Freitag, 12. Januar 2018

860 Ich bin ruhig

Ich bin ruhig. Gerade vorhin noch ist eine zuckende Aggression durch mich hindurch gerast und hat mich aufgeschreckt, aber jetzt bin ich ruhig. Im Oberkiefer spüre ich ein Ziehen. In der linken Ferse sticht ständig etwas. Mein Hintern ist vom vielen Sitzen schon etwas mitgenommen. Ich horche in mich hinein und schaue darauf, ganz ruhig zu werden. Was melden die verschiedenen Stellen und Zellen? Mein Atem geht ruhig und flach. Nur ab und zu, so wie jetzt, wenn ich auf ihn achte, setzt sich ganz von selbst ein tiefer Atemzug durch, der schon den Charakter eines Seufzers annimmt. Ich spüre, daß da einiges los ist, aber kann das ganze Chaos noch nicht erfassen. Wieder dehnt ein Seufzer meinen Brustkorb so weit es nur geht und drückt endlich auch das Zwerchfell nach unten. Hände und Finger fühle ich fast am deutlichsten, nur die an Bett und Pölster aufliegenden Körperflächen sind präsenter.

Jetzt stelle ich eine starke, einschnürende Spannung über dem Brustkorb fest, gegen die wieder ein tiefer Atemzug andrückt („Heinrich, der Wagen bricht …“). Das Kreuz ist immer eine schmerzmarkierte Stelle, aber im Moment in dieser Haltung friedlich. Dort, wo ich meine Aufmerksamkeit hinlenke, spüre ich fast immer etwas, sei es ein Kribbeln, ein Zucken, leichte Stiche. Den Kopf habe ich kurz ein wenig vorgebeugt und sofort ist ein kleines Warnsignal vom Kopf über das Rückgrat ins Kreuz geschossen. Jetzt höre ich nicht bloß das übliche, kaum mehr erwähnte Surren – stets präsent, wenn ich die Aufmerksamkeit hinwende – sondern auch einen Druck, besonders im linken Ohr. Fast so, als würde sich die Luft dort drinnen verfestigen.

Das Ziehen im Oberkiefer ist immer noch da; ein Gefühl, als würde permanent irgendetwas aus dieser Region abgesaugt werden. Ein leichtes Vibrieren kommt den Rücken herauf und wird besonders an Hinterkopf und Schädeldecke deutlich. Jetzt erst nehme ich die durch die Nase ein- und ausströmende Luft wahr. Meine Ohren scheinen sich zu öffnen und sich in Hörbereitschaft regelrecht auszudehnen. Das Surren gewinnt im rechten Ohr einigermaßen an Schärfe und um meine Augen breitet sich Müdigkeit aus. Irgendetwas Körperloses arbeitet wie massierend an meinem Nacken herum mit Ausstrahlungen tiefer hinunter. Ein bißchen könnte es sein, daß ich mein Energiefeld ahne. Vielleicht. Die Augen fallen mir immer öfter zu. Der Wecker – ich merke es erst jetzt – stößt ziemlich heftige Wellenschläge gegen meine Masse. Geräusche im Lichtschacht draußen lassen ganz kleine, aber heftige Angstwellen/Angstkugeln in meinem Bauch hin und her, einmal nach links und dann nach rechts laufen/rollen ( - diese Entscheidung verschiebe ich auf morgen). Kurz bin ich aus meinem Versinken herausgerissen und nach oben in die Wachheit geschleudert.

Die Augen bleiben nun schon länger geschlossen und mein Kopf fällt immer wieder nach links.

Ja, es ist Zeit. Die Muskeln meiner Arschbacken fangen an wehzutun und meine angezogenen Beine befällt eine Starre. Im Hirn bildet sich der verschwommene Gedanke: ausstrecken!
Ich lege mich flach auf den Rücken und die veränderte Haltung lockert meine verspannten Muskel und das ohne Polster hingebettete Haupt läßt meine verkrümmte Wirbelsäule ein wenig strecken und den Brustkorb dehnen und öffnen. Ja, es ist wirklich Zeit zu schlafen.

Als ich mich nach dem Notieren wieder flachlege, mache ich eine ungeschickte Bewegung und plötzlich fährt wie der Blitz der Schmerz ins Kreuz und bildet dort einen brennenden Knoten, der sich nur langsam auflöst.








(11./12.1.2018)












©Peter Alois Rumpf    Jänner 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

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