1015 Der Sekundenzeiger
Ich höre in dieser unglaublichen, herrlichen, tränenrührende
Stille mitten in der Stadt die Küchenuhr ticken und schaue hin. Der
Sekundenzeiger treibt einen mit harter, fast gewalttätiger, aber jedenfalls
kalter und erbarmungsloser Folgerichtigkeit auf den Tod zu.
Dabei brauch ich deswegen gar kein Erbarmen; warum auch?
Gestorben wird immer und überall – angefangen bei den Einzellern bis unsereins.
Hauptsache mein Bewußtsein bereichert sich und im Tod das Universum. Und ob ich
es bereichere, indem ich dort draußen auf Aventure gehe oder hier im Kloster
(sozusagen) in die Stille, ist dem Universum wurscht. Hauptsache erweitern und
nicht eingraben. Jetzt brodelt und gurgelt der Kühlschrank los, wie zur
Bestätigung.
In meinem Inneren ist sowieso Musik, Nachklänge von gestern.
Oh, was für ein schöner Moment! Ich schaue mich um und sehe überall ein
Strahlen. Auch die kritisierbare Küche ist herrlich. Zum Beispiel der
Wasserkrug aus meiner Einsiedlerzeit dort oben am Brett: welch eine völlig aus
der Zeit gefallene Erhabenheit in dieser klassischen, in Emailblech
ausgeführten Form. Oder das zarte, blaubedruckte Porzellangefäß, welch eine
kleine Schönheit! Oder die verschiedenen Kaffeemaschinen und Behältnisse, welch
ein Glanz aus Glas und Stahl! Das Zellophan, in das die Zünderpäckchen
eingepackt sind, so eine feine Lichtreflexgraphik. Selbst mein
Ifes-Menagereindl glänzt – wenn es das gäbe – im Lichtspektrum von verschiedenen
Silbertönen bis zum gelb-silbrigen Leuchten. Und das ist nur das eine Brett. Es
gibt noch alles mögliche, die strahlend weiße Wand und ihre Schatten; eine
langsame, ganz langsame Erzählung für sich. So vieles und alles von berückender
Schönheit und himmlischem Glanz.
(1.7.2018)
©Peter Alois Rumpf Juli
2018 peteraloisrumpf@gmail.com
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