1661 Der verschwundene Staub
In meinem Zimmer ist alles ungewöhnlich klar, als hätte ein
Gewitter die Luft gereinigt. Alles ist von klarer Gestalt und die Konturen sind
scharf. Das gilt auch für die Bilder an der Wand, besonders für das ganz
rechts. Selbst das Surren ist sehr schrill und außerordentlich scharf.
Als gäbe es keinen Staub in meinem Zimmer, aber das kann
nicht sein! Hat meine Frau … oder meine Tochter heimlich? Nein, nein.
Ich warte darauf, daß sich irgendetwas offenbart und zeigt
und deshalb blicke ich suchend im Zimmer herum, ob irgendwo eine Botschaft
versteckt ist, denn das kann alles kein Zufall sein!
Hat jemand heimlich die Fenster geputzt? Das kann und darf
nicht sein!, darum erhebe ich mich nicht vom Bett um zum Fenster zu gehen.
Schon längst ist es wieder finster draußen. Auch die Bilder und Zettel, all das
an die Wand Gestiftelte und Getackerte hängt viel akkurater und glatter als
sonst.
Wurde mir von den kosmischen Mächten ein Schleier vom
Gesicht weggezogen? Haben sie hier geputzt? Oder im Gegenteil: haben sie mir
gnädigerweise einen Wahrnehmungsverschönerer verpasst? Steh ich unter mir
unbekannten Drogen? Irgendeine kumulative Wechselwirkung zweier Nahrungsmittel
zum Beispiel oder eine krasse Mischung von Weiß-der-Teufel-was mit meinen
Medikamenten? Hat sich eine jahrelange Verschleimung gelöst, die mein Geschau
jahrelang getrübt hat? Oder umgekehrt? Wie kann bei klarerem Sehen Staub
verschwinden?
Ich könnte es auch von der anderen Seite her angehen: was
genau meint der Wiener Ausdruck „schaasaugert“?
Dann bin ich eingeschlafen und erst gegen sechs Uhr Abend
wieder aufgewacht.
(16.12.2019)
©Peter Alois Rumpf, Dezember 2019 peteraloisrumpf@gmail.com
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