1762 Der Totenschädel
Den Dürer mag ich nicht. Trotzdem habe ich letztens in der
Albertina ein Magnetbildchen eines Totenschädels von ihm gekauft und habe es am
zweiten Lautsprecher meines Kassettenrekorders positioniert.
Eigentlich hatte ich nach einem nackten oder wenigstens
halbnackten Weib gesucht, wie Modiglianis Prostituierte am linken (von mir aus
gesehen) Lautsprecher, aber es war kein solches Magnetbildchen zu finden. Und
als ich dann den Totenschädel gesehen habe, dachte ich mir: „Gut! Auch keine
schlechte Idee; dann werde ich eben von meinem Bett aus an meine Sterblichkeit
erinnert.“
Jetzt schaue ich also auf dieses finstere, düstere Bildchen,
kann den Totenkopf gar nicht erkennen, höchstens ahnen, und mir ist schlecht.
Weil der Tod finster ist und unklar, kaum zu erkennen. Nichts Klares wie: „So!
Es ist jetzt so weit. Jetzt sterbe ich! Also her mit dem Lebensfilm!“ Sondern:
„Was? Leb ich noch? Bin ich schon tot? Finster? Wie geht’s weiter? Kommt jetzt
der Lebensfilm? Damit ich endlich das Ganze unverstellt sehen und verstehen kann! Oder wird mir der vorenthalten? Zu schlecht gelebt, um den
serviert zu bekommen? Nicht würdig dafür? Oder muß ich jetzt den richtigen
Schalter finden? Ist die depperte Aufgabenstellerei und Fallenstellerei immer
noch nicht vorbei? Wieder wie bestellt und nicht abgeholt! Keiner sagt mir was,
keiner klärt mich auf! Wie in meinem Leben! So ein Schaaß! Dann freut mich das Sterben
aber auch nicht mehr!“
Ja, mir ist richtig übel. Und der Totenschädel vom Dürer
schaut sehr verwortakelt aus, eigentlich mickrig – das behaupte ich aus der
Erinnerung, sehen kann ich hier nur ein dunkelgraues, leicht bräunlich-violett
unterlegtes Rechteck. Links Mitte einen ganz leichten weißlichen Schimmer,
abwechselnd mit schwärzeren Flecken – das geht so im Kreis herum und könnte der
Schädel sein. Manchmal gelingt es mir - mit dem Wissen, was das darstellt, im
Kopf – die dunklen Kleckse vage Richtung Totenschädel zusammen zu setzen. So
allmählich kommt ein finsterer Knödel zustande.
(17.2.2020)
©Peter Alois Rumpf,
Februar 2020
peteraloisrumpf@gmail.com
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