159 Das wilde Geleit (26.7.)
Wieder spüre ich ein Schütteln, aber
weniger sanft und wiegend als rüttelnd und zupackend. Der Sturm
reißt am Wohnwagen. Ein Unwetter zieht über uns. Lange noch kein
Regen, aber ein pausenloses Blitzlichtgewitter wie von einer Horde
wildgewordener kosmisch-atmosphärischer Paparazzi verfolgt,
verkrochen in einen wankelmütigen Unterschlupf. Dieses kosmische,
paparazzische Geleit muß einen komplett anderen, unirdischen Begriff
von Prominenz haben, daß sie uns verfolgen. Oder verfolgen sie gar
nicht uns und wir sind nur potentieller Kollateralschaden? Schnell
haben wir alles draußen vor dem Sturm und dem zu erwartenden Regen
in Sicherheit gebracht. Jetzt liegen wir wieder in den künstlichen,
filigranen Höhlen.
Warten auf den erlösenden Regen.
Endlich prasselt er los, der Beginn vom Ende des Unwetters ist da.
Sind alle Fenster und die Tür dicht? Bleiben die elektrischen Kabel
im Trockenen, oder wird es einen Kurzschluß geben?
Der Sturm reißt und rüttelt am
Wohnwagen, daß man meinen könnte, er wirft ihn um. Tut er aber
nicht. Danke Sturm. Wie hat übrigens gestern abend Sturm Graz
gespielt? Die Wellen lärmen und schlagen gegen Fels und Beton.
Allmählich übermannt meine Müdigkeit mein wachhaltendes Wächteramt
und ich schlafe ein, immer wieder von einzelnen, heulenden Sturmböen
und Donnerschlägen oder dem Licht der Blitze aufgeschreckt.
Nach einiger Zeit hört der Regen auf,
aber die Gewalt der Brandung und der Wind sprühen die Meeresgischt
bis hierher. Ich gehe herum, alles okey.
Ich bewundere die Möven, wie sie in
diesem Sturm mit seinen abrupt zustoßenden Angriffen sich so ruhig
in der Luft halten können; manchmal stehen sie fast im Wind! Welche
Sensibilität gegenüber den andrängenden Luftmassen und ihren
ruckenden und zuckenden Energien, welch gekonnte Manöver des
Austarierens!
Der Wind hat die Wolken beinahe ganz
verblasen und ich bin in den Uferfelsen herumgestiegen, um die
aufgepeitschte Brandung anzuschauen. Das Meer bearbeitet, vom Sturm
angetrieben, mit geduldiger Wut Festland und Insel, als wäre ihm
gerade erst eingefallen, daß sich diese ihm unverschämt in den Weg
stellen. Ein wahrhaft spannendes Schauspiel.
Und der Sturm hat alle Kluppen auf der
leeren Wäscheleine zu einer kompakten, bunten Reihe
zusammengeschoben.
Ein Hauch von Abschied weht mich an -
ein paar Etagen tiefer als dort, wo der Sturm tobt – wie ich vom
Waschhaus hinunter zum Wohnwagen gehe.; ich meine nicht den Abschied
von Šilo,
denn wir sind erst vorgestern angekommen, nein, ich meine einen
größeren Abschied. Es erstaunt mich, daß mein Herz bei diesem
Gedanken jubelt, trotzallem glaube ich nicht, daß er mir leicht
fallen würde, aber mich gehen lassend schwelge ich im Gefühl melancholischer
Vergeblichkeit.
©Peter
Alois Rumpf August 2015 peteraloisrumpf@gmail.com
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite