Freitag, 26. Januar 2018

871 Handygedudel

Das Gedudel, das erklingt, wenn man sein Handy einschaltet. Man ist es gewohnt, aber wenn man genau hinhorcht und hinschaut, ist es eigentlich unerträglich und eine Zumutung. Wie so vieles in meinem Leben.

Ich habe mich, meine Gestalt und „meine“ Welt sozusagen von lauter solchen angewöhnten Zumutungen zerfressen lassen. Somit habe ich eine falsche, nichtidentitäre Identität. (Man verzeihe mir dieses Wort – hier geht es um Psychologie, nicht um Politik.) Eine Nicht-Identität als Identitätsersatz (wie die politisch „Identitären“ und viele andere auch). Einfacher gesagt: ich bin mir zutiefst fremd und lebe somit in einer Lebenswelt, die nicht aus dem Austausch einer zentrierten Person mit der Welt entwickelt und entfaltet und gestaltet wurde. Und das sieht man, privat und beruflich, innerlich und äußerlich, an meiner Körperhaltung und an meinen Gesten und Grimassen und an dem Staub in meinem Zimmer.

Schwere Kost gleich nach dem Aufwachen, aber mein Denkapparat gönnt sich? mir? keine Erholung.

Das ist so massiv, daß ich jetzt nicht weiter weiß (mit dem Schreiben. Ansonsten: Aufstehen und Frühstücken). Was kann man denn dazu noch sagen? (Man! Man! Man! Immer dieses „man“!) (Ich könnte natürlich auch hinschreiben: ich! Ich! Ich! Immer dieses „ich“! Wäre genauso zutreffend.)








(26.1.2018)













©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

870 Save Our Souls

Ich komme mir vor wie der letzte Mohikaner. Aber als ein Mohikaner in einer Welt, in der es nie Mohikaner gegeben hat. Ach, was soll's! Ich weiß ja gar nicht, wie sich Mohikaner fühlen, geschweige denn, wie sich der letzte fühlt. Also ist dieser Vergleich eine Anmaßung. Schließlich wurde ich ja nie niedergemetzelt.

Seelisch vielleicht schon. Jedenfalls fühle ich mich fremd. Und ich habe nicht den Eindruck, daß da von meinen Vorfahren etwas Rechtes auf mich gekommen ist. Zumindest sehe ich nichts. Also auch keine Geborgenheit in und aus der Herkunft. Es ist „meine“ Welt nie untergegangen; sie hat nie existiert. Mit den so tradierten Werten und Bildern ist nicht allzuviel anzufangen; mehr noch: ich muß ihnen mißtrauen. (Stichwort Nazizeit und die Jahrhunderte der schwarzen Pädagogik schon vorher.) Ich müßte alles neu erfinden. Nein, ich bin müde. Ich bin so müde. Mir ist zum Weinen vor seelischer Müdigkeit. Und vor Trauer. Ich bin dabei, den Kampf zu verlieren.

Ich weiß, ich könnte mich jetzt zusammenreißen. Aber das habe ich doch schon so oft und es hat zu nichts geführt. Ich appelliere an meine letzten gesunden Funken in mir, an die letzten Reste der heilenden Kräfte in mir und über mir oder wo auch immer: rettet meine Seele! S.O.S. Oder schützt sie wenigstens ein bißchen. Obwohl mir vorkommt, die größte Gefahr droht von innen. Daß sich meine sehnende, vielleicht auch liebende Seele nicht mehr halten will und ausbricht und ihr Gehäuse zerbricht.


(Anmerkung: „save our souls“ wurde erst nachträglich in das Signal S.O.S. hineininterpretiert, wie ich gerade über Wikipedia erfahren habe.)









(25./26.1.2018)














©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com


Donnerstag, 25. Januar 2018

869 Der Tag ist vollbracht II

Jetzt, um Einuhrzwanzig in der Nacht, kann ich endlich den Tag abschließen und seinen erbärmlichen Ertrag zur Kenntnis nehmen.

Und wieder fahre ich meine Erwartungen, Ansprüche, Hoffnungen herunter: der Tag war, wie er war. Ich kann ihn nicht mehr retten oder verbessern. Der Auferstehung und der Himmelfahrt bin ich nicht näher gekommen, aber dem Tod. Um exakt vierundzwanzig Stunden.
Es war kein regelrecht schlechter Tag – tapfer versuche ich mir das einzureden – sondern ein durch und durch durchschnittlicher Durchschnittstag – aber wirklich sinnvoll war er nicht.
Bei meiner Existenz am Abstellgleis, nach einem Leben in permanenter Angst und mit den Talenten vergraben und den Chancen verpasst, kann ich mir nur schwer noch Erfüllung und Sinn vorstellen.
Ora et labora. Wie soll ich mir Hingabe und Liebe vorstellen, wenn der sinnvolle Austausch mit der Welt fehlt? Die verzehrende Trauer über die nicht gelebten Möglichkeiten, über die nicht entfalteten Begabungen wird das ständige Hintergrundrauschen meines Lebensabends sein. Die Demut, die mir abverlangt werden wird, um das zu ertragen, wird fast zu groß sein.
Vielleicht wird es noch ein paar rauschhafte Momente geben, wenn ich wieder auf irgendeine Illusion oder Hoffnung reinfalle, oder wenn ich über ein schönes Musikstück zum Beispiel in Euphorie gerate oder sonst etwas mich mich innerlich kurz aufrichten läßt. Aber das ist trügerisch, denn es fehlt der feste Grund. Ich habe kein Werk zustande gebracht und werde nichts hinterlassen und mein Leben klagt mich an. Nüchtern betrachtet ist das alles substanzlos.

