170 Das Boot
Wie zwei schwere Anker liegen meine
Hände auf der Matratze, wie in einen weichen, sandigen Grund
eingegraben durch ihr enormes Gewicht. Der Sand besteht aus
zerbröselnder, zerbröselter Realität. Die Ankerhände halten das
Boot meines bewußten Selbst im Hafen; sicherheitshalber doppelt
gesichert.
Zumindest vorläufig, denn das Meer aus
Traumwasser ist dabei, allmählich auch Boot und Anker aufzulösen,
aber gerade bei den Händen tut es sich - überraschenderweise -
besonders schwer. Das Bewußtseinsboot gleitet im Träumemeer, im
Wasser, aus dem die Träume sind, aber eher am Rand.
Die äußeren und inneren Sirenen
locken es weiter und weiter. Sie klingen nicht schön, aber
interessant, wenn Körper und Bewußtsein - schon in Moleküle
aufgelöst - in die Räume zwischen die Töne gedrungen sind. Dann
tun sich eigene Welten auf. Wenn man in sie eintritt, dann werden sie
herrlich.
Rufe, Reden und Weinen von unten stoßen
und jagen die Bewußtseins- und Körperteilchen wieder zusammen, zu
dem kompakten Bootsrumpf, der zwar schwimmt und gleitet, aber an den
dicken Tauen der Arme hängt; jetzt wieder fest, mit den zwei
schweren Händen fest verankert.
Das Boot schwimmt übrigens im
Meer, nicht auf
dem Meer; es hat leichten Auftrieb, aber es atmet auch unter Wasser.
Abstand.
Vershatterte Schatten zerlegen die Zimmerdecke in gerippte Streifen.
Der Wecker tickt brav und eifrig seine Wirklichkeit, als müßte er
sie mir mühsam akustisch einbleuen. Ich weiß aber, auch seine
rhythmische Melodie kann aufgelöst werden in eine lose Kette
unendlicher Welten. Ich habe es schon erlebt. So sicher, bieder,
realistisch und aufdringlich und missionarisch er wirkt – in
Wirklichkeit ist auch er mit seinen zur Vernunft rufenden Ticks
löslich, nur durch unsere Absicht zusammengehalten.
Langsam,
allmählich, tropft das Traumwasser ab. Ich liege als der übliche Rumpf im Bett, die Beine angezogen, darauf das Notizbuch
gelegt, der Nacken leicht schmerzlich verspannt vom Heben des Kopfes
beim Schreiben, sowohl ein Hauch, als auch die Ankündigung von
Rückenschmerzen im Kreuz.
Mir fällt ein: „Im Zeichen des Kreuzes
wirst du siegen!“
Na
schön.
©Peter
Alois Rumpf August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com
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