Sonntag, 1. Juli 2018

1015 Der Sekundenzeiger


Ich höre in dieser unglaublichen, herrlichen, tränenrührende Stille mitten in der Stadt die Küchenuhr ticken und schaue hin. Der Sekundenzeiger treibt einen mit harter, fast gewalttätiger, aber jedenfalls kalter und erbarmungsloser Folgerichtigkeit auf den Tod zu.
Dabei brauch ich deswegen gar kein Erbarmen; warum auch? Gestorben wird immer und überall – angefangen bei den Einzellern bis unsereins. Hauptsache mein Bewußtsein bereichert sich und im Tod das Universum. Und ob ich es bereichere, indem ich dort draußen auf Aventure gehe oder hier im Kloster (sozusagen) in die Stille, ist dem Universum wurscht. Hauptsache erweitern und nicht eingraben. Jetzt brodelt und gurgelt der Kühlschrank los, wie zur Bestätigung.

In meinem Inneren ist sowieso Musik, Nachklänge von gestern. Oh, was für ein schöner Moment! Ich schaue mich um und sehe überall ein Strahlen. Auch die kritisierbare Küche ist herrlich. Zum Beispiel der Wasserkrug aus meiner Einsiedlerzeit dort oben am Brett: welch eine völlig aus der Zeit gefallene Erhabenheit in dieser klassischen, in Emailblech ausgeführten Form. Oder das zarte, blaubedruckte Porzellangefäß, welch eine kleine Schönheit! Oder die verschiedenen Kaffeemaschinen und Behältnisse, welch ein Glanz aus Glas und Stahl! Das Zellophan, in das die Zünderpäckchen eingepackt sind, so eine feine Lichtreflexgraphik. Selbst mein Ifes-Menagereindl glänzt – wenn es das gäbe – im Lichtspektrum von verschiedenen Silbertönen bis zum gelb-silbrigen Leuchten. Und das ist nur das eine Brett. Es gibt noch alles mögliche, die strahlend weiße Wand und ihre Schatten; eine langsame, ganz langsame Erzählung für sich. So vieles und alles von berückender Schönheit und himmlischem Glanz.









(1.7.2018)











©Peter Alois Rumpf    Juli 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

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