Dienstag, 31. Juli 2018

1048 Der Entschluß


Wie ich heute Nacht so wach liege, war ich endlich in der Lage, in einer hinausgeschobenen Sache einen Entschluß zu fassen. Mein Plan ist es schon seit Jahren, meine alten, essayistischen Texte zu überarbeiten, weil ich sie so nicht mehr schreiben würde, aber sie sich dennoch um mir sehr wichtige Themen drehen. Zwar lasse ich sie so stehen, wie sie sind, aber schreibe Ergänzungen aus heutiger Sicht dazu. So kann sich die Leserin/ der Leser ein besseres Bild von der Entwicklung machen – ich glaube, das ist interessanter als die Texte einfach „auszubessern“. Jetzt hatte ich endlich eine Idee, wie ich das angehen könnte: ich trinke zum Frühstück meinen üblichen Kräutertee, meist den für die Leber, ergänzt mit ein wenig Brennessel und dem bitteren Tausendgüldenkraut. Aber den Kaffee hebe ich mir fürs Paim auf. Denn gleich nach dem Frühstück werde ich dort hingehen und nehme meine gebundene Sammlung meiner ersten 23 Texte mit – damals in der Illusion, daß das mehr als zwei Personen interessiert, angelegt – genügend Zettel und fange mit Text 1 an. Zu Hause – ich weiß nicht – der Schreibtisch ist vollgeräumt, dauernd fällt mir etwas ein: Blumen gießen, etwas essen, dies und das. Ja, im Paim (Espressobar) könnte es gehen. Der Entschluß ist gefaßt.

Und so mach ich es auch. Zwar habe ich bis halb Zehn geschlafen, weil ich in der Nacht lange wach gelegen bin, aber das ist egal. Als allererstes: rasieren. Gut, das Badezimmer ist besetzt. Warten. So, jetzt ist es frei. SMS am Handy. Das kläre ich auch. Erledigt. Frühstück. Ich mache mir eine Kanne Kräutertee. Was übrig bleibt, gieße ich in eine Karaffe und nehme so den Tee in mein Zimmer hinauf und trinke ihn über den Tag verteilt. Zum Umgießen brauche ich ein kleines Trichterchen. Ich suche es und suche es und finde es nicht. Eine meiner Töchter hat ihre Schlüssel verloren und ich muß noch irgendwo ein oder zwei Ersatzschlüssel haben. Suchen. Finden. Übergeben. Den kleinen Trichter suche ich immer noch. Weil ich mich schon oft dabei blamiert habe, wenn ich losschreie: “verdammt! Wo ist denn schon wieder mein Trichterlein!“ und sich dann herausstellt, daß es direkt vor meiner Nase liegt, such ich alles fünfmal durch. Laden, Ablagen, Geschirrspüler, Kastln …  Meine Frau hat wieder einmal umgeräumt und nichts ist mehr dort, wo ich es gewohnt bin. Mein Ärger steigt, aber ich hüte mich loszubrüllen, nicht nur wegen der Tageskinder, sondern wegen der möglichen Blamage. Gut, aber wenn ich zum Arbeiten kommen will, muß ich das Ding finden!
Meine Frau ist als Tagesmutter im vollen Stress, ihre ganze Aufmerksamkeit und Konzentration gilt ihrer Arbeit und den Kindern. Deshalb spreche ich sie währen ihrer Arbeit nach Möglichkeit nicht an. Aber jetzt muß ich sie fragen: „ich suche mein Trichterchen, hast du eine Ahnung …?“ „Das habe ich oben in den Kaffeefilteraufsatz gelegt.“ Der steht auf dem obersten Ablagebrett und von unten kann ich nicht oben reinschauen, aber da ist es wirklich. So vergeht die Zeit. Umgießen, Rauftragen. Ich mache mein Bett und fange an, alles für meine Schreiberei zusammenzupacken. Aber meine andere Tochter braucht ein Pflaster und ich bin der Letzte, der noch welche auf Lager hat; alle anderen Depots sind schon ausgeräumt und wurden nicht nachgefüllt. Gerade deswegen habe ich ja den Hang, mir meine separaten, anfänglich geheimen Depots verschiedenster Dinge anzulegen, bin dann aber nicht hart genug, sie konsequent zu verheimlichen, sodaß bald doch alle wissen, bei mir könnte es noch dies und das geben (Kugelschreiber, Bleistifte, Pflaster, Reserveschlüssel, Klebebänder, Plastikhüllen, Kuverts, Hefte, Papier …) und auch meine Depots werden ausgeräumt, ohne daß die Dinge, wenn sie ausgehen, nachgekauft oder wenigsten auf den Einkaufszettel notiert werden, und auch so stehe ich manchmal vor meinen leeren Depots und wundere mich, wo alles hingekommen ist. Diesmal aber bin ich anwesend und finde ein Pflaster und gebe es meiner lieben Tochter.

Ich mache mit dem Einpacken meiner Schreibutensilien weiter. Anruf meiner Tochter (der mit ohne Schlüssel), sie ist nämlich schon unterwegs: es ist ihr gerade eingefallen, daß sie heute noch ihren Meldezettel braucht, ob ich weiß, wo der ist. Nein, weiß ich nicht, aber ich kann ihn suchen, denn morgen früh fahren sie schon weg. Jetzt fangen schon die Kaffeentzugsymptome an, ich werde immer hektischer und verschwitzter, und ärgerlicher, letztlich aber nicht auf meine Familie, sondern auf mich, weil ich mich so leicht ablenken lasse und meine Arbeit, das Schreiben, so wenig schützen kann.
Diesmal gehe ich gleich zu meiner Frau und frage, wo der Meldezettel sein könnte (früher hab ich alle Dokumente unserer Kinder verwaltet, inzwischen ist das meiste schon zu ihr hinübergewandert). Sie gibt mir einen Tipp, wo der Zettel sein könnte, aber suchen muß natürlich ich. Ich blättere einen ganzen Stoß loser Papiere durch und finde zuerst eine Kopie des Meldezettels auf einem Blatt, wo auch der Meldezettel der anderen Tochter kopiert ist. Ich nehme die Schere und schneide das Blatt auseinander. Weil ich nicht sicher bin, ob eine Kopie genügt oder ob das Original vorzulegen nötig ist, suche ich weiter und finde wirklich den gesuchten Zettel und lege ihn meiner Tochter auf ihren Schreibtisch. Ich denke noch, es wäre fair, wenn ich ihr simse, daß ich ihn gefunden habe, denn am Telefon vorhin habe ich noch gesagt, daß ich keine Ahnung habe, wo er ist. So mache ich es.

Endlich habe ich alles beisammen und gehe los ins Paim, nicht ohne mir vorher noch mit meiner anderen Tochter ein halb scherzhaftes Wortgeplänkel über meine Belehrungssucht zu liefern.

Endlich! Mit zwei Stunden Verspätung bin ich dort und endlich Kaffee, der alles runder macht.
Was mich jetzt noch von meinem Arbeitsplan abhält, ist nur die Einbildung, daß ich das alles noch erzählen und aufschreiben muß. Also. Einen zweiten Cappuccino, bitte! In Gottes Namen,  geh'n wir's an!









(31.7.2018)













©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1047 Irrsinn


In der Hitze denke ich alles Mögliche, an meine alten Wohnstätten und meine Exen (Plural ist fast ein wenig übertrieben), aber alle Gedanken vertrocknen bevor sie irgendwo hingekommen sind. Das ist das Zermürbende bei einer Hitzewelle. Aber es gefällt mir auch; die Rationalität wird schwächer, die angewöhnten Ängste auch. Ein Gefühl, daß bald alles möglich ist, auch der Irrsinn. Ich hoffe dabei auf einen fröhlichen Irrsinn, der lebensfroh ausbricht. Am besten dafür wäre Tanzen (in einem kühlen Discokeller – zu meiner Lieblingsmusik). Wie war das mit König David, der so ausgeflippt getanzt hat, daß sich eine seiner Frauen aufgeregt hat? „Und David tanzte mit ganzer Hingabe vor dem Herrn. (…) … schaute Michal, Sauls Tochter (eine der vielen Frauen König Davids, PR) aus dem Fenster, und als sie sah, wie der König David vor dem Herrn hüpfte und tanzte, verachtete sie ihn in ihrem Herzen. (…) Als David zurückkehrte, um seine Familie zu begrüßen (seine Weiber wäre ehrlicher, PR), kam ihm Michal, die Tochter Sauls entgegen und sagte: Wie würdevoll hat sich heute der König von Israel benommen, als er sich vor den Augen der Mägde seiner Untertanen bloßgestellt hat, wie sich nur einer vom Gesindel bloßstellen kann.“ (2 Samuel 6, 1-23) (Andere Übersetzung: „Bei deiner halbnackten Tanzerei hast du dich vor den Sklavinnen deiner Hofbeamten schamlos entblösst. So etwas tut sonst nur das Gesindel.“) Das brauche ich bei meiner Frau wirklich nicht fürchten! Ich wette, sie ist ohne mit der Wimper zu zucken zu fast jeder Peinlichkeit bereit – zumindest bei einer a la Übersetzung 1. Wahrscheinlich habe ich die größeren Skrupel, auch wenn ich kein König bin. Welche Würde wird denn schon verletzt? Obwohl: vielleicht bin ich doch ein König. Ein König ohne Land zum Beispiel.

Nein, aber ein Tanz, der das Leben feiert und unsere Heimstatt – die Erde – im Angesicht der Unendlichkeit ehrt, kann nicht daneben sein.










(30./31.7.2018)










©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 30. Juli 2018

1046 Wassertrinken


Ich schalte mich durch mehrere Stufen hindurch, habe jedoch den Überblick verloren und weiß nicht, wo ich bin. Deshalb werde ich ein wenig nervös.

Ich verlasse irgendwie dieses Arrangement, aber ein unbefriedigender Nachgeschmack bleibt, wegen diesem Ungeklärten.

Verdammt, ich vergesse immer aufs Wassertrinken. Die allererste Morgendämmerung, noch fünfundzwanzig Minuten auf Fünf Uhr, Sommerzeit.





(30.7.2018)







©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1045 Juli


Jänner, Februar, März, April, Mai, Juni, Juli … phhhh!






(29./30.7.2018)









©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1044 Die Wand gegenüber ist so toll


In der kleinen Espressobar beginnt die Luft leicht zu moussieren, als wäre ein ganz feiner, fast durchsichtiger Nebel da, der sich sanft bewegt. Wenn ich mich jedoch darauf konzentriere, verschwindet das Phänomen – oder was immer es ist.

Freitag, drei Uhr Nachmittag, Sommerzeit, ist gerade vorbei, vorher haben noch die Kirchenglocken geläutet, sehr laut, sehr aufrüttelnd. Aber ich empfinde dieses Geläute immer noch erhebend, den Herzraum weitend, ja, beglückend. (Obwohl ich wieder ausgetreten bin (Gruß ans KiKaKo); ich habe meine verquirkste Liebesgeschichte endgültig beendet; der gescheiterte zweite (eigentlich dritte) Anlauf war sowieso bloß ein Döbereinerauftrag, dem ich mich unterworfen habe.)

Schreiben und Kaffeetrinken (sehr guter Kaffee – Paim!) stabilisiert meine Wahrnehmung. Der unsichtbare Nebel ist nicht mehr da.

Angenehme Musik, schlichter Jazz.

Letztens habe ich hier geschrieben, daß die Wand gegenüber so toll ist; zu Hause habe ich mir gesagt: so toll ist sie auch wieder nicht. Jetzt starre ich schon länger hin und diese Striche, Flecken, sozusagen zerkratzten Farbflächen finde ich wieder so interessant, so reich, so ganz in der Fülle des Seins (darf man das sagen?). Ich kann, wenn ich will, lange hinschauen, ohne daß mir fad wird.

Jetzt gaffe ich auf das Holz, aus dem die Bar gemacht ist und es gefällt mir sehr in seinen leicht bläulichen, verschiedenen Grautönen, wo manchmal noch das Gelbliche des Holzes durchschimmert, einfach zusammengezimmert aus schmalen, aufrechtstehenden Latten.

So! Nun bin ich verantwortungsvoll, gehe nach Hause (gestärkt von zwei Cappuccinos), hole die Einkaufliste meiner Frau, ergänze mit dem, was mir als fehlend aufgefallen ist, nehme den Trolly und gehe einkaufen.







(27.7.2018)










©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1043 Asyl


Ein schöner, stiller, angstfreier Morgen. Selbst daß ich durch einen – wie ich glaube – unseriösen, als Meinungsforschung getarnten Keileranruf geweckt wurde, stört die Ruhe nicht wirklich – nach dem Auflegen ist wieder die Stille. Zärtlich und stolz schaue ich auf meine Bücherwand gegenüber (ich weiß schon: hänge dein Herz nicht an …) und bin dankbar für mein schönes Leben und für mein Asyl, in dem ich endlich, endlich, endlich ausheilen kann.








(27.7.2018)









©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1042 Der Damm bricht nicht


Das erste Mal seit längerem wieder eine kleine Traurigkeit. Nichts schlimmes, nur so eine Wehmut. Ich weiß gar nicht, wovon ich mich verabschieden muß. Hinter den Augen das angesammelte Wasser. Der Damm bricht nicht, der Stausee geht nicht über. Wer weiß, vielleicht ist dahinter doch nur ein mageres Rinnsal, das versickert.








(26.7.2018)









©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 26. Juli 2018

1041 Friede!


Hi! Friede!

Ich sitze mit geschlossenen Augen in Frieden, die Zunge am Gaumen und versuche, meinen inneren Monolog anzuhalten, indem ich meine Aufmerksamkeit – die ich gedanken- und bilderlos zu halten versuche – auf meinen Atem lenke. Aber ich gleite ständig ab. Trotzdem genieße ich den stillen Frieden der einzelnen Augenblicke, bis mich irgendein Küchengeschepper aus dem Lichtschacht aus der versuchten Versenkung hochreißt. Nie wieder Krieg! - in mir selbst – wäre die Parole.

Das Lüftungsgebläse im Lichtschacht – soeben angesprungen – verstärkt und stützt mit seiner Monotonie gleich wieder die meditative, aber sicher nicht gedanken- und bildlose Stimmung. Ja, mehr noch, ich bewege mich so um das Einschlafen herum. Ich verharre noch ein Weilchen in dieser Tonlage, dann bin ich bereit aufzustehen und mir mein Frühstück zu bereiten.

Was mir gerade erst noch auffällt: ich habe schon länger in der Früh keine Angstzustände mehr. Ich erhole mich und heile langsam von einer lebenslangen Krankheit aus.









(26.7.2018)













 ©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 24. Juli 2018

1040 Gut in Verona angekommen


Gut in Verona angekommen. Nicht ich, sondern ein paar meiner Gene. Durch die Botschaft aufgepiepst hocke ich jetzt da und will mir etwas einfallen lassen. Die Katze befindet sich praktischerweise links, damit behindert sie mich nicht beim Schreiben. Oh! Jetzt klettert sie auf meine Brust und läßt sich dort nieder. Geht zur Not auch. Abgesehen davon ist es ein schönes Gefühl, diesen kleinen, warmen, schnurrenden Körper, dieses kleine, warme, schnurrende Wesen auf der Brust liegen zu haben.

Plötzlich springt sie runter und geht; und mir Einfallslosem beginnen die Augen zuzufallen und das Bewußtsein abzusinken in den inneren See; voll mit Musik ist meine träumende Seele.

„If you see me getting mighty
 If you see me getting high
Knock me down
I'm not bigger than life“   (RHCP)








(24.7.2018)










©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1039 Die Frau im Zimmer nebenan rumpelt


Die Frau im Zimmer nebenan rumpelt beim Yoga. Die Katze hat sich auf die Rückenlehne der Couch begeben und putzt meine Haare am Hinterkopf und dann schnurrt sie und wartet aufs Futter – wie ich annehme – aber wir (!) haben noch ein, zwei Stunden Zeit bis zum Abendmahl.
Ein Flugzeug dröhnt elegisch durch die nachmittägliche Stille, unterlegt vom leisen, herzerfrischenden Plätschern des Brunnens im Hof, in den Höhen überwölbt vom eigenen Ohrensurren. In Erwartung einer freudebringenden Epiphanie - die Erscheinung des kleinen, holden Mädchens findet bald statt.




Der uninformierte Vater befragt abends seine noch nicht ganz abreisebereite Tochter. Für die Uninformiertheit ist er selbst verantwortlich – er merkt sich nichts und vergißt alles. Die gebackenen Marillen duften. John Frusciante schweißt so dahin. Tschüss! Schöne Reise!








(23.7.2018)









©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1038 Ab in die Stadt!


Ich sitze vorm Geschirrspüler und achte darauf, ob er rinnt oder ob es uns gestern gelungen ist, das Problem zu lösen. Säße ich vor der Waschmaschine, würde ich durch das Bullauge auf die rotierende Wäsche schauen, da ich aber vorm Geschirrspüler sitze, kombiniere ich das rotierende Geräusch der Spritzvorrichtung mit dem Blick auf die Anzeige, die mit grünen Stricherln eine eckige Rotation im Uhrzeigersinn darstellt.

Nebenbei koch ich im Auftrag der Tagesmutter Karotten für die Tageskinder – eingekauft, geschält, gewaschen, geschnitten, ins Wasser in den kleinen Topf geworfen, zugedeckelt, Gas aufgedreht – alles selber gemacht. Das nächstemal werde ich eine fixe Anstellung mit Sozialversicherung, Urlaub, Urlaubs- und Weihnachtsgeld und allem anderen Pipapo verlangen! Sie kommt ja auch nicht ins Telefonstudio, um für mich zu telefonieren, oder mich wenigstens nach einer Beschimpfung zu trösten! (hihihi). (Ich höre eine Stimme sagen: „Papa, das ist unfair!“ Stimmt, mein Kind, stimmt!)
Was täte ich ohne diesen Dienstauftrag? Schlafen. So habe ich schon Kaffee getrunken und schwitze schon vor Tatendrang.

Der Geschirrspüler rinnt nicht! Super!

Warten, bis die Karotten durch sind. Kosten. Ich nehme eine Gabel aus der Bestecklade und will schon ein Stück anstechen … da … ja, da gerate ich ins Zögern und denke: ich warte noch!

Der Geschirrspüler gurgelt zum Erbarmen! Jetzt zeigt er an: 2:15. Ich nehme an, das sind Stunden und Minuten, die, die er noch braucht. Jetzt rotiert er nicht mehr, er pumpt. Jetzt holt er sich Wasser (er rinnt nicht!) und fängt wieder zu rotieren an, aber mit Anlauf, Stopp, neuer Anlauf, langsam, schneller, hört wieder auf (er rinnt wirklich nicht!). Das geht ein paar Mal so; er holt wieder Wasser, etcetera, etcetera.

Das Karottenwasser droht überzukochen. Deckel ab, Gabel, ein Stücklein aufgespießt, herausgeholt, abgelegt, warten, bis es ausgekühlt ist. … Hmm, noch fünf Minuten kochen lassen, schätze ich.

Scheiß drauf, ich trinke noch einen Kaffee. Nein, den trinkst du nicht! Doch! Nein! Ich will aber! Ich will aber! Ich will aber! Noch mehr schwitzen? Wurscht! Und baden? Wolltest du nicht baden? Doch, aber auch wurscht.

Die Anzeige am Geschirrspüler zeigt immer noch 2:15, obwohl schon mindestens fünf Minuten vergangen sind. Was zeigt die dann an?

Ich erkläre die Karotten für fertig, ohne es nochmals überprüft zu haben und richte meinen Blick nochmals auf den Boden vorm Geschirrspüler (Anzeige: 2:15): er rinnt nicht! Auftrag erledigt.

Ab in die Stadt zu den Biographien.

Biographie bestellt.









(23.7.2018)











©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1037 Wie man sich richtig rasiert


Ich bin glücklich. Musik, Familie, Befreiung vom großen Zampano. Und Zeit. Genug Zeit für mein kontemplatives Leben. Ich könnte tanzen und jubeln.

Ich habe erst jetzt kapiert, wie man sich richtig rasiert. Ich habe bis jetzt – wie bei allem – mit viel zu viel Druck gearbeitet, den Rasierapparat viel zu fest aufgesetzt.

Mir kommt vor, die erstarrten Krusten beginnen abzublättern. Wirklich, mein Herz jubelt. Singen könnte ich auch.

Ich bin gern in dieser Welt.








(22./23.7.2018)











©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 20. Juli 2018

1036 Komiker


Wißt ihr eigentlich, daß ich ein Komiker bin? Ein Komiker, den – auf sich allein gestellt – der Tod anschaut. Gerade eben hat sich die Tonbüste am Regal für ein paar Sekunden in einen Totenkopf verwandelt.

Und jetzt glitzert der Brocken Vesuvgestein daneben an einer Stelle so verdächtig – er leuchtet zu mir her; er – der Obige.

Der Dunstabzug im Lichtschacht lenkt mich ab und hüllt mich in seinen Lärm ein. Jetzt hat er aufgehört und die Stille ist … sie schreit stumm.
Trotzdem: ich habe keine Angst, die über das Kreatürliche hinausgeht.
Einige Buchrücken glänzen, als beginne ich schon oder bald in das letzte Sehen vor der Auflösung zu gleiten. Aber nicht vergessen: ich bin ein Komiker. Ein unernster, denn ich spiele mit diesen Dingen herum, als wären sie harmlos.

Ich drehe meinen Kopf nach links und schaue über die Schulter, ob ich dort den Schatten sehe, den Schatten! Ihr wißt schon …

Nein, ich sehe ihn nicht. Wie ich schon sagte: ich bin ein Komiker.


Dauernd höre ich ein Läuten an der Tür oder ein Klopfen. Ich springe auf und laufe hin – und nichts. Kann schon sein, daß irgendwo anders im Haus geklopft und geklingelt wird. Oder ich habe mir einen Klopfgeist eingefangen. Das wären eher die Unnötigen, Lästigen und Unbrauchbaren aus dieser Branche – zumindest aus menschlicher Sicht; so wie in dieser Welt zum Beispiel die Gelsen. Aber das Universum wird schon wissen …

Oder ist es wieder der … … der mich auf sich aufmerksam machen will? Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom oder freundliche Hilfestellung, mein Leben endlich zuordnen?







(20.7.2018)










©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1035 Vollgepumpt


Vier Uhr morgens. Noch ist es finster. Vollgepumpt mit gestriger Musik klopft mein Herz musikalisch. Der Wecker tickt stur, aber im Endeffekt moduliert er doch, gar nicht so unmelodiös. Mein Surren saust nur so dahin; ich sollte es der höchsten Töne wegen loben. Gleich breitet es sich mehr aus, um sich dann wieder etwas zu verengen. Ein bißchen wie Grillenzirpen.

In der Traumwelt läutet eine Türklingel, aber ich bin in der falschen Welt hochgefahren. Macht nichts! Ich schlafe weiter, ich steige wieder hinunter.







(20.7.2018)









©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1034 Vorhaben


Ich habe wieder ein Vorhaben. Für die nächsten paar Wochen ist mein Lebenssinn gesichert. Gut, das wäre also abgehakt.

Der nächste Punkt … ich hau mich hin.









(19./20.7.2018)











©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 19. Juli 2018

1033 Wie ein Tourist


Wie ein Tourist sitze ich auf einem – wie sage ich? - Baumbankerl in der Innenstadt mit Blick aufs Kapuzinerkloster, die Ohrstöpsel ordentlich aufgedreht um mich zu schützen und mein – hm! - Selbstwertgefühl (?) zu stärken; schon ein wenig hungrig und was? Nichts. Gar nichts. Der Wind streichelt meine kurzbehosten Beine, Touristenströme ziehen in und aus allen Richtungen vorbei, aber auch einzelne Gestalten. Ich fange beim Herumschauen unabsichtlich so einen Blick auf und werde gleich weitergehen.

Unter drei Linden habe ich mich niedergelassen und warte, bis die Kontrolle vorbei ist und ich wieder nach Hause kann. Am Gestade ohne Wasser sitze ich schön im Schatten und schaue mich um, während ich der Rosenmonarchie (RHCP) lausche. Mein Rücken sackt zusammen, vom aufrechten durchschneiden der Touristenströme auf steinernem Grund ermüdet. Eine Fußbodenmatte wird fast auf Polnisch ausgeschüttelt und die Geschäftstüre einladend offen gelassen. Auf dem Brunnen mit den vier kleinlichen Rinnsalen wird seit Jahrzehnten ein Ertrinkender gerettet (oder ein Ertrunkener geborgen).

Nur wenig Menschen passieren den Platz und das ergibt eine gelungene Balance zwischen Ruhe und Leben und den schönen Häusern gegenüber – die sind ohne jeden barocken Irrsinn und ohne jeden starren-schizophrenen Neunzehndes-Jahrhundert-Stil, wie etwa das Haus auf der anderen Straßenseite.

Ein gelb-schwarzer Marienkäfer (der Magna Mater Austriae geweiht?) kommt mein Notizbuch besuchen, dann meinen rechten Arm.

Beinahe gelingt in dieser hochsommerlichen Ferienstimmung die Illusion, noch jung zu sein und das Leben vor mir zu haben – wie die leichte Brise ein paar vertrocknete Blätter herumtreibt, dem habe ich doch schon damals zugeschaut, mit dem irrigen Gefühl, noch Zeit zu haben. Ein kurzer schüttelfrostiger Schauder läuft über meinen ganzen Körper – vielleicht ist es der Tod, der mir so das Gegenteil zeigen will.

Der Platz hier hat etwas optimistisches, auch in seinen modernen Elementen aus der Zeit, als die Zukunftshoffnungen noch intakt waren.

Die Polizeisirenen gehen exakt mit der Musik aus den Ohrenstöpseln.

Übrigens: anscheinend ist die Kontrolle nie vorbei, auch wenn ich lange warte.








(19.7.2018)










©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1032 Ja nicht ins Kaffeehaus!


Ein Kaffeehaus in der Innenstadt. Ich grüße die Kellnerin (der Tisch ist noch nicht abgeräumt und gereinigt), sie sagt nichts. Ich bestelle. Der Kaffee wird gebracht (und stellt sich dann als saugrauslig heraus) – keine Antwort, kein Muckser. Ich gehe mir Zeitungen holen.
Immer stelle ich mir das so toll vor: in Ruhe Zeitunglesen, Kaffeetrinken, eventuell ein bißchen schreiben. In Wirklichkeit ist es nervig. Spätestens nach zwei Zeitungen wird mir fast übel; ich bilde mir ein, das Personal ist unfreundlich, weil ich nur einen Kaffee trinken will und kein Frühstück oder Mittagessen bestelle. Es ist einfach beschissen. Und das nicht zum ersten Mal. Warum merke ich es mir nicht? Wieso ist meine Vorstellung aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts stärker als meine Erfahrungen? Ich gehe jetzt! Mein Gruß beim Hinausgehen wird von niemandem erwidert.
Ich war so hochmütig, daß ich mich von der Kellnerin nicht in schlechte Stimmung oder Unfreundlichkeit verlocken lassen habe.

Ja nicht in ein traditionelles Wiener Kaffeehaus! Die sind schon lange keine Asyle mehr. Nein, ich gehe nur mehr in die neuen, kleinen Kaffeebars, wie etwa das Paim oder Mima.








(19.7.2018)










©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1031 Die Stiegensperre ist schon montiert


Unser Wohnzimmer ist schon im Tageskindermodus – die Tür zum eigentlichen Kinderzimmer geschlossen – wegen unserer Katze und ihren Markierungsgelüsten, vor allem, wenn der Teppich für die Tageskinder ausgerollt ist – die Stiegensperre ist schon montiert, auch die Tür zur Schlafnische ist zu – der Wind rüttelt und scheppert alle halben Minuten an der Tür – die Spielsachen schon hergerichtet, die Klettergestelle schon aufgebaut.

„weltfremd“ ist für mich ein gutes Wort; es passt zu mir und beschreibt alles richtig. (Der Wind klackert mit seiner Lieblingstür gleich drauflos – ich hoffe, er meint es zustimmend – oder protestiert er etwa? Es klang fast ein wenig widersprechend – was? Ich belüge mich und die Welt damit? Wenn's eine gute Tarnung ist, ist nichts dagegen einzuwenden, oder? Was? Es sei übertrieben, selbst an die eigenen Schmähs zu glauben? Dann wäre ich aber ein exzellenter Schauspieler!)

Unterbrechung. Anruf annehmen.

Der Wind geht durchs Zimmer und streift sanft über meine nackten, kurzbehosten Beine. Daraus entsteht das Gefühl, als würde bald etwas bedeutendes passieren, während ich als so eine Art Türsteher herumsitze.

So, jetzt habe ich meinen Dienst als sitzender Türsteher und Aushilfsdienstmann erledigt und ich amüsiere mich selber darüber, wie ungeschickt ich mich bei ganz normalen, normalerweise unproblematischen Vorgängen anstellen kann, wenn jemand, den ich als sozial höhergestellt einstufe – und das sind eigentlich alle – involviert ist. Ich mache dann unabsichtlich - oder „mit unbewußter Absicht“ (W.Döbereiner) – den tollpatschigen Trottel („wia nehma'n?“). Und zu recht! Zu recht! Das kommt davon, wenn man nicht die eigenen Kämpfe austrägt.










(19.7.2018)










©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1030 Ich schreibe links


Die Katze zur und auf meiner Rechten schreibe ich links und weil es vielleicht leichter geht auch gleich von rechts nach links. Ich warte auf Eingebungen aus der rechten Gehirnhälfte: die einzige lautet aber: ich will schlafen!









(18./19.7.2018)










©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 17. Juli 2018

1029 Zur angelehnten Thür


Wir sind in der Morgendämmerung und eine Schar Krähen, die sich über meinem Lichtschacht zusammenschreit, durchbricht die Stille und ruft bei mir einen leichten Alarm aus. Was ist da im Gange? Und Krähen, die haben doch etwas mit dem Schicksal zu tun? Ein zweitesmal überfliegt eine Krähenschar schreiend den Lichtschacht. Der Alarm surrt in mir weiter, als es schon wieder ganz still ist. Das Weckerticken stolpert so mit; eindeutig sind sein Rhythmus wie seine Lautstärke unregelmäßig. Ein Geräusch, wie wenn etwas großes, schweres über den Boden geschliffen wird, das ich nicht zuordnen kann; dann kracht die Haustür zu und mein Magen knurrt.

Jetzt kräht ein einzelner Krähenvogel über dem Lichtschacht, kurz, dann ist er wieder still. Mein Bewußtsein sickert langsam in den Schlaf zurück und schreckt von Zeit zu Zeit hoch, um dann wieder abzusinken. Ich drehe das Licht ab und lege mich mit dem Rücken zur Wand und dem Gesicht zur angelehnten Thür.

Ich hebe meinem linken Arm und will im Dunkeln etwas wegschieben oder die Decke glätten, aber es gelingt nicht. Erst beim dritten Versuch merke ich: mein linker Arm bewegt sich gar nicht; ich habe sozusagen einen „Geisterarm“ ausgefahren, der aber in dieser Welt nichts berühren kann.

Ich schlage die Augen auf und sehe, die Katze hat sich zu mir gelegt. Ich schließe kurz die Augen und mache sie wieder auf: die Katze, die ich an meinem Körper spüre, ist nicht da. Beim drittenmal kann ich sie wieder sehen.

Jetzt bin ich ganz sicher wach und höre eine Frau singend das Stiegenhaus hinuntergehen und auch mir geht dabei durchaus ein wenig das Herz auf.










(17.7.2018)













©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1028 Über mich und mein Zimmer


Über mich und mein Zimmer in der Nacht vorm Einschlafen und in der Früh nach dem Aufwachen habe ich genug geschrieben. Es schaut so aus, als gäbe es für mich hier kein Thema mehr. Mir kommt vor, meine Seele ist ausgetrocknet und mein Geist … träge. Mein Körper – nun, der ist einfach, und müde.

Die altbekannten tiefen Atemzüge wiederholen sich. Nichts zeigt sich. Wie immer in so einem Fall lausche ich in die Welt hinaus und lande bald bei meinem Ohrensurren, das mich wieder in mein Inneres zieht. Ich schließe die Augen um besser zu hören. Mein Unterkiefer schabt noch ein wenig am Oberkiefer herum – das ist schon ein Erfolg meines Befehls, nicht ständig die Zähne zusammenzubeißen. Das lächerliche Gesicht der Anstrengung. Ein tiefer Atemzug, der nicht ganz gelingt: das Zwerchfell geht nach oben statt nach unten und die Brust wollte oder konnte sich nicht dehnen („Heinrich, der Wagen bricht...“). Mein Geist – oder was das ist – taumelt zwischen Größenwahn und Selbstbezichtigung herum, aber nicht sehr engagiert; ich werde einschlafen können. So versuche ich es mit dem Träumen.









