Montag, 31. August 2015

174 Ein schlechter Text


Ich habe lange geschlafen und versucht, in meinen Träumen aufzuwachen. Aber jedesmal, wenn ich aufgewacht bin, war es in dieser Welt, nicht im Traum. Ich träume intensiver, aber oft habe ich den Traum schon vergessen, bloß wenn ich mich aufsetze um ihn aufzuschreiben. Sobald ich meinen Körper bewege, ist der Traum so gut wie weg. Höchstens ein kleiner Fetzen bleibt in Erinnerung.
Ich bin aufgestanden, sitze an meinem überfüllten Schreibtisch und eine leichte Frustration zieht durch meinen Untergrund. Wenn ich meine Aufmerksamkeit auf diese Frustration lenke, dann ist sie gar nicht so leicht, sondern recht massiv und drückt und sticht auf meinen Magen. Ratlosigkeit und Überforderung. Vom Schlafen und Träumen surrt es noch in meinen Ohren, wie immer, wenn ich noch in der Traumwelt verfangen bin.
Ich bin noch nicht ganz da. Zu Hälfte überrede ich mich zum Schreiben, zu anderen Hälfte zwinge ich mich dazu. Ich glaube, das kann man dem Text anmerken.

Ich lege mir eine Tarotkarte und es kommt die Sonne heraus, die Karte mit den spielenden Kindern. An und für sich mag ich diese Karte und ich freue mich immer, wenn ich sie ziehe, weil sie in meiner Deutung Lebensfreude und kindliches Spielen verspricht, aber heute nicht. Es ist mir alles zu kompliziert. Ich kenne mich nicht aus. Nirgends. Ein starkes Gefühl, daß bei mir alles vergeblich ist und mir nichts gelingt. Ich bin ein Gefäß mit Sprung, aus dem alles wieder ausrinnt.

Mein Intellekt denkt „Aha! Eine Depression“ und fragt mich, ob ich mich überhaupt mit diesen Gefühlen beschäftigen soll, oder sie nicht besser ignorieren. Ein anderer Teil sagt „Doch! Gehen wir ruhig durch. Schauen wir uns das an.“ Der Intellekt sagt „Das wird kein Text für die Öffentlichkeit! Hör auf, das zu schreiben, denn wie ich dich kenne, schaffst du es nicht, einen Text nicht zu veröffentlichen. Das schafftst du fast nie. Das wird peinlich. Denk an die Leser, die du kennst. Zum Beispiel in der Firma. Was du da schreibst ist ja pubertär!“

Na und? Ich beschreibe das, was ist.

Die alte Erkenntnis, daß ich mit dem Leben überfordert bin. Oder ist das etwas, das ich mir seit einer halben Ewigkeit einrede?...     Das wird wirklich kein guter Text. Schreib ihn meinetwegen hin, aber veröffentliche ihn nicht in der Schublade. Bitte nicht! Es gibt keinen Grund, alle Texte zu veröffentlichen. Das ist nicht Literatur oder Erzählen, das ist bestenfalls Tagebuch eines Dreizehnjährigen.

Mit fünfzehn habe ich – wenn ich mich recht erinnere – begonnen, ein Tagebuch zu führen, und der dritte oder vierte Eintrag hat gelautet: „Ich bin ein Schwächling, ich bin ein Schwächling, ich bin ein ….usw.“, und das eine ganze Seite voll. Das da ist dem nicht unähnlich. Aber irgendein trotziger Teil in mir will es sich nicht verbieten lassen, das zu schreiben. Das Spiel fängt langsam an, mir Spaß zu machen und zieht mich von der Frustration weg. Schreiben ist das Einzige, was ich tun kann. Es rettet mich und den Tag. Es ist wichtiger als... nein, das streiche ich wieder durch. Ich seufze tief, das schafft mir Erleichterung. „Der K-Effekt“, oder genauer „der Kinderkakaokannen-Effekt“ von Ulrich Freund fällt mir ein, ein Buch, das ich vor Jahrzehnten gelesen habe. Und das Gerede eines Galeristen (auch schon Jahrzehnte her) von schlechten Bildern, die so schlecht sind, daß sie wieder gut sind.

Ich mag diese zynischen Theorien und Postulate nicht. Treibe ich jetzt dasselbe Spiel mit diesem Text? Wenn man so herumtändelt, dann ist man nicht beim Kern der Sache. Da fällt mir ein, ich soll nicht „man“ schreiben. Ich denke dabei an einen konkreten potentiellen Leser, der das kritisieren würde. Aber „man/frau“? Das ist mir zu holprig.

Ich schlage meine Beine um und mein Sessel knarrt. Ich sollte hier in der Wohnung einiges ölen. Das nehme ich mir schon seit längerem vor. Meine Schreiberei könnte ich heute auch ölen.

Das ist alles nichts. Das führt zu nichts. Dieser spöttelnde Zynismus ist traurig, und arm. „Ach! Jetzt versucht er es wieder mit heilig!“ sagt mein Intellekt.
Ich blicke wieder die Karte an: die zwei Kinder, fast nackt, vermutlich Buben, legen jeweils einen Arm auf Schulter und Rücken des anderen. Die große Sonne über ihnen schaut etwas mißmutig drein und stirnrunzelnd. So etwas wie Tropfen schweben im Raum zwischen Sonne und Erde, aber interessanterweise sind die Tropfen so gedreht – der runde Teil oben, der spitze Teil unten – als würden sie nach oben, Richtung Sonne fallen oder von ihr angesogen werden.
Die Kinder stehen auf einem roten Boden; unmittelbar hinter ihnen steht eine niedere Mauer, ungefähr halb so groß wie die Buben. Am Rand schaut sowohl rechts als auch links hinter der Mauer ein zypressenartiger Baum hervor.

Durch irgendetwas Gallertiges, Träges, Widerständiges, aber Weiches, Zähes habe ich mich jetzt durchgearbeitet, denn das Surren in den Ohren ist schwächer und mein Da-Sein ruhiger und fester. Nicht wirklich fest, aber fester als vorhin. Ich betrachte den Sonnenlichtfleck an der gegenüberliegenden Hauswand und seufze tief. Das schafft mir Erleichterung. Noch einmal seufze ich tief. Und nach ein paar Sekunden nocheinmal.
Jetzt bin ich so halbwegs da.














©Peter Alois Rumpf,  August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

Sonntag, 30. August 2015

173 Was ich in letzter Zeit nicht geschrieben habe


Daß ich beim Luftballonherz war und feststellen mußte, daß das noch kein Wallfahrtsort ist. Zwar stand ich längere Zeit dort und starrt zum Herz hinauf, sodaß der eine oder andere Passant auch hinaufschaute, aber immer nur kurz; ihre Blicke sind nicht hängen geblieben; sie haben es gar nicht gesehen, kommt mir vor.
Die rote Farbe ist schon etwas abgeblättert, wohl von der Reibung, wenn es vom Wind herumgedreht und hin und her gestoßen wird, und dabei die Mauer streift.

Daß ich in einem Wohnzimmer gesessen bin, nicht in unserem, nach dem Mittagessen, und ich beinahe augenblicklich in Schlaf und Traum gekippt bin, die Stimmen der Menschen rundherum als Hintergrundsrauschen hörend, ohne darauf zu achten, was sie sagen. Kurz war ich komplett weg, bis mich irgendetwas wieder zurückgerissen hat, begleitet von einem leichten Schock. Mein Bewußtsein wie ein Jojo.

Daß ich zwei Karten für den Knausgårdabend im Rabenhoftheater gekauft und vor kurzem abgeholt habe. Wie leicht das Theater zu finden war. Wie ich konfus und freundlich mit der Dame am Kartenschalter geredet habe, mich entschuldigend, mein „Da steht nichts drauf!“-T-Shirt tragend, auf das ich so stolz bin, und am Ende lachen wir beide, ob über dasselbe, weiß ich nicht.

Daß ich den Amy-Winehouse-Film gesehen habe, und sehr berührt war; und seitdem mit dem Verdacht herumlaufe, daß ich als Vater (und Ehemann) genauso ein Arsch bin, der seine Kinder (und seine Ehefrau) in ihren je eigenen Wesen nicht wahrnehmen kann. (Vergleiche dazu das Märchen vom Rumpelstilzchen, wo der Müller angibt, daß seine Tochter Stroh in Gold verwandeln kann und ihr Rumpelstilzchen Hilfe anbietet, als sie es nicht schafft, und als Lohn Leben verlangt). Der Blick in den eigenen Abgrund war unangenehm und unheimlich, und da ich den Blick abwehrend und von der Ferne getan habe, fast nur unterschwellig bestürzend. Ich suche alle Gegengewichte gegen diese Erkenntnis zusammen.

Daß ich vor Monaten meinen ersten luziden Traum seit meiner Kindheit hatte und ich, als mir bewußt wurde, daß ich in einem Traum bin, den vorbeigehenden Leuten fröhlich die Nase verdreht habe – es kann mir ja nichts passieren, denn es ist ja nur ein Traum. Dann kam ich auf die glorreiche Idee, den Frauen auf den Hintern zu grapschen, aber bevor es soweit kam hat irgendein gnädiger Traumlenker eingegriffen und plötzlich, von einem Moment auf den anderen, gab es keine Frauen mehr im Traum. Ertappt, verlegen und mit leicht schlechtem Gewissen, aber dankbar für das Ausgebremstwerden habe ich mich erinnert, daß ich ja etwas Ernsthaftes vor hatte für den Fall eines luziden Traumes. Ich habe sehr angestrengt und gegen großen Widerstand versucht, herauszufinden, was das war und es ist mir gedämmert, daß ich meine Hände anschauen wollte, eine der Techniken zur Stabilisierung solcher Träume. Ich habe meine Hände zwar angeschaut, aber nur kurz und dann den Faden verloren, ich wußte nicht, wie es weitergeht. Dann ist eine vage Erinnerung aufgetaucht, daß es eine Technik gibt, herauszufinden, ob man sich in einer phantasmagorischen Welt befindet, wie sie ein gewöhnlicher Traum darstellt, oder in einer echten. Ich wußte noch, daß man den kleinen Finger hinhalten muß und/ oder ruft „ich will Energie sehen!“. Denn echte Welten bestehen aus Energie. (Es gibt deren mehrere.) Ich habe es zwar ausgeführt, aber unsicher und konfus und bin dabei ein bißchen ratlos aufgewacht.
Das ist mir jetzt wieder eingefallen, weil ich erneut das luzide Träumen zu erreichen versuche; bisher vergeblich.

Daß mir eingefallen ist, daß ich der „Meister der irreführenden Überschriften“ bin.





©Peter Alois Rumpf,  August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 28. August 2015

172 Pop-ups


Als ich heute morgen mit der Übung zur Inneren Stille beginne, bin ich spät dran und ich höre die Kinder die Stiege hinuntergehen, zuerst ein wenig Weinen, dann Geplauder und die angestrengten Schritte auf den Stufen. Dann ist es still. Keine Störung von außen reißt mein Bewußtsein aus der versuchten Versenkung. Nur innere Pop-ups pushen mich immer wieder an die Oberfläche zurück.

Gerade versuche ich in die Stille zu sinken, da explodiert eine Phantasie, ein Bild, eine Szene in meinem Bewußtsein und zieht alle Aufmerksamkeit auf sich; ein Zucken geht durch meinen unbewegten Körper (bin ich jetzt verzückt?), als wolle er mit Händen und Füßen um sich schlagen; mein Energiearm schlägt auch zu, während mein Körperarm unbewegt bleibt. Rote, blinde Wut durchtränkt mein Bewußtsein. Diesen Tagtraum kenne ich schon ewig: ich zerstöre die bestehende Welt, lasse Bomben regnen und überziehe die Menschheit mit Explosionen. Die Bösen werden vernichtet und endlich habe ich Platz in der Welt, endlich den Platz, meine Flügel zu entfalten. (Ein inneres Bild, das auch nicht besser ist als die, die man bei Hitler oder Stalin oder IS vermuten kann, um nur ein paar der Zerstörer zu nennen). Dieses bewegte Standbild taucht nur für Sekunden auf, aber der Zugang zur Inneren Stille ist blockiert und ich beginne wieder von vorne.

Das Ticken des Weckers, ferne Geräusche, die nicht stören, das vertraute Surren in den Ohren – allmählich werde ich wieder ruhiger und schwerer.

Da platzt als nächstes ein fast bildloses Bild herein, aber sozusagen von innen: ich finde Anerkennung. Ich werde geehrt. Aber die Bilder dazu vor meinen geschlossenen Augen sind bruchstückhaft, unklar, verschwommen, passen nicht so recht dazu. Irgendwo stehe ich in einem dunklen Raum – genauer gesagt, die Ränder des eher dämmrigen Gesichtsraumes nochmals verdunkelt, wie man es im betrunkenen Zustand erlebt – und jemand sagt etwas Gutes (benedicere) und Anerkennendes über mich. Aber das sehe und höre ich nicht; kein Satz, kein Wort ist da, nur das Gefühl. Ich bin leicht beschämt – wie es in so einer Situation tatsächlich normal wäre – aber fühle mich geehrt. Ein dünnes, vages „Endlich!“ geistert flüchtig durch das unstabile, unfaßbare Bild. Könnte schon sein, daß ich meine Texte bereits in Buchform veröffentlicht habe und die Ehrung damit zu tun hat, aber sicher ist es nicht. Das platzt nur so rein und ist schon wieder vorbei, bevor ich es recht aufnehmen kann. Nur die Emotion ist halbwegs deutlich.

Ich bewege mich weiterhin nicht. Der magische Briefbeschwerer liegt auf der Stelle unmittelbar unter meinem Nabel und meine Hände habe ich gespreizt seitlich an den Körper gelegt – die Daumen an den untersten Rippenknochen und die aneinanderliegenden Ring- und kleine Finger an den Rand des Hüftknochens. Auch Zeige- und Mittelfinger ruhen zusammengelegt in der Mitte. Durch diese Haltung entsteht eine Spannung in den Händen, die der Aufmerksamkeit hilft, sich auf die Innere Stille zu konzentrieren.
Da gellt ein klarer, deutlicher Satz in mein Bewußtsein: „Mein Vater hat nie seine Hand gegen mich erhoben!“ Ich bin verblüfft (und abgelenkt), denn der Satz ist – zumindest in dieser Welt – ganz falsch. Bei einem Schlag ins Gesicht bin ich als Kind mehrere Meter durch die Luft geflogen und ein anderes Mal hat sein Schlag eine Blutspur an der Kinderzimmerwand hinterlassen, nachdem mein Kopf durch seinen Schlag an die Wand geknallt ist. Um nur zwei Beispiele zu nennen. Die angefangene Meditation verhindert, daß Gefühle wie Trauer, Wut, Scham, Haß richtig nach oben kommen - (die kommen erst jetzt beim Aufschreiben hoch), aber die Verblüffung hat mich genau so aus der Konzentration gerissen.

Ich bleibe geduldig und bewege mich nicht. Ich löse nur meine Handhaltung auf und lege meine Hände – die Handflächen nach unten – ganz „normal“ neben meinen Rumpf und bewege mich dann nicht mehr. Sogleich spüre ich – wie immer bei diesem Positionswechsel – den magischen Briefbeschwerer deutlich tiefer in mich (in meinen Energiekörper?) einsinken.

Wieder versuche ich, in die Stille hinunterzutriften. Und wieder ploppt plötzlich ein Bild auf, ein ziemlich absurdes: Ich sehe vor mir einen Stapel von Waschschüsseln, die bei uns Lavoir heißen, aus Plastik, in einem wieder eher dunkleren Raum, verschieden groß, sodaß der Stapel unregelmäßig ist und die größeren Waschschüsseln seitlich aus dem Stapel herausstehen. In den dadurch in den herausragenden Schüsseln entstehenden ringförmigen – wie kann ich das nennen? - „Rinnen“ liegen kleine Gegenstände. Keine Ahnung, welche. Möglicherweise irgendwelches Kinderspielzeug. Die Waschschüsseln sind verschiedenfarbig; an gelb und rot kann ich mich erinnern. Ich weiß nicht, was das soll. Was soll das!?

Jedenfalls ist meine Konzentration auf die Stille auf der Stelle wieder unterbrochen. Aha, das wird heute nichts! Ich freunde mich mit diesem Gedanken an. Schon befaßt sich mein Geist mit den Formulierungen, die ich beim Aufschreiben nachher verwenden könnte und versucht, sich die Bilder, Szenen und Gefühle gut einzuprägen und das, was bisher geschah, in Gedanken zu wiederholen.

Ich bleibe noch ein bißchen in diesem Zustand der erfolglosen Unbewegtheit. Eine leichte, aber vertraute Enttäuschung und eine ebensolche Frustration wollen sich stark machen; ich registriere diese Gefühle und akzeptiere ihre Anwesenheit, steige jedoch nicht darauf ein.
Ich tröste mich mit dem Gedanken, daß trotzdem ein guter Text daraus entstehen kann und strecke und rekle mich im Bett, nachdem ich den magischen Briefbeschwerer auf das Nachtkästchen gelegt habe. Dann richte ich mich auf, warte kurz, erhebe mich und hole das Notizbuch.









©Peter Alois Rumpf,  August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com


Donnerstag, 27. August 2015

171 Good Vibrations


Ruhig, ohne Bewegung, liege ich auf dem Rücken. Allmählich verläßt mein Bewußtsein meinen Kopf und dehnt sich über den ganzen Körper aus. Und erfaßt meine Aura, wenn man das so nennen will. Eine unsichtbare Wolke aus einer Art leichten Dunkelheit legt sich auf mich und stabilisiert meinen Zustand. Ich habe die Augen geschlossen, sehe aber was. Was, das ist schwer zu beschreiben. Es könnte auch sein, daß ich es spüre. Ob sehen oder spüren – jedenfalls mit dem ganzen Körper, der sich in einem kugelförmigen Energiefeld befindet. Auch dieses Feld selber und über dieses Feld spüre ich.

Jetzt reißen mich lautes Telefonieren und hektisches Füßegetrampel heraus; Ärger kommt und will sich auf mich legen – so wie vorhin die angenehme Dunkelheitswolke – aber ich lasse ihn durch mich hindurchgleiten und biete ihm nichts zum Anhalten. Oder kaum etwas. Wobei der Ärger von Außen zu kommen schien.

Wieder dehnt sich mein soeben zurückgescheuchtes Bewußtsein aus. Wieder kommt so eine leichte Wolke von Dunkelheit, diesmal stärker, und stabilisiert meine Balance. Die Dunkelheitswolke ist nicht wirklich dunkel oder finster; sie läßt nur die Farben der Umgebung, wie ich sie durch meine geschlossenen Augen sehe, etwas dünkler erscheinen. So sehe und spüre ich sie kommen und nehme sie wahr.

Ich genieße den schwebenden Zustand. Schon fange ich an, die mich umgebenden Bilder bewußt zu verändern und ganz angenehme Szenen zu erzeugen. Ein wohliger Schauer erfaßt mich und geht durch mich durch. Und noch einer, bei Bildern, die ich jetzt nicht beschreiben will. Die aber noch instabil bleiben und sich bald wieder verflüchtigen. Überhaupt spüre ich die Welt draußen – von Innen aus gesehen hinter meinen geschlossenen Augen – als leichte, farbige Wellen, die sich auf mich zu bewegen. Und mein Körper, oder was das jetzt ist, reagiert mit ebenso leichten Vibrationen, wenn die Welle ihn erreicht.

Das laute Weinen eines Kindes unten stößt mich wieder aus diesem „seligen“ Zustand. Das war noch nicht die höchste Stufe der „Seligkeit“, sondern erst ein unbeholfener Anfang. Da wäre noch mehr drinnen gewesen. Aber ich bleibe ruhig und bewege mich nicht. Ein neuer Ärger versucht an mir zu scharren und zu kratzen, ich laß ihn das tun, aber mich nicht auf ihn ein.
Mein Bewußtsein ist wieder „oben“, sozusagen im Kopf, aber ich fühle und spüre um mich noch immer ein Flirren und Vibrieren. Wieder versuche ich in den tieferen Zustand zu versinken, aber jetzt geht es nicht mehr. Mein Bewußtsein gleitet nicht mehr nach unten.

Hunger und der Wunsch nach einem Frühstück melden sich an, und die ersten Gedanken auf das vorgenommene Tageswerk. Ich akzeptiere das, bleibe aber noch ein bißchen in dieser angenehmen Schwebe. Dann lege ich meinen magischen Briefbeschwerer weg, den ich auf meine Nabelgegend gelegt hatte, und recke und strecke mich genüßlich und wälze mich einmal kurz grunzend im Bett. Damit habe ich den Bann der Bewegungslosigkeit aufgehoben und greife zu Notizbuch, Stift und Brille, um alles aufzuschreiben.

Wie nach einem Traum ist es nicht leicht, mich an alles genau und in richtiger Reihenfolge zu erinnern, aber ich mache diese Arbeit gern.
Es ist ein guter Start in den Tag.



©Peter Alois Rumpf August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 26. August 2015

170 Das Boot


Wie zwei schwere Anker liegen meine Hände auf der Matratze, wie in einen weichen, sandigen Grund eingegraben durch ihr enormes Gewicht. Der Sand besteht aus zerbröselnder, zerbröselter Realität. Die Ankerhände halten das Boot meines bewußten Selbst im Hafen; sicherheitshalber doppelt gesichert.

Zumindest vorläufig, denn das Meer aus Traumwasser ist dabei, allmählich auch Boot und Anker aufzulösen, aber gerade bei den Händen tut es sich - überraschenderweise - besonders schwer. Das Bewußtseinsboot gleitet im Träumemeer, im Wasser, aus dem die Träume sind, aber eher am Rand.
Die äußeren und inneren Sirenen locken es weiter und weiter. Sie klingen nicht schön, aber interessant, wenn Körper und Bewußtsein - schon in Moleküle aufgelöst - in die Räume zwischen die Töne gedrungen sind. Dann tun sich eigene Welten auf. Wenn man in sie eintritt, dann werden sie herrlich.

Rufe, Reden und Weinen von unten stoßen und jagen die Bewußtseins- und Körperteilchen wieder zusammen, zu dem kompakten Bootsrumpf, der zwar schwimmt und gleitet, aber an den dicken Tauen der Arme hängt; jetzt wieder fest, mit den zwei schweren Händen fest verankert.

Das Boot schwimmt übrigens im Meer, nicht auf dem Meer; es hat leichten Auftrieb, aber es atmet auch unter Wasser.

Abstand. Vershatterte Schatten zerlegen die Zimmerdecke in gerippte Streifen. Der Wecker tickt brav und eifrig seine Wirklichkeit, als müßte er sie mir mühsam akustisch einbleuen. Ich weiß aber, auch seine rhythmische Melodie kann aufgelöst werden in eine lose Kette unendlicher Welten. Ich habe es schon erlebt. So sicher, bieder, realistisch und aufdringlich und missionarisch er wirkt – in Wirklichkeit ist auch er mit seinen zur Vernunft rufenden Ticks löslich, nur durch unsere Absicht zusammengehalten.

Langsam, allmählich, tropft das Traumwasser ab. Ich liege als der übliche Rumpf im Bett, die Beine angezogen, darauf das Notizbuch gelegt, der Nacken leicht schmerzlich verspannt vom Heben des Kopfes beim Schreiben, sowohl ein Hauch, als auch die Ankündigung von Rückenschmerzen im Kreuz.
Mir fällt ein: „Im Zeichen des Kreuzes wirst du siegen!“
Na schön.









©Peter Alois Rumpf August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 25. August 2015

169 Am Grunde eines kleinen Schwimmbeckens


Ich liege am Grunde eines kleinen Schwimmbeckens, das aber nicht mit Wasser, sondern mit Dämmerung gefüllt ist. Eine kleine Wintersonne leuchtet mir entgegen, obwohl Spätsommer ist. Ich bin im Zustand der Auflösung, meine Gedanken krabbeln wie verlorengegangene Unterwasserameisen umher und finden nicht mehr zum Zusammenhang zurück.

Eine Etage tiefer wird Kopfstand geübt; ich kann es an den Geräuschen der am Boden aufschlagenden Füße erkennen. Der erste klare Gedanke seit mindestens zwanzig Minuten. Eine dünne Säule aus bläulichem Tageslicht wird vom heftigen Wind verschmälert und wieder verbreitert.

Das lästige Heulen einer Klimaanlage draußen erfüllt jetzt innen den ganzen Raum, den ich als „kleines Schwimmbecken“ tituliert habe, weil ich so abgesunken bin. Allmählich, ganz langsam, komme ich hoch. Ich liege noch am Boden des „Schwimmbeckens“ - ich schwimme nicht und ich will auch nicht auftauchen – aber habe mich etwas aufgerichtet. Nur ein wenig. Mein Bewußtsein wird wieder stabiler. Ich bin mir nicht sicher, ob es das mag, denn ein tiefer, schmerzvoller Seufzer verläßt meine Brust.

Ganz unten liegen und sich auflösen. Nichts mehr zusammenhalten, nichts mehr kontrollieren, keinen Realitycheck mehr; alles einfach lassen. Alles auslassen – die Gedanken, Gefühle, die Ziele, die Pläne, die blöde Vergangenheit, die krampfhaft zusammengekrallte Gegenwart, die immer wieder umgestoßene Zukunft... alles darf herumkrabbeln, irgendwohin und zurückkommen oder verloren gehen. Angst wird wohl auch dabei sein, wie in einem leichteren Albtraum.

Der Wecker tickt, als wäre so alles in Ordnung. Das vertraute, viel zitierte Surren im Ohr, als würde sich von Ferne eine Panik ankündigen. Aber ich bin ruhig, ganz ruhig. Ich nehme alles hin. Obwohl mein Herz ein wenig unruhig schlägt. Das Surren hat tatsächlich einen angstmachenden Unterton, aber es macht mir jetzt keine Angst. Ich weiß, ich verstehe nichts. Ich kann nur nur am Grund unten liegenbleiben. Mehr kann ich nicht. Ein bißchen aufrichten. Ein bißchen herumschauen.

Für einen Moment hatte ich den Gedanken, ich wäre im Auge eines Orkans. Aber es ist jetzt still. Ich höre draußen keinen Orkan. Auch die Klimaanlage hat aufgehört.
Jetzt startet sie wieder, ihr Geräusch ist zwar lästig, aber sehr schwächlich. Laut, aber keine Kraft; nur das jammernde Heulen einer verwöhnten Welt.
Jetzt werde ich hochmütig. Ich? Da unten am Grund? Oder ist das nur eine der Ameisen, die sich verstiegen hat? Oder eine Luftblase aus schlecht verdauten Gedanken?

Langsam werde ich anders. Mittiger. Ich werde raus aus der Dämmerungsbrühe. Schreiben ist das, was mich herausholt. Ob das eine Rettung ist?










©Peter Alois Rumpf August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

Samstag, 22. August 2015

168 Die ganz kleine Lichtung


An manchen Stellen blinken die Nadeln der Föhre, als wäre diese von Licht- und Energietropfen geschmückt, und einzelne Fäden der Spinnennetze glitzern vereinzelt wie ganz feines, dünnes Lametta. Die Nadeln der dunklen Fichte changieren zwischen einem schwachen gelblichen und einem schwachen bläulichen dunkleren grünen Strahlen.
Mein Blick geht durch ein Gestell wie in einen finsteren Wald. Es ist auch still – für einen Moment. Da weiter hinten leuchtet zwischen den Bäumen ein Stück Wiese mit ihrem Sonnenlicht hervor. Eine ganz kleine Lichtung. Das leuchtende Wiesenstück – jetzt gerade vom Wind leicht bewegt – wird ein Sammlungspunkt für all meine Sehnsucht. Der guten wie der zweifelhaften. Dort! Dort! Dort ist es! So nah!
Ich weiß, wenn ich hinginge – jetzt versperrt mir ein Maschendrahtzaun den Weg – aber wenn ich hinginge, die Sehnsuchtsstelle würde sich weiter nach hinten verschieben. Oder nach rechts, oder links, oder nach irgendwo.

Ich schaue hin. Immer wieder schaue ich hin. Es ist gut, daß ich nicht hingehen kann. Das Büschel Gras in der Mitte steht jetzt ganz ruhig in der Sonne. Nichts regt sich. Nur stumpfsinnige, unsensible Autos fahren im Zweisekundentakt links unten auf der Straße vorüber. Ich sehe sie nicht. Ich höre nur ihre aufdringliche, flüchtige Anwesenheit. Sie haben nie genug, nie hören sie auf, nur für kurze Momente reißt die unangenehme und unzusammenhängende Karawane ab; dann ist es still. Ferne Flugzeuggeräusche, so weit weg fast schon wieder idyllisch.

Um die Bäumen tanzen Insekten im Sonnenlicht. Eine kleine Wolke rast wie ein nebliges Universum im Zeitraffer auf uns zu. Jetzt sehe ich, sie ist die Vorläuferin einer größeren weißen wolkigen Welt, die hinter der Birke hervorkommt.

Nichts rührt sich. Kein Blatt bewegt sich. Nur ein ganz sanfter Hauch bringt vier, fünf Blätter des jungen Ahornbäumchens in leises Schwingen.

Da hinten hängen die Nüsse schwer im kleinen Baum. Ein Liegestuhl wird schweigend, aber seufzend umgedreht. Ich höre zu schreiben auf. Da wirft mich ein kühler Windstoß aus meiner Versunkenheit und erzeugt ein kurzes Rauschen in den Bäumen.

Jetzt habe ich den Standort gewechselt. Die Sonne scheint mir ins Gesicht und ich kann die Dächer der Autos sehen, die angestrengt und zielverbissen die niedere Anhöhe hinauf und ebenso angestrengt und irgendwie verklemmt wirkend die Anhöhe hinunterfahren.
Eine dumpfdröhnende Stimme aus dem Fernseher, hinten im Haus, mit unnatürlichem Klangkörper, weit genug, daß ich nichts verstehe. Ich will auch nichts verstehen.

Ein Lachen aus einer anderen Ecke des Gartens und immer und immer wieder das Brummen und Burren der Autos.
Ein kleiner, weißer Schmetterling vollbringt sein absichtslos scheinendes Flugwerk, in Wirklichkeit arbeitet er sich zielgerichtet von Blüte zu Blüte.

Der Sog der lauten, unruhigen Straße links unten zieht immer wieder meine Aufmerksamkeit ab, zu sich hinunter in den Graben, und wenn sie dann dort ist, wendet sie sich enttäuscht, gestresst und genervt wieder weg. Selbst ein sanft, ruhig und majestätisch dahinschreitendes älteres orientalisches Paar auf dem Gehsteig kann die laute, gewalttätige Motorisiertheit da unten nicht ausbalancieren.
Dem weißen Schmetterling ist das egal; er schaukelt geduldig zur nächsten Blüte. Fast wird mir meine Sehnsucht nach Stille unheimlich.

Direkt vor mir ragt eine mächtige Fichte in den Himmel; ihr Wipfel scheint die langsam vorbeiziehenden Wolken zu erreichen. Die Sonne hat sich hinter einer kleinen, dünnen Schleierwolke verhüllt.

Vielleicht sind alle Autos fremdgesteuert von Aliens; im Moment kommt mir das sehr plausibel vor.









©Peter Alois Rumpf August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 21. August 2015

167 Aus meinem Zimmer


Die küssenden Gesichter lachen und leuchten mich an. Ein Schmetterling und zwei bunte Kreuze begleiten die zwei übereinanderhängenden USB-Sticks. Das eine Kreuz aus Stroh krönt ein Bethlehemstern aus Papier, und das andere ist ein Photo eines Neuvaliskreuzes in einer durchsichtigen Folie. Der Schatten der eingeschalteten Lampe am Nachttischchen bildet eine schöne, mythisch scheinende Gestalt. Rechts unten, am Nachttischchen stehend, zu zwei Drittel im Schatten, gehört die verstaubte Welt mir, von einer Tochter mir zugesprochen als Geschenk. Büchertürme am Nachttisch, davor, neben dem Bett, von einer Lesebrille gekrönt. Gestapelte Hefte für Träume, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Vergessene Medikamente und Staub, viel Staub, den der Zimmerinhaber selten wegwischt. (Er beschreibt lieber, als daß er eingreift.) Eine rote Taschenlampe leuchtet aus dem Schatten der offenen Fächer des Nachttischchens hervor, ohne eingeschaltet zu sein. Eine zusammenhängende Serie von Blumenbildern verdeckt die Photos des geliebten Grimmings. Die geschlossene, achteckige Durchreiche, mit dem schönen Türl aus Holz.

Am Nachttischchen kann ich nur noch einen Kugelschreiber erkennen – obwohl ich weiß, daß dort ihrer zwei und ein Bleistift liegen -, den Schlüsselbund, die Geldbörse wahrnehmen, und einen schwarzen, magischen Briefbeschwerer aus Leder, mit schweren Körnern gefüllt, auf dessen einer Seite TENSEGRITY steht und auf der anderen SILENCE.

Die Lampe beleuchtet mehr oder weniger sich selbst; im Lichtkegel sonst fast nur die schön zerschundene Wand und ein kleiner Teil des oberen, hölzernen Kopfendes des Bettes. Mein Bett liegt aufgeschlagen, das Leintuch zerwühlt von nicht ganz angekommenen Träumen. Der kleine Polster mit den roten Tieren aus Mexiko, das größte ein Vogel, der eine Blume im Schnabel hält; daneben lehnen seitlich einigermaßen aufrecht zwei weitere Pölster, der kleinere mit einer schönen weißen Schneeflocke auf blau.

Die Bettdecke hängt ein wenig über das Fußende des Bettes und berührt einen Plastiksack mit Regenpellerinen.

Wieder an der Wand hinten steht ein offener Kasten mit Kleidung, oben drei Schachteln auf denen alle Röntgenbilder und Befunde von Jahren liegen. An seiner linken Wand hängt mein Rekapitulationstuch, das ich schon lange nicht mehr genutzt habe; eine kleine, alte Krawatte, ein Bademantel, der unten einen Knausgardband streift; ein verstaubter, alter Feldstecher, den ich von meinem Vater geerbt habe. Und es lehnen am linken Kastenrand eine Holzleiste mit einem zusammengerollten Tuch drauf, das ich verwende, um mir meinen inputreduzierten Rekapitulationsplatz zu machen, was ich schon lange nicht mehr getan habe; und eine Holzleiste mit Spagatschnur zum Aufhängen, mit der ich das Empfinden des Energiezentrums über dem Kopf trainiert habe.

In der Ecke steht noch ein Papiersack mit Papierabfällen.

Wir schauen Richtung Südost.







©Peter Alois Rumpf August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 20. August 2015

166 Alles ist gut


Der Wind bewegt Zweige und Blätter der Essigbäume ganz leicht. Jetzt fährt er in den großen, schlanken Weidenbaum, den ich besonders liebe, ganz sanft, und seine obersten Zweige wiegen sich hin und her. Rundherum ist Stille. Das Lauteste ist das Summen in meinen Ohren, manchmal höre ich noch ein kleines Kind singen, das die Stiegen hinuntergeht. Von Ferne die Geräusche – das Brummen und Scheppern - einer Baustelle.

Das kleine Lebensbäumchen im kleinen Blumentopf steht gerade und aufrecht gestreckt da, ganz ruhig und in hellem Grün leuchtend am Fensterbrett.

Eine vertraute Schwere liegt auf meinem Herzen, ohne daß ich weiß, warum. Ihre Überschrift heißt Vergeblichkeit. Die kleinere Katze will von mir gestreichelt werden und schaut und schnurrt mich an. Halbherzig und abwesend streiche ich über ihr Fell.
Aus dem Badezimmer dringt durch einen Türspalt gelbes Licht. Die Katze hat sich neben mich gelegt und genießt anscheinend meine Hand, die ich auf sie gelegt habe. Das Fell ist weich und angenehm. Regelmäßig gehen ihre leicht schnurrenden Atemzüge. Ich selber seufze tief.

Die größere Katze rennt laut die Treppe herauf und will auch her. Die beiden fangen zu streiten und pfauchen an, denn sie sind eifersüchtig. Obwohl die kleinere die größere verjagt hat, ist jene jetzt weggelaufen und beide sitzen am Boden und starren sich an.