Trotzdem: ich schließe jetzt den Tag ab. Ich akzeptiere sein Resultat und meine Trauer und die kaum bezähmte Verzweiflung.

So ist es eben, wenn man sich seine Integrität hat zerstören lassen. Das kommt dabei heraus.

Ich glaube und hoffe, ich werde dennoch gut schlafen.







(24./25.1.2018)











©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com


868 Der Tag ist vollbracht

Ein tiefer Atemzug. Ich habe mich gerade, eine halbe Stunde nach Mitternacht, ins Bett gelegt. Ein tiefer Atemzug der Erleichterung, denn jetzt ist der Tag vollbracht. Consummatum est. Es ist, wie es ist: was ich geschafft habe, habe ich geschafft, was nicht – nicht. Jetzt gibt es kein „ich sollte ...“, kein „ich müßte noch ...“ mehr. Der Tag ist abgeschlossen und was er wiegt, das wiegt er.

Viel habe ich nicht zustande gebracht, aber jetzt ist es endlich zu spät für Vorsätze, Vorhaben etcetera. Vor zehn Minuten habe ich aufgehört, mich innerlich anzutreiben; oder richtiger gesagt: mich antreiben zu wollen. Meine Seele oder mein Geist oder wer auch immer wehrt sich meistens gegen diese ständigen inneren Aufforderungen und ich bleibe in einem Patt hängen und flüchte zum Beispiel an den Computer.

Aber jetzt ist es vorbei. Jetzt habe ich aufgegeben oder nachgegeben – je nachdem, wie man es sieht – ich will heute nichts mehr. Der Tag ist abgeschlossen. Wie schön! Wiewohl das alles doch mehr nach Aufgeben schmeckt und gerade kleine Mengen an Enttäuschung (Enttäuschung trifft's besser als Frustration) in meiner Seele, in meinem Geist herumzuschwimmen beginnen. Oder ich beginne sie gegen meine Abendidylle zu bemerken. Oder es kommt doch bloß aus meinem Denken („ein verschissener Tag!“), und mein Körper atmet tief durch und ist erleichtert. Mein Körper will sich endlich dem Schlaf hingeben.

Ich werde noch ein wenig warten. Ich werde noch schauen, was es so gibt. Ich werde noch im Dunkeln in die Unendlichkeit hinaus horchen und in mich hinein.








(23./24.1.2018)












©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com


Dienstag, 23. Januar 2018

867 Halbvergessene Erdgeschoßwohnungen

Jetzt ist es wieder da, das altvertraute Zwillingspaar: Angst und Schmerz. Aus einem Traum herausgeglitten ins Zittern hinein und ins schmerzende Kreuz. Was träume ich schon seit Jahrzehnten von halbvergessenen Erdgeschoßwohnungen, die mir gehören? Wegen der Straßennähe und der Tür direkt zur Straße hinaus kommt keine richtige Geborgenheit auf; ich fühle mich nicht sicher. Manchmal sind sie auch souterrain. Meistens sind sie in schlechtem Zustand, verwahrlost, schon lange leerstehend (wo habe ich die ganze Zeit gewohnt?). Diesmal aber nicht. Ich wundere mich, wie ordentlich und sauber hier alles ist. Die Tür schließt gut und scheint erst vor Kurzem neu gestrichen worden zu sein. Ich ahne, das habe ich nicht selbst gemacht oder veranlaßt. Es wohnen ein Haufen Leute darin. Ich weiß dann nie, gehören die hierher oder haben sie mir meine Wohnung weggenommen? Ich stehe in der eigenen Wohnung verlegen herum. Es ist kein Albtraum, aber irgendetwas wesentliches ist ganz falsch. Das spüre ich, aber ich weiß nicht was. Es herrscht kein Krieg, ich werde nicht verfolgt (wie so oft). Ich weiß nur nicht, was mein Recht ist und benehme mich in der eigenen (bist du sicher?) Wohnung wie ein bloß geduldeter Mitbewohner oder fremder Besucher. Dabei versuche ich, einer Frau hier näher zu kommen, eine alte Bekannte von früher. Nicht ganz frei von schlechtem Gewissen. Das alles führt zu nichts.

Ich gleite also in den Wachzustand und erlebe mich zitternd und voller Angst.

„Dich schmerzt nicht dein Kreuz, sondern die Last, die du trägst.“ Das habe ich vor Kurzem gelesen. Ja, das könnte zutreffen. Aber welche Last drückt mich nieder? Was schleppe ich schon ewig mit mir herum? (Sündenlast? Eigene und die der Vorfahren? Schließlich bin ich noch im Schlagschatten von Krieg und Nazizeit gezeugt.) (Sollte ich die ganze Familie tragen, retten und erlösen? Oder heute Deutschl... äh! morgen die ganze Welt? Oder was!?)


Es ist mir gelungen, mich selbst an diesem Vormittag halbwegs gut zu behandeln.







(23.1.2017)













©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 19. Januar 2018

866 Angenehm!

Aus einem verwirrenden Traum in wohlige Wärme aufgewacht. Herrlich! Angenehm! In die Bettdecke und Dunkelheit eingehüllt. Geborgen. Auch beim Aufstehen verschwindet der Wärmepolster nicht ganz. Wie schön, einen Ort zu haben, einen sicheren, trockenen Schlafplatz, während es draußen heftig regnet. Danke! Mein Gedankenapparat ist noch zu verschlafen, als daß  ihm einfällt, wie fragil das alles ist. Es müßten ja gar nicht große Katastrophen wie Krieg oder Bürgerkrieg oder Erdbeben oder ein hochgehendes Atomkraftwerk in der Nähe passieren, um das alles umzuwerfen, auch so eine alltäglich Geschichte wie Scheidung würde genügen und ich wäre obdachlos.

Ich soll den Subtext lesen, die Botschaft zwischen den Zeilen herausfinden. Was sind die verborgenen Sätze meines Lebens? Das können auch Glaubenssätze sein.

Ach, und den Dienstplan für März muß ich noch ausfüllen. Wie kann ich wissen, was im März los sein wird? Bis dahin kann ein äußerer oder innerer Umsturz stattgefunden haben. Auch der Tod ist ständig auf Jagd. Sei's drum!








(19.1.2018)










©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

865 Zeit fürs Abendgebet

Durch das offene Fenster strömt die kalte, feuchte Luft, während draußen der Regen pritschelt. Die Fensterflügel bewegen sich im Luftzug. Zeit fürs Abendgebet. Meinen täglichen Text gibt uns heute. Das ist weniger zynisch, als es klingt. Ich jedenfalls kann den täglichen Text gut brauchen. Er ernährt mich. Nicht mit Geld. Meine Seele braucht ihn. Ich kann mir einreden, nicht ganz nutzlos hier herunten zu sein. Die Schreiberei gibt meinem Leben ein bißchen eine Richtung. Oder die Illusion einer Richtung. Zumindest das. Könnt' schon sein, daß es eher mein Ego ist, das ihn, meinen kleinen Text, braucht.

Jetzt hat der Regen aufgehört. Geflüster aus dem Lichtschacht. Ich verschreibe mich ständig. Statt „ihn“ schreibe ich „ich“. Wie verräterisch! (Aber möglicherweise ist gar nichts falsch an dieser Ich-zentration: schließlich kenne ich mich noch gar nicht. Nach einem Leben in permanenter Trance.) Und bevor mir „Lichtschacht“ gelungen ist, habe ich „Lichtschaft“ und dann „Lichtsacht“ hingeschrieben. Mit der Hand. Keine Tippfehler. (Die kommen noch erschwerend hinzu - wenn ich Döbereiner zitieren darf.) Mein Hirn oder was auch immer zieht mich in eine andere Richtung; es will meine üblichen Gedanken, Worte und Werke nicht mehr.

Oder ist es der in mich hineinprogrammierte Selbstboykott, der mir ständig das Wasser abgräbt und alle Versuche, mein Leben in Ordnung zu bringen, torpediert? Hat der vor meiner Schreiberei Angst? Das wäre ein gutes Zeichen.

Jetzt regnet es wieder sachte.

Oder ist es die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, die mich von meiner Verlogenheit weg hin zu lauteren Gedanken, Worten und Werken leiten will? Wird deswegen der „Lichtschacht“ boykottiert? Warum? „Lichtschaft“! „Eure Lichtschaft!“ - könnte die ehrwürdigende Anrede für ein erleuchtetes Lichtwesen sein. (Zuerst: „erb-“, dann „erh-“ und dann erst „ehrwürdig“. Das dann korrigiert auf „ehrwürdigend“.) Und „Lichtsacht“? Das Licht ist sacht, oder man solle sich ihm sacht nähern? Und was wäre „erbwürdig“? Also ich habe kein Erbe mehr zu erwarten und selber nichts, gar nichts zu vererben. Außer Bücher, Platten, CDs. Und „erbwürdigend“? Hm? Irgendwelche Ideen dazu? Nein? Jetzt schwindelst du. Und „erh-“? Was soll das? Auf welche Spur will mich die Wahrheit und nichts als die Wahrheit mit „erh-“ locken? Erh-öhen? Erh-olen? Erh-eischen? Erh-aben? Erh- …

Ich geh jetzt schlafen.






(18./19.1.2018)









©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 16. Januar 2018

864 Bitte nicht!

„Was soll das Pfand in meiner Hand, was soll damit geschehen?“ Agieren so die da oben, die schicksalbestimmenden Götter und Kräfte? Oder schnapsen sie es sich aus, was wem wo und wann da unten passiert? Oder geht es in einer strengen Logik und Folgerichtigkeit über die Generationen hin? So: aus der einen Handlung folgt dieses Ergebnis, führt zu jener Schicksalsreaktion? Oder ist es blinder Zufall? Oder ganz etwas anderes, von dem wir mit unserem beschränkten Bewußtsein gar keine Vorstellung haben können?

Diese Frage läßt mich momentan kalt. Ich will irgendeinen Text schreiben. Weil es inzwischen zu meinem Aufwachritual gehört. Ein bißchen unverschämt ist es schon, was ich da mache: schreiben, ohne etwas zu sagen zu haben. Schreiben nur, um irgendwelche innerpsychischen Abläufe in Gang zu bringen und dann in Gang zu halten.

Jetzt melden sich markante Ereignisse der Außenwelt bei meinem Bewußtsein; sie können nicht überhört und übergangen werden. Die Katze schimpft mit mir oder will mich eindringlich zu etwas überreden – ich vermute, ich soll schleunigst mitkommen, hinunter zum Futterplatz. Ich bleibe wo ich bin und die Katze schleicht wieder davon. Endlich läßt sie mich in Ruhe.

Aber mein Geist, womit beschäftigt er sich jetzt? Fällt ihm etwas Spannendes auf oder ein? Schaut nicht so aus. Kurz liegt vor meinem inneren Auge das Thema „Neue Regierung“ ausgebreitet, optisch wie ein ziemlich großer Fladen aus … aus … was weiß ich … zack! schon ist er wieder weg.

Leicht erotisch unterlegte Traumreste tauchen auf, aber keine Sorge, alles viel zu chaotisch und in meinen Träumen wird nie was d'raus. Denen geht es um etwas ganz anderes.

Jetzt kommt Frau Katz wieder und will gestreichelt werden, schreit mich an im Jammerton, wenn ich nicht mittue und starrt mich mit empörten Scheinwerfern an.

Lassen wir das und wenden uns bewußt und mit Absicht der Frage zu: wer oder was bin ich?

Oh nein! Bitte nicht! Dafür ist es viel zu spät, was das Alter und viel zu früh, was die Uhrzeit betrifft!






(16.1.2018)










©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

863 Seelenstaub

Sechzehnter Erster Zweitausendachtzehn, ein Uhr nachts. Aufgeregt. Irgendsoein Kopffilm.
Aber vorher habe ich schöne Musik gehört. Ich höre öfters wieder schöne Musik.

Allmählich legt sich der aufgewirbelte Seelenstaub und ich werde langsam ruhig. Meine tiefen Atemzüge - so nach alle zehn flachen - helfen mir dabei. Tagesreste aus der Arbeit, ein paar übriggebliebene Schnipsel vom Kopfkino gleiten noch schnell durch meinen Geist, tauchen kurz auf und verschwinden gleich wieder, kommen woanders nach oben, aber der Bewußtseinsbach fließt zu schnell; bis ich sie bemerkt und identifiziert habe, sind sie schon wieder weg und etwas anders kommt angeschwommen. Manchmal glitzert an einer unbeachteten Stelle auch ein Anklang von erhabeneren Gedanken und Gefühlen auf – so in dem Sinn: „wir gehen auf schwere Zeiten zu, aber ich bin bereit, mich denen zu stellen!“ (das kommt noch vom – wörtlich – aufregenden Kopffilm am Anfang). Ein ruhiger, konzentrierter, starker Bassverlauf, den ich mir innerlich anhöre und ein bißchen für meine Bedürfnisse zurechtgemacht habe (Bassverlauf ist ja auch nicht das richtige Wort), aus einem der Musikstücke von vorhin (von der CD Brot und Sterne) senkt wieder etwas die innere Aufregung. Ja langsam und stetig beruhigen sich mein Geist und mein Herz.

„Mein armes Herz!“ denke ich darauf hin, und „mein armes, armes … ja was? gequältes? verquältes? verkanntes? verkrampftes? verkommenes? … Herz!“ Ach, egal! „Mein armes Herz, schön, daß du dich jetzt wieder beruhigen kannst!“ Fast kommen mir die Tränen vor Mitleid. (Was ist denn jetzt wieder los!)

Wieder ein tiefer, befreiender, herzöffnender Atemzug. Ja, und wieder drückte es ganz leicht hinter den Augen. Ich vermeine ein Lächeln in meinem Inneren herumhuschen zu spüren und möglicherweise könnte man es jetzt sogar in meinen Augen sehen.

Ich schließe meine feuchten Augen (jetzt übertreibt er wieder!) und … und habe den Faden verloren.

Ich lege mein verrücktes Haupt auf den herangezogenen Kopfpolster, aber im Dunkeln kann ich die aufgenähten Tiere (Mexiko) nicht sehen und nicht, ob ich verkehrt darauf liege. (Verkehrt!)






(16.1.2018)












©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 15. Januar 2018

862 Bekenntnisse

Ein schöner Tag ist zu Ende gegangen; reich an Musik, Spiel, Unterhaltung. Ein richtiger Sonntag – so sage ich. Es gibt Leute, die würden vielleicht sagen: der Gottesdienst hat gefehlt.

Tatsächlich bin ich heute beim Christbaumentsorgen an einer Kirche vorbeigekommen, in der gerade ein Gottesdienst (oder wie soll ich es sonst nennen?) stattgefunden hat. Ich habe das Vaterunser singen hören. Da hat es mir einen leichten Stich gegeben, warum ich nicht dabei bin. Wie ich mich auch jedesmal eingeladen fühle, wenn ich Kirchenglocken höre, mehr noch, in meiner Seele erhebt sich etwas wie im Aufwind – ich habe nichts gegen Kirchengeläut – ich verbinde damit optimistische, positive Gefühle.

Dieser Stich vor der Kirche war also mit leichtem Schmerz verbunden, weil ich nicht mehr zur Messe gehe. Ich gehe nicht mehr in die Messe; ich gehöre nicht hin. Ich gehöre nicht dazu.

Außerdem ist mein - durchaus fragwürdiges - Bedürfnis nach Erlösung so groß, daß ich, jedesmal wenn ich in einer Messe sitze, mindestens beim „Herr, erbarme dich unser!“ und beim „Oh Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund!“ den Kopf senken muß, damit man nicht sieht, wie mir die Tränen in die Augen steigen. Oder wenn zum Beispiel ein schönes Kirchenlied mit schönem Text gesungen wird – was eher selten der Fall ist – dann ist es schon vorgekommen, daß mir die Stimme bricht und ich nicht weitersingen konnte. Oder das „Erhebet die Herzen!“ - wir geht mir diese Ermutigung ab!

Ja und eben „... ein Wort, so wird meine Seele gesund“: ein Wort und: gesund! Eine gesunde Seele! - wie ich mich danach sehne! Die Wunden sind verheilt („Seht wie die Wunden prangen!“ - so ein schönes Osterlied!) und die schmerzhaften Erfahrungen von Scheitern und von Verletzungen – die empfangenen und die zugefügten – können transformiert werden in etwas wie Einsicht und Kompetenz. Und eigentlich in etwas viel Größeres noch.

Und überhaupt gehen mir der dramaturgische Ablauf der katholischen Messe und die meisten Gebete sehr nahe. Auch die Stille und das Innehalten bei der Wandlung, fast ein magischer Moment, fast steht die Zeit still. (Wird dabei wirklich Tonal in Nagual (zurück)verwandelt?) (Oder besteht zumindest die reale Chance, daß das geschehen kann?) Ich weiß es nicht; ich bin kein Seher. Aber daß diese Verwandlung zumindest als Thema vorkommt – das ist schon was.

Ich kann nicht mehr zurück, ich habe es ja ein halbes Leben lang versucht. Oder sagen wir: mehr als ein drittel Leben lang. Jedenfalls vergeblich. Ich hätte es auch gar nicht mehr versucht, wenn mir nicht der Döbereiner - ja ich weiß, immer dieser Döbereiner; das geht schon auf die Nerven! – wenn mir dieser Döbereiner das nicht nahegelegt hätte.

Eine Zeit lang habe ich bei diesem Versuch zurückzufinden täglich eine Messe besucht. Kein schlechtes Gefühl, den Tag damit zu beginnen; es war mir oft so, als würde ich der Welt des Common Sense und seinen Ansprüchen damit die lange Nase zeigen. Und ich habe heute noch den Eindruck, daß dort mehr meiner Herzensanliegen verhandelt und behandelt werden, als bei den meisten Partygesprächen. Oder als ich regelmäßig das Stundengebet gebetet habe. Ich will jetzt nicht behaupten, daß die Andacht dabei immer groß war, im Gegenteil, die innere Ablenkung war meistens sehr stark, aber dennoch: es war ein guter Start in den Tag und ein friedlicher Tagesabschluß.

Ich kann mich noch genau erinnern: als ich in den späten Siebzigerjahren aus der Kirche ausgetreten bin, hat es mir einen ordentlichen Stich ins Herz gegeben. Mich hat das damals sehr verwundert, denn mit der Kirche hatte ich schon länger nichts mehr am Hut und war ihr zeitgeistgemäß feindlich gesonnen (gute Gründe dafür findet man en masse). Aber der Stich war eindeutig. Und ich habe mir dann gedacht: Okay! Gut! Jetzt stehe ich mit meinem Leben und meinen Handlungen allein da. Für meine Taten bin ich jetzt allein verantwortlich, aber nur für meine. Ich schleppe jetzt nichts mehr von dieser Tradition mit, muß nichts mehr davon rechtfertigen. Ich muß die Verantwortung für meine Handlungen und deren Folgen alleine tragen. Nicht mehr in kollektiven Ritualen geschützt, aber frei. Auf eigene Faust unterwegs. Ich bin dazu bereit.

Ich habe das damals als Befreiung empfunden. Als eine schmerzhafte zwar, aber eine Befreiung. Mit der Bereitschaft, mich in Eigenverantwortung dem Leben zu stellen.
Keine schlechte Einstellung, würde ich sagen. Wie schon erwähnt: ich hatte mich nur sehr gewundert, wie dieser Schritt, nach so langer Zeit als sogenannter Atheist im antiklerikalen Milieu, in mir noch soetwas wie Schmerz auslösen kann. (Das Intellektuelle bewegt sich halt immer nur im Oberflächlichen und hat von den tiefen Schichten der Seele wenig Ahnung.)

Keine schlechte Einstellung, wenn ich auch heute bekennen muß, damit gescheitert zu sein. Ich habe meinen Weg nicht gefunden und stehe mit leeren Händen da.

Mein drittel Leben langes Bemühen, zur Kirche zurückzufinden, kommt mir jetzt als vergebliche Liebesmühe und bloßes Engerieverschwenden vor. Ich habe den falschen Baum angebellt. Dafür habe ich die besten Jahre meines Lebens geopfert. Nein, ich gehe nicht mehr in die Kirche. Ich gehöre nicht dazu. Auch das Hängenbleiben im Niemandsland, sozusagen zwischen den Fronten, würde ich nicht mehr aushalten. Hinfinden kann ich nicht mehr - meine Entscheidung damals in den Siebzigern (an meine Gefühle damals kann ich mich genau erinnern, an das exakte Datum oder wenigstens das Jahr nicht mehr) war eine echte Lebensentscheidung – Hinfinden kann ich also nicht mehr, darum lasse ich es bleiben. Trotz aller Wehmut.










(14./15.1.2018)













©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 12. Januar 2018

861 Mein kleines morgendliches Fegefeuer

Ich wache aus einem unangenehm gewordenen Traum in wohlige Wärme auf. Mein Körper glüht geradezu unter der Decke; ich fühle mich in einer glühenden Kugel eingehüllt und geborgen. Die Angstgefühle aus der nächtlichen Schattenwelt können diesem vibrierenden Glühen nichts anhaben.