(16.7.2018)














©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 16. Juli 2018

1027 Ein erzwungener Morgen


Ein erzwungener Morgen. Lieferung von acht bis siebzehn Uhr. (Dabei war ich um zwei Uhr dreißig noch wach.)
Im Wohnzimmer mit den weißen Wänden ist es so still. Langsam sammelt sich mein Geist über das Funktionelle - wie rasieren, Kaffee aufwärmen, aufsperren, Geschirrspüler leerräumen … hinaus.
Dann wieder ein kleiner Rückfall ins Funktionelle: Korrigieren des vorigen Textes inklusive Striche ziehen (Wie Architekten alles erklären), dabei bleibe ich hängen und denke mir einen Umbau unserer Wohnung aus. (Reine Phantasie! Ohne Lottogewinn oder sonst ein Wunder völlig unrealistisch!)

Ich versuche wieder in die Gegenwart zurückzufinden: elegisch – ferner Verkehrslärm, Vogelgezwitscher, Sonnenlicht, blauer Himmel ...verdammt! Ich komme aus dem „Amtssprachen“ - Stil nicht raus!
Ist in der „Amtssprache“ (vergleiche, was M. Rosenberg über Eichmann und seine Sprache sagt) die typische Vermeidung von Verben, beziehungsweise ihre Neutralisierung mit „Es“- Sätzen und deren irrwitzig-bürokratische Ausformung – zum Beispiel: … „ist hintanzuhalten“ - der Verweigerung, die Verantwortung für die eigenen Handlungen zu übernehmen, geschuldet?

Vielleicht brauch ich gar nicht in der Gegenwart sein, weil ich die Vergangenheit – jetzt hätte ich fast geschrieben: „aufräumen“ muß? Wieder verdächtige Sprache! Die Wehrmacht „räumt im Osten auf“, „der Wald da gehört aufgeräumt“, und der Garten auch („Rasennazis!“ Danke Thomas Maurer).


Jetzt bin ich ganz froh, hier in der Stille zu sitzen und zu warten; jetzt gefällt mir das sehr gut. Ich schaue wie so oft an der Holztreppe vorbei in die erleuchtete Küche, ein Anblick, den ich gerne habe, und drehe ab und zu meinen Kopf nach links, um durch unser verwachsenes Fenster im Hof die windbewegten Bäume zu bewundern und den strahlend blauen Himmel.

Lesen kann ich. Lesen.








(13.7.2018)








©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1026 Willkommen hier auf Erden


Schon länger nicht mehr gemacht, aber aus gegebenem Anlass: Räucherwerk (ich habe „Räuberwerk“ geschrieben), Weihwasser, Gebet um Segen (ein Krieger benutzt skrupellos alles, was er auf seiner Bühne vorfindet, wenn er es brauchen kann). (Zwar bin ich kein Krieger, dafür aber in ständige innere Kämpfe verstrickt.) (Übrigens: gleich hängt sich mein heimlicher Größenwahn dran und will mir weismachen, daß meine Gebete und Segenswünsche viel bewirken und ich damit eine gute Handlung vollzogen habe.)

Übrigens: gestern habe ich einem schwarzafrikanischen Augustinverkäufer eine Zeitung abgekauft und Trinkgeld gegeben (wäre eine Sauerei, wenn er unsere Kultur mißachtete und das Geld nicht vertränke, nicht wahr?), worauf er sich dankend ein wenig verneigt und gesagt hat: „God bless you!“ Ich habe mich auch dankend verneigt und ein Kreuz geschlagen und ebenfalls einen Segen gesprochen. Eine so schöne Kommunikation auf der Straße zwischen Fremden ist mit Wienern schwer vorstellbar.

Meine kleine Zeremonie hatte ich schon beendet und mich schlafen gelegt. Soeben ist der Anruf gekommen: das Baby ist da! Ein Kind ist geboren! Willkommen hier auf Erden! Möge die Kraft dich segnen und behüten und dir ein tolles Leben schenken, und sie lasse ihr Angesicht über dich leuchten!









(12./13.7.2018)










©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1025 Fröhliches Arbeiten


Die weißen Wände im Wohnzimmer. Von der Baustelle schräg gegenüber kommen unglaublich laute Radioschallwellen voller hysterischer Werbungsstimmen. Was für eine Aufregung!

In der Küche ist gelbes Licht, das durch die immer offene Tür hereinleuchtet. Wie schön es hier ist! Auch die undeutliche Musik von der Baustelle, die mit Gehämmere, Gebohre („Booaaaaa!“) und Geschleife herüberkommt, gefällt mir in dieser werbungslosen Phase in dieser Mischung. Gottseidank: das Quitschen der Metallräder kommt rechtzeitig zum nächsten Werbeblock.

Fröhliches Arbeiten drüben.







(12.7.2018)









©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1024 Mein phantastischer Alltag


Noch ziemlich in Schlaf- und Traumtaumel. Kopfweh. Wahnsinnssurren. Entspanne mich allmählich in der Schreibhockstellung. Mein Körper als Ganzes und meine Organe einzeln sind an ihren Grenzen noch weich und unbestimmt. Verwunderlich, daß sie so überhaupt funktionieren (oder funktionierte vorher etwas anderes und sie übernehmen gerade allmählich ihre Funktionen?) Schaukelnde Wellenbewegungen laufen durch meinen Rumpfkörper und um ihn herum. Sekunde für Sekunde wird die ganze Chose stabiler und fester. Und wenn wir ehrlich sind: fader. Ich jedenfalls finde das Stadium zwischen dort und hier interessant. Dort – glaube ich – wäre noch interessanter, aber ich erinnere mich nicht.

Jetzt kommen schon die weltlichen Gedanken: Frühstück, die heutigen Erledigungen, Zeiteinteilung, Facebookkommentare und Repliken darauf, politisches Tagesgeschehen, achja! Und ich denk mir schon wieder siegreiche Auseinandersetzungen aus: in meinem phantastischen Alltag angekommen!








(12.7.2018)











©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1023 Die Rückkehr des Jediritters


Was mir alles so mit geschlossenen Augen einfällt:

Die Rückkehr des Jediritters.
Das letzte Aufbäumen.

Und dann plötzlich: Die Wand mit dem blauen Klebebandstreifen ist aus meinem Inneren herausgeschossen gekommen. Als ich nämlich meine Augen öffne, ist noch nichts da und ich sehe bloß eine kleine Kugel, die aus meiner inneren Mitte kommt, blitzschnell nach außen schießt und sich dabei ausbreitet wie ein Regenschirm oder ein Feuerwerk oder das Universum und zack! die Wand und alles ist da, dann gleich fest und starr.

Also wird das Bild der Wirklichkeit im Inneren erzeugt und nach außen projiziert. Ich habe es genau gesehen! Und nicht zum ersten Mal in letzter Zeit.

Mehr fällt mir jetzt nicht mehr ein.








(10.7.2018)








©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1022 Ysop


Nacht. Husten von der Straße und müdes, heiseres Geflüster. Die Reispflanze, die Wegwarte, Klee, Gras, Ysop und andere, von denen ich den Namen nicht weiß. San Pedro. Ich gehe die paar Schritte und schaue durchs offene Fenster auf die Straße. Ich kann nicht schlafen. Fledermäuse sind unterwegs.








(8./9.7.2018)







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Sonntag, 8. Juli 2018

1021 Das Schönste, was es gibt


Das Schönste, was es gibt: zwei Töchter, die singen, und ein Vater, der schläft. Noch dazu am frühen Nachmittag. Noch dazu mit Gitarrenbegleitung. Und die Katze kommt auch dazu und hat sich zum Erwachenden dazugelegt. Ein Ständchen in Papas Zimmer; einfach so. („Seht, das sind meine geliebten Töchter, an denen ich mein Wohlgefallen habe!“)

Noch dazu, wo ich mir nach dem Aufstehen unten bei einem der vielen Tageskindergestelle die Zehen angehaut habe.









