Freitag, 5. Mai 2017

689 Ich habe keine Fragen

Benommen und sprachlos blicke ich mich um. Nein, nein! Nichts Schlimmes! Ich bin nur immer noch von Schlaf und Traum belegt/besetzt/bestanden. Die Traumgeschichte ist gleich beim Aufrichten im Bett in Verlust geraten, nur die Gefühle waren noch da.
Mein Körper ist steif wie eine eingerostete Gliederpuppe und nur langsam bin ich beim mühsamen Stiegen-hinunter-Steigen – ich mußte mich am Geländer anhalten und konnte nur Schrittchen für Schrittchen – also: linker Fuß eine Stufe tiefer gestellt, rechter Fuß auf dieselbe Stufe nachgezogen – hinuntertrippeln. Nur ganz langsam bin ich beweglicher geworden. Dabei übe ich fast täglich! Nur den „El Hombre que Corre – Forma para Recapitular“ (YouTube!) habe ich schon länger nicht mehr gemacht.

Jetzt wende ich meine noch unausgewogene Aufmerksamkeit meiner Umgebung zu, meinem Zimmer, dem Raum, in dem ich mich befinde. Das „Raumgefühl“ ist sehr stark, sodaß ich mich wie an der Wand einer Weltraumkapsel hockend durch das Weltall reisend finde. Schwerkraft hin oder her. Ich frage mich auch gar nicht, worauf ich zu rase. Ich habe kein Fragen.









(5.5.2017)















 ©Peter Alois Rumpf    Mai 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

688 Wieder ist es still

Wieder ist sie still, die Nacht. Wieder geht es auf eins zu, wieder bin ich schon sehr müde, zu müde zum Schreiben. Aber kurz will ich noch hinaushorchen, oder hineinhorchen, wie man's nimmt; es ist derselbe Vorgang.
Genaugenommen horche ich nicht nur; ich fühle. Irgendein unbekanntes fühlendes Organ tastet die Wände ab und meine Innenräume. Wieder kommt eine Stimmung von Frieden auf und die Ahnung von etwas ganz Großem, Starkem, Erhabenem, nicht bedrohlich, aber ehrfurchtgebietend.

Dann wird die Müdigkeit stärker und ich verliere die wachsame Konzentration, die auf die Geheimnisse dahinter gelauert hat und lege Notizbuch und Griffel weg, auch die Brille und lösche das Licht. Im Dunkeln werde ich noch ein wenig horchen. Hinaushorchen in die Nacht oder Hineinhorchen in meinen Seelengrund – das macht keinen Unterschied: das Geheimnis ist überall.









(4./5.5.2017)












 ©Peter Alois Rumpf    Mai 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 4. Mai 2017

687 Mein Separatismus

Die Katze will meinen Separatismus bekämpfen und versucht, mich wie jeden Morgen hinunter zu locken. Ich bin noch nicht ausgeschlafen und weigere mich.
Irgendwo dazwischen wird mein Ich aufgerieben, wobei die Müdigkeit ein wichtiger Faktor ist. Macht nichts. Gut so. Solange ich im Bett bin, ist alles okay.

Eigentlich bin ich ein starker Legastheniker, im Alter kommt das erst richtig zum Vorschein. Vorher habe ich das – mit der Angst im Nacken – energieaufwendigst bekämpft. Zusammenreißen als größter Energieverbraucher und Verschwender. Genauso unrentabel wie ein Kernkraftwerk, wenn man die wirklichen Kosten ehrlich mit einrechnet. Und genauso gefährlich. Ein Supergau ist jederzeit möglich. Die Energieausbeute ist in Wirklichkeit gering und die Verstrahlung hoch. Für Jahrtausende und viele Generationen.

Genug von Psychologie. Wiewohl ich gestehen muß, daß ich sehr wenig weiß. Am wenigsten von den Meinen. (Das war nicht immer so. Oder doch? Vielleicht doch.) (Wahrscheinlich doch!)
Mein Separatismus ist eigentlich der Versuch der Selbstreparatur. Die Rekapitulation wäre angesagt. Mehr ist dazu nicht zu sagen.


