1235 Danke, lieber Apfelbaum
Ich grüße den Apfelbaum vor meinem Fenster; oft vergesse ich
darauf in meiner Selbstversunkenheit. Schauder und Vibrieren laufen mir den
Rücken hinunter. Danke, lieber Baum, daß du zurückgrüßt. Vielleicht ist es
nicht fair, mir dich als Verbündeten zu suchen, denn in einer Woche fahre ich
weg und werde dich zurücklassen und vermutlich vergessen. Dabei wissen wir, daß
die Energie der Bäume langsamer ist als unsere. Lieber Baum, ich bin nur mehr
eine Woche da. Danke für Deine Freundschaft!
Ich esse genußvoll einen der hier zur freien Entnahme
ausgelegten Äpfel und denke: das wird nichts. Ich werde nicht – wie doch
empfohlen – nochmals zur Sozialberatung gehen. Es ist schon alles besprochen –
mehr Geld wird es nicht geben.
Ich nehme mir einen zweiten Apfel (zu viel Zucker –
alarmiert eine innere Stimme) und blicke der Frau, die gerade hereinkommt und
die Bücher im Regal durch schaut, ungeniert auf den Hintern (vom Sportlehrer entschuldigt? Naja,
eigentlich hat er nur gesagt, daß wir
Menschen dort hinschauen – und ich ergänze: um die energetische Situation
abzuchecken) - natürlich in der Annahme, daß sie es nicht merkt. Und sonst auch
niemand.
Aber sie bringt mich auf eine interessantere Idee: als sie
wieder gegangen ist, gehe ich zum Regal und schaue mir die Bücher an.
Erstaunlich! Es sind viele katholische darunter, bis zu: „Zehn Argumente für
den Zölibat“. Wer legt die Bücher aus? Soll ich mich bei diesen Büchern
heimisch oder fremd fühlen? Freudig ergriffen oder abgestoßen? Ich weiß es
schon wieder nicht! Der Austritt hat also auch keinen eineindeutigen
Standpunkt gebracht. (Gut, „mission
controll“ gibt es auch.)
Oh! Das Büchlein (Zölibat) interessiert mich! Im ersten Kapitel spricht er mir (teilweise!)
aus der Seele.
Zehn Minuten vor Beginn der nächsten Veranstaltung bin ich
wieder überpünktlich da, weil sich meine Nervosität nicht ruhigstellen und
meine Versagensangst und Autoritätsunterwürfigkeit nicht wegdrängen lassen.
(Ich will ja nicht nur die Meute, sondern auch die Autoritäten nicht gegen mich
aufbringen. Vielleicht brauch ich noch Letztere zum Schutz vor Ersteren.)
(24.1.2019)
©Peter Alois Rumpf
Jänner 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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