, Einlass ab 9:45, Beginn der Matinee 11h.

„Mein Gott! Was wird dort passieren! Ich werde unter den Reichen und Highsocieties auffallen wie ein bunter Hund. Diese Leute werden meinen alten Anzug sofort durchschauen! Ich werde nackt dastehen, so ohne Renommee, ohne Geld, ohne sozialen Status, ohne Verdienstkreuz und ohne Orden! Was für ein Stress! Ich werde es dort kaum aushalten.“

Der Wecker läutet. Vor lauter Angst hat ihn der Wundertäter - er bräuchte nur mit dem Finger schnipsen … - auf 7 Uhr gestellt, um ja mit dem Rasieren, Duschen, Ankleiden, den Nervositätsentleerungen rechtzeitig fertig zu werden. Er jammert seine Frau an: „was habe ich mir da aufgehalst! Ich scheiß mich voll an! Meine Nerven liegen blank. Viel lieber möchte ich mit dir gemütlich im Bett bleiben. Was soll das Ganze. Oh ich Idiot! Ich werde nie wieder auf Facebook jammern!“

So lamentiert der Wundertäter ohne Wunder und steht auf und startet seine angstverstärkten Morgenrituale. Wir wissen, er bräuchte nur mit dem Finger schnipsen …

Das Ehepaar Wundertäter beschließt, zu Fuß zur Location in die Innenstadt zu gehen; der Spaziergang wird beruhigen.

Der Veranstaltungsort heißt „Casanova“ und der Wundertäter hat so ein Erinnerungsbild vom Eingang mit der Leuchtreklame mit einem Zacken und darauf ein nacktes Weib. Auch etwas, das ihn am Rande beunruhigt: „was für eine Location für ein Charity-Event? Nur fragwürdige High-Societealer, Angeber und Neureiche können sich dort wohl fühlen. Aber bitte! Für einen guten Zweck!“

Weil der Wundertäter das falsche Suchbild eingespeichert hat, rennen sie am Veranstaltungslokal vorbei, das offensichtlich schon längst kein windiger Nachtclub mehr ist, sondern unter einem anderen Namen ein Kaffeehaus und mit einem „Casanova“ genannten Kabarett-Spielort im Keller.

Die Hausnummer hatte der Wundertäter nicht notiert, nur die Gasse, aber seine taffe Frau mit ihrem Smartphone findet sie heraus. Gerade noch pünktlich erreichen sie den Hauseingang und warten. Eine blonde Frau steht auch da und redet mit ihren Leuten von Freikarten. Der Wundertäter zögert: „Kann sie es sein? Ist sie die Frau B.W.? … Eher nicht. … oder doch?“ Jedenfalls ist sie nicht so aufgetakelt, wie es der Wundertäter erwartet hat. Überhaupt dämmert ihm allmählich, dass die Veranstaltung viel normaler sein könnte, als befürchtet. Die Leute am Eingang sind nicht aufgedonnert, tragen normale Kleidung, Jeans, kurze Hosen …

Die taffe Frau des Wundertäters meint, es könnte mit dem vereinbarten Treffpunkt „vorm Eingang“ nicht der Eingang zum Gebäude, sondern der Eingang zum „Casanova“ unten im Keller gemeint sein. Der Wundertäter – hochgradig nervös, ständig mit den Händen am Rücken hin und her, auf und ab, vor und zurück schreitend – will das nicht glauben. Nach einiger Zeit des Wartens ist er doch bereit, auf seine Frau zu hören und geht mit ihr hinunter in den Keller. Mit Maske, wie es sich in Zeiten wie diesen gehört. Dort warten sie, bis die zwei Besucher vor ihnen abgefertigt sind: Eintragen der Namen in die Coronaliste, Bekanntgabe der Tischnummer usw. Die Frau, die da am Eingang die Besucher einlässt, kann nicht Frau B.W. sein, denn sie hat dunkle Haare. Aber als sie mit den Zweien fertig ist, kommt sie zum Wundertäter, begrüßt ihn mit dem Ellbogengruß und sagt: „Servus!“ Der Wundertäter – ohne seine Wunder in der Welt komplett aufgeschmissen – ist völlig verstört und fängt an zu stottern: „die Frau B.W. hat ...“ Die Frau unterbricht ihn und sagt: „ich bin B.W.. Wir sind doch eh per du, oder?“ „Jaja“, stammelt der verblüffte Wundertäter. Denn alles ist normal hier: die Leute normal gekleidet, alles ganz friedlich, kein sozialer Stress, keine Schnösel, der Wundertäter denkt sich kurz: „und ich im Anzug!“, aber die Erleichterung ist stärker. Nur die Frau B.W.! „Bin ich völlig deppert? Sie schaut ganz anders aus als auf den Fotos!“ Nun, der gute Wundertäter hat unter dem richtigen Namen eine andere Frau recherchiert. Namensgleichheit! Er will schon mit Selbstbezichtigungen beginnen, aber die Erleichterung ist stärker, und so wurde es doch eine schöne, wunderbare Matinee mit vielen Tassen bodenlosen Kaffees, Sacherwürstln (ja, mußte sein), einem tollen Kabarett auf der Bühne und in des Wundertäters Leben (er und seine Frau haben viel über seine Faux-Pas gelacht) und überhaupt der Auftakt zu einem wunderschönen Sonntag.

Und definitiv: der Wundertäter ist nicht von hohem Wuchs!

 

 




(21.9.2020)







©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

1991 Trip

 

Der geliebte schlaftrunkene, traumverhangene Zustand nach dem Aufwachen: ein drogenloser Trip: meine Sinne in Surren eingebettet und teilweise noch in Traumsubstanz. Nur langsam entsteht der Alltagskörper in seiner stärkeren, aber wahrnehmungsbeschränkten Selbstverständlichkeit und Normalität. Was auch okay ist, denn dann merke ich, wie hungrig ich bin und freue mich aufs Frühstück.

Ich lasse mir jedoch noch ein wenig Zeit, denn die Realität ist als Katze gekommen und ich streichle sie intensiv.

 

 

 

 

 

 

 

 

(21.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

1990 Glückliche Tage in Graz

 

Das sind jetzt glückliche Tage: sie kommen einfach so unauffällig daher und dann passt alles: das Erreichen der Anschlüsse, das Hotel, die Ehe, die Vernissagen, das Treffen mit den Freunden …

Das Zurückkommen ist schwer, aber machbar: ich bin ja gerne zu Hause.

 

 

 

 

 

 

 

 

(20./21.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

 

Freitag, 18. September 2020

1989 Vielversprechender Tag

 

Trotz schlappriger Unterhose und zerrissenem Leiberl bleibe ich in einer gewissen sanften Autorität – wenn auch mehrere Male von meiner katzenhaften Sparringpartnerin konterkariert. Im Geist ordne ich den kommenden vielversprechenden Tag und halte meiner Therapeutin einen Vortrag über die Auffassung meiner Zauberer vom Träumen.

Allzulange werde ich nicht mehr im Bett bleiben, sondern bald meine Reisevorbereitungen beginnen, damit ich nicht ins Gedränge komme.

 

 

 

 

 

 

(18.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

 

1988 Mit geschlossenen Augen

 

Das Morgengrauen dringt und drängt durch alle optischen Ritzen und Spalten in mein abgedunkeltes Reich. Der Wind setzt mit einem Schlag der Jalousie gegen den Fensterflügel noch eins drauf. Meine linke Hand verkrampft sich schon wieder; dabei braucht mein Notizbuch gar nicht festgehalten zu werden. Mit den geschlossenen Augen sehe ich bloß dunkles Nichts; mein Wahrnehmungsapparat zwingt es, ein paar schwarze und dunkelgraue Figuren und Formen preiszugeben. Ein kleiner Husten löst die kleine Idylle auf und ich bin bereit, weiterzuschlafen.

 

 

 

 

 

 

(18.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

 

Donnerstag, 17. September 2020

1987 Festnetz

 

Mein Bewußtsein läuft noch um mich herum, kann aber nicht völlig ins Träumen abhauen. Es war ein Fehler, das äußerst mißverständliche Posting gestern, das mir jetzt im Halbschlaf eingefallen ist und mich durch einen kleinen Schock aufrüttelt und zentriert. Im Kopf habe ich schon den vielen Anfeindungen wegen des tatsächlich sehr mißverständlich formulierten Beitrag geantwortet und meine Behauptung präziser dargelegt. Damit kehrt die Müdigkeit zurück und ich merke, wie ich wieder in den Schlummermodus absinke und sich meine Körperlichkeit aufzulösen beginnt: in schwebende Wellen oder energetische Konglomerate oder Häufchen, noch nicht voll auf Tour, aber schon weiß ich nicht mehr genau, was vom Empfundenen Ich und was Nicht-Ich ist.

Ein Anruf am Festnetztelefon reißt mich in den als real definierten Wahrnehmungsbereich zurück – ich habe mich sitzend im Bett vorgefunden; Notizbuch auf den angezogenen Beinen abgelegt und von meiner linken Hand krampfhaft festgehalten, die Brille auf und der Kugelschreiber angeklickt aus meiner Hand gefallen – aber ich habe für das Aufstehen, Räuspern und den wahrlich kurzen Weg zum Telefon zu lange gebraucht.

Ich lege mich jedoch wieder ins Bett, denn unten kommen gerade die Tagis herein und in dieser Phase soll ich nicht hinunter und sie durch meine Anwesenheit stören und sie in der vor Allem für die Neuen schwierigen Phase irritieren.

Das mißverständliche Posting und die vermutlich feindseligen Antworten darauf – das findet eh in einer anderen Welt statt; ich bleibe hier in meiner Auflösung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(17.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

1986 Nichts

 

Nichts

 

 

 

 

 

 

 

(16./17.9.2020)

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

1985 Serie

 

Die ganze Nacht durch hat auch etwas für sich (achtteilige Serie auf Arte).

 

 

 

 

 

 

(16.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

1984 Hildegard

 

Like a fader Rolling Stone und mit der Hildegard Knef oder so eine Art Fake-Knef – ich kann es nicht entscheiden, ob die echt ist, die ich da aus den Lautsprechern höre; ansonsten: Luxus! Essen mit Nachspeise und zwei Kaffees in meinem Lieblingslokal.

Durch das Fenster sehe ich, wie das Krabbenblatt (ein Ahornblatt, das vom Austrocknungsvorgang aufgewölbt ist und mit der Wölbung nach oben wie eine Krabbe am Asphalt steht) vom Wind angetrieben quer über den Gehsteig krabbelt.

Nach Monaten das erste Mal wieder in meinem Lieblingscafé, das ist zu aufregend, als dass ich schreiben könnte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(15.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 ©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 15. September 2020

1983 Corporate Identity

 

Ich lasse das Licht herein und dann betrachte ich die nolde Mondnacht, in die sich mein umherschweifender Blick verfangen hat. Die Reste geiler Träume – ich beginne als Callboy zu arbeiten – irritieren mich zunächst, dann jedoch erheitern sie mich, denn ich weiß im Traum, wie alt ich bin! Ich werde es besonders sensibel und zärtlich anlegen! Das soll meine Corporate Identity werden.

So, jetzt habe ich mich wieder beruhigt und schaue mich in der Wirklichkeit um. Nicht lange, dann bin ich – zack! - in meiner Kindheit, als mir mein Vater einen Ferialjob als Gehilfe eines Vermessers vermittelt hatte – vermessen! Denn ein vierzehn Jähriger wurde gesucht und ich war erst zwölf  – und an dem ich gleich am ersten Tag – zu schwach! - am Tragen und Aufrichten (!) der schweren Meßlatte (!) gescheitert bin und daran, die Haus- und Flurnamen (Sudlmoar, Im Mösl) nicht zu kennen.

Genug! Frühstück now!

 

 

 

 

 

 

 

 

(15.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

1982 Blattgoldplättchen

 

Mit geträumten Goldplättchen beschäftigt werde ich von meiner Katze und Aufstehtrainerin um  vier Uhr morgens mittels Schnurrbartkitzeln und Krallentatzeln geweckt, um ihr das Frühstück bereiten zu können. Jetzt hocke ich da und will den theologischen Prüfungstraum mit den Blattgoldstückchen rekonstruieren.

Vier Stunden Schlaf sind mir zu wenig und somit kippe andauernd weg. Ich will dem Schlafbedürfnis keinen Widerstand entgegensetzen – den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf – darum baue ich den Polsterpulk in meinem Rücken wieder ab und lege mich ganz flach.

 

 

 

 

 

 

 

 

(15.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 14. September 2020

1981 Das ist nichts!

 

Ich sitze unten am kleinen Platz (der vielleicht einst nach mir benannt wird), weil ich wieder einmal denke, auf ebener Erde bekomme ich vom Leben mehr mit als im dritten Stock. Ich trage Mund-Nasen-Schutz – nicht weil ich mir dabei so toll vorkomme, wenn ich mich oder andere schütze – was ich aber gern in Kauf nehme – sondern weil ich die Chance zu Maskierung und Selbstdarstellung nützen will.

Es ist recht heiß für die Jahreszeit und ich bekomme vom kleinen Bäumchen, das jedoch dreimal so groß ist wie ich, nur wenig Schatten.

Die Schatten in meinem Notizheft zeigen mir, dass hinter meinem Rücken eine Sonnenlicht-Fensterscheibe-Reflexion stattfinden muß: die Sonne vor mir; ein Schatten meines Kopfes zeigt Richtung Sonne.

Ganz leise Brise: bewegt nicht die Feder dort rechts am Boden und nicht das Stück Zigaretten-Verpackungsfolie hier links vorne. Nur die Löwenzahnblätter unter der anderen Bank zittern leicht. Soeben stärker geworden treibt der Luftzug ganz kleine Daunenfederchen und Zigarettenstummel über das Pflaster, bewegt die zarten Blätter der Bäumchen und auch das Stück Zigarettenfolie zittert jetzt.

Hier ist die Welt der Autos, der falschen Autonomie. Menschen gehen hin und her, aber die Autos verbrauchen den optischen und akustischen Umraum schon von weitem. Sie sind hier die Dominatoren. Also nicht das Leben, sondern lauter in Blechbehälter eingesperrtes und in Vorstellungscontainern gefangene Menschlein, die sich abschottet haben und sich auf das wirkliche Leben nicht einlassen wollen (ich kann es nicht lassen!).

Die rauchende Briefträgerin … Verdammt! Die laut brummenden, heulenden und kleschenden Kübel rundherum verstellen auch als geparkte den Ausblick und als fahrende verzerren sie die Akustik. Irgendwo ums Eck wird geräuschvoll in aller Arbeitsselbstverständlichkeit ein Auto beladen, im Stehen bei laufendem Motor. Mir reicht es! Ich gehe! Das ist nichts!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(14.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 9. September 2020

Zum Tod von Tante Frieda

 Liebe Tante Frieda!

Ich wünsche Dir eine starke und schöne Reise in die andere Welt. Du warst so wichtig für mich. Dank Dir konnte ich als zehnjähriges Kind das erste Mal das Meer sehen, und dank Dir habe ich gelernt, dass man auch drei Löffel vom süßen Kakaopulver in die Milch geben darf. So hast du mir geholfen, meinen Blick zu weiten. Meine Aufenthalte bei Dir und Deiner Familie waren in meiner Kindheit die Highlights, wie auch eure Besuche bei uns. Du hast auch noch für meine Kinder den großzügigen Vorauer Nikolaus gespielt. Ich danke Dir für das alles und auch für Deinen Humor, Dein Lachen, Deine Heiterkeit. Ich denke noch an meinen Besuch mit Daniela bei Dir Anfang Juni und unser letztes Gespräch, coronabedingt über den Zaun hinweg. Wir werden Dich sicher nicht vergessen.
Dein Neffe Peter

1980 Mein Luxusproblem

 

Heute habe ich so lange im Bett gedöst, daß ich in die Kaffeemaschinenverbotszeit geraten bin (Frau Königin hier hat wegen des Mittagsschlafes ihrer Tageskinder schriftlich ein Verbot erlassen, die laute Kaffeemaschine zwischen 13h und 14:30 zu benützen. Ein Verbot, an das ich mich sowieso aus eigener Einsicht gehalten hatte. Sei's drum!). Jetzt bin ich ratlos, ob ich gleich weiter im Bett verbleiben soll oder doch aufstehen und ohne Kaffee frühstücken.

Was für ein Luxusproblem, gell!?! Viele Millionen, nein Milliarden Menschen auf der Welt werden mich um dieses Problem beneiden.

Lustigerweise verdanke ich mein Luxusproblem meinem sozialen Abseits: nachdem ich finanziell und damit gesellschaftlich kaum noch Handlungsspielraum habe – Referenzrahmen mitteleuropäischer Durchschnitt – habe ich mir angewöhnt, mein Zimmer kaum zu verlassen.

Und mein Abseits ist nicht nur finanziell, nicht einmal in erster Linie: es geht auch um gesellschaftliche Vernetzung aus Beruf und Ansehen und um den Austausch mit der Welt: kein Ehrenamt, kein Interviewtermin als Künstler, kein Treffen mit pensionierten Kollegen, keine Bitte um einen Artikel zu XY, keine Festschrift zum XY-Geburtstag, keine Interviewanfrage als bekannter konsevativer oder kritischer oder progressiver oder abgesprungener oder schräger Theologe – alles zu Recht nicht – keine sonstige Anfrage als was auch immer (und bekäme ich eine heute hier und jetzt – ich würde ziemlich sicher vor lauter Angst und Selbstzweifel absagen), keine Auftritte, keine Einladungen, keine Ausflüge, keine Reisen, keine Fahrt zum Feriendomizil am Land …

