Mittwoch, 23. Mai 2018

954 I Herz Mistakes


(Mitternacht (SZ). Welche Gespenster kommen? Keine. Doch! In Form von Gedanken. Angstvolle Gedanken (Hoffentlich keine Zukunftsvisionen! Aber ich bin eh beim Arzt!), die Böses hervorholen wollen (Ich fürchte nicht um mich, sondern um euch und unsere Kinder und Kindeskinder). Ich wehre mich. Ich lasse sie ins Leere laufen und verschwinden.)


Sechseinhalb Stunden später:
Meine alte Freundin, die Angst, macht ihre Morgenaufwartung und besucht mich am Bett, gleich nach dem Aufwachen. Sie muß ganz aufmerksam gewartet haben, bis ich die Augen aufgeschlagen habe.

Das Leben rundherum gewinnt an Fahrt – um einmal eine vermutlich falsche und äußerst verdächtige Metapher zu verwenden – aber ich werde noch etwas weiterschlafen.

Frau Angst, was willst du von mir? Heute und überhaupt? Kämpfen und Flüchten kann ich nicht, denn du lähmst mich. Damit ich mich totstelle? Ist die Gefahr noch immer so groß? Vierundsechzig Jahre lang? Die Zeiten, wo der erstgeborene Sohn dem Moloch geopfert werden mußte, sind doch schon längst vorbei! Oder? Was von deiner Botschaft habe ich noch immer nicht verstanden?

Die Konzentration um diese für mich nachtschlafene Zeit (auf meinem Schreibtisch liegt ein Radiergummi mit der Aufschrift: I Herz mistakes) fällt mir schwer. Die Augen fallen mir immer wieder zu, während ich auf die Antwort warte. Der Knoten im Bauch löst sich dabei vorerst nicht auf. Ich denke an den Grimming und seine Steinschläge und Todesopfer. Bei diesem Thema waren wir schon. Gut, ich will nicht ungeduldig sein. Beim geduldigen Warten und Spüren schlafe ich wieder ein.

Ich bin eingetunkt, wie man bei uns zu Hause gesagt hätte. Dabei taucht eine falsche Erinnerungsszene auf, denn der Kindergarten war nie im alten Volksschulgebäude, sondern im ersten Stock eines Nazibaus, wo man bis vor ein paar Jahren noch das Hakenkreuz an der Außenwand durch die dünne Übertünchung durchschimmern gesehen hat. (Die Hausnummer, wo ich aufgewachsen bin, war übrigens 88.)

Habe ich mich jetzt von meiner Angst ablenken lassen? Ich schaue nach. Oh! Jetzt habe ich geträumt, daß ich ein paar ganz wichtige Sätze – die Antwort der Frau Angst – aufgeschrieben habe und mit dem Augenaufschlag hatte ich sie schon vergessen. Sie stehen nicht auf dem Papier.

Eingetunkt habe ich versucht, sie wieder zu finden – oder waren das schon wieder andere Sätze und Bilder? Auch sie sind nach dem Auftauchen weg.

Jetzt löst die Frau Katz die Frau Angst ab und setzt sich mit einem Sprung zu mir aufs Bett.

Ich betrachte irgendwelche Schaufenster (in Paris?), aber was ich da zu sehen bekomme, hält der Realität nicht stand und hat sich aufgelöst.

Frau Angst, kann ich mich darauf verlassen, daß Sie jetzt weg sind? Ich meine für heute. Keine Antwort, aber darauf folgt ein tiefer Atemzug. Und darauf wieder entglittene Sätze, Bilder und (Pseudo?)Erinnerungen.

Frau Katz meldet sich und meint, ich hätte mich jetzt mit ihr zu beschäftigen.

Zwei traumhafte und riesige Insekten tanzen vor meinem Gesicht herum. Als ich sie verscheuchen will, zuckt meine rechte Hand, die auf der Katze gelegen ist.

Wieder eingetunkt locken mich etwas Ver- Zensur! und etwas Vergangenes. Schnell bin ich wieder heraufgeschnellt.

So! Jetzt wird mir dieses Hinundhergependel zu blöd: schlafen oder aufstehn! Entscheide dich!

Mir fallen meine als Notizbuchstützen aufgestellten Beine um und werde so wieder aus dem Schlaf gerissen. Die Kirchenglocken, die ich eigentlich gern höre, läuten heute unangenehm hektisch und wie verrückt. Wieder ein paar Sätze in die Traumwelt und nicht ins Notizbuch geschrieben. Ein mittelgroßer, unheimlicher, ganz schwarzer Autobus kommt von links. Ich strecke meine Beine und lasse das Notizbuch umfallen. (Diese Schreiberei hat in Echtzeit zweieinhalb Stunden gedauert.)








(23.5.2018)














©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

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