1557 Ein Hund bellt mich zurecht
Das Lesezeichenbändchen meines Notizbuches hat sich in Form
eines seitenverkehrten, geschlungenen L am Kaffeetischen hingelegt. Mein
Kaffee: schon ziemlich ausgekühlt. Ich nehme einen kleinen Schluck Wasser und
werde hoffentlich bald unterbrochen, denn ich warte.
Das gelbe Licht der Lampe unterm Büropflanzenbaum, dessen
Name mir unbekannt ist, erzeugt jetzt um drei Uhr Nachmittag eine heimelige,
aber mit den fieber- und drogenvertrauten Abendängsten verbundene Atmosphäre in
der Ecke dort. Bedrohtsein durch das sich als mißglückt abzeichnende Tagesende.
Noch ist es also Nachmittag und nicht alles vorbei-gelaufen.
Ich blicke immer wieder zum Fenster hinaus, ob der
Verabredete mit Stunden Verspätung schon kommt; nicht ohne eine gewisse
Nervosität. Unverständlich, denn ich habe Zeit und mir geht hier im Espresso
nichts ab. Zu Hause würde ich doch nur vorm Computer sitzen und – je nachdem –
meine Leidensmanie verteilen oder fast schon blind und fast schon ungerecht auf
die Fratzen einschlagen. Wenn ich nicht lustige Gifs verbreite. Eine gewisse
Süchtigkeit muß ich schon eingestehen.
Ein Hund bellt mich zurecht, indirekt, er schimpft zur
offenen Tür herein: tu nicht so empfindsam! Du bist empfindlich, nicht
sensibel!
Ich lege (gleich) Notizbuch, Stift, Brille auf das Tischchen
um ins wortlose Nichts starren zu können (theoretisch; praktisch schießen immer
Gedankensplitter herein).
(23.10.2019)
©Peter Alois Rumpf,
Oktober 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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