Montag, 17. Februar 2020

1762 Der Totenschädel


Den Dürer mag ich nicht. Trotzdem habe ich letztens in der Albertina ein Magnetbildchen eines Totenschädels von ihm gekauft und habe es am zweiten Lautsprecher meines Kassettenrekorders positioniert.
Eigentlich hatte ich nach einem nackten oder wenigstens halbnackten Weib gesucht, wie Modiglianis Prostituierte am linken (von mir aus gesehen) Lautsprecher, aber es war kein solches Magnetbildchen zu finden. Und als ich dann den Totenschädel gesehen habe, dachte ich mir: „Gut! Auch keine schlechte Idee; dann werde ich eben von meinem Bett aus an meine Sterblichkeit erinnert.“

Jetzt schaue ich also auf dieses finstere, düstere Bildchen, kann den Totenkopf gar nicht erkennen, höchstens ahnen, und mir ist schlecht. Weil der Tod finster ist und unklar, kaum zu erkennen. Nichts Klares wie: „So! Es ist jetzt so weit. Jetzt sterbe ich! Also her mit dem Lebensfilm!“ Sondern: „Was? Leb ich noch? Bin ich schon tot? Finster? Wie geht’s weiter? Kommt jetzt der Lebensfilm? Damit ich endlich das Ganze unverstellt sehen und verstehen kann! Oder wird mir der vorenthalten? Zu schlecht gelebt, um den serviert zu bekommen? Nicht würdig dafür? Oder muß ich jetzt den richtigen Schalter finden? Ist die depperte Aufgabenstellerei und Fallenstellerei immer noch nicht vorbei? Wieder wie bestellt und nicht abgeholt! Keiner sagt mir was, keiner klärt mich auf! Wie in meinem Leben! So ein Schaaß! Dann freut mich das Sterben aber auch nicht mehr!“

Ja, mir ist richtig übel. Und der Totenschädel vom Dürer schaut sehr verwortakelt aus, eigentlich mickrig – das behaupte ich aus der Erinnerung, sehen kann ich hier nur ein dunkelgraues, leicht bräunlich-violett unterlegtes Rechteck. Links Mitte einen ganz leichten weißlichen Schimmer, abwechselnd mit schwärzeren Flecken – das geht so im Kreis herum und könnte der Schädel sein. Manchmal gelingt es mir - mit dem Wissen, was das darstellt, im Kopf – die dunklen Kleckse vage Richtung Totenschädel zusammen zu setzen. So allmählich kommt ein finsterer Knödel zustande.









(17.2.2020)









©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

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