(8.7.2018)











©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 6. Juli 2018

1020 Unfrei erfunden


Ich bin bei der Wiener Gebietskrankenkasse zu einem freiwilligen Gespräch eingeladen, wo es um eine Unterstützung zum Zurückfinden in den Arbeitsprozeß nach einem langen Krankenstand geht. Lange habe ich gezögert, dann wollte ich mich doch kooperativ zeigen und habe einen Termin erbeten und bekommen. Am Telefon wurde mir gesagt, daß ich im Servicecenter keine Wartenummer ziehen brauche, sondern gleich sagen soll, ich habe ein Gespräch mit Frau Soundso. (*)

Ich komme fünf Minuten vorher zum Kundenservicecenter und stelle mich zum Schalter. Der Typ dort schnauzt mich an: „Sie müssen eine Nummer ziehen!“ Ich sage: „aber man hat mir gesagt ...“ „Eine Nummer ziehen! Ist das so schwer zu verstehen!?“

Gut. Ich ziehe eine Nummer und geh zu den Wartebänken. Im Vorbeigehen sage ich zum Schalterheini: „Falls die Frau Soundso fragt, ob der Herr Rumpf schon da ist, sagen Sie ihr, er wartet heraußen.“ „Ach so, Sie kommen zu einer Beratung! Dann rufe ich gleich die Frau Soundso an und sage ihr, daß Sie da sind.“ „Gut“, sage ich, „aber richten Sie ihr auch aus, daß Sie herauskommen muß, denn was ich ihr zu sagen habe, möchte ich vor Ihnen sagen!“

Ich setze mich hin und schon kommt meine Verabredung heraus - zwanzig Jahre jünger als ich, chic gekleidet – und begrüßt mich, stellt sich vor, entschuldigt sich für das Mißverständnis und bittet mich in ein Besprechungszimmer. Ich aber bekomme meinen großen Auftritt: „Moment, gnädige Frau, hören Sie mir zu! Dieses Gespräch ist angeblich freiwillig. Glauben Sie im Ernst, ich lasse mich freiwillig anschnauzen? Sie wollen mir helfen, zu einem Job zurückzufinden, in dem ich als Telefonierer in der Meinungsforschung dauernd damit rechnen muß, beschimpft zu werden, weswegen ich eigentlich gar nicht mehr hingehen will. Und jetzt soll ich mich auch noch von diesem Tschackl da (ich zeige auf ihn) blöd anreden lassen?! Und sagen Sie mir am Telefon nicht, daß ich keine Wartenummer ziehen muß, wenn Sie ihre Laufburschen nicht im Griff haben und die nicht wissen, was sie zu tun haben!“ Sie will mich beruhigen, aber ich lasse Sie nicht zu Wort kommen und schreie noch lauter: „Bevor Sie an mir herumdoktern und herumcoachen wollen, fangen Sie erst bei Ihren Mitarbeitern an und bringen diesen Rüpeln Manieren bei! Auf Nimmerwiedersehen und suchen Sie sich einen anderen Trottel für ihr Bearbeitungen!“

Toll, gell? DIESE GESCHICHTE IST JEDOCH FREI ERFUNDEN. Wahr ist nur der Anfang bis zum (*), alles andere war meine Phantasie. Sowohl das Angepöbelt-Werden, als auch meine glorreiche Entgegnung. Sowohl die Furcht vor Beschimpfung, als auch die phantastische Replik. Alles schon vorher ausgedacht.

In Wirklichkeit komme ich hin, am Schalter sitzt eine Dame, weder freundlich noch unfreundlich, ich brauche keine Nummer ziehen, niemand schnauzt mich an, die Dame ruft die Beraterin an, die kommt heraus, begrüßt mich, stellt sich vor und führt mich in ein Beratungszimmer. Wir beginnen ein freundliches, fruchtbares Gespräch, ich wurde nicht gedrängt, bekam volles Verständnis für meine Situation. Sie hat mir Tipps gegeben zu günstigen Therapien; hat nachgerechnet und gemeint, es könnte sein, daß ich zu wenig Krankengeld bekomme und mich aufgeklärt, wo ich da nachfragen kann und ich habe mich bei ihr aufrichtig bedankt, denn sie hat mir echt geholfen.

Projektion, Wirklichkeit und Entlastungsphantasien. Offensichtlich, daß mir immer noch die autoritäre Kindheit nachhängt. Oder besser: daß ich sie als einen Schwall von Ängsten und Befürchtungen vor mir herschiebe. So gesehen sind die Projektionen eigentlich nicht frei erfunden, sondern spiegeln zwanghaft meine Erfahrungen der Kindheit wieder.

Noch ein Beispiel:
Vor ein paar Tagen muß ich, weil mir die Antidepressiva ausgehen, zum Arzt. Jetzt ist es so, daß ich zurzeit wann immer es geht, mit dem MP3-Player unterwegs bin. Meine Lieblingsmusik in ordentlicher Lautstärke um mich bildet einen Schutzschirm und ich gehe weniger ängstlich und verloren in der Welt herum. (Mit den Stöpseln und der Kabelschnur an die Musikplazenta angeschlossen hole ich eine glückliche pränatale Kindheit nach.) Auch im Wartezimmer der Ordination habe ich die Stöpsel drinnen gelassen. (Ich hasse Ordinationen! Diese blöden, ständig belehrenden Plakate, Zettel, Gesundheitszeitschriften mit ihren dumm-pseudoglücklich lächelnden Senioren, alle so sauber und geschleckt, so tüchtig und gescheit, pfui! neuerdings die idiotischen Bildschirme mit den grässlichsten Werbespots – alles Erziehung, Belehrung der massa damnata da unten im Wartezimmer vorm Olymp der Götter in Weiß.)

Ein Arzt muß natürlich aus medizinischen und pädagogischen Gründen die ständige Ohrenstöpslerei auf 22 – mein MP3-Player sagt mir, 17 wäre die Grenze für Gehörschäden – ablehnen und ich rüste mich gegen die belehrende Attacke indem ich mir eine Verteidigungsrede ausdenke. Ungefähr so: „Ja, ich weiß, daß das meine Ohren schädigt. Ich habe diesen MP3-Player erst seit zwei Tagen und meine Ohren sind schon geschädigt.“ Dabei sage ich die Wahrheit und schwindle trotzdem: Diesen MP3-Player habe ich seit zwei Tagen, einen anderen schon ein paar Jahre. Allerdings habe ich erst seit ein paar Tagen begonnen, ständig Musik zu hören. Vorher habe ich den MP3-Player so alle paar Wochen einmal benützt.) Also: „Meine Ohren sind schon geschädigt, aber nicht von diesem Ding hier, sondern von meiner Arbeit als Telefonierer mit Headset. Das hat der HNO festgestellt. Aber dann hat er halt mit den Schultern gezuckt; das ist halt Berufskrankeit, da kann man halt nichts machen. Gell, gegen die „Wirtschaft“ - diesen elenden Drecksgötzen – traut sich keiner auftreten, da scheißen sie in die Hosen. Und wenn ich schon terrisch werden muß, dann lieber mit und von meiner geliebten Musik, als von den Beschimpfungen so mancher unserer Angerufenen und den überlauten Klingeltönen.“

Das Problem ist nämlich, daß beim Telephonieren die Klingeltöne, Ansagen etc. im Verhältnis zu den Sprechstimmen immer zu laut sind. Wenn ich aber die Lautstärke im Headset so heruntersenke, daß die Töne dem Ohr erträglich sind, höre ich nicht, wenn jemand abhebt und spricht. Ich kämpfe schon seit Jahren … also ehrlich, das ist eine komplette Übertreibung und verlogene Selbsterhöhung. Mein Lösungsvorschlag als Anregung für die Techniker wäre: man zieht generell eine Obergrenze der Lautstärke ein, die der/die einzelne Telefonierer/Telefoniererin selbst nach seinem/ ihrem Bedürfnis einstellen kann, so daß kein Ton über diese Grenze geht. Nachdem ich also meine Obergrenze nach meinen Hörbedürfnissen eingezogen habe, fahre ich mit der Lautstärke nach oben, wobei automatisch alles über der Obergrenze lautstärkenmäßig gekappt wird und somit die leisen Stimmen und die lauten Klingeltöne auf demselben Level sind.

„Aber das interessiert keinen Arsch, weil es dabei um Arbeitnehmerschutz geht und nicht um „die Wirtschaft“. Nein, lieber von meiner Lieblingsmusik terrisch werden. Doktern Sie nicht nur individuell herum!“

Übrigens: wenn ich in einer U-Bahnstation mit meinem MP3 auf Lautstärke 17 höre - angeblich die Grenze zur Gehörschädigung – dann höre ich von der Musik keinen Ton. Also muß der U-Bahnlärm weit über dieser Grenze liegen.

In Wirklichkeit hat niemand in der Ordination etwas gesagt, meine schöne Verteidigungsrede habe ich mir völlig umsonst ausgedacht. Und deswegen habe ich mir stundenlang Gedanken gemacht! Aber ich kann dabei viel von meinen Kindheitserfahrungen und Kindheitsängsten, die ich immer noch mitschleppe, sehen.

