Sonntag, 15. Dezember 2019

1656 „I'm With You“


Der gemütskranke Mann ist nicht „der schwimmende Mann“, aber schaut auf den ersten Blick so ähnlich aus. Aber bei jenem geht nichts weiter. Im Übrigen: möglicherweise wäre ich heute ganz am Morgen als kranker Mann im Halbschlaf nicht nur zum „schwimmenden Mann“ (laut Andreas Vitasek eine Tantrastellung) fähig gewesen, sondern vielleicht sogar zum „fünfbeinigen Hund“ (allerdings nicht realitätsgetestet). Und jetzt siehe oben.

Also ich geh nicht mehr außer Haus. Was soll ich dort? Auf den Tod warten kann ich hier im warmen Bett auch. Mir fehlt nämlich ein gscheiter oder auch blöder Lebenssinn. Und es ist anstrengend genug, dem Wunsch, es gut sein zu lassen, zu widerstehen. So warte ich eben und schaue mir im Internet viele KabarettistInnen an, das hilft, und wenn mir selbst ein lustiger Text gelingt – schmunzeln genügt! - dann erst recht. Und ich stimme Alex Kristan im Grundsatz zu: „lieber eine Depression im Porsche, als in der U-Bahn“, auch wenn es für mich in diesem Punkt gerade umgekehrt wäre: der Porsche interessiert mich persönlich überhaupt nicht, aber als Reicher in der U-Bahn und dann aussteigen und Essen gehen, stundenlang Kaffeehaussitzen, reisen (mit dem Zug) … ja, sagen wir: im Anzug, mit ganz leichtem Gepäck, was ich sonst noch brauch kaufe ich im angereisten Ort vor Ort (kann mir jemand erklären, warum es „vor Ort“ heißt, wenn man dort ist? Aus der Kriminalberichterstattung, weil der Tatort immer abgesperrt ist?). Ich müßte nicht zum tausendsten Mal mein Zimmer beschreiben – an dem ist nichts falsch! Ich finde es großartig, wie variantenreich und neu ich jedesmal dasselbe Zimmer beschreibe (dasselbe? πάντα ῥεῖ!) - aber ich müßte nicht; ich könnte viele verschiedene Hotelzimmer, Orte, Landschaften, Laute etcetera aufnehmen und betrachten.

Übrigens hocke ich jetzt gar nicht in meinem Zimmer, sondern vor dem dunkelgelben, orangelichem Distelblütenlicht.

Reich sein heißt mobil sein. Können, aber nicht müssen. Meine Reisen würden über Europa nicht hinausgehen. Die Karibik zum Beispiel interessiert mich genauso wenig wie der Rum. Aber Schruns-Tschagguns (H.C. Artmann!) oder Kamnik und Celje würden mich interessieren; ebenso wieder Narvik, und Rovanjemi, wo ich es damals nicht hin geschafft habe. Oder Graz, Sinabelkirchen und Stinatz. Oder Zirl, Vienne, Avignon, La Collada/ San Pelayo de Tehona, Ilirska Bistrica (Illyrisch Feistritz), Slovenj Gradec (Windischgrätz), diverse Hauptstädte, Càk, und und und.

Also keine Abenteuerreisen! Kein Interesse! Ich will gar nichts mehr erleben (vergessen? Ich warte auf Bruder Hain). Alles rechtliche wäre geregelt: Begräbnis, Erbschaft. Ich glaube, ich würde verfügen, daß mein Leichnam an Ort und Stelle des Todes verbrannt und begraben werden solle, egal wo. Eventuell ausgestreut; ein Waldfriedhof könnte mich auch noch interessieren.

Das alles, vom Kaffeehaus bis nach XY ist außer meiner Reichweite, momentan, aber wir werden es demütig hinnehmen (bleibt mir auch gar nichts anderes über, ich (ich!) habe keine andere Wahl).

Ich gehe aufs Klo. Und nachher habe ich brav mein Antidepressivum eingenommen und komme mir dabei immer noch etwas blöd vor, als Versager, weil ich es nicht selber geschafft habe. Und entmündigt. Wobei ich gestehen muß, dass ich das brav hingeschrieben, aber nach dem Klobesuch schon wieder vergessen hatte und die Tablette (I'm with you! Red Hot Chili Peppers) erst Stunden später eingeworfen habe (klingt gleich cooler; und wäre es eine illegale Droge, dann noch cooler).

Was könnte mich noch hinaus locken? Konsum!

Bücher, CDs, Konzerte, Theater, Museen, Kleidung, vielleicht sogar Schmuck – ein paar coole Ringe, oder eben die Zugreisen. Das einzige Abenteuer daran wäre, daß ich im Normalfall weder Zug noch Hotel (La Collada: die Ausnahme) reservieren würde. Spontanes Aussteigen möglich!

Außerdem hat der Lukas Resetarits recht: in den Siebzigerjahren war es leichter. Da hatten wir noch viel Hoffnung und ich noch nicht so extreme Legasthenie.










(15.12.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Dezember 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


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