Im Traum habe ich meinen zur Hälfte abgeschnittenen linken Daumen von einem magischen Wesen – einer Frau; einer Fee vielleicht – wieder ganz bekommen. Ich habe mir Sorgen gemacht, daß ich mit den Behörden Schwierigkeiten bekommen werde, weil das als persönliches Merkmal im Reisepass eingetragen ist – und wie soll ich denen weismachen, daß der Daumen plötzlich wieder ganz ist? Aber die Dame hat erklärt, daß niemand den ganzen Daumen sieht, ich ihn aber uneingeschränkt zur Verfügung habe. Ich greife also zum Beispiel nach einem Glas mit einer völlig normalen Hand, aber die anderen sehen nur einen halben Daumen. Wegen der Ungereimtheiten daraus, die einem aufmerksamen Beobachter auffallen würden, brauche ich mir keine Sorgen zu machen, weil niemand so genau hinschaut und jeder seine Wahrnehmung verbiegen wird, denn ein solcher zur Hälfte unsichtbar vorhandener Daumen ist in unserer Weltbeschreibung nicht vorgesehen. Wer's trotzdem merkt ist Zauberer und der kann mit solchen Tatsachen umgehen.
So hat mich die Dame beruhigt. Dann hat sie angedeutet, daß meine linke Hand mit dem energetisch und wirkmächtig vorhandenen, aber unsichtbaren Daumenstück eine magische Stelle hat, mit der ich heilen und sonst ins energetische Geschehen eingreifen kann. Das hat mich hoch erfreut und ich war ganz erwartungsvoll, wie ich diese Gabe einsetzen werde. Obwohl mir klar war, daß ich das mit Bedacht und ruhig angehen muß.










(4.5.2017)















 ©Peter Alois Rumpf    Mai 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

686 Die Nacht, wie ich sie liebe

Die Nacht, wie ich sie liebe: gegen ein Uhr, still, bei offenem Fenster kühl, aber nicht kalt, ich selber eigentlich schon zu müde zum Schreiben, eine Ahnung von Intensität, die ich hinter allem vermute, auch hinter dieser Stille, diesen Wänden, diesem Augenblick …









(3./4.5.2017)












 ©Peter Alois Rumpf    Mai 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 3. Mai 2017

685 Ich lasse mehr Licht herein

Ich lasse mehr Licht herein. Der Tag hat schon längst begonnen; ich bin seit drei Stunden wach.
„Aller Augen warten auf dich, Herre!“ Sagen wir so: ich warte darauf, wie sich der Tag entfaltet und wie sich darin das Andere zeigt. Genauer gesagt: ich warte darauf, bis hier der Morgenrummel vorbei ist und ich mein Tagewerk beginnen kann und was sich darin offenbart und was sich darin ins Leben bringen läßt. Die Wäsche habe ich schon in die Maschine gegeben; als nächstes kommt das Blumengießen. Ich warte übrigens nicht träge auf das Sich-Zeigende, sondern aufmerksam und gelassen. Und ich schaue dafür in diese Welt und in die der Träume.

Sonnendurchflutete Zuversicht erhellt auch diesen Ort, der noch im Schatten steht. Aber gestern gegen Mittag hat die Sonne wirklich direkt, nicht über Fensterglasspiegelungen, sondern direkt in den Lichtschacht hereingeschienen und durch mein Fenster meinen Schreibtisch erleuchtet. Vielleicht wird es heute auch so sein. Vielleicht auch nicht.

Die Welt dreht sich, alles ändert sich und das Universum tanzt.








(3.5.2017)
















 ©Peter Alois Rumpf    Mai 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

684 Ohne Angst

Meine Ohren surren wie wahnsinnig und meine Leibesmitte zittert erregt – soeben aufgewacht ist aber überhaupt keine Angst beigemischt; es ist einfach im Übergang von Traum zur Wirklichkeit ein ganz natürliches Phänomen. Ich kann es fast nicht glauben: keine Angst!

Ich vermute, daß ich das meinen Kindern verdanke. Die Selbstverständlichkeiten ihrer Welt stärken die Selbstverständlichkeiten meiner Welt. Wie gesagt: eine Vermutung. Früher war es sicher auch umgekehrt. Hoffentlich.

Stille, bruchstückhafte, oft wortlose Gedanken treiben meinen schon wieder mehr jenseitigen Bewußtseinsstrom hinunter. Ich sitze sozusagen am Ufer und schaue dem gedankenverloren, gelassen und entspannt, wohlwollend zu. Daß mir gerade ein Wort dazu eingefallen und gleich wieder abhanden gekommen ist, bevor ich es aufschreiben konnte, amüsiert mich bloß. Irgendwo im Universum wird es wohl herumfliegen, vielleicht treibt es ein kosmischer Wind wieder her. Und wenn es erst in tausend Jahren ist.

Diese Karte da, die Sie im Fremden führen, leuchtet von innen heraus magisch. Ah! Ich bin wieder tiefer in die Traumwelt geglitten. Schön. Gut. Ich bin neugierig. Übrigens auch auf den Tag.

Und wie gut mir das Ruhen tut!








(3.5.2017)
















 ©Peter Alois Rumpf    Mai 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

683 Jetzt ist Stille

Mein Schreiben ist wie Papierschifferl in einen Bach setzen und hoffen, daß sie weit genug schwimmen. Wo sollen sie denn ankommen? Im Meer natürlich, im unendlichen Meer. Ich habe aber nichts dagegen, wenn sie unterwegs jemand dahinschwimmen sieht und sich über sie freut.

Stille. Jetzt ist Stille. Es gibt natürlich Geräusche, sogar ein aufheulendes Auto irgendwo da draußen, aber hier ist Stille. Meine Seele beginnt sich zu erholen und weitet sich. Aufblühen wäre übertrieben. So spektakulär ist es nicht. Ich atme. Unwillkürlich atme ich ein paar Mal ganz tief. Mein angstbeschlagener Brustkorb dehnt sich und läßt dem verzagten Herzen mehr Raum. („Heinrich, der Wagen bricht...“)

Es ist schön hier. Ich lebe in einem unglaublichen Reichtum. Nichts fehlt mir: über dem Kopf ist eine Zimmerdecke und ein Dach; das Bett ist genau richtig, die Bettdecke wärmt mich. Ich zähle jetzt nicht alles auf; er würde eine unendliche Liste werden, vom Strom, der fließt und der der Leselampe Energie zum Leuchten gibt, vom Kugelschreiber, der schreibt und billig ist, und immer weiter und weiter bis zur Ruhe und zum Frieden hier im Haus.

Mein Magen knurrt, aber ich habe genug zu essen, sodaß ich es mir leisten kann, heute nichts mehr zu mir zu nehmen, ohne in Angst zu verfallen.

Kleine Unbequemlichkeiten stelle ich noch fest; wenn ich mich zurechtrücke, werden auch die vorbei sein.

Dem luziden Träumen steht nichts mehr im Weg.







(2./3.4.2017)

















 ©Peter Alois Rumpf    Mai 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 2. Mai 2017

682 Ich bin unzufrieden

Mein Körper ist steif und unbeweglich; schwankend und langsam setzte ich meine ersten Schritte nach dem Aufstehen. Aber nachher im Bett fallen mir die Augen wieder zu.

Nachdem ich die Augen wieder geöffnet habe ist mir eingefallen: heute ist der Tag der eingeweihten Türschlösser. Und Tag der korrupten Zehennägel.

Sonst habe ich jetzt nichts zu sagen.

Ach, ich bin unzufrieden. Das sind keine g'scheiten Texte. Weil ich mich jedoch an meine Vorgaben halte, kommen auch sie in und auf meine Schublade. Meine Vorgabe lautet: alle Texte irgendwo im Universum zu deponieren, weil ich selber nicht wissen kann, ob sie gebraucht werden oder nicht. Wegen meiner korrupten Seele kann ich das nicht wissen.

Ich brauche eine große Befreiungstat. Schon phantasiere ich mir eine zusammen. Bei Tageslicht betrachtet sehr lächerlich (und sehr gefährlich). Wieder zurück zum Start.

Auf den Stufen, die vor meinem inneren Auge auftauchen, liegt Sand. Grober Sand, schon mehr Schotter. Bevor ich die Stiege abkehren kann ist sie auch schon wieder verschwunden.

Ich denke an mein Agieren in der Welt, ungefähr mit zweiundzwanzig. Es ist unfaßbar, wie verloren ich war. Gilt auch für sechzehn, achtzehn, einundzwanzig und so weiter.

Wie sagt Don Genaro Flores? Sinngemäß: Depression hat man dann, wenn man sich an etwas klammert.

Oh! Mein Blick fällt auf einen flachen Stein, den ich dort auf der Konsole hingelegt habe. Vor Jahren schon. Noch nie habe ich ihn genauer betrachtet. Wie ein Gebirge wirkt er jetzt auf mich. Wie die Haller Mauern, oder die Nordkette - zur Zeit im Südwesten gelegen.
Dieser Stein zieht mich jetzt heraus.









(2.5.2017)















 ©Peter Alois Rumpf    Mai 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

681 So! Ich stoppe das jetzt!

Ich habe an diesem Tag nichts weitergebracht. Alles, was ich mir für heute vorgenommen habe, habe ich nicht gemacht. Weder den Staub abgewischt, noch die Zugfahrt gecheckt. Nichts geschrieben, und schon mehrere Tage nicht geübt. Am Computer die Zeit vertan. Am Anfang ist es Entspannung, dann wird es Frustration, in der ich festhänge.

Dabei hatte ich ein schönes Wochenende. Ein wirklich schönes Wochenende mit herzerfrischenden Begegnungen. Doch dann schleicht sich Trauer ein. Wird allmählich zur Verzweiflung und schlußendlich stecke ich in einer lähmenden Depression (wie ich dieses Wort hasse! Schwermut gefällt mit besser).

„Depression!“ - ein technisch-naturwissenschaftlich-geographischer Terminus (Terminator!), den irgendein medizinisch-technisch-konzernpharmazeutischer Strichjunge naserümpfend und bedeutungsschwer in den Mund nimmt und von oben herab … ach was! Es ist doch ganz einfach: ich bin um mein Leben betrogen worden. Das ganze Ausmaß erst jetzt, wo es zu spät ist, zu begreifen, tut weh. Sehr weh.

Ja, ja, ich weiß schon! „Du hättest dies!“ „Du hättest das!“ „Du hättest doch nur …!“ „Also, ich wäre hingegangen und ...“ Ja, ja. Eben. Darum bin ich ja verzweifelt, weil ich das alles nicht geschafft habe. Mein Leben klagt mich an.


So! Ich stoppe das jetzt! Das wissen wir doch alle schon. Und du hast schon zweimal durchatmen können. Das Niederschreiben hilft mir. Ich gewinne etwas Abstand. Ich kann es verhindern, daß ich mich wegen dieser Aussagen zu schämen beginne. So geht eben mein innerer Monolog. Einen anderen habe ich nicht gelernt. Ich muß mir einen besseren jedesmal mühsam wieder von Neuem erarbeiten. Er hält nicht. Jetzt bin ich dafür zu erschöpft, zu müde, zu lustlos.








(1./2.5.2017)














 ©Peter Alois Rumpf    Mai 2017     peteraloisrumpf@gmail.com