956 „Aufgegeben wird nur ein Brief“
(Knapp vor Mitternacht am Vortag: Auf dem kleinen Bild sehe
ich eine Todesfratze. Ich brauche ein paar Sekunden, bis ich mir's wieder zurechtgerückt
habe und weiß, was es in Wirklichkeit darstellt. Das nur als kleine Notiz.)
Ich wache auf und liege so da, wie üblich, mit den üblichen
Ingredienzien. Traumreste, Gedankensplitter, Bilder, Angstmoleküle kreisen in
meinem Kopf herum und ich lasse sie kommen und gehen. Wenn es denn wirklich im
Kopf ist. Dann taucht die Szene von einem alten Mann auf, der Tai-Chi übt. Ich
habe das vor einiger Zeit im Internet angeschaut. Die schönen fließenden
Bewegungen, die meditative Arbeit an Körper und Geist. Schon damals habe ich
Sehnsucht nach den Tensegrityübungen bekommen, die ich schon seit Wochen so gut
wie aufgegeben hatte. Oder besser gesagt: Es ist mir nicht gelungen, mich dazu
aufzuraffen. Ich konnte mir keine Befehle mehr geben. Aber jetzt, jetzt kommt
diese Sehnsucht wieder und ich hoffe, daß sie diesmal von innen und nicht von
außen kommt. Ich wittere meine Chance und werde ganz aufgeregt. Aber wo kann
ich jetzt üben? Ich gehe im Kopf durch, welche Räume wann besetzt sind. Wenn
ich bis zum späteren Nachmittag warte, da fürchte ich, daß ich meinen Impuls
nicht so lange aufrecht halten kann und er vorher schon zusammenbricht. Es
schaut nicht gut aus und ich bin schon dabei aufzugeben. (Gottseidank ist mir
in diesem Moment dieser blöde Spruch vom „Aufgegeben wird nur ein Brief“ nicht
eingefallen. Dann hätte ich sofort aufgegeben. Bei so pseudokraftstrotzigen Sprüchen assoziiere im immer die Nazis. Ich glaube, meistens zu recht. Damit
will ich nichts zu tun haben!) Aber wenn ich den Wäscheständer dort hinüber
stelle und die Matte weggebe und noch ein paar Sachen zu Seite schiebe, müßte
es auch im Atelier heroben gehen. Ich bin so aufgeregt, daß mir fast schlecht
wird. Ich wundere mich über diese heftige Reaktion und verharre noch ein wenig
in diesem inneren Kampf. Ich will mitbekommen, was sich da eigentlich abspielt.
Ich zögere, noch abzuwarten, weil ich fürchte, daß dann der Impuls vorbei ist.
(Ich habe nicht viel Vertrauen in mich.) Dennoch entscheide ich mich, diesen
Konflikt noch anzuschauen und das dann aufzuschreiben.
Das sollte genug sein und ich lege jetzt das Notizbuch weg.
Wir werden sehen.
(24.5.2018)
©Peter Alois Rumpf
Mai 2018
peteraloisrumpf@gmail.com
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