Ich schäle mich vorsichtig aus dem Bett – mich ganz brav in Seitenlage hochstemmend – aber eine Bewegung muß falsch gewesen sein, denn wieder fährt der Schmerz ins Kreuz und bleibt dort im ortsüblichen Schmerzkonglomerat hängen. Ich kann – am Bettrand sitzend – kaum aufstehen, nur mit zusammengebissenen Zähnen und indem ich meine Hände auf meine Oberschenkel drücke und damit die Bewegung abstütze, kann ich mich aufrichten. Mein kleines morgendliches Fegefeuer.

Mein kleines morgendliches Fegefeuer wegen meiner Sünden. Die Hauptsünde dürfte meine Unterwerfung gewesen sein. Ich bin nicht aufrecht für meine Träume, meine Integrität und meinen inneren, angeborenen Lebenssinn eingestanden. Ich habe mich von der Umgebung verwirren und irritieren lassen und mir falsche Landkarten aufdrängen. Und mich so den Ansprüchen anderer unterworfen. Das war's dann.

Jetzt bin ich wieder in einer Hock-Liege-Position, wo der Schmerz im Kreuz nicht brennt, sondern bloß dumpf anwesend ist. So warte ich, bis … bis … bis was eigentlich? Es könnte durchaus sein, daß ich dabei wieder einschlafe. In die wohltuende Wärme hinein.

Schockartige Wellen ohne erkennbaren Inhalt beginnen durch meinen Körper zu wandern und bringen meine innere Masse – woraus die auch immer bestehen mag – ins Vibrieren.









(12.1.2018)












©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

860 Ich bin ruhig

Ich bin ruhig. Gerade vorhin noch ist eine zuckende Aggression durch mich hindurch gerast und hat mich aufgeschreckt, aber jetzt bin ich ruhig. Im Oberkiefer spüre ich ein Ziehen. In der linken Ferse sticht ständig etwas. Mein Hintern ist vom vielen Sitzen schon etwas mitgenommen. Ich horche in mich hinein und schaue darauf, ganz ruhig zu werden. Was melden die verschiedenen Stellen und Zellen? Mein Atem geht ruhig und flach. Nur ab und zu, so wie jetzt, wenn ich auf ihn achte, setzt sich ganz von selbst ein tiefer Atemzug durch, der schon den Charakter eines Seufzers annimmt. Ich spüre, daß da einiges los ist, aber kann das ganze Chaos noch nicht erfassen. Wieder dehnt ein Seufzer meinen Brustkorb so weit es nur geht und drückt endlich auch das Zwerchfell nach unten. Hände und Finger fühle ich fast am deutlichsten, nur die an Bett und Pölster aufliegenden Körperflächen sind präsenter.

Jetzt stelle ich eine starke, einschnürende Spannung über dem Brustkorb fest, gegen die wieder ein tiefer Atemzug andrückt („Heinrich, der Wagen bricht …“). Das Kreuz ist immer eine schmerzmarkierte Stelle, aber im Moment in dieser Haltung friedlich. Dort, wo ich meine Aufmerksamkeit hinlenke, spüre ich fast immer etwas, sei es ein Kribbeln, ein Zucken, leichte Stiche. Den Kopf habe ich kurz ein wenig vorgebeugt und sofort ist ein kleines Warnsignal vom Kopf über das Rückgrat ins Kreuz geschossen. Jetzt höre ich nicht bloß das übliche, kaum mehr erwähnte Surren – stets präsent, wenn ich die Aufmerksamkeit hinwende – sondern auch einen Druck, besonders im linken Ohr. Fast so, als würde sich die Luft dort drinnen verfestigen.

Das Ziehen im Oberkiefer ist immer noch da; ein Gefühl, als würde permanent irgendetwas aus dieser Region abgesaugt werden. Ein leichtes Vibrieren kommt den Rücken herauf und wird besonders an Hinterkopf und Schädeldecke deutlich. Jetzt erst nehme ich die durch die Nase ein- und ausströmende Luft wahr. Meine Ohren scheinen sich zu öffnen und sich in Hörbereitschaft regelrecht auszudehnen. Das Surren gewinnt im rechten Ohr einigermaßen an Schärfe und um meine Augen breitet sich Müdigkeit aus. Irgendetwas Körperloses arbeitet wie massierend an meinem Nacken herum mit Ausstrahlungen tiefer hinunter. Ein bißchen könnte es sein, daß ich mein Energiefeld ahne. Vielleicht. Die Augen fallen mir immer öfter zu. Der Wecker – ich merke es erst jetzt – stößt ziemlich heftige Wellenschläge gegen meine Masse. Geräusche im Lichtschacht draußen lassen ganz kleine, aber heftige Angstwellen/Angstkugeln in meinem Bauch hin und her, einmal nach links und dann nach rechts laufen/rollen ( - diese Entscheidung verschiebe ich auf morgen). Kurz bin ich aus meinem Versinken herausgerissen und nach oben in die Wachheit geschleudert.

Die Augen bleiben nun schon länger geschlossen und mein Kopf fällt immer wieder nach links.

