Mittwoch, 26. August 2015

170 Das Boot


Wie zwei schwere Anker liegen meine Hände auf der Matratze, wie in einen weichen, sandigen Grund eingegraben durch ihr enormes Gewicht. Der Sand besteht aus zerbröselnder, zerbröselter Realität. Die Ankerhände halten das Boot meines bewußten Selbst im Hafen; sicherheitshalber doppelt gesichert.

Zumindest vorläufig, denn das Meer aus Traumwasser ist dabei, allmählich auch Boot und Anker aufzulösen, aber gerade bei den Händen tut es sich - überraschenderweise - besonders schwer. Das Bewußtseinsboot gleitet im Träumemeer, im Wasser, aus dem die Träume sind, aber eher am Rand.
Die äußeren und inneren Sirenen locken es weiter und weiter. Sie klingen nicht schön, aber interessant, wenn Körper und Bewußtsein - schon in Moleküle aufgelöst - in die Räume zwischen die Töne gedrungen sind. Dann tun sich eigene Welten auf. Wenn man in sie eintritt, dann werden sie herrlich.

Rufe, Reden und Weinen von unten stoßen und jagen die Bewußtseins- und Körperteilchen wieder zusammen, zu dem kompakten Bootsrumpf, der zwar schwimmt und gleitet, aber an den dicken Tauen der Arme hängt; jetzt wieder fest, mit den zwei schweren Händen fest verankert.

Das Boot schwimmt übrigens im Meer, nicht auf dem Meer; es hat leichten Auftrieb, aber es atmet auch unter Wasser.

Abstand. Vershatterte Schatten zerlegen die Zimmerdecke in gerippte Streifen. Der Wecker tickt brav und eifrig seine Wirklichkeit, als müßte er sie mir mühsam akustisch einbleuen. Ich weiß aber, auch seine rhythmische Melodie kann aufgelöst werden in eine lose Kette unendlicher Welten. Ich habe es schon erlebt. So sicher, bieder, realistisch und aufdringlich und missionarisch er wirkt – in Wirklichkeit ist auch er mit seinen zur Vernunft rufenden Ticks löslich, nur durch unsere Absicht zusammengehalten.

Langsam, allmählich, tropft das Traumwasser ab. Ich liege als der übliche Rumpf im Bett, die Beine angezogen, darauf das Notizbuch gelegt, der Nacken leicht schmerzlich verspannt vom Heben des Kopfes beim Schreiben, sowohl ein Hauch, als auch die Ankündigung von Rückenschmerzen im Kreuz.
Mir fällt ein: „Im Zeichen des Kreuzes wirst du siegen!“
Na schön.









©Peter Alois Rumpf August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

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