154 Ein neuer Wallfahrtsort
Ich bin als Werbeträger meines eigenen
defensiv – eskalierenden Humors unterwegs; auf meinem T-Shirt
steht: „Da steht nichts drauf“. In der Hitze laufen meine Brillen
innen an von der ausgeschwitzten Feuchtigkeit. Ich sitze wieder
einmal unter dem Luftballonherz, das langsam und lautlos schwingt.
Ich werde diesen Platz zu einem
Wallfahrtsort machen, für alle festhängenden Herzen, und auch für
die, die traurig sind. Wien, U-Bahnstation Volkstheater, bei den
Lehmden-Mosaiken, wenn man auf die U3 Richtung Ottakring schaut,
links oben. Von links gezählt oberhalb der linken oberen Ecke des
zweiten Mosaiks.
Gerade zieht ein kühler Luftzug durch.
Schon vorbei. Das Hallen der Schritte, sommerliches Geklapper und
Geschlurfe. Leicht pendelt das Herz oben, obwohl jetzt kein Luftzug
zu spüren ist.
Mir fallen ein: der Geschenkkarton mit
nichts, das Klatschen nur einer Hand im Kontext der Kindererziehung
und daß es gscheit ist, Gott eine Chance zu geben.
Nun sitze ich auf dem Dach der
Hauptbücherei, für heute werden 37° Celsius angesagt. So ist am
22. 7. 2015 zu Mittag das hier ein ruhiger Ort zum Schreiben.
Glücklich bin ich, das Leben fließt,
auch das meiner Kinder. Der Bogen hat sich kraftvoll und still zu
seinem Ende gespannt. Weil ich da esse, fühle ich mich überhaupt im
Luxus. Ich bin nicht der Einzige, der schreibt.
Die Kellnerin wirkt rauh und kultiviert
gleichzeitig. Oder richtiger, genauer und besser formuliert: auf mich
wirkte sie zuerst rauh, jetzt kultiviert, fein und sanft. Wer hat
sich verändert? Sie? Ich? Beide? Niemand? Oder die Luft zwischen
uns? Der Raum? Die Zeit? Die Algebra? Das Universum? (Es gab
tatsächlich einen kurzen Zeitpunkt, wo die Kellnerin für mich
beides gleichzeitig war – als zwischen meiner abnehmenden
Wahrnehmung oder Projektion der Rauhheit und meiner zunehmenden
Wahrnehmung oder Projektion der Sanftheit Gleichstand herrschte.)
Jetzt sehe ich das, was ich für
Rauhheit gehalten habe, als Zähigkeit; in dieser Gestalt ist sie
wieder da.
Wie ich zu Hause die Stiege
runtergegangen bin, habe ich Aberschritte gehört, als würde wer
links neben und hinter mir mitgehen; ist es möglich, daß es da ein
Echo gibt? Nehmen wir als Ausrede Hitze und Kreislauf! (Dabei zwinkere ich mit den Augen).
©Peter
Alois Rumpf Juli 2015 peteraloisrumpf@gmail.com
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