173 Was ich in letzter Zeit nicht geschrieben habe
Daß ich beim Luftballonherz war und
feststellen mußte, daß das noch kein Wallfahrtsort ist. Zwar stand
ich längere Zeit dort und starrt zum Herz hinauf, sodaß der eine
oder andere Passant auch hinaufschaute, aber immer nur kurz; ihre
Blicke sind nicht hängen geblieben; sie haben es gar nicht gesehen,
kommt mir vor.
Die rote Farbe ist schon etwas
abgeblättert, wohl von der Reibung, wenn es vom Wind herumgedreht
und hin und her gestoßen wird, und dabei die Mauer streift.
Daß ich in einem Wohnzimmer gesessen
bin, nicht in unserem, nach dem Mittagessen, und ich beinahe
augenblicklich in Schlaf und Traum gekippt bin, die Stimmen der
Menschen rundherum als Hintergrundsrauschen hörend, ohne darauf zu
achten, was sie sagen. Kurz war ich komplett weg, bis mich
irgendetwas wieder zurückgerissen hat, begleitet von einem leichten
Schock. Mein Bewußtsein wie ein Jojo.
Daß ich zwei Karten für den
Knausgårdabend im
Rabenhoftheater gekauft und vor kurzem abgeholt habe. Wie leicht das
Theater zu finden war. Wie ich konfus und freundlich mit der Dame am
Kartenschalter geredet habe, mich entschuldigend, mein „Da steht
nichts drauf!“-T-Shirt tragend, auf das ich so stolz bin, und am
Ende lachen wir beide, ob über dasselbe, weiß ich nicht.
Daß ich den Amy-Winehouse-Film gesehen
habe, und sehr berührt war; und seitdem mit dem Verdacht herumlaufe,
daß ich als Vater (und Ehemann) genauso ein Arsch bin, der seine Kinder (und seine Ehefrau) in ihren je eigenen Wesen nicht wahrnehmen
kann. (Vergleiche dazu das Märchen vom Rumpelstilzchen, wo der
Müller angibt, daß seine Tochter Stroh in Gold verwandeln kann und
ihr Rumpelstilzchen Hilfe anbietet, als sie es nicht schafft, und
als Lohn Leben verlangt). Der Blick in den eigenen Abgrund war
unangenehm und unheimlich, und da ich den Blick abwehrend und von der
Ferne getan habe, fast nur unterschwellig bestürzend. Ich suche
alle Gegengewichte gegen diese Erkenntnis zusammen.
Daß ich vor Monaten meinen ersten
luziden Traum seit meiner Kindheit hatte und ich, als mir bewußt
wurde, daß ich in einem Traum bin, den vorbeigehenden Leuten
fröhlich die Nase verdreht habe – es kann mir ja nichts passieren, denn es ist ja nur ein Traum.
Dann kam ich auf die glorreiche Idee, den Frauen auf den Hintern zu
grapschen, aber bevor es soweit kam hat irgendein gnädiger Traumlenker eingegriffen und
plötzlich, von einem Moment auf den anderen, gab es keine Frauen
mehr im Traum. Ertappt, verlegen und mit leicht schlechtem Gewissen,
aber dankbar für das Ausgebremstwerden habe ich mich erinnert, daß
ich ja etwas Ernsthaftes vor hatte für den Fall eines luziden
Traumes. Ich habe sehr angestrengt und gegen großen Widerstand
versucht, herauszufinden, was das war und es ist mir gedämmert, daß
ich meine Hände anschauen wollte, eine der Techniken zur
Stabilisierung solcher Träume. Ich habe meine Hände zwar
angeschaut, aber nur kurz und dann den Faden verloren, ich wußte
nicht, wie es weitergeht. Dann ist eine vage Erinnerung aufgetaucht,
daß es eine Technik gibt, herauszufinden, ob man sich in einer
phantasmagorischen Welt befindet, wie sie ein gewöhnlicher Traum
darstellt, oder in einer echten. Ich wußte noch, daß man den
kleinen Finger hinhalten muß und/ oder ruft „ich will Energie
sehen!“. Denn echte Welten bestehen aus Energie. (Es gibt deren
mehrere.) Ich habe es zwar ausgeführt, aber unsicher und konfus und
bin dabei ein bißchen ratlos aufgewacht.
Das ist mir jetzt wieder eingefallen,
weil ich erneut das luzide Träumen zu erreichen versuche; bisher
vergeblich.
Daß mir eingefallen ist, daß ich der
„Meister der irreführenden Überschriften“ bin.
©Peter
Alois Rumpf, August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com
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