Dienstag, 29. Mai 2018

962 Toi Toi Toi


Toi! Toi! Toi!

Ein Gewicht liegt auf meinem Herzen; kein schweres, kein bedrohliches, sondern ein träges. Das Herz ist heute der langsamste Körperteil beim Wachwerden.

Die Geräusche in Wohnung und Haus sind bei den vielen geöffneten Fenstern und Türen was ihre Herkunft und Standorte betrifft nicht identifizierbar, weil sie sich gegenseitig stören.

Budapest oder Wien – das ist hier die Frage.

Heute ist der Tag des Apfelmuses (Falsch! Heute ist der Tag des Fisches).

Moses hat das Meer nicht geteilt; er hat sich als jahrzehntelang bei den Nomaden der Hbr Untergetauchter bei den lokalen Gegebenheiten ausgekannt und gewußt, daß bei richtiger Wetterlage der Wind das Meer soweit zurückdrängt, daß man durchgehen kann.

Unsere Wetterlage ist sommerlich heiß plus Schwüle. Trotzdem mag ich nicht schwimmen gehen.

Ich muß mir angewöhnen, mich auch der Details zu vergewissern, gerade jetzt im Alter. Oder muß ich das nicht?









(29.5.2018)













©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 28. Mai 2018

961 What Shall We Do


Nach ein paar Tagen friedlichen Aufwachens, ganz ohne Beschwerden, kommen heute wieder Übelkeit und neu: Schwindel zu Besuch. Die Ängste der Alltagswelt haben mich wieder. Ich verfalle in Grübeleien und ändere in meiner Phantasie lebenswegentscheidende Situationen in meiner Vergangenheit, um eine bessere Gegenwart zu erschaffen. So funktioniert das natürlich nicht!

Das Brummen einer Klimaanlage im Lichtschacht, das Surren meiner Sirenen in meinen Ohren. Nebenbei gesagt: ich darf mich als dem „Team Biene“ zugehörig bezeichnen (Bienenhäuschenbeweis) und vielleicht auch als Anhänger von Sturm Graz (Uhrenbeweis). Das ist alles ganz realistisch.

Wie meine Nervosität. So stark wie schon lange nicht mehr. Meine Füße bewegen sich fortlaufend (Nein, nein – ich bin noch immer im Bett!), ein stationäres Gezappel.

What shall we do with the kranken sailor
What shall we do with the kranken sailor
What shall we do with the kranken sailor
Early in the morning? …









(28.5.2018)












©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

960 Purer Luxus


Nach zwei vollen Kannen Frühstückskaffee und dann in der prallen Sonne des Mittags: das kann nur hysterisches Tensegrity gewesen sein. (ich weiß, Oίda, ich habe keine Gebärmutter, aber warum sollte die Hysterie nur den Weibern gehören? Naja: zugesprochen werden? Außerdem sagen meine Zauber/er/sie/innen: das Männliche ist ein Ableger des Weiblichen. Das Weibliche ist das ursprünglichere Prinzip.) (Natürlich fehlt mir gerade deswegen mit der Gebärmutter etwas entscheidendes: die natürliche, angeborene Verbindung zum Transzendenten vor aller Sprache und jedem Denksystem, die die Frauen haben; und was sich in einer echten „Hysterie“ meldet ist genau diese Verbindung, wenn sie zu lange ignoriert worden ist. Aber für eine psychologisch reduzierte, alltagssprachliche Hysterie als Synonym für ausgeklinkte Überdrehtheit mag sie auch für mich durchgehen.)

Ich habe es hinbekommen: Eine Serie auf der ebenen Wiese gemacht und dann ein wenig am Hang im Schatten einer Fichte gerastet. Dann die nächste Serie, Schattenpause und so weiter.

Nun sitze ich in der Nähe der Mühle und sehe ein Segment des sich drehenden Mühlrades. Ich habe nachgeschaut: das ist bloß eine romantische Dekorationsmühle; das Mühlrad dreht sich, aber tut nichts, hebt mit ihrer Sinnlosigkeit jede Romantik auf, eigentlich. Die Romantik sprengt sich selbst in die Luft. Den Touristen vorzuspielen ist doch zu wenig Sinn, oder? Jetzt fallen mir mehr solche sinnlosen Dekorationselemente auf in dieser Umgebung. Den Vögeln, Ameisen, Käfern, Schnaken, Schnecken und Pflanzen ist das komplett wurscht – sie hüpfen, fliegen, krabbeln, wachsen dort genauso. Die falsche Romantik stört sie überhaupt nicht! (Aber so ist es heute. Letztlich bin ich froh, daß die alten Zeiten vorbei sind (ich meine nicht die ganz alten, als das Wünschen noch geholfen hat. (Intent!)))

Jetzt geht die mittlere Yogameisterin vorbei und wirft mir einen Kuß zu. Ich grinse zurück – sie hat während ich tensegriert habe Yoga praktiziert – im Schatten einer Erle.

Es gibt hier eine unglaublich tolle, tolle Trauerweide. Ich habe sie in einer Schattenpause als ein großes, magisches, riesiges Fabellebewesen gesehen.

Meine Haut wird alt – sehe ich – aber ist nun nach der Sauna gut ausgeschwitzt. Das ist Luxus hier, purer Luxus.






(27.5.2018)









©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

959 Endlich Landschaft


Das Rad der Zeit dreht sich und bietet, wenn man mitfährt, schöne Aussichten. Ich fahr nicht mit im Kreis; ich sitze im Zug und habe ein Ziel. Zugegeben: alle, oder fast alle Ziele sind fragwürdig. Na und?! Ich frage: Ziel, bist du würdig? Das frage ich gar nicht im Ernst; es ist mir ziemlich egal. Auch, wenn man hier freundlich kontrolliert wird: angeblich ist der Weg das Ziel (dann könnte man auch mit dem Riesenrad fahren). Die russisch-orthodoxe Kathedrale fliegt vorbei. Wehmütig … ach was! So gut war meine Singerei auch wieder nicht.

Ich renn nicht weg. Wir fahren hauptsächlich unterirdisch oder in tiefen Spalten; ich freue mich schon, wenn wir an die Oberfläche kommen.
Jetzt! Viele Essigbäume an den den Geleisen entlanglaufenden Rainen. Das heißt: wir sind noch im Stadtgebiet. Wir halten im – nur dem Namen nach – romanischen Gebiet; Ausgrabungen gibt es hier keine, weil hier nichts romanisches in der Erde liegt.

Der Hund hechelt. Er ist nicht mein Hund. Ich habe keine Hunde. Vor Hunden hatte ich meistens Angst – sie sind meistens mental (wie man so sagt) stärker als ich.
Der junge Mann hängt seinen Anzug auf. Er ist sehr bedacht auf seine Verkleidung, weil sie gebügelt ist. Ich selber trage fast nie, aber sehr gerne Anzüge. Wäre ich wohlhabend, würde ich fast ausschließlich, bevorzugt dreiteilige Anzüge tragen und sie dabei ein wenig oder ein wenig mehr verschlampen lassen (ausgebeulte Taschen, verknittert etc.). Jetzt trage ich „gar nichts“! Also eine Jean, und ein T-Shirt, wo „Gar nichts!“ draufsteht, plus Unterhose und Socken und Halbschuhe und eine Sturmuhr und und eine dünne Schnur um den Hals mit einem griechischen Tau-förmigen Kreuz, einem Psylocibe-Stein und einem billigen Medaillon mit der aphroditischen Heiligen Maria rücksichtslos nebeneinander aufgefädelt.

Wieder unterirdisch. Ich höre Andachtsmusik (Omar Rodriguez Lopez Group Live Los Angeles (WIP) II); andächtig wie der Andachtsjodler.

Jetzt! Endlich Landschaft. Hinter den Lärmschutzwänden und den Dämmen – Gras, Gebüsch, Bäume – links und rechts der Geleise. Von der Landschaft kann man (ich) nur die oberen Drittel einiger Strommasten, ein paar Baumwipfel oder deren Spitzen und ab und zu eine Hügelkuppe sehen. Ah! Rechts war der Blick kurz frei: eine locker mit Bäumen bestandene leicht hügelige Ebene mit schönen, hellen Wolkenwülsten am Rand. Ich greife mir ins Haar meiner haupt-sächlichen Glatze, „als gäbe es dort Gedanken zu holen“, wie Herta Müller beschreibt. Aber mehr als ein paar Schuppen fallen nicht heraus und auch nicht wie von den Augen.

Jetzt sieht man links eine sanfte, liebliche Hügellandschaft, weit und abwechslungsreich, mit schönen Wolkenwülsten am Rand. Im Ohr singt inzwischen John Frusciante „Life is a funny game“. Kleine Wolkenfetzen ziehen erstaunlich schnell dahin. (Kritisierst du auch, daß ich mich im Text nicht wirklich ausdrücke? Daß ich  - so gesehen – nicht vorkomme, obwohl ich ständig „ich“ schreibe? Oder umgekehrt: daß ich dauernd im Text vorkomme?)

Nun sieht man schon seit zwanzig Minuten nicht aus.

Einzelne Bäume hinter einem Getreidefeld. Bei mir ein rätselhaftes Sehnsuchtsbild, weil ich nicht weiß, worum es dabei geht. Keine Ahnung, was das mit meinem Leben zu tun hat; ich bin in einer gebirgigen Gegend aufgewachsen. Milchwirtschaft.

John Frusciante singt: „You dont throw your life away going inside“.







(26.5.2018)













©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 25. Mai 2018

958 Ich brauche eine dichterische Schußwaffe


Als ich heute wieder einmal aufwachend in die angebliche Wirklichkeit gleite – nicht so direkt, sondern einen Meter vor, zwei Meter zurück, dann umgekehrt, dann drei zu eins – begleitet von Traumbildern meines Aufenthaltes in einer noblen Wohngemeinschaft, deren Bewohner aber alle irgendwie verwandt zu sein scheinen, einen dürren, alten Herrn gibt es auch, vielleicht bin ich in einen aristokratischen Familiensitz eingezogen – dazupassen tu ich jedenfalls nicht – ich komme mir wie ein plumper, fetter Prolet vor – ich weiß auch nicht recht, wie man sich hier benimmt – mir fällt auf, daß ich öfters solche WG-Träume habe – das Zimmer ist – wie immer in diesen Träumen – ziemlich schäbig und jetzt habe ich gar kein eigenes, sondern bin in einer Ecke des Zimmers eines anderen untergebracht. Sie reden kaum mit mir und in ihren Augen sehe ich Entsetzen und Bedauern über mich, besonders beim alten, dürren Herrn – ihre Höflichkeit verbietet es ihnen, mich gleich rauszuwerfen oder direkt auf mein falsches Benehmen und Reden hinzuweisen – wie auch immer – wie ich da im Aufwachen so hin und hergleite – begleitet von plötzlichen, kurzen Angstanfällen, Molekülen der Übelkeit und alle anderen Aufwacherscheinungen – da fällt mir ein: ICH BRAUCHE EINE DICHTERISCHE SCHUSSWAFFE!

So kann es mit der Schreiberei nicht weitergehen! Ich muß mich freischießen! Wen oder was ich da erschießen muß, weiß ich noch nicht; das wird sich schon zeigen, oder? Oder geht es um einen literarischen Amoklauf?: Freie Bahn für einen freien Schreiberling!? Alles, was so an mich herangekrochen kommt: erschießen! Alles, was sich mir in den Weg stellt: erschießen!
Schriftsteller sind es nicht, die ich erschießen muß; es sind andere Figuren.


So! Jetzt setzt der Regen ein und ich werde gleich ruhiger und friedlicher. Er bringt ein wenig Erlösung.









(25.5.2018)












©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

957 Der schönste Platz auf der Welt


Es geht auf Mitternacht zu und nachdem ich das Buch weggelegt habe, bemerke ich erst die Stille. Als hätte mein Lesen vorhin Lärm erzeugt. Meine Stille besteht aus Weckerticken, Surren in den Ohren, dem Kratzen und Schaben von Hand und Kugelschreiber auf Papier, dem Schnurren der Katze zuerst und jetzt einem schmatzenden Laut, weil sie sich leckend putzt. Auch die Bewegungen meines Kopfes am hinter den Nacken gestopften Polster bringt so etwas wie ein weiches Knarren hervor – wenn es das gibt.

Ich harre der Dinge die da kommen. Die Stille ist nicht nur friedlich und harmlos, sie hat Geheimnisse, die ich nicht finde, dennoch ist sie schön. Ich bin ganz ruhig. Ich schreibe nicht, bewege mich nicht und könnte lange so bleiben.

Wie ich das Zimmer liebe! Es ist der schönste Platz auf der Welt! Und ich bin gütig mit mir selbst. Ohne Scherz! In dieser Stille fühle ich mich geborgen. Wecker und Surren geben ihr noch eine – hm! - symphonische Feierlichkeit.

Ich kann mich von dieser Stille nicht losreißen. Bis mir einfällt, daß ich ja auch beim Einschlafen auf sie horchen, lauschen und losen kann.









(24./25.5.2018)












 ©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 24. Mai 2018

956 „Aufgegeben wird nur ein Brief“


(Knapp vor Mitternacht am Vortag: Auf dem kleinen Bild sehe ich eine Todesfratze. Ich brauche ein paar Sekunden, bis ich mir's wieder zurechtgerückt habe und weiß, was es in Wirklichkeit darstellt. Das nur als kleine Notiz.)


Ich wache auf und liege so da, wie üblich, mit den üblichen Ingredienzien. Traumreste, Gedankensplitter, Bilder, Angstmoleküle kreisen in meinem Kopf herum und ich lasse sie kommen und gehen. Wenn es denn wirklich im Kopf ist. Dann taucht die Szene von einem alten Mann auf, der Tai-Chi übt. Ich habe das vor einiger Zeit im Internet angeschaut. Die schönen fließenden Bewegungen, die meditative Arbeit an Körper und Geist. Schon damals habe ich Sehnsucht nach den Tensegrityübungen bekommen, die ich schon seit Wochen so gut wie aufgegeben hatte. Oder besser gesagt: Es ist mir nicht gelungen, mich dazu aufzuraffen. Ich konnte mir keine Befehle mehr geben. Aber jetzt, jetzt kommt diese Sehnsucht wieder und ich hoffe, daß sie diesmal von innen und nicht von außen kommt. Ich wittere meine Chance und werde ganz aufgeregt. Aber wo kann ich jetzt üben? Ich gehe im Kopf durch, welche Räume wann besetzt sind. Wenn ich bis zum späteren Nachmittag warte, da fürchte ich, daß ich meinen Impuls nicht so lange aufrecht halten kann und er vorher schon zusammenbricht. Es schaut nicht gut aus und ich bin schon dabei aufzugeben. (Gottseidank ist mir in diesem Moment dieser blöde Spruch vom „Aufgegeben wird nur ein Brief“ nicht eingefallen. Dann hätte ich sofort aufgegeben. Bei so pseudokraftstrotzigen Sprüchen assoziiere im immer die Nazis. Ich glaube, meistens zu recht. Damit will ich nichts zu tun haben!) Aber wenn ich den Wäscheständer dort hinüber stelle und die Matte weggebe und noch ein paar Sachen zu Seite schiebe, müßte es auch im Atelier heroben gehen. Ich bin so aufgeregt, daß mir fast schlecht wird. Ich wundere mich über diese heftige Reaktion und verharre noch ein wenig in diesem inneren Kampf. Ich will mitbekommen, was sich da eigentlich abspielt. Ich zögere, noch abzuwarten, weil ich fürchte, daß dann der Impuls vorbei ist. (Ich habe nicht viel Vertrauen in mich.) Dennoch entscheide ich mich, diesen Konflikt noch anzuschauen und das dann aufzuschreiben.

Das sollte genug sein und ich lege jetzt das Notizbuch weg. Wir werden sehen.







(24.5.2018)










©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 23. Mai 2018

955 Oder im


Die schöne Sonne schickt ihre Lichtflecken in meine Einzelzelle/Eremitenzelle/mein Kellion. Hauptsächlich auf die rechte Seite der Fensternische meines Zimmers und ein wenig auf meinen Schreibtisch. Dort schreibe ich allerdings fast nie, sondern benutze ihn als Ablage; dort sitze ich praktisch nur vorm Laptop oder beim Ordnen von Rechnungen, Bestellzettel und amtlichen Mitteilungen, oder wenn ich das Tarot lege oder das I-Ging befrage, oder in Wörterbüchern Wörter nachschlage (wie wär's mit „nach Wörtern schlage“?). Schreiben und lesen tue ich fast nur auf dem Bett. Oder im.

So macht die Sonne mein Kellion wirklich hell und erweckt eine eigenartige Sehnsucht nach dem vollen Leben draußen. Eigenartig, weil ich gleichzeitig froh bin, hier herinnen zu sein und nicht hinaus zu müssen und nur die Lichtflecken, jedoch nicht die Sonne zu sehen. Diese Lichtflecken und gute Formulierungen (aktiv und passiv) machen mich glücklich; mehr Leben würde ich vermutlich gar nicht vertragen.

Manchmal gehe ich durch's junge Leben unten. Manchmal störe ich dabei, manchmal spricht mich ein Kind an. Daß ich sie anspreche, wollen sie – so scheint es – momentan eher nicht. Sie haben das volle Recht dazu.

Es ist die Nachmittagssonne und die Tageskinder werden bald abgeholt werden. Ich werde jetzt zum Postkastl runtergehen, nachschauen, ob meine bestellten antiquarischen Bücher schon zugestellt sind. (Bücher werden „zugestellt“? Womit?)









(23.5.2018)










 ©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

954 I Herz Mistakes


(Mitternacht (SZ). Welche Gespenster kommen? Keine. Doch! In Form von Gedanken. Angstvolle Gedanken (Hoffentlich keine Zukunftsvisionen! Aber ich bin eh beim Arzt!), die Böses hervorholen wollen (Ich fürchte nicht um mich, sondern um euch und unsere Kinder und Kindeskinder). Ich wehre mich. Ich lasse sie ins Leere laufen und verschwinden.)


Sechseinhalb Stunden später:
Meine alte Freundin, die Angst, macht ihre Morgenaufwartung und besucht mich am Bett, gleich nach dem Aufwachen. Sie muß ganz aufmerksam gewartet haben, bis ich die Augen aufgeschlagen habe.

Das Leben rundherum gewinnt an Fahrt – um einmal eine vermutlich falsche und äußerst verdächtige Metapher zu verwenden – aber ich werde noch etwas weiterschlafen.

Frau Angst, was willst du von mir? Heute und überhaupt? Kämpfen und Flüchten kann ich nicht, denn du lähmst mich. Damit ich mich totstelle? Ist die Gefahr noch immer so groß? Vierundsechzig Jahre lang? Die Zeiten, wo der erstgeborene Sohn dem Moloch geopfert werden mußte, sind doch schon längst vorbei! Oder? Was von deiner Botschaft habe ich noch immer nicht verstanden?

Die Konzentration um diese für mich nachtschlafene Zeit (auf meinem Schreibtisch liegt ein Radiergummi mit der Aufschrift: I Herz mistakes) fällt mir schwer. Die Augen fallen mir immer wieder zu, während ich auf die Antwort warte. Der Knoten im Bauch löst sich dabei vorerst nicht auf. Ich denke an den Grimming und seine Steinschläge und Todesopfer. Bei diesem Thema waren wir schon. Gut, ich will nicht ungeduldig sein. Beim geduldigen Warten und Spüren schlafe ich wieder ein.

Ich bin eingetunkt, wie man bei uns zu Hause gesagt hätte. Dabei taucht eine falsche Erinnerungsszene auf, denn der Kindergarten war nie im alten Volksschulgebäude, sondern im ersten Stock eines Nazibaus, wo man bis vor ein paar Jahren noch das Hakenkreuz an der Außenwand durch die dünne Übertünchung durchschimmern gesehen hat. (Die Hausnummer, wo ich aufgewachsen bin, war übrigens 88.)

Habe ich mich jetzt von meiner Angst ablenken lassen? Ich schaue nach. Oh! Jetzt habe ich geträumt, daß ich ein paar ganz wichtige Sätze – die Antwort der Frau Angst – aufgeschrieben habe und mit dem Augenaufschlag hatte ich sie schon vergessen. Sie stehen nicht auf dem Papier.

Eingetunkt habe ich versucht, sie wieder zu finden – oder waren das schon wieder andere Sätze und Bilder? Auch sie sind nach dem Auftauchen weg.

Jetzt löst die Frau Katz die Frau Angst ab und setzt sich mit einem Sprung zu mir aufs Bett.

Ich betrachte irgendwelche Schaufenster (in Paris?), aber was ich da zu sehen bekomme, hält der Realität nicht stand und hat sich aufgelöst.

Frau Angst, kann ich mich darauf verlassen, daß Sie jetzt weg sind? Ich meine für heute. Keine Antwort, aber darauf folgt ein tiefer Atemzug. Und darauf wieder entglittene Sätze, Bilder und (Pseudo?)Erinnerungen.

Frau Katz meldet sich und meint, ich hätte mich jetzt mit ihr zu beschäftigen.

Zwei traumhafte und riesige Insekten tanzen vor meinem Gesicht herum. Als ich sie verscheuchen will, zuckt meine rechte Hand, die auf der Katze gelegen ist.

Wieder eingetunkt locken mich etwas Ver- Zensur! und etwas Vergangenes. Schnell bin ich wieder heraufgeschnellt.

So! Jetzt wird mir dieses Hinundhergependel zu blöd: schlafen oder aufstehn! Entscheide dich!

Mir fallen meine als Notizbuchstützen aufgestellten Beine um und werde so wieder aus dem Schlaf gerissen. Die Kirchenglocken, die ich eigentlich gern höre, läuten heute unangenehm hektisch und wie verrückt. Wieder ein paar Sätze in die Traumwelt und nicht ins Notizbuch geschrieben. Ein mittelgroßer, unheimlicher, ganz schwarzer Autobus kommt von links. Ich strecke meine Beine und lasse das Notizbuch umfallen. (Diese Schreiberei hat in Echtzeit zweieinhalb Stunden gedauert.)








(23.5.2018)














©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 22. Mai 2018

953 Pi Pa Po


Die Vormittagsstille, nachdem mich ein unnötiger Anruf aufgeschreckt hat (Werbung). Plötzlich in Klarheit und knapp vor einer großen, kaum noch verborgenen Intensität. Allmählich jedoch wird alles wieder alltäglich.

Dann stelle ich mir vor, ich gleite durch den – quasi – leeren Raum; nur alle paar Kilometer ein Elektron oder etwas in der Art. Damit komme ich zur Frage: wieviel Promille Wirklichkeit steckt in dem, was ich da als mein vertrautes Zimmer, mein Kellion, meine Zelle sehe?
Die Frage habe ich mir nicht gestellt, um sie zu beantworten, sondern um zu staunen. Worüber? Darüber gebe ich mir keine Rechenschaft.

Nachdem ich die Augen geschlossen habe, blicke ich in eine orange Welt. Beim zweiten Mal ist sie grau. Statt einer Zahnbürste lege ich einen Löffel hin und merke den Irrtum erst nachher (aha, ich gleite wieder ab). Ich überlege als Abgeglittener eine Kontaktanzeige „nur zum Plaudern“. Ich öffne die Augen wieder und erlebe neuerlich die Vormittagsstille mit fast gleicher Intensität als vorhin.

Jetzt nähern sie die Rufe, Schreie und Jauchzer der fünf Tageskinder, die vom Park kommend das Stiegenhaus heraufstapfen und Erleichterung öffnet meinen Brustkorb für ein paar tiefe Atemzüge: der Raum ist nicht leer. Ich habe mich für heute für diese Welt hier entschieden samt Frühstück und allem Pi Pa Po.










(22.5.2018)












©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 18. Mai 2018

952 Wer da zögert ist verloren


„Wer da zögert, ist verloren!“ Verloren. Egal. Dann lieg ich halt im Bett und schreibe. Oder lese. „Der erste Feind ist die Angst. Der zweite Feind ist die Klarheit.“ Den dritten Feind habe ich vergessen. Der vierte ist das Alter. (Oder ist der dritte die Klarheit und ich habe den zweiten vergessen?)

Wie gesagt: egal: ich liege im Bett und schreibe und laß mich dabei gehen.

Es rauscht und ich kann es nicht zuordnen: in unserer Wohnung? In einer Nachbarwohnung? Draußen? Wasser? Was anderes? Ich streichle lange, ausführlich und liebevoll die Katze, nachdem sie mich höflich mit einem kurzen Maunz darum gebeten hat. Naja: aufgefordert hat.

Der ringförmige Fleck an der Wand: ich frage mich schon seit Jahren, was das sein könnte. Er stammt noch aus vor meiner Zeit.

Ja, es ist ein schöner Morgen. Die Angst hat mich nur gestreift und die Übelkeit ist kaum wahrnehmbar. Nocheinmal: es ist so schön, im Bett zu hocken, mein (?) Bewußtsein durchzutasten und langsam und still in den Tag zu gleiten (von der Katze ein wenig auf Trab gehalten), mit der Arbeit des Schreibens dem Ganzen einen Sinn geben, ohne mich unangenehm anzustrengen, denn Worte und Sätze finden liebe ich.
Die Surrsirenen um meine Ohren sind noch im Hochbetrieb, also ganz bin ich noch nicht angekommen.


Ich bin glücklich, wenn ich schreibe. Und mein Herz jubelt, wenn ich jemandem einen schönen Tag wünsche. Einen schönen Tag für Sie!








(18.5.2018)













©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com


951 Die goldene Zange


Gold glitzert mich von links an. Da drüben liegt eine goldene Zange. Sie strahlt an einer Stelle wie eine kleine ovale Sonne mit kurzgeschorenen Strahlen.

Gold. Hm. Bisher habe ich mir nichts aus Gold gemacht, aber jetzt, so spät im Leben …

Natürlich ist die Zange nicht wirklich aus Gold und ich bin nicht reich. Ich bin nur müde und will mir vorm Schlafen den Wirbel in meinen Kopf herausschreiben. Gute Nacht.









(17./18.5.2018)












©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com


Donnerstag, 17. Mai 2018

950 Brustkasten


„Hopp! Hupf rauf!“ Da ist sie schon; schnurrend bringt sie auch meinen Brustkorb ins Vibrieren. (Zuerst habe ich „Brustkasten“ geschrieben in meiner Verschlafenheit. Was brütet mein Brutkasten denn aus?)

Diese elende Ausstellung, die ich im kalten Februar vor Jahren im fremden Land gemacht habe – nachträglich wird mir schlecht und peinlich. Und dann noch dieser Empfang und ich mitten drin als völlig unreifer Clown. (Narr wäre viel zu schmeichelhaft.)

Während die Polizeisirene irgendwo da draußen vorbeiheult, öffnet sich mein linkes Nasenloch und ich kann besser atmen.

Wo sind jetzt die ganzen Bilder des Halbschlafs? Euretwegen habe ich nach dem Notizbuch gegriffen!
Runtergefallen, als ich mich aufgerichtet habe. Ja, Träume sind empfindliche und scheue Wesen.

Das Buch fällt mir beinah aus der Hand vor Müdigkeit, aber auftauchen tut nichts.

Nachbilder des hellen Fensters an der Außenseite der Innenseite meiner Lider.

Ich habe die Idee, die Klappe der Ex-Durchreiche über meinem Kopf zu öffnen und ein angenehmer, frischer Luftzug strömt über meinem Haupte über mein Haupt.

Ein windiger Fensterflügelschlag im Lichtschacht unten sagt mir: „So! Auf! Gemmas an!“









(17.5.2018)











©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

949 Nur die Katze


Während ich gelesen habe, hat sich alles in mir und um mich herum bewegt. Jetzt habe ich das Buch weggelegt und alles steht still. Nichts bewegt sich wenn ich aufschaue. Es wirkt alles so starr, daß ich dieser Festigkeit nicht recht glauben kann. Diese Unbeweglichkeit ist nur ein Trick, schon längst wird hinter den Kulissen die Wirklichkeit verschoben und umgebaut. In welchem Stück sind wir? Nur die Katze: das habe ich zweimal durchgestrichen.








(14.5.2018)










©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 14. Mai 2018

948 Es ist mir zu schnell gegangen


Während ich die getrocknete Wäsche vom Wäscheständer nehme und schlampig und lässig zusammenlege und übereinander staple, schaue ich beim Fenster hinaus und sehe die Bäume im Hof voll in ihrem grünen Laub stehen und im Wind schaukeln. Ich erschrecke ein wenig: ich hatte im Inneren noch das Bild mit den dürren, kahlen Ästen.

Es ist mir zu schnell gegangen. Ich weiß, ich sollte mich freuen, daß schon Sommer ist, aber stattdessen bin ich irritiert und es schleicht eine undefinierte, schwache, untergründige Angst herum (in meinem Alter lebt man schon auf abschüssigem Gelände).

Ich sitze jetzt auch nicht entspannt am Sessel, sondern nach vorne gekrümmt, als hätte ich keine Zeit, als wäre ich am Sprung. Aber wohin?
Die morgendliche Übelkeit hat jetzt nach Mittag abgenommen, die leichte, flache Angst ist geblieben. (Es gibt drei Hauptstadien: Übelkeit, Angst, Angst plus Übelkeit.)

Die Brise, die die Baumkronen kräuselt, die mich ansonsten erfreut und beruhigt, macht mich heute nervös. Etwas ungutes will heraufkommen, ich lasse es jedoch nicht durch und sitze immer noch nach vorne geknickt.

Nachdem ich verstanden habe, was ich da mache, habe ich mich bewußt und mit Absicht aufgerichtet und zurückgelehnt, und sogleich hat sich unbewußt und ohne Absicht eine tiefer Atemzug gelöst. Meine Kopfschmerzen lassen etwas nach, mein Blick bleibt an den Blumentöpfen am Fenster hängen.

Die wenigsten Pflanzen sind von mir, aber ich bin es, der sie gießt. Diese Reihe von neun Blumentöpfen strahlt eine beinah unheimliche Starrheit aus, gerade vorm Hintergrund der sich bewegenden Bäume hinter der Fensterscheibe. Im ersten Moment auch etwas erschreckend – so nach dem Motto: wo bin ich hier?








(14.5.2018)











©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

947 Hochanglergasse


„Hochanglergasse“ - ein zweifelhaftes Mitbringsel meiner Reise in die Welt der Träume. Oh mein Gott, habe ich lange geschlafen! Vor elf Stunden hatte ich erschöpft und ausgelaugt das Licht abgedreht; und erst jetzt habe ich mich unter Angst und Übelkeit aufgerappelt. Aber ich bin ausgeschlafen. Und ich bin froh, daß ich die Zeit habe, mich zu recht zu finden, die Zeit, jetzt warten zu können, bis die einzelnen Elemente alle so halbwegs am richtigen Platz sind.

Ich blicke gedankenverloren auf die Haare meines linken Unterarms und alles wird plötzlich wieder unheimlich, weil alles wieder verrutscht ist. Ich darf beim Mich-Sammeln nicht die Konzentration verlieren und muß wohl bald aufstehen. Aber es gehen noch eigenartige Wellen durch mich hindurch – ich bin noch nicht fest. Trotzdem. Höchste Zeit. Die Tageskinder kommen schon vom Park zurück, ich höre sie schon im Stiegenhaus. Oh, ist mir schlecht!








(14.5.2018)











©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 11. Mai 2018

946 Im Lager


Im Lager entscheidet sich, welche Gedichte gut sind und welche unbrauchbar, welche einem im Leben halten können und welche nicht (siehe z.B. Herta Müller). Bei mir war es eigenartig: die guten, ernsthaften Gedichte und Sätze haben nämlich nur bis zu einem gewissen Grad gehalten, dann war im Lebenskampf meine Konzentration zu schwach und ich habe mich an die absurden geklammert: „In Stunden der Trauer/ lieg ich auf Lauer/ und freue mich diebisch/ ich weiß nicht worübisch“ oder „moos kau, das ganze Ergebnis einer Moskaureise“ oder „Käme Herr Jesus und wäre er unser Gast, würde er segnen, was er uns bescheret hätte“ (Alles Jandl) oder „Der Heilige Sebastian (stimmt nicht, es war ein anderer) hat in die Gurken geschissen“ (ein tschechischer oder slowakischer Bischof, als er von seiner Gefangenschaft im kommunistischem Lager erzählt; gemeint war „geschossen“; er hat, als er das auf Deutsch erzählt hat, die Formen verwechselt: schießen, schießte, geschiessen.) oder "Einst aß Orlov zu viel Erbsenbrei und starb" oder "Bibikov erstieg einen Berg, fiel in Gedanken und stürzte ab" (beides Daniil Charms) oder „Piff, paff, puff … dudl, didl, dedl“ (?) (Apollinaire? Keine Ahnung. Im Lager gibt es normalerweise weder Nachschlagewerke noch Internet. Weswegen auch alles bloß aus dem Gedächtnis zitiert ist und ziemlich sicher ziemlich ungenau.)

Warum? Vielleicht deswegen weil ich innerlich und äußerlich schon zu sehr kollaboriert hatte und mich von der Schuld in die Absurdität retten wollte: alles ist absurd, also brauch ich nichts ernst nehmen, auch meine Schuld nicht. Das ist fürs Überleben im Lager nicht ungefährlich, weil dann auch der Tod genauso absurd und damit genauso wird, wie alles andere, genauso gleichgültig. Und dann ist er eine genau so absurde Option wie alles andere, auch wie das Leben.


Wer schreibt das eigentlich? Sicherlich nicht Peter Rumpf, denn der war nie in einem Lager und – soweit ich ihn kenne - würde er es sich nicht anmaßen, so etwas über das Lager zu schreiben. (Höchstens das in Klammern geschriebene; dieses Herumgetüpfel würde zu ihm passen.)
Nein, der Peter Rumpf ist es nicht, der das geschrieben hat, denn er liegt aktuell angstbefallen im Bett und es ist ihm schlecht.







(11.5.2018)











©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 9. Mai 2018

945 Erschöpft von der schlaflosen Nacht


Erschöpft von der schlaflosen Nacht, vom heutigen Kaffeerausch und der bürokratischen Erledigung und weil es etwas zu kalt war und ich zu faul, mir mehr anzuziehen, habe ich mich eine halbe Stunde nach Mittag (MSZ) ins Bett gelegt.

Jetzt habe ich das Leselicht abgedreht und warte darauf, ob ich schreiben oder einschlafen werde. Ja, so geht es mir gut, wirklich gut. Ich spüre, wie ich mich erhole.

Das Sonnenlicht an der Hauswand im Lichtschacht strahlt Optimismus herein. („Optimismus“ ist zu abstrakt. Wie könnte ich es besser sagen? Vorschläge, liebe Leser und Leserinnen an unten stehende Emailadresse – ich werde das gewonnene Wort mit Anführungszeichen und der Nennung des Namens des Urhebers/ der Urheberin verwenden.)
(Wie wäre es mit „Aufatmen“?)
Das Sonnenlicht an der Hauswand im Lichtschacht strahlt Aufatmen herein. (wenn kein besseres eingesandt wird bleibt jedenfalls vorläufig oder aber endgültig dieses das erwählte und ich der Sieger)

Ich blicke – wie so oft und aus den räumlichen Gegebenheiten heraus – ganz natürlich und beinahe fromm auf das gegenüberliegende Bücherregal. Wie ein stolzer Bauer auf seine Felder und die Ernte in seiner Scheune (gibt es das noch?).

Ich atme einen tiefen Atemzug. Als plötzlich das Sonnenlicht weg ist und sich mein Zimmer verdüstert, läuft ein ganz feiner, normalerweise unmerklicher Schock durch mich hindurch und über mich, von oben nach unten: Nur weil ich meine Aufmerksamkeit gerade ganz hochgefahren hatte, ist er mir nicht entgangen.

Das Sonnenlicht ist wieder da und damit die äußere und innere Helligkeit. Aber die innere verbleibt nur ein paar Sekunden, denn ich grüble über die laufende Zerschlagung des Sozialen Netzes und darüber, ob es wirklich stimmt, daß die Einführung eines bis zu sechzig prozentigen Aufschlags auf Mieten in Gründerzeitviertel geplant ist. Für uns wäre das ein schwerer Schlag, wo ich keine Ahnung hätte, wie wir den parieren könnten.

Ich lasse das abfließen und entscheide, daß es besser ist zu schlafen.





(9.5.2018)









©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

944 Ui Ui Ui


Ui! Ui! Ui! Nochmals Kaffeehaus und echten Kaffee. Ich trau mich was! (Noch so ein Beweis meines Mutes: angesichts der allgegenwärtigen Warnungen vor Fett und Zucker: ich gehe öfters ins „Fett und Zucker“!) Ich habe Zeitungen gelesen und bin übermüdet da schlecht geschlafen, aber aktuell schon aufgeputscht. Ländlicher Akzent am Nebentisch über Bauernbund und Kammer und „daß es dann die ÖVP nicht mehr geben wird“ (einer im karierten Trachtenjopperl). Am Tisch drüben: Slawisch. Aber zu weit weg, um genaueres herauszuhören (Das kann ich! Heraushören ob Südslawisch, Russisch und Verwandte, Polnisch, Tschechisch, …)

Am Telephon rede ich über Nötigung, Erpressung, Aktion, Reaktion, das (noch!) gute österreichische Sozialsystem. Im Kaffeerausch habe ich den lieben Anrufer fast niedergeredet mit meinen Schilderungen und zum ixtenmal wiederholten Erzählungen und wenig zu Wort kommen lassen.

Mich hebt's fast aus! Mich hebt's fast aus! Mich hebt's fast aus! (Geh! In letzter Zeit verwendest du diesen faden Trick mit der dreimaligen Wiederholung plus Rufzeichen schon inflationär!)

Ohne es zu merken hat die Belegschaft am Nebentisch gewechselt.
Ich fahr nach Hause. Ich fahr nach Hause.
Nein, die Belegschaft am Nebentisch hat sich nicht geändert, es ist bloß einer dazugekommen. Das Trachtenjankerl habe ich wiedererkannt (Niederösterreich). Haben die mit dem Neuen weniger dialektal geredet oder habe ich mich inzwischen an diesen Sound gewöhnt, so daß er mir nicht mehr als auffällig aufgefallen ist?









(9.5.2018)















©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 8. Mai 2018

943 Die Liste der Bücher neben meinem Bett


Ich habe mich heute Mittag überredet, in die Stadt zu gehen. Mein erster Weg: in meine Stammbuchhandlung. Mein zweiter Weg: in eine meiner Ersatzbuchhandlungen (Ergebnis: sieben Bücher). Mein dritter Weg (nach neuerlicher, minutenlanger Selbstüberredung): ins Café.

Ich darf das nicht mehr machen! Ich brauch' nicht sagen, daß bei uns und bei mir Schmalhans Küchenmeister ist, aber Bibliothekschef schon! Ich kann mir das eigentlich nicht leisten. Aber mit diesen sieben Sachen, äh Büchern im Rucksack komme ich mir richtig reich und beglückt vor. Das ist mein Konsumwahn. Das ist meine Kompensation. (Ich sollte schauen, ob ich nicht eine günstige Bibliothekskarte für die Städtischen Büchereien bekommen kann.) Mit diesen sieben Büchern komme ich mir erwachsen vor, als ein Mann, der handeln kann (daß es dabei bloß um einen simplen Einkauf im schmalen gesellschaftlichen Segment des Buchhandels geht, ist mir vollkommen wurscht. Das ist meine Welt. Das ist meine Welt. Das ist meine Welt.)

Im Café sitze ich schon einige Zeit, aber man – richtiger: frau hat mich bis jetzt übersehen. Auch das ist mir vollkommen wurscht. (Als ich das hinschreibe, kommt die Kellnerin und fragt mich, ob ich schon bestellt habe. Die Artikulation verändert die Welt.)

Ich schwitze (in Erwartung eines richtigen (!) Kaffees) und lehne mich zurück und blicke auf die Straße. In den Ohrenstöpsel habe ich ein Duett von Flea und John Frusciante. Die Vorbeigehenden schauen durch das Fensterglas herein und blicken mir manchmal auf mein Notizbuch, was ich denn da schreibe. Oh, ihr Unwissenden und Ahnungslosen! Ich wißt nicht, was euch da entgeht, wenn ihr meine Texte nicht lest und die Musik in meinen Ohren nicht hört! (Zur Erklärung: ich habe inzwischen schon einen Schluck echten Kaffees genommen.) Ich schaue die Leute und ihre Gestelle an und denke mir meinen Teil. „The Past Recedes“ singt John Frusciante (hoffentlich!).

Das mit den Büchern muß ich wirklich ernsthaft überdenken. Noch dazu: wer wird mit so einem Erbe etwas anfangen können? Es zu Geld zu machen, wird nicht viel bringen (wenn überhaupt etwas), dabei sind die meisten gute und wertvolle Bücher (wertvoll in dem was wirklich zählt). Hoffentlich werden sie nicht verbrannt werden, sondern wenigstens in ein Antiquariat gegeben. Meine Musiksammlung: detto.
Oh! Jetzt singt John Frusciante „All We Have“. So schön! So schön! Wirklich so schön. Dabei ist das nur ein Demoband.

Der Kaffee wirkt schon; ich schwitze noch mehr. (Ich gehe ungern ohne Sakko außer Haus. Ihr wißt schon: Reisepass, Geld, Handy, MP3-Player, Gold und Diamanten … jederzeit fluchtbereit.) (Ich weiß, ich darf diesen Vergleicht nicht machen – ich stamme von den Tätern ab, nicht von den Opfern.) Und ich blicke zum Himmel hinauf und sehe die einzelnen weißen Wolken sich ausbreiten, sich verbinden und dunkler werden.

Ich trinke aus und fahre heim. Lesen.

Am Heimweg komme ich unweigerlich an einem Antiquariat vorbei. Noch zwei Bücher.


Hier ist die Liste der gekauften Bücher (in zufälliger Reihenfolge):

Karl Ove Knausgård, Im Winter,  € 22,70
Herta Müller, Immer derselbe Schnee und immer derselbe Onkel; € 10,30
Herta Müller, Hunger und Seide, € 10,30
Thomas Mann, Zauberberg, € 15,50
Joseph Roth, Beichte eines Mörders, erzählt in der Nacht, € 10,20
Joseph Roth, Hotel Savoy, € 8,20
Joseph Roth, Die Flucht ohne Ende, € 8,20
Hermann Hesse, Siddhartha, (antiquarisch) € 4.-
Choderlos de Laclos, Schlimme Liebschaften, (antiquarisch) € 4,50


Liste der Bücher, die schon neben meinem Bett zum Lesen oder Wiederlesen aufgestapelt sind:

Egon Fridell, Abschaffung des Genies
Albert Drach, Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum
Festschrift für Jesper Juul
Rilke Rodin
Paula von Preradović, Ritter, Tod und Teufel
Friedrich Torberg, Die Erben der Tante Jolesch
Adalbert Stifter, Nachsommer
Barbara Frischmuth, Die Mystifikationen der Sophie Silber
Carl Zuckmayer, Des Teufels General
Bernhard Hüttenegger, Die sibirische Freundlichkeit
Theodor Kramer, Laß still bei dir mich liegen
Henrik Ibsen, Gespenster
Henrik Ibsen, Nora
Henrik Ibsen, Peer Gynt
Carlos Castaneda, das Feuer von innen
Carlos Castaneda, Das Rad der Zeit
Jörn Pfennig, Abschied von der Männlichkeit
Dylan Thomas, Windabgeworfenes Licht
Wolfgang Mayer-König, Verkannte Tiefe

(manche davon liegen schon Monate und Jahre ungelesen neben meinem Bett, einzelne habe ich schon hunderte Male gelesen. So ist das.)








(8.5.2018)









©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

942 So beschreibe ich mich


Ich bin nach dem Aufwachen liegen geblieben und unter der Wasseroberfläche der Träume verweilt. Als ich mich aufsetze, spüre ich wie dieses Wasser von mir abfließt, nur im Innersten bleibt eine schmale Säule Verschwommenheit – so ungefähr mein Rückgrat entlang. Mein Herz klopft, die Angst war die ganze Zeit schon da. Aber was ist jetzt los?

Die übliche Übelkeit, das vertraute Surren in den Ohren, eine Stufe lauter als sonst am Morgen, eine Anspannung in der Mundhöhle, die sofort verschwindet, als ich sie beim Namen nenne. Die inneren Wände sind ganz leer, mein inneres Zimmer ist ohne Bücher und Möbel, die Wände sind glatt und grau und schauen aus, als wären sie aus edlem Gestein. Auch dieses Bild verschwindet durch die Beschreibung.

So beschreibe ich mich immer mehr Richtung Alltagswelt und meine Aufmerksamkeit Richtung Frühstück.








(8.5.2018)












©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

941 Die Katzenhaare


Die Katzenhaare auf dem aufgeschlagenen Notizbuchblatt, auf dem ich schreiben will, wische ich mit dem Handrücken der rechten Hand weg. Die Brille habe ich schon auf, den Kugelschreiber schon in der Hand. Ich warte auf einen Einfall, eine Eingabe, ein aus den Tiefen – oder von mir aus auch aus den Untiefen meiner Seele aufsteigende Intuition, oder ein Wort, Satz, Bild, Gleichnis, einen kleinen Gedankenblitz, einen Einfall oder die große Erleuchtung. (Das gehört immer zu den schönsten Momenten meines Alltags, dieses Warten; da bin ich oft in Frieden mit mir und der Welt.)

Ich liebe mein Zimmer. Ich liebe es immer mehr und will gar nicht mehr hinausgehen. Mir macht es überhaupt nichts aus hier zu warten. Und wenn ich vom Warten müde werde, schlafe ich ein.







(7.5.2018)












©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 4. Mai 2018

940 Ich freue mich aufs Frühstück


Heute ganz in der Früh war die Angst wieder da. Ich habe mir dann am Rücken liegend ein Gewicht auf den Bauch gelegt, dort, wo die Angst gesessen ist  (Gegend Solarplex). Das Gewicht ist ein kreisrunder Lederbeutel, mit irgendetwas gefüllt, das ich vergessen habe und auf der einen Seite steht „Tensegity“, auf der anderen „Silence“. Das hat gleich geholfen, aber ich war unglaublich müde und von eher leichter Übelkeit heimgesucht. Ich bin wieder eingeschlafen.
Eigenartige Phänomene sind durch meinen Körper gelaufen und haben mich jedesmal aus dem Schlaf hochgeschreckt: Vibrationen, Flattern, Zuckungen, so etwas wie Stromstöße.

Jetzt habe ich mich aufgesetzt: diese Phänomene – von denen ich nicht weiß, ob sie rein körperlich waren oder nicht – sind weg, aber die Angst ist wieder da und die Übelkeit noch immer. In einem erträglichen Ausmaß. Unwillkürlich beginne ich tiefer zu atmen (Oh, wie bin ich froh, daß das jetzt schon von selber passiert und ich mir nicht mehr jedesmal ansagen muß: „Tiefer atmen!“!)

Ein ganz leichtes Zittern habe ich noch in den Beinen. Ich sehe jetzt durch das Fenster an der Hauswand im Lichtschacht einen eckigen Sonnenlichtflecken, der bald wieder verschwindet und ganz schwach wieder erscheint, schwächer wird, verschwindet, stärker wird etc.; also ein sonniger, leicht bewölkter Tag spielt sich draußen ab.
Meine Medizin habe ich schon eingenommen. Nun aus dem Angstknäuel endgültig herausgeschält meldet sich der Hunger. Ich freue mich aufs Frühstück.
„Herausgeschält“ heißt nicht, daß die Angst weg ist, sondern daß ich wieder zu einfachen Handlungen – wie essen – fähig bin.









(4.5.2018)











©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com


Donnerstag, 3. Mai 2018

939 Mein Zimmer strahlt


Ein schöner Morgen: hell, frisch, still. Mein Zimmer strahlt. (Ein dankbarer, tiefer Atemzug.) (Atmen ist leben.)

Im Traum war ich im Pyjama geil hinter einer Ex her; durch die ganze Stadt habe ich sie gesucht. Gottseidank, es ist eh nichts d'raus geworden. Ich muß lächeln. Was heißt „müssen“! Das weiß ich gar nicht: ich lächle halt.

Nein, dieser Morgen ist ganz realistisch: unvermischt, klar, irdisch. Es ist nichts falsch mit diesem Zimmer, mit mir, mit dieser Welt. (Falsch ist am Träumen auch nichts.)

Ich genieße diesen Morgen ohne Angstattacke. Ganz ruhig lehne ich an der Rückwand meines Bettes und freue mich still und innig über mein schönes Zimmer, die Stille und den feinfühligen, keinesfalls grellen Morgen.

(Ein tiefer, dankbarer Atemzug.)

Oh, wie ist das Zimmer schön und reich! (Ein tiefer, dankbarer Atemzug.)

Die leichte, vorsichtige, zurückhaltende Hoffnung keimt auf, daß die eisernen Bänder um meinem Herzen (Froschkönig!) zu brechen beginnen. (Ein tiefer, dankbarer Atemzug.) naja, „brechen“ - daß er sich ein wenig aufzulösen beginnt.

(Ein tiefer, dankbarer Atemzug.)

Jetzt werde ich fast ein wenig aufgeregt und ängstlich (das ist eben nicht "die" Angst), daß so ein Morgen gar nicht sein kann. Aber der schöne Morgen löst sich nicht auf. Er bleibt. Er ist stabil. Und ungewöhnlicherweise für diese Uhrzeit bleibt er auch still.
Stimmt etwas mit meinem Gehör nicht? Nein, ich höre das Schnurren der Katze ganz normal.

(Ein tiefer, dankbarer Atemzug.)

Ich kann es kaum fassen: ein Morgen ohne Angstattacke, ohne Selbstbeschuldigung, ohne „ich sollte“, „ich muß“ …

(Ein tiefer, dankbarer Atemzug.)

Ich traue mich zu glauben, daß die Heilung begonnen hat.

(Ein tiefer, dankbarer Atemzug.)








(3.5.2018)











©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

938 Gewitter und Wolkenbruch


Gewitter und Wolkenbruch. Der Regen trommelt gegen die Fensterscheiben und das Fensterblech. Blitze, die ich hier nicht sehen kann und Donnerschläge, die ich hier höre.
Einmal eine andere Musik. Ich freue mich und stelle mir vor, wie jetzt die trockenen Böden das Wasser aufnehmen und die Pflanzen und Bäume zu trinken beginnen. Ich freue mich auf die gereinigte Luft nachher, wenn ich das Fenster aufmachen werde. Ich freue mich, daß das Leben weitergeht.
Es kracht nochmals so richtig, aber der Regen läßt schon nach. Ach, ich freue mich so über den Regen! Mein Gemüt hellt sich auf und ich juble innerlich.

Der Sturzregen kehrt in meinen Lichtschacht zurück.

Eine fast religiöse Dankbarkeit steigt in mir auf und ich will mich gleich mißtrauisch machen. Nein, die kindliche Freude ist stärker. Himmel und Erde vereinigen sich und bringen alles zum Wachsen, Grünen und Blühen. Der Film, der in mir abläuft, hat ein Happy-End. Sogar die Sahara wird wieder fruchtbar.









(2./3.5.2018)











©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

937 Fast immer


Ich will es hier notieren: Fast immer, wenn ich einen der zuerst handgeschriebenen Texte – bei deren Entstehung ich meistens gehörige Zweifel über ihre Sinnhaftigkeit habe – wenn ich also einen Text in den Computer tippe, bin ich glücklich. Ja, ich bin dann glücklich. Das will ich nur gesagt haben.
Und ich glaube, ich muß mir das Glücklichsein nicht verbieten, und das Schreiben auch nicht. Amen.









(2.5.2018)










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Mittwoch, 2. Mai 2018

936 Mit der bloßen Angst kenne ich mich aus


Ich wache aus einem vergessenen Traum auf, liege drei Sekunden ruhig da, dann sehe ich vor meinem inneren Auge eine Hand, die einen Einschaltknopf um einzuschalten nach links dreht, dann weiter nach links um die Lautstärke zu erhöhen. Wem die Hand gehört - ob mir oder jemand anderem – das weiß ich nicht; was eingeschaltet und aufgedreht wurde war jedoch die Angst. Sie fängt ganz unhörbar an und wird dann immer lauter, bis sie meinen ganzen Innenraum ausfüllt.
Ich kann mich aber abfangen, sodaß ich nicht in Panik verfalle. Und mit der bloßen Angst kenne ich mich aus, mit der kann ich umgehen, mit der lebe ich schon ein ganzes Leben.
Ich atme. Ich beruhige mich. Ich versuche, mich zu entspannen. Ich greife zu einem Buch um zu lesen.








(2.5.2018)










©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

935 Ich bin ein Humorist


Es kribbelt in der Brust. Genaugenommen im Inneren ihrer Außenseite, also im Rippenschild, der sich über Herz und Lungen wölbt. Als ich das feststelle, weiten zwei unwillkürliche, tiefe Atemzüge diesen Panzer, und als ich es hinschreibe nocheinmal zwei („nocheinmal“ bedeutet etwas ganz anderes als „noch einmal“ - nur weil mich der Computer immer korrigieren will. Wenn das wirklich die Rechtschreibregel ist, dann muß sie ein Haufen von Volltrotteln festgelegt haben). Müdigkeit und Trauer sind jetzt einer festen, stillen und - wie ich behaupte - gesunden Wut gewichen. Ich schürze die Lippen und denke: ich bin gescheit und viele, sehr viele sind blöd. Ich muß laut auflachen wegen dem, was ich da herschreibe. Ich gehe davon aus, daß meine Leserinnen schon verstehen, daß ich ein Humorist bin (vielleicht manchmal etwas klandestin). Und heimlich größenwahnsinnig, wie alle, die nicht allzu viel von sich halten.

Na gut, dieser ganze Cocktail hat sich rechtzeitig vorm Einschlafen doch noch zu einer friedlichen Mischung gemixt. Fröhlich und kichernd lege ich mich zum Schlafen.









(1./2.5.2018)












©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

934 Ich habe keine lange Nase


Ich blicke irgendwie tollpatschig durch meine Lesebrillen aufs Regal gegenüber, wodurch alles verschwommen ist. Etwas spitzes geht von meinem Gesicht aus. Nein, ich habe keine lange Nase, weil ich so viel schwindle – eher ist es wie eine durchsichtige Gasmaske, die nach vorne spitz zuläuft. Aber das verflacht sich bald wieder. (Ich konzentriere mich auf die Seitenarme und Sackgassen meiner Wahrnehmung.) Ein Kribbeln läuft über meine Schädeldecke mit schwachem Ausläufer den Hinterkopf hinunter. Die Ohren zieht es dabei nach hinten.

Jetzt weiß ich nicht weiter. Ich hocke an der Rückwand meines Bettes und nichts fällt mir ein. Ich warte. Meine heutige Lektüre und mein heutiger Fernsehkonsum gehen mir noch in Form von Gedankensplittern und Szenenschnipsel nach, aber führen zu keinem aufschreibbaren Ergebnis. (Höchstens, daß ich mich freue, daß heute Sturm Rapid geschlagen hat – das könnte ich herschreiben.)









(29.4.2018)










©Peter Alois Rumpf    April/Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com