1211 Skandinavien beginnt schon in Pürgg
Ich schaue einen Kinderfilm über einen gesunden Lausbuben a
la Michl von Lönneberga an, zuerst irgendwie im Kontext von Tante Frieda und
Familie, dann wieder ganz anders (der Traum zerfällt mir schon beim
Aufschreiben). Durch meinen Fehler stößt ein Kind – es ist - kommt mir vor - es
ist ein Mädchen, mit dem ich den Film anschaue – die Thorarolle um, die auf eine Sitzbank gestellt wurde, damit
wir besser spielen können. Anscheinend sind wir in einer Synagoge.
Jedenfalls ist die Thorarolle jetzt
umgefallen und ich gehe – ja zu wem? Ist es der Gemeindevorsteher? Ein Rabbi?
Oder ist der Mann gar nicht jüdisch, sondern ein goischer Verwaltungsbeamter oder der
Manager der Synagoge? Mir kommt so vor. Der Mann erklärt uns, was ich
befürchtet habe: die Thorarolle, die physisch unversehrt ist, ist irreparabel
beschädigt. Spirituell irreparabel beschädigt und muß neu geschrieben werden:
handschriftlich kopiert. Mir ist fast schlecht vor Schuld, obwohl der Mann
weder schimpft noch Vorwürfe macht; vielleicht fühle ich die Schuld wegen seiner Höflichkeit und Güte erst recht. Und ich denke an die, die das jetzt
abschreiben müssen.
Ich bin schwerst schockiert, denke aber, ich muß wegen dem
Kind weitermachen. Dann überlege ich mir schon, ob es wirklich nötig ist, sich
in solche Zwänge zu begeben, daß ein umgefallener, unbeschädigter Gegenstand
als kaputt gilt. Ich will es auch meiner Mutter sagen, aber ich bremse mich ab,
weil ich befürchte, sie nimmt das als Bestätigung für die Berechtigung des
Antisemitismus. Ich spüre schon ihren
antisemitischen Widerwillen, als ich von der umgefallenen Thorarolle erzählen
anfange. Außerdem kommt mir eine spirituelle Beschädigung durch unsachgemäßen
Umgang mit einem heiligen Gegenstand gar nicht mehr absurd vor.
Ich muß wegen dem Kind weitermachen, denke ich wieder und
schaue – jetzt scheint es ein Bub zu sein – mit ihm den Film fertig. Nur spielt
sich das nun in Pürgg beim Mössner Franz ab – der ja in seiner Kindheit und
Jugend dem Lausbubenbild meiner Eltern
entsprochen hatte und dem Michl aus dem Film nicht unähnlich sah. Ich sage zu
ihm: „Skandinavien beginnt schon in Pürgg!“ und bin dann aufgewacht.
(2.1.2019)
©Peter Alois Rumpf
Jänner 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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