Es ist wieder still.
Der Wind ist immer noch mit den Blättern und Zweigen der Bäume beschäftigt; ab und zu legt er eine Pause ein.

Jetzt kommt die größere Katze zu mir auf die Bank und will gestreichelt werden. Sie kommt nie, ohne vorher mit einem kurzen Miau zu fragen und nur, wenn ich mit einem Ja die Erlaubnis gebe. Zumindest, solange ich wach bin. Jetzt liegt sie neben mir und schnurrt. Die Kleine sitzt unterm Fenster und schaut mit zusammengekniffenen Augen her. Jetzt entspannt sie sich und legt sich hin.

Ich blicke wieder zum Fenster hinaus und schaue dem Wind in den Bäumen zu. Ich weiß nicht, warum mir das so nahe geht. Als wäre da draußen ein gutes Wesen unterwegs, das sich bei mir bemerkbar machen will und mich bittet, es herein zu lassen.
Und dann wieder anders: als würde sich da draußen etwas ganz Großes abspielen, dem gegenüber ich ganz unwichtig bin und wo es völlig genügt, daß ich dem unendlichen Schauspiel bloß zuschauen darf. Das ist immens beruhigend, denn ich brauche nichts sein; es ist okey, wenn ich nichts bin. Denn ich bin nichts.

Eine kleine Freude explodiert in Zeitlupentempo inmitten der Schwermut und dehnt sich aus und wird größer; ein Lachen schwebt vor meinem inneren Auge, das nach innen schaut.

Der Wind schüttelt kurz den Weidenbaum und ein paar Augenblicke später auch die Essigbäume mit ihren dichten Blättern, aber nur kurz, dann ist er wieder ganz sanft und spielt leise mit den Bäumen.

Die Katze hat zu schnurren aufgehört und es ist wieder ganz still, nur das Surren in meinen Ohren dröhnt leise. Ein leises Dröhnen, wenn so etwas möglich ist.

Aus einer Nachbarwohnung höre ich das Rauschen einer Klospülung. Ein Gefühl steigt in mir auf, daß alles gut ist. Ich fühle mich reich und unwichtig. Was für eine herrliche Kombination voller Freiheit! Mein Herz jubelt; wie ein Kind gehe ich durch die Welt während ich hier sitze. Der Wind stimmt mir zu, indem er wieder mit seinen Bäumen spielt. Bettzeug und Handtücher, die hier auf zwei Wäscheleinen an der rechten Seite des Raumes hängen und schon lange trocken sind, geben der Szene etwas leicht Absurdes. Auch das gefällt mir; ich werde die Wäsche heute noch nicht abnehmen.

Wieder seufze ich, erleichtert. Die Stille ist köstlich. Das Schauspiel der windbewegten Bäume großartig. Die fernen Geräusche der Baustelle und die der Waschmaschine unten verbleiben in einem Bereich, der noch zur Stille gehört.

Ich schaue mich in diesem Raum, dem ehemaligen Atelier, um und finde alles schön. Alles ist an seinem Platz, auch das Chaos der Farbflecken am Boden.









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Montag, 17. August 2015

165 Subota (1.8.)


Der Strauß Plastikblumen, der am Tisch gestellt wurde, begeistert mich, weil er nur Pflanzen darstellt, die hier in der kargen Küstenvegetation vorkommen.
Heute ist ein heißer Tag und ich habe mir das sanfte Schaukeln der Wellen schon einverleibt. Immer dann, wenn ich ruhig sitze oder liege, fühle ich ein Schaukeln in meinem Inneren. Wo eigentlich? Es geht weiter auf und ab, auf und ab.


Nedjelja (2.8.)

Schmerzen, Wut und Sonnenschein.


Ponedjeljak (3.6.)

Stille, Windstille, stilles Meer, stilles Wasser.
Ich habe in der Früh den Orion gesehen, wie er aufgegangen ist.






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Sonntag, 16. August 2015

164 Petak (31.7.)


Heute ist der fünfte Tag der Woche und Vollmond. In der Nacht prasselt der Regen auf das Dach des Wohnwagens, in unterschiedlichsten Variationen – zart und leicht, laut und schwer, lang und kurz.

Jetzt tobt seine Herrlichkeit der Sturm und rüttelt an unserem Gehäuse, in dem wir schlafen und liegen und auf sein Ende warten.

Draußen peitscht er zornig das Meer auf und das Meer macht mit und schleudert sich in blinder Wut gegen die Felsen. Die Gischt spritzt auf, daß man im Abstand mehrerer Meter vom Meer noch naß wird. Der Himmel ist von einer weißen Wolkenfläche überzogen und hat nur wenige dunkelwolkige Einschübe. Alles, was draußen herumliegt oder an Wäscheleinen hängt, bearbeitet der Sturm mit fanatischer Wut. Das Meer tost. Nur die Möwen fliegen ruhig dahin und stehen manchmal im Sturm.

Den ganzen Tag über hat dieser Sturm das Meer aufgewühlt. Und mich. In erregender Euphorie bin ich am Ufer hin und her und auf und ab gegangen und habe der Brandung bei ihrem felserlösendem Werk zugeschaut. (Peter – der Fels).

Dann habe ich mich im schon bekannten Schwimmreifen sitzend von Wind und Wellen herumschaukeln, herumdrehen, herumtreiben lassen. Der Seegang höher als gestern. Dieses Gefährt ist erstaunlich wendig und manövrierfähig; mit ein paar paddelnden, kräftigen Armbewegungen kommt man gut voran, auch gegen den Sturm.









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163 Četvrtak (30.7)


Gestern habe ich mich stundenlang von den Wellen schaukeln lassen, auf der Luftmatratze liegend oder wie ein Narrenkönig auf seinem Narrenthron im Schwimmreifen sitzend. Beim Einschlafen hat es in meinem Inneren weitergeschaukelt, das innere Auf und Ab hat mich in den Schlaf gewiegt.

Heute nach dem Aufwachen ist mein Gesicht leicht verschwollen und der Bäcker ruft gerade seine Waren aus. Es ist windig und der Seegang für meine bescheidenen Erfahrungen eher hoch. Ich reiche meiner Frau den Elektrokocher durchs Fenster.

Heute bin ich bei stürmischer See wieder auf dem Reifen im Wasser gesessen und habe mit kindlicher Freude die hohen Wellen genossen. Der kühle Wind hat den ganzen Tag durch mich geblasen, vor allem durch meinen Kopf. Ich spüre es überall ziehen – Nase, Ohren, Kiefer, Hals.

Jetzt wummert die ganze Zeit ein Baß vom Festland herüber; es ist Nacht und der Baß bohrt und schlägt sich in meinen Schlaf.









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162 Srijeda (29.7.)


Verschlafene Müdigkeit, erst recht um Fünfzehnuhrzehn, Sommerzeit, trotz Kaffee.

Am Abend fällt mein Blick in das vom Wind gewellte blaue Meer. Tiefblau, die Wellen fast schwarz; in der Nähe unseres Ufers ein gelblich-grünlicher Stich im wunderschönen Blau, blau, blau. Küste, Felsen, Wälder, Wolken, Himmel und das Menschenzeugs verblaßen vor diesem tiefen, starken Blau. Heute hat das Meer die stärkste Intensität von allem, mehr Dichte und Fülle und Kraft als selbst das große, feste Land, das allmählich in weißlichen Schleiern verdunstet.

Die vom Wind aufgepeitschten, gejagten, angetriebenen und angetauchten Wellen lecken an den Uferfelsen mit ihren salzigen Wasserzungen und lösen von unten das Festland auf. Ich stehe im Uferwind, der mich kühlt, die Sonne im Rücken (auf Orion); ich spüre den stetigen Wind in Ohren und Kiefer. Schon wird mir kalt, nur die tiefe Sonne wärmt noch meinen Rücken, oder meinen Orion. Halb acht ist es, mitteleuropäische Sommerzeit, die Sonne am Untergehen.


Immer, wenn ich aus dem Wohnwagen trete, wird in Cafe nebenan die Musik eingeschaltet, immer derselbe Hit zu meinem Auftritt. Den Text verstehe ich wie immer nicht, nur die Frage, ob jemand „good enough“ ist. Ja, gute Frage: bin ich für den Auftritt gut genug?

Jetzt sitze ich wieder mit der wärmenden Sonne im Rücken am Ufer, dem Ostwind vom Meer ausgesetzt, die Brandung ist laut, angenehm laut, übertönt das Surren in meinen Ohren. Ein touristischer Fischer steht lässig am Ufer und wirft seine Angel aus. Es klingt so, als würde sich das Meer aufregen. Die Sonne bescheint alles vor mir mit ihrem Abendlicht, ein friedliches Licht macht alles gelblich, nur das Meer in seiner beweglichen Kompaktheit bleibt blau. Der Mond ist mir gegenüber aufgegangen, ich begrüße den fast vollen Erdgefährten. Oder Gefährtin, die hochschwangere Mondin; ich weiß nicht, ob Ebbe oder Flut ist.

Eine Möve fischt etwas in elegantem Flug aus dem Wasser, zwei andere folgen ihr gleich; die stehen fast in der Luft, wenn sie wollen.





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161 Ohne Titel (28.7.)


Ein Wolkenturm lugt zur Tür herein und baut sich weiter auf. Wellen und das Geschrei spielender Kinder. Und deutsche Kinderschlager. Und sanfter Wind, der das Schattenzelt hebt und senkt.
Ich lege mich nieder.

„Gänsehaut! Ich habe Gänsehaut!“, ruft eine Teenagerin. Coole Musik dröhnt aus der Box, die das Café auf „unseren“ Zaunpfahl montiert hat. Es lohnt sich, dem Baß konzentriert zu folgen.










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160 Das Tau (27.7.)


Durch den Nadelwaldduft bin ich gewandert, runter zum Ort, zum Hafen, zum Meer. Ich habe eine romanhafte Reise gemacht, die in Griechenland begann, nach Deutschland geführt hat, nach Chicago, St.Pölten, in die Schweiz und wieder nach Griechenland. Darauf gleich eine zweite, die ins Alter von dreizehn Jahren gegangen ist. Selbstporträt mit dreizehn ist oder war ein Bild von mir. Voller Schwermut nach dieser Geschichte, die ich nur zur Hälfte verstehe – ich meine die Schwermut. Ist mein Leben mit dreizehn gekippt? Habe ich im Alter von dreizehn etwas Wichtiges verloren? Die Unschuld? Mich selber? Meine Träume? In der Geschichte hat es der Dreizehnjährige geschafft.

Beim fremdsprachigen Bankomaten konzentriert Geld zu beheben, während mir zwei Alkoholiker dabei zuschauen und in ihrer Sprache Kommentare abgeben - da sie dabei mich anschauen, vermutlich über mich - hat mich ernüchtert und zu fünfzig Prozent aus der Schwermut geholt.

Ein mittleres Boot stößt von der Kaimauer ab und gleitet ruhig Richtung offenes Meer, bis es das Tau, an dem es hängt, nach ein paar Metern ruckartig stoppt. Zwei Männer knüpfen an den Tauen herum und diskutieren und stehen dazwischen, die Arme wichtig in die Hüften gestützt. Dann knüpfen sie wieder.

Am Festland leuchtet die kleine Stadt in der Abendsonne, sonst sind nur wenige Stellen beleuchtet.
Leute flanieren im kleinen Hafen auf und ab, fast alle Touristen.
Das Geld habe ich fürs Essen geholt. Wir gehen heute noch essen.









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159 Das wilde Geleit (26.7.)


Wieder spüre ich ein Schütteln, aber weniger sanft und wiegend als rüttelnd und zupackend. Der Sturm reißt am Wohnwagen. Ein Unwetter zieht über uns. Lange noch kein Regen, aber ein pausenloses Blitzlichtgewitter wie von einer Horde wildgewordener kosmisch-atmosphärischer Paparazzi verfolgt, verkrochen in einen wankelmütigen Unterschlupf. Dieses kosmische, paparazzische Geleit muß einen komplett anderen, unirdischen Begriff von Prominenz haben, daß sie uns verfolgen. Oder verfolgen sie gar nicht uns und wir sind nur potentieller Kollateralschaden? Schnell haben wir alles draußen vor dem Sturm und dem zu erwartenden Regen in Sicherheit gebracht. Jetzt liegen wir wieder in den künstlichen, filigranen Höhlen.

Warten auf den erlösenden Regen. Endlich prasselt er los, der Beginn vom Ende des Unwetters ist da. Sind alle Fenster und die Tür dicht? Bleiben die elektrischen Kabel im Trockenen, oder wird es einen Kurzschluß geben?
Der Sturm reißt und rüttelt am Wohnwagen, daß man meinen könnte, er wirft ihn um. Tut er aber nicht. Danke Sturm. Wie hat übrigens gestern abend Sturm Graz gespielt? Die Wellen lärmen und schlagen gegen Fels und Beton. Allmählich übermannt meine Müdigkeit mein wachhaltendes Wächteramt und ich schlafe ein, immer wieder von einzelnen, heulenden Sturmböen und Donnerschlägen oder dem Licht der Blitze aufgeschreckt.

Nach einiger Zeit hört der Regen auf, aber die Gewalt der Brandung und der Wind sprühen die Meeresgischt bis hierher. Ich gehe herum, alles okey.

Ich bewundere die Möven, wie sie in diesem Sturm mit seinen abrupt zustoßenden Angriffen sich so ruhig in der Luft halten können; manchmal stehen sie fast im Wind! Welche Sensibilität gegenüber den andrängenden Luftmassen und ihren ruckenden und zuckenden Energien, welch gekonnte Manöver des Austarierens!

Der Wind hat die Wolken beinahe ganz verblasen und ich bin in den Uferfelsen herumgestiegen, um die aufgepeitschte Brandung anzuschauen. Das Meer bearbeitet, vom Sturm angetrieben, mit geduldiger Wut Festland und Insel, als wäre ihm gerade erst eingefallen, daß sich diese ihm unverschämt in den Weg stellen. Ein wahrhaft spannendes Schauspiel.

Und der Sturm hat alle Kluppen auf der leeren Wäscheleine zu einer kompakten, bunten Reihe zusammengeschoben.

Ein Hauch von Abschied weht mich an - ein paar Etagen tiefer als dort, wo der Sturm tobt – wie ich vom Waschhaus hinunter zum Wohnwagen gehe.; ich meine nicht den Abschied von Šilo, denn wir sind erst vorgestern angekommen, nein, ich meine einen größeren Abschied. Es erstaunt mich, daß mein Herz bei diesem Gedanken jubelt, trotzallem glaube ich nicht, daß er mir leicht fallen würde, aber mich gehen lassend schwelge ich im Gefühl melancholischer Vergeblichkeit.









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Freitag, 14. August 2015

158 Chef (25.7.)


Ein Hund bellt. Zwei Hunde bellen mit sich überschlagenden Stimmen. Ein leichter Wind macht – wie so oft – die Hitze erträglich. Menschenstimmen rufen und reden in Sprachen, die ich nicht verstehe. Wie angenehm es sein kann, nicht zu verstehen. Die kleinen, trockenheitstüchtigen Bäume wiegen sich in der Brise, wie auch das schattenspendende Sonnendach aus locker gewebten Plastikbändern. Das Weinen eines Kleinkindes geht beinah ins Brüllen über, aber weit genug entfernt, daß es wie das Tuckern des Hubschraubers noch zur Urlaubsfolklore der vertrauten Strandgeräusche gehört. Das unruhig-konstante, auf und abschwellende Dröhnen eines Jets bringt noch mehr Urlauber auf die Insel. Auch hier das bekannte Schlurfen und dumpfe Klappern von Schlapfen auf Sand und/ oder Steinen.

„Es ist schon herrlich, sich das Meer einfach nur anzuschauen.“

Mein Blick verliert sich in den Farbflecken der gottseidank schlampig gemalten Wohnwagenwand, denn ich liege drinnen.

In der Früh hatte der Bäcker gefragt, „wo ist Chef?“ und mich damit gemeint. Nicht nur deswegen könnte ich ihn umarmen. Ich muß selber über meinen Geltungsdrang lachen, noch dazu, wo er mit „Chef“ einfach den Mann einer Frau meint. Aber es ist nicht nur Geltungsdrang.

„Ponedjeljak“ heißt Montag und vier heißt „četvorka“. Ich gehe mir eine vierte Badehose kaufen.

Während ich überlege, welche Kluppen ich für welche Handtücher, für welches Badezeug verwenden soll – schließlich hänge ich das graue Handtuch mit grauer Kluppe, das grüngelbe mit einer grüngelben, beide Kluppen in fast irritierender Farbintensität – auf – scheint ein Gewitter aufzuziehen; es donnert ein paarmal heftig, aber dann verzieht es sich wieder.

Jetzt haben sie im kleinen Strandcafé neben „unserem“ Wohnwagen, der nicht uns gehört, Lautsprecher aufgehängt, an „unserer“ Sonnendachstütze, und mit Preselmeierschem Rock'nRoll durchschallt, eine Musik, die ich überhaupt nicht vertrage, und die in mir Aversionen auslöst.
Übung in Loslassen und Gelassenheit und Gleichmut, frei nach Meister Eckehart. Zum Trost lese ich „Sturm auf die neue Ball-Saison“ in der Kleinen Zeitung. Was würde Meister Eckehart mit Presley und Sturm Graz anfangen?

In meinem Inneren spüre ich eine sanfte Schaukelbewegung, denn gerade bin ich in einem mittelgroßen Schwimmreifen im oder auf dem Meer gesessen. Hintern und Füße im kühlenden Wasser habe ich mich von Wellen und Wind drehen, wiegen und treiben lassen.

Diese typische Ferienträgheit hatte mich erfaßt; darum habe ich auch herumgeschaut und gesehen, daß sich am weiten, weiten Horizont von Südwest bis Südost eine wunderschöne Bank von weißen, üppigen Wolkentürmen ausgebreitet hat, die im ungetrübten Sonnenlicht freundlich leuchtet; viel zu weit entfernt, um hier den strahlenden Nachmittag zu stören.








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157 Šilo (24.7.)


Der Halbmond steht im Süden am Himmel. Auf der Reise habe ich neben der Bahnstrecke interessante Dinge gesehen. Altes Metall, zerbrochene Betonmasten, Holz – in Form von Brettern und in Form von umgeschnittenem Gebüsch, umgehackte Bäumchen. Dahinter lebendes Gebüsch und lebender Wald; noch viel geknicktes Holz und versehrte Bäume vom Frühjahrssturm. Bagger, frisch betonierte Fundamente für Masten, einen dicken Mann in blauer Hose und gelbem T-Shirt auf einem Brett im Schatten liegend, seitlich in Embryostellung, der Hitze entkommen in den Schlaf.

Jetzt abendrötlich beleuchtete Wolken, über dem Meer, eine angenehme Brise, verdorrte Bäume bevor der Föhrenwald grün ist. Oder sind es doch Pinien?






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156 Der griechische Finanzminister - ein Traum


Heute (5.8.) war ich im Traum in Griechenland. Dort herrschte eine äußerst angespannte Stimmung, aber ich bin aufgeblüht. Ich habe den Menschen geholfen und so kluge Ratschläge gegeben, daß ich zum griechischen Finanzminister bestellt wurde. Es war klar, daß ich in dieser Situation als EU-zentraler Ausländer viel Anfeindung zu erwarten hatte, aber das machte mir nichts aus. Überall, wo ich hin kam, schlug mir zunächst Ablehnung, im besten Fall Skepsis entgegen. Ich bin jedoch auf die Menschen zugegangen und auf jede und jeden eingegangen. Da ich unendlich reich war, hatte ich einen Riesenfond gegründet, aus dem ich schöpfen und jede und jedem helfen konnte. Aus den Gesprächen habe ich mir ein gutes Bild der Lage der jeweiligen Person machen können und gezielt, nachhaltig und klug helfen. Gleichzeitig habe ich damit die Grundlagen für ein Grundbuch und das Kataster schaffen können – was jeder/jedem gehört – und eine realistische steuerliche Erfassung. Da ich uneigennützig war, und überaus weise und klug, wurde nichts davon mißbraucht.

Leuten, die immer noch mißtrauisch, skeptisch oder ablehnend blieben, sagte ich, sie können mich ja bei der nächsten Wahl abwählen. (In meinem Traumtagebuch habe ich „ich können mich ja bei der nächsten Wahl abwählen“ geschrieben.) Bis dahin würde ich – indem ich die kritische Masse erreicht haben werde – den Grundstock für eine unaufhaltsame Veränderung gelegt haben.

Die ausländischen Gläubiger wurden von mir in ihren Ansprüchen abgeschmettert, oder, wenn eine Zahlung nicht zu verhindern war, aus meinem unendlichen Vermögen bedient. Griechenland wurde unter mir als Finanzminister schuldenfrei.

Mir war klar, daß dies eine vorübergehende, aber nachhaltige Mission ist und ich nach der nächsten Wahl nicht mehr im Amt sein werde. Ich werde zurücktreten und mein gutes Werk wirken lassen.
Eine Art Himmelfahrtskommando, daß mir richtig Spaß und Freude bereitete, vor allem der freundliche Kampf. Denn ich blieb immer freundlich, und das ohne Anstrengung und ohne mich verbiegen zu müssen – die Freundlichkeit kam aus meiner tiefsten Seele. Aus tiefstem Verständnis der menschlichen Natur.
Der größte Gewinn für mich war, für die griechische Gesellschaft etwas Wertvolles geleistet zu haben. Endlich durfte ich mich als wertvoll erleben. Ich bin mit großem Glücksgefühl und dem Gefühl, sehr reich zu sein, aus diesem Traum aufgewacht. Ich war glücklich, dankbar und offen.




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