Ja, es ist Zeit. Die Muskeln meiner Arschbacken fangen an wehzutun und meine angezogenen Beine befällt eine Starre. Im Hirn bildet sich der verschwommene Gedanke: ausstrecken!
Ich lege mich flach auf den Rücken und die veränderte Haltung lockert meine verspannten Muskel und das ohne Polster hingebettete Haupt läßt meine verkrümmte Wirbelsäule ein wenig strecken und den Brustkorb dehnen und öffnen. Ja, es ist wirklich Zeit zu schlafen.

Als ich mich nach dem Notieren wieder flachlege, mache ich eine ungeschickte Bewegung und plötzlich fährt wie der Blitz der Schmerz ins Kreuz und bildet dort einen brennenden Knoten, der sich nur langsam auflöst.








(11./12.1.2018)












©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 11. Januar 2018

859 Mein inneres Zittern

Aus einer unheimlichen und verwirrenden in eine finstere und kalte Welt aufgewacht. Mein inneres Zittern korrespondiert auf gegensätzliche Weise mit dem eigentlich Gemüt-lichkeit erzeugen wollenden Schnurren der soeben hereingekommenen Katze, dem ich aber auch kalt und abwehrend, ja, mißtrauisch begegne. Das Zittern kulminiert in der Körpermitte. Verlorenheit in einer abweisenden, fremden Welt ist mein Zentralgefühl. Eine Welt, auf die ich mich zu sehr eingelassen habe, als daß ich sie distanziert durchreisen könnte. Angelockt und im Stich gelassen. Und mit der falschen Landkarte in der Hand.

Die Katze bringt mich dazu, sie kurz und halbherzig zu streicheln. Meine Fremdheit löst sich noch lange nicht auf.

Das Weckerticken klingt beinah wie Sprechen, als würde jemand eindringlich und besorgt auf mich einreden. Aber verstehen tue ich nichts.

Es ist nicht meine Welt, in die ich aufgewacht bin, wie auch die Traumwelt nicht die meine war. Wenn es keine Erlösung gibt, dann ist wirklich alles egal. Das Beste, was noch drinnen ist, ist dann müde, lächelnde Resignation.

Ich trete von allen Ämtern zurück, von allen Aufträgen, deretwegen ich möglicherweise in diese Welt geschickt worden bin, von allen Erwartungen und Hoffnungen, die irgendjemand – diesseitig oder jenseitig – auf mich gesetzt haben könnte – von all dem trete ich zurück. Tut mit leid, ich habe mich bei diesem Waldlauf komplett verirrt. Und – wie gesagt – die falsche Karte ausgehändigt bekommen. Und keiner spricht mit mir. Und die, die reden, erklären nichts oder reden in einer fremden Sprache. Nein, ich trete von allen Ämtern und Aufträgen zurück. Und außerdem – was soll dieser komische Waldlauf? Das ist nicht mein Spiel! Wer hat mich da angemeldet? Ich habe dieses Spiel nicht erfunden und bin auch nicht gefragt worden, ob ich mitspielen will. Von fremden Mächten angemeldet und ohne Vorbereitung losgeschickt. Ich finde mich darin nicht zu recht – wie schon gesagt – die Karte ist falsch – das ist nicht die für mein Leben.


Die anderen scheinen sich auszukennen.







(11.1.2017)










©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 10. Januar 2018

858 Rumpfs verstümmelte Textlein

Herzklopfen. Eine gewisse Aufregung. Noch aus dem Alptraum heraus. Unmöglichkeit, schon zu denken, zu handeln und Schwerfälligkeit beim Gehen. Aber auch die allmählich und in winzigen Portionen heransickernde Realität ist von einem unguten Gefühl der Unsicherheit begleitet. Das Dasein – zu schwierig?

Eine ganze Seite Text steht plötzlich vor meinem inneren, dösenden Auge, aber lesen kann ich ihn nicht. Gleich reißt mich nämlich die bereits erstarkte, eifersüchtige Realität wieder weg vom Bild. Ja, ja, „ich bin ein eifernder Gott“.

Wir saßen dermaßen betropetzt da, daß … Moment! Wer ist „wir“? Ich kenne mich nur selber und den schlecht. Also, wer sind „wir“?
Ein mickriges Begrüßungsorchester. Für wen oder was?

Wie auf einen Zettel gebannt sitzen sie vor mir. Bin ich dabei? Eine typische Frage der eifersüchtigen Realität. Schon ist mir wieder alles entglitten, sowohl die Bilder als auch die Gedanken. Drunten, im unteren Geschoß, sind die lachenden Profis am Werk. Ich bin bloß ein Amateur. Ein Realitätsamateur ohne Liebe.

„Erweckungsschale“ - was soll das? Soll ich das Zeug gleich wieder zurückschleudern, daß es zerdeppert? „Depp du, depperter Depp du“ (Haindling). Ein fragwürdiges Lied, das mir dazu einfällt.

Meine (?) Hände ragen über das Kreuz hinaus. Der Querbalken des Kreuzes zu kurz? Die Arme zu großspurig ausgebreitet?

Dantes Comedia (ich lese gerade Lewitscharoff's großartige Pfingstkomödie) – Rumpfs verstümmelte Textlein. (Angeber!)








(10.1.2018)












©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

857 Tapferes Atmen

Kommt heran, ihr versunkenen Wahrheiten! Kommt herauf, kommt hervor aus euren Verstecken! Ich bin bereit!

