147 Hitze
In der Hitze bin ich in der Dachkammer
eingeschlafen. Mir träumte, daß ich einer jungen Frau den Hintern
bemalte. Und zwar zog ich mit meinen in schwarzer Farbe getauchten
Fingern vom oberen Beginn der Spalte zwischen den Pobacken den
äußeren Konturen des nackten Hintern entlang jeweils einen kräftigen
Strich nach rechts und nach links, in Kurven, die bis etwa zur Mitte
der äußeren Pobögen reichten. Meiner Erinnerung nach abwechselnd
sowohl mit Daumen als auch mit Zeigefinger. Nicht mehr und auch nicht
weniger. Nicht mehr gemalt als diese zwei Bögen, die ein Bild, eine
Form ergaben, die wie die Darstellung fliegender Krähen ausschaut,
wie man sie auf vielen Bildern und Kinderzeichnungen finden kann. Und
nicht mehr als gemalt – sonst habe ich nichts getan. Gleichzeitig
war ich rasend eifersüchtig auf einen weißrussischen Künstler, zu
dem die junge Frau – im Traum - in irgendeiner ungeklärten
Beziehung stand, und von dem sie gerade erzählte, daß er das bei
ihr so mache, wobei ich – im Traum - den Eindruck hatte, daß ihr
das nicht recht sei, aber sie nicht wirklich nein sage oder sagen
könne.
Soll ich das glauben, daß alle im
Traum vorkommenden Elemente Teile, von einem selber seien? Aspekte der eigenen psycho-physischen Gestalt?
Später dann - noch immer im Schlaf -
ist meine Hand am Holz der Hüttenwand angestreift und im Traum
wollte ich mich am Holz festhalten, da ich zu fallen drohte. Aber
meine Hand fand daran keinen Halt – es war ja auch kein Ast oder
ein Holzgeländer oder etwas in der Art, sondern eine Bretterwand
ohne irgendwelche Vorsprünge – und ich stürzte in den Abgrund.
Vom Schock, den ich deutlich im Bauch spürte, erwachte ich ganz
plötzlich und richtete mich auf.
Erst jetzt fällt mir auf, wie groß
die zwei Fichten bei der Hütte geworden sind; auch die zweiwipflige,
in die einmal ein Blitz eingeschlagen hat.
Im Osten türmen sich massive, weiße
Wolken, die sich im Zeitlupentempo verändern und umbauen. Unter den
weißen Wolken schiebt sich eine dunkle Wolkenbank herein.
Camillo Zorres ist von Haß erfüllt.
Er fürchtet und haßt die grölenden Alpinmachos, ihre
immergleichen, derben Scherze, die selten lustig sind. Diese
verhockte Gewalttätigkeit. Er denkt, er könne ihnen die Knochen
brechen und dabei kalt in die Augen schauen. Ihm ist beinah zum
Heulen. So eine schöne Landschaft, so interessante Wolken, so eine
herrliche Welt, und die Menschen! Fällt dir was auf, Camillo
Zorres!?
Ein neuer Wolkenturm dehnt sich im
Südosten aus, wie nach einer atomaren Explosion oder einem
Vulkanausbruch, und fällt langsam um, als hätte er sich ein Stück
Landschaft ausgesucht, auf die er sich legen will, oder auf die er
mit ewiger Gelassenheit allmählich stürzt, in seinem eingebremsten
Tempo, ein ganz langsam fallender Turm.
Der fallende Turm scheint sich bereits
auf seine Landschaft gelegt zu haben, denn er ist hinter den Bergen
schon fast verschwunden. Ob aus Lust oder vor Erschöpfung – ich
weiß es nicht. Vom Westen her kommen feine, dünne Wolkenflächen
daher, wie ausgedünnte Nebelschwaden, aber hoch oben am Himmel. Ein
Wettersturz ist angesagt.
©Peter
Alois Rumpf Juli 2015 peteraloisrumpf@gmail.com
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