869 Der Tag ist vollbracht II
Jetzt, um Einuhrzwanzig in der Nacht, kann ich endlich den
Tag abschließen und seinen erbärmlichen Ertrag zur Kenntnis nehmen.
Und wieder fahre ich meine Erwartungen, Ansprüche,
Hoffnungen herunter: der Tag war, wie er war. Ich kann ihn nicht mehr retten
oder verbessern. Der Auferstehung und der Himmelfahrt bin ich nicht näher
gekommen, aber dem Tod. Um exakt vierundzwanzig Stunden.
Es war kein regelrecht schlechter Tag – tapfer versuche ich
mir das einzureden – sondern ein durch und durch durchschnittlicher
Durchschnittstag – aber wirklich sinnvoll war er nicht.
Bei meiner Existenz am Abstellgleis, nach einem Leben in
permanenter Angst und mit den Talenten vergraben und den Chancen verpasst, kann
ich mir nur schwer noch Erfüllung und Sinn vorstellen.
Ora et labora. Wie soll ich mir Hingabe und Liebe
vorstellen, wenn der sinnvolle Austausch mit der Welt fehlt? Die verzehrende
Trauer über die nicht gelebten Möglichkeiten, über die nicht entfalteten
Begabungen wird das ständige Hintergrundrauschen meines Lebensabends sein. Die
Demut, die mir abverlangt werden wird, um das zu ertragen, wird fast zu groß
sein.
Vielleicht wird es noch ein paar rauschhafte Momente geben,
wenn ich wieder auf irgendeine Illusion oder Hoffnung reinfalle, oder wenn ich
über ein schönes Musikstück zum Beispiel in Euphorie gerate oder sonst etwas
mich mich innerlich kurz aufrichten läßt. Aber das ist trügerisch, denn es
fehlt der feste Grund. Ich habe kein Werk zustande gebracht und werde nichts
hinterlassen und mein Leben klagt mich an. Nüchtern betrachtet ist das alles
substanzlos.
Trotzdem: ich schließe jetzt den Tag ab. Ich akzeptiere sein
Resultat und meine Trauer und die kaum bezähmte Verzweiflung.
So ist es eben, wenn man sich seine Integrität hat zerstören
lassen. Das kommt dabei heraus.
Ich glaube und hoffe, ich werde dennoch gut schlafen.
(24./25.1.2018)
©Peter Alois Rumpf Jänner
2018 peteraloisrumpf@gmail.com
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