Damit das klar ist: ich habe meinen reduzierten Radius akzeptiert und bin glücklich in meinem Zimmer mit meinem Luxusproblem. Wirklich glücklich – ich muß mir das nicht einreden: schreiben, lesen, laptoppen, Musik hören, sinnieren … ab und zu ein Einkauf oder eine Erledigung, Besuche in unserer Wohnung, für die ich mein Zimmer verlasse und hinuntergehe … ich liebe mein Ausgedinge (ich fühle mich ein bißchen wie ein Mönch in der Stabilitas Loci – was meinen Aktionsradius betrifft, nicht, was meine Schlaf- und Genußgewohnheiten betrifft). Aggressiv werde ich nur, wenn ich fürchte, dass dieser Ort für mich in Frage gestellt wird – dann bekomme ich so richtig Existenzangst.

 

 

 

 

 

 

 

(9.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

 

1979 Im Raumschiff

 

Ich befinde mich in meinem Raumschiff. Ich habe auf Automatik gestellt, deswegen muß ich nichts tun oder steuern. Wir fliegen hoch durch die tiefe Nacht. Auch der Schwerkraftgenerator ist aufgedreht, darum schwebt und fliegt in der Kapsel nichts herum und die Euphorie bleibt eingegrenzt. Größe und Ausstattung der Raumschiffe sind heutzutage viel großzügiger. Fast könnte man glauben, ich läge in meinem Zimmer im Bett, aber das ist ein optische, akustische, sensorische, haptische, bewußtseinsreduzierte Täuschung! In Wirklichkeit sause ich durchs dunkle Universum.

 

 

 

 

 

 

 

 

(8./9.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Dienstag, 8. September 2020

1978 Ich gegen elf

 

Gegen elf. Ich gegen elf … Uhr. Ich lächle ein wenig über meine bemühten Versuche, mir übers Schreiben allmählich ein Ich zu basteln, das mehr hergibt als ein idiotisch-automatisiertes Ego. Möglich, dass dabei doch das Ego gewinnt.

Ansonsten sitze ich gemütlich im Bett, die (sic!) Rollo noch herunten, huste ein wenig, nehme einen Schluck gestrigen, kalten Bronchialtee, und freue mich über alles im Zimmer: mein Reich. Zwar bin ich ein König ohne Land, aber hier im Exil bei der Königin durfte ich in dieser Kemenate mein kleines Reich aus Büchern, Musik, Kunst, Schlamperei, religiösen und areligiösen Kleinkram, Staub (Oh Mensch! Gedenke …), familiären Liebeserklärungen und pragmatischer Romantik aufbauen. Wie ein stolzer Bauer über seine Felder, so lasse ich meine liebenden Augen über und durch das Zimmer wandern, vom stolzbeladenen Bücherstapel neben dem Bett bis hin zu den angeberischen Kunstkarten in Bücherregal und den Bildern an den Wänden. Hier, mit meinen angezogenen Beinen unter der wärmenden Bettdecke, das Notizbuch auf den Oberschenkeln abgelegt, hier bin ich glücklich. So wie es ist.

Mein Bewußtsein beginnt vertrauensvoll in ihre wiederherstellbare Stabilität aus der Alltagswelt abzuwandern, noch hat es keine stärkeren Auswirkungen, als daß es auf dem aufgeschlagenen Blatt Papier zu wurln beginnt.

Beim vertrauten, beruhigenden Sound der essenden und spielenden Tageskinder unten nicke ich ein.

 

 

 

 

 

 

 

 

(8.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

1977 Der Sessel dort

 

Der Sessel dort (für Deutschland: Stuhl), der da drüben neben dem überladenen Schreibtisch unter meinem konfessionell und religiös unklaren Hausaltar steht, und der so leicht nach hinten kippt, wenn man darauf sitzt, ist überlagert mit abgelegtem Gewand, indoor, outdoor, warm, kalt, ganz unten das monatelang nicht mehr benutzte Walking-, eigentlich Laufdress. Gleich daneben hängt das ebenfalls seit Monaten nicht mehr genützte Weihrauchfaß, und zwischen Altar-Vorstufen-Konsole und Weichbrunn ohne Weihwasser lehnen wie in eigens dafür gedachten Halterungen die traurigen Walkingstecken (für Deutschland: -stöcke).

Eindeutig: bei der abgelegten Kleidung herrscht blau vor.

Während ich darüber nachdenke, warum mein Zeugs überwiegend blau ist, mahle ich unbedacht mit meinen Zähnen, statt sie zu schonen, wie es vernünftig wäre. Was geht da vor? Ich dachte, ich wäre in Frieden? Noch knirsche ich nicht, aber das wäre die nächste Stufe. Dort landen die, die ihre Talente vergraben haben, selbst wenn es aus Angst war.

So gesehen wird mein Tod nicht freundlich sein, sondern schrecklich.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(7./8.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 ©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 7. September 2020

1976 Die Tafel

 

Es brennt in meiner Brust und in meinem Hals kitzelt es. Ich betrachte meine Zeichnung vom Lehrenden im Kreise seiner Hörenden, weil sie mir ins Auge gefallen ist, seit Monaten zum ersten Mal. Und sie erscheint mir als kleines Meisterwerk – zumindest aus dieser Entfernung und durch die Brille. Die Szenerie wird wirklich lebendig. Klassischer Frontalunterricht, bewundernde Schüler und Innen. Die jahrealte Zeichnung habe ich bis jetzt bloß als pragmatisch-profane Arbeit im Rahmen einer esoterischen Wunscherfüllungstechnik, einer autosuggestiven, autogenen Trainingsanordnung und eines aufs Unbewußte abzielenden Bebilderungsapparates gesehen (hat nix gebracht), nie als Zeichnung als Kunstwerk.

Das gesamte getackerte Arrangement dort an der Kastlwand mit der liebenden Platane, meinem zerlegten Körper, mit dem verkleideten Spruch und die Liste der verbotenen Wörter – die ich aus der Entfernung nicht lesen kann – mit dem Getreidekreis und dem ungetackerten Päivis Bü aus Holz – das alles kommt heute durch diese Zeichnung in moussierende Bewegung. Obwohl am links-linken Rand ist sie das ausgewogene Zentrum. Ja wirklich: sie hat einen ordentlich konservativen Touch und respektable, gesellschaftswirtschaftliche Potenz.

Und die Tafel, vor der der Lehrende steht!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(7.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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1975 Gezackte Kreise

 

In meinem rechten Auge drehen sich gezackte Kreise und gezackte Wellen. Zuerst ganz zentral, dann schiebt es sich an den Rand des Gesichtsfeldes. Ein leichtes Zittern spüre ich in der Körpermitte. Immer noch schreiben einige Zacken auf dem Papierblatt mit. Mein Herz pulsiert in Kopf und Schläfen.

Ein kleiner, harmloser Hustenanfall verscheucht die letzten Zacken. Ich bin in Lauerstellung. Ich lauere auf meine Erlösung. Weniger pathetisch und fragwürdig gesagt: ich warte und schaue, was sich zeigen will. Aber abgesehen von ein wenig Glühen aus reflektiertem Nachttischlampenlicht zeigt sich wenig in der Dunkelheit. Keine Bewegung mehr. Ein profanes, pubertierendes, trauriges? Zimmer, in dem ich mich aber recht gut fühle. Und jung und reich. In dem es mir oft ganz leicht gelingt, glücklich zu sein. So wie in diesem Augenblick – ich brauche nur die Augen herumwandern lassen. Ein unwillkürlicher, tiefer Atemzug bestätigt das.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(7.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

1974 Scanner

 

Der Blick durch mein Brillenglas ist trübe. Nebel ist im Zimmer, trockener Nebel. Und jetzt? Jetzt huste ich einmal und nehme einen Schluck vom Bronchialtee. Meine Augen wandern umher und finden nichts, wo sie verweilen möchten. Ich ziehe die Augen ein wenig aus dem Blick zurück und lasse sie weiter hinten schwimmen. Meine Kinnladenmuskel arbeiten und meine Ohren vollführen wie üblich ihr absurrdes Chorwerk.

In meiner Brust brennt es und mein Hintern hat sich schon etwas platt gesessen. Mein Gemächt hängt teilnahmslos, desinteressiert und vielleicht auch machtlos da unten herum – ich hätte es gar nicht beachtet, wenn ich nicht mit meinem Scanner bewußt hingefühlt hätte, von innen her, durch meinen Hohlkörper. Oder doch von außen, vom Kopf her, fast vom Hals schon im Bogen nach unten?

An der Stirn, in der Mitte, nahe an der Nasenwurzel, beginnt nun ein Ziehen; anscheinend bis in die Nebenhöhlen verwurzelt; oder überlagern sich da zwei separate Geschehen?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(6./7.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 ©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com