Au weh. Ich bekomme Angst vor meiner Courage und rudere schon wieder etwas zurück. Innerlich laufen etliche Horrorszenarien ab. (Ich muß über dieses Vorbreschen und absehbare Zurückzucken lächeln; - so leicht bin ich auszurechnen.)

Ich atme tief durch und sage innen wieder: ja.

Ich habe wirklich einen ganz tiefen Atemzug gemacht.

Ich bin neugierig, was kommt.







(9./10.1.2018)









©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

856 Schlechter Plan!

Schlechter Plan! Ich kann mich nicht entscheiden, ob das Walken in feuchter Kälte meinem Kreuz gut tut oder schlecht. Beides ist möglich. (Das wird kein g'scheiter Text.)

Döbereiner fällt mir ein, immer wieder dieser Döbereiner. Mein Trauma in der Lebensmitte. Den ich nicht und nicht loswerde. Die Folgen sind sowieso schon längst zu meinem Leben geworden, unwiderruflich. Sein Haß hat meinem Selbsthaß für Jahrhunderte Nahrung gegeben. Ich denke an meine Kinder und Kindeskinder: das ist kein angenehmes Erbe.

Und wenn er mir jetzt Selbstmitleid vorwürfe: genau das ist sein eigenes Problem.








(9.1.2018)








©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

855 Kleine Stichelei am Rande

Na, du vom Laufen frisch durchblutetes Gehirn, laß deine Ideen, Gedanken sprühen! Ich bin bereit; ich schreib' sie auf!

Ich gebe es zu: Laufen darf ich aus christlichen Gründen gar nicht mehr; des Kreuzes wegen.
Jaaaa, natürlich, wegen meinem Kreuz, nicht dem christlichen. Kleine Stichelei am Rande.

Walken darf ich noch, aber das war ich jetzt auch nicht. Mein Gehirn ist gar nicht frisch durchblutet.  Es ist ja schon nach Mitternacht.

Vielleicht morgen früh. (Nein. (10.1.2018))







(8./9.1.2018)








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Freitag, 5. Januar 2018

854 Spiegelpunkt

Traue ich mich wirklich noch zu schreiben? Den Griffel hernehmen, das Notizbuch, die Brille, die Beine herziehen als Stütze für Rumpf, Arsch und Buch?
Ja, ich traue mich. Weil es schon egal ist. Schon ist es egal!

Ich betrachte meine Steine. Aus zu großer Entfernung, um irgendetwas, zum Beispiel die Maserung, genau zu sehen. Verschwommene Klumpen, auf dem Weg vom Ding-an-sich bis hierher in die verstaubte Bude ein wenig ins Trudeln, Strudeln geraten.
(Auch das ist ihr Leib.)

Warum sollte ich eigentlich meinen Verfall aufhalten? Oder ist es eh wurscht?

Moment, Frau S.L., da könnte ich Ihnen Auskunft geben: den Spiegelpunkt gibt es in der Münchner Rhythmenlehre, indem ein Punkt im Horoskop über die Widder-Waage-Achse gespiegelt wird. An welchem Tag sind Sie geboren? Sechzehnter April; Moment. Ich skizziere mir das auf. Da muß ich nicht so viel herumrechnen. Wann beginnt der Frühling 1954? Einundzwanzigster März 4:53 MEZ. Gut, einundzwanzig bis einunddreißig sind zehn, plus sechzehn vom April: sechsundzwanzig. Einundzwanzig (März) minus sechsundzwanzig (Tage) ergibt minus fünf. Achtundzwanzig minus fünf: also kommen wir ungefähr beim dreiundzwanzigsten Februar heraus; wenn wir mitbedenken, daß der einundzwanzigste März (4:53!) kein ganzer Tag ist und ich nicht weiß, zu welcher Uhrzeit sie geboren wurden, könnte es auch der vierundzwanzigste Februar sein. Also Spiegelpunkt cirka vier oder fünf Grad Fische. Paßt! Das bin ich!

Damit ist die Sache erledigt.









(4./5.1.2018)











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Donnerstag, 4. Januar 2018

853 Hurra!

Hurra! Die Angst ist wieder da! Nach gut zwei Wochen Urlaub wache ich heute auf und der trockene, lautlose, ewige Schrei der Lebens- und Existenzangst würgt meine Kehle. Ich halte das nicht mehr aus, sagt mir die Panik ein. Mein braver Verstand versucht kopfschüttelnd diesen altvertrauten Vorgang einzuordnen und auf seine jetzige wahre Größe zurechtzustutzen. Aber ich will nicht mehr vernünftig und brav sein; meine Seele gellt stumm und mit aufgerissenen Augen in Panik ihre erstickten Schreie in die innere Leere und Substanzlosigkeit. Nein, so ist das kein Leben. Das ist kein Leben. Ich beiße die Zähne zusammen, während in meiner Leibeshöhle die Angst tobt. Nach außen tue ich ganz ruhig, so wie ich es gelernt habe; nur ja niemanden mit meiner Angst überfordern. Diese beschissene Rücksicht, die mir mein Leben raubt. Dieser beschissene Größenwahn, der sich einbildet, die Welt geht unter, wenn ich bin der ich bin.


In den Mutterschutz kriechen. (Den gibt es gar nicht. Denken Sie an Kali. Oder ist dieser Verweis nicht angebracht?) Reumütig? Wer kennt sich wirklich, wirklich aus mit Dimensionen und Tiefen der Existenz? Probieren wir es mit baden.

Ach, schon die erste Hürde nicht genommen!








(4.1.2018)









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