Leser und Leserinnen, die mich kennen, werden schon an den großartigen Verteidigungsreden gemerkt haben, daß das nur Phantasien sind, Angstphantasien und entlastende Erhöhungstagträume, denn würde ich tatsächlich angeschnauzt werden, würde ich zu zittern beginnen, rot anlaufen, mich schämen und klein beigeben. Auch in der Arbeit habe ich bei kräftigeren Attacken von Angerufenen immer so zwanzig Minuten gebraucht, bis ich mich beruhigt und nicht mehr gezittert habe und bis meine Stimme wieder eine gewisse Festigkeit erreicht hat. Es erklärt sich von selbst, daß ich in solchen zwanzig Minuten nur ganz selten ein Interview zustande gebracht habe.










(5.7.2018)













©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1019 Die graue Welt oder meine Augen jucken


Das Universum steht still und die paar Geräusche sind bloß ein kleines, mikroskopisches Gekringel während einer Pause in einem kosmischen Intervall. Oder mein Leben überhaupt.

Meine Augen jucken in der anderen Dimension und hier auf Erden wollen sie nur zufallen. Die Bilder an der Wand sind alle lebendig. Obwohl ich bis auf eines alle selbst gemalt habe, und das vor Jahrzehnten, entdecke ich in ihnen überraschend Neues, das ich noch nie gesehen habe. Das Universum lebt; die Bilder sind weiter gewachsen und gereift.

Eine Zeitlang habe ich gar nicht bemerkt, daß meine Augen schon geschlossen sind.

Wohnungstausch kommt ins Spiel. Wohnungstausch, der mir immer suspekt ist. Soweit es auf mich ankommt: nein! (ich rede von Vorgängen in der Welt der geschlossenen Augen.) In dieser Welt würde ich auch nein sagen.

Gelb, gelb, gelb, gelb (Nicht, daß ich Gelbes sehen würde, nein!).

Unterbrechung durch die Katze, die mich zu ihrem Futternapf führt. Als ich mich wieder zu Bett begebe, will ich mich flach hinlegen, obwohl die Pölster für die Schreib- und Leseposition gestapelt sind! Zzzzz! Stellt euch das vor! (man ist ja, was die Abenteuer betrifft, schon recht bescheiden geworden).

Jetzt beginnt das Spiel wieder von vorne: Bilder angaffen, bis sie lebendig werden, juckende Augen, zuklappende Lider. Die milde Dunkelheit schaukelt mich – oder was immer das ist – als würde ich in einem sanften Wellenbad liegen.

Während sich vor mir ein graues, gekrümmtes Objekt dreht, höre ich wie ein Löffel aus einer Schüssel die letzten Reste herausholt. In der warmen grauen Welt ist die U-Bahnstation direkt über uns. Wir: das sind die Katze und ich. (Moment! Bist du sicher, daß die Katze mit dir in der grauen Welt ist? Eher nicht!) Aber dort bastle ich mir Ideen für meinen morgigen Putztag, den ich schon seit einer Woche veranstalten will, zusammen … jetzt ist die Sache geklärt: mein die Katze streichelnder Arm reicht eindeutig in die bunte, normale Welt oben. In der grauen Welt ist die Katze nicht dabei. Aber hier unten habe ich ein riesiges, schönes Atelier in einem alten Industriegebäude, nein, noch älter, ein altes Wirtschaftsgebäude. Jetzt gehe ich in der grauen Welt die Stiegen hinunter, zuerst glaube ich, es ist unser reales Stiegenhaus, aber dann merke ich, es ist auch in einem alten Gebäude und die Wände tragen eine historisch allerdings untypische Stuckatur – der innere Film ist extra an der Stelle mit der Stuckatur in Großaufnahme stehengeblieben, um mich darauf aufmerksam zu machen und mir Zeit zum Betrachten zu geben.

Als ich aufwache, merke ich, ich mach den Mund auf und zu als würde ich nach Luft schnappen, aber ich schnappe nicht nach Luft, sondern? Keine Ahnung.

Der Katze wird es mit meiner Streichelreduktion – ich brauche die rechte Hand zum Schreiben – zu blöd und geht und ich verliere die Wärme an meiner rechten Seite. In der grauen Welt schaut das Schriftbild auf der Notizbuchseite ganz chaotisch aus und unleserlich, während ich in der bunten Welt auf der linken Seite schreibe und einigermaßen leserlich.

Ich gebe mir noch ein Stündchen.

Nach eineinhalb Stunden steht in der nicht mehr ganz so grauen Welt auf einer Holzkonstruktion, von der ich nicht verstanden habe, wofür sie dient: das ist das Eigentum von Peter Strasser, Graz.



Eines muß ich noch festhalten: die vier Bilder da an der Wand gegenüber – das Photo, das meine Tochter geknipst hat und die drei Bilder, die ich vor langer Zeit gemalt habe - alle vier sind großartig! Alle vier sind Fenster in andere Welten.









(4.7.2018)











©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1018 Narrenkastl


Ich schaue ins Narrenkastl vulgo auf die schlichte, abstrakt bemalte, vielleicht auch mit Spachtel aufgetragener türkiser Farbe oder überhaupt: abgespachtelte Wand, so stehengelassen (glaube ich doch nicht), jedenfalls die Wand gefällt mir und befindet sich in einer Espressobar und ich schaue auf sie ins Narrenkastl und alles verschwimmt. Aus den Lautsprechern: dezenter klassisch moderner Jazz. Das paßt gut, weil ich mir heute beim Rasieren ein kleines Kinnbärtchen stehen lassen habe.
Man bekommt hier im Paim, schon bevor man/frau etwas bestellt hat, eine volle Karaffe und ein volles Glas Wasser hingestellt – und das mag ich, das nenne ich Höflichkeit und Gastlichkeit! - im Gegensatz zum Wiener Kaffeehausgrant oder Schleimerei.

Zurück zum Narrenkastl. Jetzt funktioniert's nicht mehr recht; ich bin schon zu sehr „da“ - in Wirklichkeit aber gerade nicht, weil ich mich über die - im Moment! - imaginären grantigen Wiener aufrege – was mich möglicherweise selber zu einem solchen macht. Apropos Narr: - ich komme nicht zum erstenmal darauf zurück – steirisch: „anieda a noa“ - ein jeder ein Narr. Man beachte das – wie im Englischen – zwischen den Vokalen (a und i) eingeschobene „n“.

Ich liebe Menschen, die ein bißchen verrückt sind. Das muß nicht und soll nicht besonders auffällig sein; es genügt eine stärkere und/oder schrägere Leidenschaft, auch eine leichtere ideologische Verblendung lasse ich durchgehen, wenn sie nicht nur mit Hass zu tun hat (Haßideologien sind dekadent und entartet, weil sie die der Menschenart angeborenen empathischen und kooperationswilligen Komponenten nicht anerkennt) und dem seelischen Selbstschutz dient, auch wenn das bloß eine vorläufige Überlebensstrategie sein kann.

Der kleine Loui ist ganz schön gewieft und erobert sich dreisprachig eine Mehlspeise mit Schokoladeglasur.

Und die leicht verrückten normalen Menschen: sicher ist das der Versuch, sich in der modernen, funktionalen Welt halbwegs einzurichten, was einem nie ganz gelingen kann. Aber was bleibt einem über, wenn einem der „Salto ins Unvorstellbare“ (C.C.) nicht gelingt? (Wenn mir nichts Gscheits einfällt, fange ich immer zu belehren an.)








(3.7.2018)









©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 2. Juli 2018

1017 Nächtliches Backen mit armer Rose


Während ich mein schon recht hartes Frühstücksbrot kaue, blicke ich gedankenverloren auf den Stapel von Kochbüchern meiner Frau (von mir ist nur ein kleines „kommunistisches“ Kochbuch für Wohngemeinschaften aus meiner Grazer Zeit dabei), und diese Kochbücher haben, da sie mit der Vorderseite nach oben gestapelt sind, ihre Aufschriften am Buchrücken von mir aus gesehen verkehrt und ich lese: „Nächtliches Backen mit armer Rose“. Das ist natürlich Blödsinn und wie ich genauer hinschaue und die verkehrte Schrift im Kopf besser umdrehe, kann ich sie auch richtig lesen, jedoch brauche ich das nicht herschreiben, weil es viel zu uninteressant ist. Aber ich habe damit eine Überschrift, einen Titel für meinen ersten heutigen Text, obwohl noch gar kein Text da ist.

Jetzt habe ich es jedoch eilig und muß zur Krankenstandskontrolle zur Wiener Gebietskrankenkasse. Auf meinem T-Shirt steht: „sterblich“.  Wie ihr wißt, übertreibe ich gerne, obwohl „sterblich“ ja die nackte Wahrheit ist und überhaupt nicht übertrieben.

