Dienstag, 8. Mai 2018

943 Die Liste der Bücher neben meinem Bett


Ich habe mich heute Mittag überredet, in die Stadt zu gehen. Mein erster Weg: in meine Stammbuchhandlung. Mein zweiter Weg: in eine meiner Ersatzbuchhandlungen (Ergebnis: sieben Bücher). Mein dritter Weg (nach neuerlicher, minutenlanger Selbstüberredung): ins Café.

Ich darf das nicht mehr machen! Ich brauch' nicht sagen, daß bei uns und bei mir Schmalhans Küchenmeister ist, aber Bibliothekschef schon! Ich kann mir das eigentlich nicht leisten. Aber mit diesen sieben Sachen, äh Büchern im Rucksack komme ich mir richtig reich und beglückt vor. Das ist mein Konsumwahn. Das ist meine Kompensation. (Ich sollte schauen, ob ich nicht eine günstige Bibliothekskarte für die Städtischen Büchereien bekommen kann.) Mit diesen sieben Büchern komme ich mir erwachsen vor, als ein Mann, der handeln kann (daß es dabei bloß um einen simplen Einkauf im schmalen gesellschaftlichen Segment des Buchhandels geht, ist mir vollkommen wurscht. Das ist meine Welt. Das ist meine Welt. Das ist meine Welt.)

Im Café sitze ich schon einige Zeit, aber man – richtiger: frau hat mich bis jetzt übersehen. Auch das ist mir vollkommen wurscht. (Als ich das hinschreibe, kommt die Kellnerin und fragt mich, ob ich schon bestellt habe. Die Artikulation verändert die Welt.)

Ich schwitze (in Erwartung eines richtigen (!) Kaffees) und lehne mich zurück und blicke auf die Straße. In den Ohrenstöpsel habe ich ein Duett von Flea und John Frusciante. Die Vorbeigehenden schauen durch das Fensterglas herein und blicken mir manchmal auf mein Notizbuch, was ich denn da schreibe. Oh, ihr Unwissenden und Ahnungslosen! Ich wißt nicht, was euch da entgeht, wenn ihr meine Texte nicht lest und die Musik in meinen Ohren nicht hört! (Zur Erklärung: ich habe inzwischen schon einen Schluck echten Kaffees genommen.) Ich schaue die Leute und ihre Gestelle an und denke mir meinen Teil. „The Past Recedes“ singt John Frusciante (hoffentlich!).

Das mit den Büchern muß ich wirklich ernsthaft überdenken. Noch dazu: wer wird mit so einem Erbe etwas anfangen können? Es zu Geld zu machen, wird nicht viel bringen (wenn überhaupt etwas), dabei sind die meisten gute und wertvolle Bücher (wertvoll in dem was wirklich zählt). Hoffentlich werden sie nicht verbrannt werden, sondern wenigstens in ein Antiquariat gegeben. Meine Musiksammlung: detto.
Oh! Jetzt singt John Frusciante „All We Have“. So schön! So schön! Wirklich so schön. Dabei ist das nur ein Demoband.

Der Kaffee wirkt schon; ich schwitze noch mehr. (Ich gehe ungern ohne Sakko außer Haus. Ihr wißt schon: Reisepass, Geld, Handy, MP3-Player, Gold und Diamanten … jederzeit fluchtbereit.) (Ich weiß, ich darf diesen Vergleicht nicht machen – ich stamme von den Tätern ab, nicht von den Opfern.) Und ich blicke zum Himmel hinauf und sehe die einzelnen weißen Wolken sich ausbreiten, sich verbinden und dunkler werden.

Ich trinke aus und fahre heim. Lesen.

Am Heimweg komme ich unweigerlich an einem Antiquariat vorbei. Noch zwei Bücher.


Hier ist die Liste der gekauften Bücher (in zufälliger Reihenfolge):

Karl Ove Knausgård, Im Winter,  € 22,70
Herta Müller, Immer derselbe Schnee und immer derselbe Onkel; € 10,30
Herta Müller, Hunger und Seide, € 10,30
Thomas Mann, Zauberberg, € 15,50
Joseph Roth, Beichte eines Mörders, erzählt in der Nacht, € 10,20
Joseph Roth, Hotel Savoy, € 8,20
Joseph Roth, Die Flucht ohne Ende, € 8,20
Hermann Hesse, Siddhartha, (antiquarisch) € 4.-
Choderlos de Laclos, Schlimme Liebschaften, (antiquarisch) € 4,50


Liste der Bücher, die schon neben meinem Bett zum Lesen oder Wiederlesen aufgestapelt sind:

Egon Fridell, Abschaffung des Genies
Albert Drach, Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum
Festschrift für Jesper Juul
Rilke Rodin
Paula von Preradović, Ritter, Tod und Teufel
Friedrich Torberg, Die Erben der Tante Jolesch
Adalbert Stifter, Nachsommer
Barbara Frischmuth, Die Mystifikationen der Sophie Silber
Carl Zuckmayer, Des Teufels General
Bernhard Hüttenegger, Die sibirische Freundlichkeit
Theodor Kramer, Laß still bei dir mich liegen
Henrik Ibsen, Gespenster
Henrik Ibsen, Nora
Henrik Ibsen, Peer Gynt
Carlos Castaneda, das Feuer von innen
Carlos Castaneda, Das Rad der Zeit
Jörn Pfennig, Abschied von der Männlichkeit
Dylan Thomas, Windabgeworfenes Licht
Wolfgang Mayer-König, Verkannte Tiefe

(manche davon liegen schon Monate und Jahre ungelesen neben meinem Bett, einzelne habe ich schon hunderte Male gelesen. So ist das.)








(8.5.2018)









©Peter Alois Rumpf    Mai 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

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