Sonntag, 16. August 2015

159 Das wilde Geleit (26.7.)


Wieder spüre ich ein Schütteln, aber weniger sanft und wiegend als rüttelnd und zupackend. Der Sturm reißt am Wohnwagen. Ein Unwetter zieht über uns. Lange noch kein Regen, aber ein pausenloses Blitzlichtgewitter wie von einer Horde wildgewordener kosmisch-atmosphärischer Paparazzi verfolgt, verkrochen in einen wankelmütigen Unterschlupf. Dieses kosmische, paparazzische Geleit muß einen komplett anderen, unirdischen Begriff von Prominenz haben, daß sie uns verfolgen. Oder verfolgen sie gar nicht uns und wir sind nur potentieller Kollateralschaden? Schnell haben wir alles draußen vor dem Sturm und dem zu erwartenden Regen in Sicherheit gebracht. Jetzt liegen wir wieder in den künstlichen, filigranen Höhlen.

Warten auf den erlösenden Regen. Endlich prasselt er los, der Beginn vom Ende des Unwetters ist da. Sind alle Fenster und die Tür dicht? Bleiben die elektrischen Kabel im Trockenen, oder wird es einen Kurzschluß geben?
Der Sturm reißt und rüttelt am Wohnwagen, daß man meinen könnte, er wirft ihn um. Tut er aber nicht. Danke Sturm. Wie hat übrigens gestern abend Sturm Graz gespielt? Die Wellen lärmen und schlagen gegen Fels und Beton. Allmählich übermannt meine Müdigkeit mein wachhaltendes Wächteramt und ich schlafe ein, immer wieder von einzelnen, heulenden Sturmböen und Donnerschlägen oder dem Licht der Blitze aufgeschreckt.

Nach einiger Zeit hört der Regen auf, aber die Gewalt der Brandung und der Wind sprühen die Meeresgischt bis hierher. Ich gehe herum, alles okey.

Ich bewundere die Möven, wie sie in diesem Sturm mit seinen abrupt zustoßenden Angriffen sich so ruhig in der Luft halten können; manchmal stehen sie fast im Wind! Welche Sensibilität gegenüber den andrängenden Luftmassen und ihren ruckenden und zuckenden Energien, welch gekonnte Manöver des Austarierens!

Der Wind hat die Wolken beinahe ganz verblasen und ich bin in den Uferfelsen herumgestiegen, um die aufgepeitschte Brandung anzuschauen. Das Meer bearbeitet, vom Sturm angetrieben, mit geduldiger Wut Festland und Insel, als wäre ihm gerade erst eingefallen, daß sich diese ihm unverschämt in den Weg stellen. Ein wahrhaft spannendes Schauspiel.

Und der Sturm hat alle Kluppen auf der leeren Wäscheleine zu einer kompakten, bunten Reihe zusammengeschoben.

Ein Hauch von Abschied weht mich an - ein paar Etagen tiefer als dort, wo der Sturm tobt – wie ich vom Waschhaus hinunter zum Wohnwagen gehe.; ich meine nicht den Abschied von Šilo, denn wir sind erst vorgestern angekommen, nein, ich meine einen größeren Abschied. Es erstaunt mich, daß mein Herz bei diesem Gedanken jubelt, trotzallem glaube ich nicht, daß er mir leicht fallen würde, aber mich gehen lassend schwelge ich im Gefühl melancholischer Vergeblichkeit.









©Peter Alois Rumpf August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite