Mittwoch, 11. Dezember 2019

1647 Unter der Decke ausharren


Ganz aufgeregt liege ich im Bett, denn ich breche die Vereinbarung mit mir selbst (oder wem auch immer), werktags immer spätestens um acht Uhr aufzustehen, und zwar breche ich sie absichtlich, bei vollem Bewußtsein, sehenden Auges und im Vollbesitz meiner geistigen und seelischen Kräfte (ha! ha! ha!) und ohne die Acht-Uhr-Idee aufzugeben. Ich knotze also bei hochgezogener Jalousie – das schon! - und mit hochgezogenen Knien via drei Pölster an das Bettgestell gelehnt im Bett und warte, was mein Gesetzesbruch auslöst.

Bis jetzt ist nichts ungewöhnliches passiert. Meine Verbündete, die Katze begrüßt diese Gelegenheit neben mir zu liegen und ein paar Streichelungen abzubekommen schnurrend, jedoch zuckt kein Blitz, kracht kein Donner, erschallt keine Stimme von oben.

Und innen? Kleine subtile Veränderungen in der Gehirnchemie? Mit welchen Folgen? Wird meine Acht-Uhr-Entscheidung schon aufgelöst? Oder mit größerer Stabilität und Sicherheit auf ein höheres, flexibleres Niveau gehoben? Und mein Vorsatz darin und so bewahrt?

Wie fühlt es sich an? Nachdem ich gestern nachts mit der Lektüre bis gegen zwei Uhr nicht aufhören wollte, weil mich der „Kirchen"austritt Spinozas (Yalom; das Spinoza-Problem; ein Roman!) überraschend so gepackt und mich mutatis mutandis an meinen ungleich harmloseren (ersten) erinnert hat, fehlt mir eindeutig Schlaf für mein Wohlbefinden, und ich habe es sehr genossen, unter der Decke auszuharren und zu schlafen. Aber wird mir damit schon mein neuer, weniger bemißtrauter und frisch geliebter Morgenoptimismus, den ich mir in den letzten zwei Wochen regelrecht und wörtlich erstanden habe, zerbröseln? Heute fühlt es sich nicht so an, wie wird es jedoch morgen sein? Wird sich da unter welchem Vorwand auch immer auch wieder ein besonderer Ausnahmetag gleich nach dem Aufwachen ankündigen? - ich kenne das Suchtproblem!

Das war nach dem Aufwachen. Und jetzt? Ich habe den Eindruck, daß es paßt. Aber gibt es nicht doch ein verdecktes Schuldgefühl? Mir fällt auf, daß ich, sobald ich gegen Mittag unten in der Küche zum Frühstück aufgetaucht bin, gleich zuerst alles herumstehende gebrauchte Geschirr in den Geschirrspüler geräumt und diesen eingeschaltet habe, bevor ich mir noch ein Frühstück zubereitet habe. Verdächtig!

Und nach dem Frühstück – auch verdächtig - bin ich die schon wochenlang hinausgeschobene, wenn auch nicht überlebensnotwendige Reparatur der Jalousie in meinem Zimmerchen angegangen, was viel mühsamer als erwartet war und wobei ich ordentlich in Aufregung und Schwitzen geraten bin – dieses umständliche Hantieren mit der großen Leiter im kleinen Zimmer und noch dazu, wo ich zu faul war, meinen Schreibtisch vorm Fenster abzuräumen, sodaß ich nur äußerst vorsichtig darauf herumsteigen konnte, und außerdem die Mechanismen der Ziehkette, als auch der Montage der Jalousie höchstpersönlich mir zwar nicht gänzlich, jedoch teilweise wieder neu erarbeiten mußte.
Darnach ward ich körperlich und seelisch sehr erschöpft!

Aber: ich konnte vom Schreibtisch aus wieder den Blick auf das Dachbodenfenster genießen, in dem sich – heute – ein tiefschöner, ganz dunkelblauer Himmel gespiegelt hat und Sonnenlicht auf einem kleinem Mauerstück, das vom Schatten des Taubengitters gerastert war.









(11.12.2019)










©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite