Samstag, 5. Januar 2019

1215 Was mir auffällt


Was mir auffällt: Ich schaue bis zu zwanzigmal nach, wann mein nächster Termin ist. So extrem war das schon lange nicht mehr. Dauernd die Angst, etwas vergessen, übersehen, „verschwitzt“ zu haben. Oder, schon in meiner Kindheit „verträumt“ („Traummännlein“ hat mich noch in der Tischlerei der Chef  genannt, mein zweiter Spitzname war Atompeter, weil ich damals einen Anti-AKW-Button getragen habe wegen der Zwentendorfabstimmung). Oder daß ich irgendetwas Wichtiges nicht mitbekommen habe, wie es in meiner Kindheit so oft vorgekommen ist. Ich muß mich heute noch unglaublich anstrengen, um nur halbwegs mitzuhalten.
Also: ich schau am Abend auf meinen Therapiezettel, wann am nächsten Tag die erste Therapie beginnt. Mehrmals, weil ich mir den Termin merken will, aber fünf Minuten später vergessen habe, oder ich mir nicht mehr sicher bin, ob ich mich noch richtig erinnere. Manchmal scheint es mir, der Termin ist komplett weg, weiß auch nicht mehr, um welche Therapie es sich handelt.
Am Morgen erst recht: gleich nach dem Aufstehen sofort der Blick auf den bereitliegenden Zettel. Da! Heute erst um 10:40. Es ist halb sieben, ich wußte noch, daß ich einen späten Termin habe, trotzdem komme ich nur kurz von meiner aufsteigenden „Panik“ (im umgangssprachlichen Sinn) herunter und nach dem Rasieren schaue ich nochmals nach. Wenn ich mit der Morgentoilette fertig bin: zum Frühstück. Eventuell noch ein Sicherheitsblick auf den Zettel: ich traue meinem Gedächtnis nicht; mir kommt vor, ich werfe alle Infos in „Panik“ (siehe oben) in irgendeinen Speicher und nehme nicht richtig wahr, wo ich ihn abgelegt, besser: hingeschmissen habe (wie bei einem fluchtartigen Aufbruch).

Ich komme vom Frühstück zurück und schaue mehrmals nach: ich habe also genug Zeit für Tensegrity, Zeitung lesen, Internet, Notizen machen und ein bißchen am Computer spielen.

Jetzt muß ich wieder zum Zettel gehen: 10:40 beginnt’s. Es ist 10:08. Ich werde sehr nervös. Schreiben geht nicht mehr. Computerspielen (Solitär, Mahjong): das kann ich noch (es zieht mich stark genug hinein, sodaß ich den Druck undeutlicher spüre).

Mich kann ein Termin am Nachmittag unfähig machen, am Vormittag irgendetwas Sinnvolles zu tun oder zu erledigen, mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Computerspielen (allein!) hilft mir, meine Nervosität zu reduzieren oder weniger zu spüren. Musik hilft mir, mich besser zu fühlen. In der Musik finde ich die beste und schönste Resonanz; hier komme ich mit meiner Seele oder Teilen meiner Seele in Kontakt, hier erkenne ich mich wieder, hier (emp-) finde ich meinen Schmerz, meine Trauer, meine Freude, meine Sehnsucht … ausgedrückt! Gelingt aber kaum, wenn der Termin schon zu nahe ist, dann kann ich nicht mehr richtig hinhören.

Und nochmals vom Computer aufgestanden und nachgeschaut, ob 10:40 wirklich stimmt.





(5.1.2019)









©Peter Alois Rumpf  Jänner 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

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