1655 Die Genußdepression
„Du kannst unendlich viel Freude haben!“, und dann wird das
beworbene Produkt gezeigt. Schade! Denn der Satz ist richtig, trifft zu und
stimmt. Dieser Satz hat sogar mit Weihnachten zu tun: die Ankunft des Nagual in
der Welt.
Ich schaue auf das Kerzenlicht im dunkelgelben Glas. Es
leuchtet und flackert. So wie ich es durch sein Glas und mein Glas (Brille)
sehe, ähnelt es einer zuckenden, hüpfenden und vor allem leuchtenden
Distelblüte (sind Disteln Dornen?).
Gerade denke ich: Sollte ich jemals noch eine Bewegung, eine
Künstlergruppe, eine Partei, eine Religion, eine Zeitschrift, einen
Fußballverein, eine Geheimloge, eine nicht geheime Loge, eine Burschenschaft,
eine Sekte, eine Firma, einen Konzern, einen Staat, einen Verein – wofür oder
gegen was auch immer, eine Modern-Dance-Gruppe – gründen: unser Symbol, unser
Wappen, unsere Trademark wird die gelbe Distelblüte sein.
Die Wohnungstür wird von außen aufgesperrt und dann wird
telefoniert. Ich will nichts wissen. Ich lege mich flach.
Ich habe gerade etwas ganz neues erfunden: Die
Genußdepression! Nachdem ich beschlossen hatte, heute die Wohnung nicht zu
verlassen, obwohl es drei interessante Einladungen gibt: a) Familienessen mit
köstlichen Schnitzerl aus verschiedenen Fleischsorten b) Erstbesichtigung einer
neuen neu gestalteten Wohnung bei mir sehr nahe stehenden Menschen c)
Weihnachtsessen bei und mit Freunden mit außerordentlichen Speisen von
Spitzenkoch und Spitzenköchin in außergewöhnlichem Ambiente.
Nachdem ich nämlich beschlossen hatte, den ganzen Tag die
Wohnung nicht zu verlassen und im Pyjama zu bleiben (ich war in selbigem schon
unten beim Postkastl, die Zeitung holen; und natürlich war beim Hinuntergehen
niemand im Stiegenhaus, aber beim Heraufgehen, wo ich nicht mehr zurück
flüchten konnte, dann fast alle), also im Pyjama zu bleiben „und ohne Zähne“ –
das war ein wichtiger Hinweis des nackten Weibes neben mir, das von mir
unbemerkt meine Schreiberei mitgelesen hatte – ich wußte gar nicht, daß sie
meine Schrift so gut lesen kann, wo ich doch selber beim Eintippen der
handschriftlichen Notizen in den Computer oft Schwierigkeiten habe, meine
Schrift lesen zu können, sodaß manche Wörter auf ewig unentschlüsselt geblieben
sind und ich mir für den Text ein neues ausdenken mußte. Ihren zweiten
Ergänzungsvorschlag „... Weibes, dem ich in Liebe zugetan bin“ - so wörtlich –
habe ich aus Gründen des Versmaßes und der Sprachrhythmik abgelehnt. Nachdem
ich mich also für die Stabilitas Loci entschieden habe, ging es mir wieder gut.
Und das nenne ich eine „Genußdepression“ (©Peter Alois Rumpf, Dezember 2019)!
(14.12.2019)
©Peter Alois Rumpf,
Dezember 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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