Hingefahren bin ich mit The Getaway im Ohr (wörtlich! MP3)

Kann ich mir fliegen zutrauen? Nein, ich glaube nicht, ich kann mir in meiner momentanen Situation nicht zutrauen, mit dem Flugzeug zu reisen.


P.S.: Wenn ich Schalterbeamter oder Schalterbediensteter bei der Wiener Gebietskrankenkasse wäre, würde ich mir von jemandem mit entsprechenden Sprachkenntnissen den Satz „Sie müssen, bitte, zuerst eine Nummer ziehen und dann warten, bis die aufgerufen wird“ in den wichtigsten slawischen Sprachen und Türkisch aufschreiben und mir die Aussprache erklären lassen – ich kann mir ja lautschriftliche Anmerkungen dazuschreiben – und mir den Zettel auf mein Arbeitspult legen. Soviel Hilfsbereitschaft und Eigeninitiative darf sein. Mit besten Grüßen an die Krankenkasse.







(2.7.2018)












©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com


Sonntag, 1. Juli 2018

1016 Das neu angelegte Notizbuch


Dieses neu angelegte Notizbuch zur ersten, handschriftlichen Aufzeichnung meiner Texte – das vorige ging vom 4.12.2017 bis 1.7.2018 – dieses neue Notizbuch wird mir großen Erfolg bringen; ich spüre es ganz deutlich! Der Durchbruch ist nahe, ganz nahe! Es ist Zeit! Und es ist die richtige Zeit! Die mageren Jahre sind vorbei! Der Anfang ist nah! Kehret um und lest meine Texte! Frühbucher erhalten Rabatt. Später wird alles teurer. Wie immer. Alles wird teurer! Nur meine Leserinnen werden treuer. Ihr werdet staunen! Was der alles für Texte hat! Ja, das ist unser Rumpf! (Hätte ich doch den Namen meiner Frau angenommen!)











(1.7.2018)














©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1015 Der Sekundenzeiger


Ich höre in dieser unglaublichen, herrlichen, tränenrührende Stille mitten in der Stadt die Küchenuhr ticken und schaue hin. Der Sekundenzeiger treibt einen mit harter, fast gewalttätiger, aber jedenfalls kalter und erbarmungsloser Folgerichtigkeit auf den Tod zu.
Dabei brauch ich deswegen gar kein Erbarmen; warum auch? Gestorben wird immer und überall – angefangen bei den Einzellern bis unsereins. Hauptsache mein Bewußtsein bereichert sich und im Tod das Universum. Und ob ich es bereichere, indem ich dort draußen auf Aventure gehe oder hier im Kloster (sozusagen) in die Stille, ist dem Universum wurscht. Hauptsache erweitern und nicht eingraben. Jetzt brodelt und gurgelt der Kühlschrank los, wie zur Bestätigung.

In meinem Inneren ist sowieso Musik, Nachklänge von gestern. Oh, was für ein schöner Moment! Ich schaue mich um und sehe überall ein Strahlen. Auch die kritisierbare Küche ist herrlich. Zum Beispiel der Wasserkrug aus meiner Einsiedlerzeit dort oben am Brett: welch eine völlig aus der Zeit gefallene Erhabenheit in dieser klassischen, in Emailblech ausgeführten Form. Oder das zarte, blaubedruckte Porzellangefäß, welch eine kleine Schönheit! Oder die verschiedenen Kaffeemaschinen und Behältnisse, welch ein Glanz aus Glas und Stahl! Das Zellophan, in das die Zünderpäckchen eingepackt sind, so eine feine Lichtreflexgraphik. Selbst mein Ifes-Menagereindl glänzt – wenn es das gäbe – im Lichtspektrum von verschiedenen Silbertönen bis zum gelb-silbrigen Leuchten. Und das ist nur das eine Brett. Es gibt noch alles mögliche, die strahlend weiße Wand und ihre Schatten; eine langsame, ganz langsame Erzählung für sich. So vieles und alles von berückender Schönheit und himmlischem Glanz.









(1.7.2018)











©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1014 Ein ganzer Film


Viele, viele Träume. Ein ganzer Film. Und kein Albtraum dabei, sondern ein paar richtig schöne. Unglaublich schnelle Landschaftswechsel. Ich bin zum Beispiel in einer schönen, österreichischen Alpinlandschaft, gehe dann durch verfallene Gassen oder Hinterhöfe und als ich rauskomme stehe ich vor einem flachen, weiten, sanften, lieblichen Hügelland mit großen Ebenen und eine herrliche Stadt wie in Frankreich oder Portugal liegt im glitzernden Sonnenlicht ausgestreckt vor mir. Oder ich gehe vom Schloßberg in Graz den Erzherzog-Johann-Steig hinunter und komme bei einer unberührten, weiten Flußlandschaft heraus (sicher nicht die Mur!). Es wäre wirklich ein toller Film! Noch dazu, wo in den Dörfern und Städten immer durch irgendwelche Durchhäuser, Keller, Gänge, Treppen, enge Gassen und manchmal durch Wohnungen eilend bei entsprechenden Begegnungen ein gewisses erotisches Element hinzukommt - um es dezent auszudrücken (ach was! Der Gentleman genießt nicht, sondern ist viel zu schnell unterwegs.) Ja gut, stimmt schon, ich bin in ziemlichem Tempo unterwegs. Nur wenn ich auf eine neue Landschaft, eine neue Stadt oder eine schöne Frau stoße, gibt es ein kurzes (kurzes!) Innehalten und Staunen, dann treibt mich etwas wieder weiter. Ein toller Film! (wie heißt er denn? Peterchens Mondfahrt oder die Reise durchs Universum?)

Ich bin noch ganz glücklich benommen, da erst vor ein paar Minuten aus meinem nächtlichen Kino herausgekommen. Alles ist so hell und licht und freundlich still. Sogar das Rauschen einer Entlüftung aus dem Lichtschacht kommt mir freundlich und stimmungsvoll vor.










(1.7.2018)












©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

1013 RHCP


Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr mich Musik beglücken kann! Momentan bin ich süchtig, einfach süchtig nach meiner Lieblingsmusik und alle meine Spielregeln, die ich ansonsten für mein Musikhören eingehalten habe – man hört ein Lied … sagen wir … pro Tag nur einmal, höchstens zweimal, wenn es nicht anders geht meinetwegen dreimal – ja, das alles habe ich über Bord geworfen.

Ich höre und höre und höre – stundenlang und immer wieder. Ich bin ganz trunken davon und die Lieder – oder wenn es unbedingt sein muß: die Songs spielen in meinem Inneren weiter. Ich habe es auch schon gewagt – ich lausche bevorzugt mit Kopfhörern – mitzusummen.

Mir kommt vor, durch das Musikhören komme ich tiefer in meine Seele; ich spüre mich besser. Ich weiß nicht, ob das stimmen kann, denn es ist schon so eine Art Trance. Aber die Stücke, die mich am meisten berühren, sind die, wo ich meinen tiefen Schmerz wiederfinde. Ja: wiederfinde!

Das ist ein großer Traum von mir: irgendwo ein Lokal, einen Raum mieten, mit guter Anlage, Freunde einladen, meine Musik spielen und tanzen. Ich bin der Veranstalter, und es wird meine  Musik gespielt! Ich möchte nicht, daß mir irgendwer dreinredet oder mir igendeiner – vom Alter naheliegend – mit Sechziger-Jahre-Nostalgie kommt. Gespielt wird ausschließlich, was ich ausgewählt habe. Das ist ganz wichtig! Es wirkt so, als wäre ich tyrannisch und gemein, aber das ist es nicht. Ich will – erstens – daß es wirklich mein Fest ist, daß ich mich durchsetzen und behaupten kann und nicht, daß – was so oft geschieht – jemand mir das aus der Hand reißt und dann wird das Ganze etwas ganz anderes. Das ist eine Schutzmaßnahme!

Zweitens will ich auch meine Lieblingsmusik den Menschen „zeigen“ - und das zahlt sich aus, denn ich habe einen guten Musikgeschmack. Ich will damit auch mich - und zwar unversehrt  - zeigen. So daß meine Musik und damit ich wahrgenommen werde.

Und tanzen, tanzen, tanzen; voller Hingabe tanzen. Tanzen mit voller Hingabe an das Leben und an die Unendlichkeit. Ein echtes Fest!


Ich glaube, das ist alles völlig unrealistisch.








(29./30.6.2018)









©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com