Sonntag, 27. September 2020

2001 Abendgebet mit Katze

 

Mein tägliches Abendgebet schaut ungefähr so aus: zuerst lege ich mich im Bett ohne Polster auf den Rücken. Das bemerkt sofort die Katze (wie sie auch am Morgen jedesmal mein Aufwachen bemerkt) und springt herauf und steigt auf mir herum. Es ist dann nicht ganz leicht, mich zu konzentrieren und meine Gedanken beieinander zu halten, aber gleichzeitig ein gutes Training dafür.

Wenn ich dann bereit bin, beginne ich mit der Anrufung: „Absicht! Ich will die Verantwortung übernehmen dafür, dass ich ein sterbliches Wesen bin. Ich will akzeptieren, dass ich sterben werde!“ (dreimal). Dann die Bestärkung: „Kraft und Zuversicht, Unabhängigkeit und Stärke!“ (dreimal). Dann Vergewisserung und Bestätigung: „Das Mysterium des Montagepunkts ist der Dreh- und Angelpunkt der Zauberei“ (dreimal). Und zum Schluß: „Ich bin bereits der Kraft anheimgegeben, die mein Schicksal regiert. Ich klammere mich an nichts, daher ...“ und so weiter (auch dreimal).

Dann lasse ich die vergangene Nacht (egal ob ich allein im Bett geschlafen habe, oder mit meiner lieben Frau) und den Tag - also vom letzten Abendgebet an bis jetzt – Revue passieren mit Fokus auf alles, was mich erfreut hat. Das kann alles mögliche sein: schöne Begegnungen – und wenn es nur ein nettes Geplauder in der U-Bahn war oder ein kleiner Scherz, den ich im Lift anbringen konnte oder ich durfte jemanden den Weg zur U2 zeigen … - oder ein ergreifendes Spiel der Baumschatten an der Wohnzimmerwand, etwas Tolles gelesen, gesehen, gehört (Literatur, Kunst, Musik), Albertinabesuch, auf der Straße einen kleinen Wirbelwind gesehen, der vor mir seine Pirouetten dreht, oder einen beeindruckenden Weiberarsch, Vogelgezwitscher, das ich plötzlich im Autolärm herausgehört habe, eine schöne Vernissage, eine Krähe fliegt laut rufend von links nach rechts oder umgekehrt, unerwarteter Geldsegen, eine üppige Essenseinladung, ein interessantes Farbspiel irgendwo, eine lustige Szene, eine tiefe Erkenntnis, … was auch immer!

Dann bedanke ich mich für alles, was ich habe (meistens nicht ohne ins Sinnieren zu verfallen, was man denn wirklich „haben“ kann - „habe“ ich Weib und Kinder zum Beispiel?). Was „habe“ ich: Essen – genug und von bester Qualität, Kleidung, Zimmer, viele Bücher, viele Schallplatten und CDs, viele Bilder (Kunst), Internet, mein ganzer Reichtum …

Dann bedanke ich mich für alles, was ich weiß: da ist alles gemeint: das echte Wissen aus eigener Erfahrung, das aufgelesene Wissen, egal aus welchem Gebiet - ach, liebe Leute! Ich hätte viel zu erzählen und anzubringen! Mein Wissensschatz ist groß und vor allem sehr interessant, ich wäre ein guter Lehrer, denn ich habe viel auf Lager, was im Mainstream nicht vorkommt! -  bis hin zum dem Wissen, das ich nur für Kreuzworträtsel brauchen kann – auch für das bedanke ich mich.

Dann bedanke ich mich für alles, was ich bin. Da komme ich immer ins Schleudern, denn oft weiß ich nicht, was ich bin. Darum fange ich bei dem an, was ich sicher sagen kann: dass ich Vater zweier Töchter bin. Und egal wie gut ich das Vatersein hinbekommen habe: ich bedanke mich, dass ich diese zwei wunderbaren Wesen mitzeugen und in ihrem Aufwachsen begleiten durfte und immer noch genießen darf. Das ist die einzige Stelle in meinem Abendgebet, wo ich die Himmelskräfte um etwas bitte – völlig egal, ob solche Bitten sinnvoll sind oder nicht – dass sie meine Töchter segnen und fördern mögen (schon im Bewußtsein, dass bei mir Weltkompetez und Weltpotenz nicht allzu groß sind).

Dann: „ich weiß nicht, ob ich ein richtiger Ehemann bin, einer, wie es sich gehört, aber ich bedanke mich, D. an meiner Seite zu haben.“

Dann: „ich weiß nicht, ob ich ein richtiger Schriftsteller bin, aber ich bedanke mich für meine Schreiberei, die mir so viel Spaß bereitet.“

Dann bedanke ich mich dafür, dass ich ein „echter Seher“ bin  - ich würde mich das nicht hinschreiben trauen, wenn mir das nicht jemand von Cleargreen gesagt hätte.

Dann bedanke ich mich, dass ich einen Energiekörper und einen mit ihm verbunden energetischen Zwilling, der sieht, habe und somit (wie alle anderen auch) ein leuchtendes Wesen bin.

Dann bedanke ich mich dafür, dass ich als leuchtendes Wesen vor der Unendlichkeit gestanden bin und vor der ersten Pforte des Träumens, auch wenn ich mir damals dessen nicht bewußt war und dann nicht weiter gewußt habe.

Meistens schließe ich mit einem Amen. Oder auch nicht. Je nach Laune.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(26.9.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©Peter Alois Rumpf   September 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

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