Ich habe mich heute Mittag überredet, in die Stadt zu gehen.
Mein erster Weg: in meine Stammbuchhandlung. Mein zweiter Weg: in eine meiner
Ersatzbuchhandlungen (Ergebnis: sieben Bücher). Mein dritter Weg (nach
neuerlicher, minutenlanger Selbstüberredung): ins Café.
Ich darf das nicht mehr machen! Ich brauch' nicht sagen, daß
bei uns und bei mir Schmalhans Küchenmeister ist, aber Bibliothekschef schon!
Ich kann mir das eigentlich nicht leisten. Aber mit diesen sieben Sachen, äh
Büchern im Rucksack komme ich mir richtig reich und beglückt vor. Das ist mein
Konsumwahn. Das ist meine Kompensation. (Ich sollte schauen, ob ich
nicht eine günstige Bibliothekskarte für die Städtischen Büchereien bekommen
kann.) Mit diesen sieben Büchern komme ich mir erwachsen vor, als ein Mann, der
handeln kann (daß es dabei bloß um einen simplen Einkauf im schmalen
gesellschaftlichen Segment des Buchhandels geht, ist mir vollkommen wurscht. Das
ist meine Welt. Das ist meine Welt. Das ist meine Welt.)
Im Café
sitze ich schon einige Zeit, aber man – richtiger: frau hat mich bis jetzt
übersehen. Auch das ist mir vollkommen wurscht. (Als ich das hinschreibe, kommt
die Kellnerin und fragt mich, ob ich schon bestellt habe. Die Artikulation
verändert die Welt.)
Ich schwitze (in Erwartung eines richtigen (!) Kaffees) und
lehne mich zurück und blicke auf die Straße. In den Ohrenstöpsel habe ich ein
Duett von Flea und John Frusciante. Die Vorbeigehenden schauen durch das
Fensterglas herein und blicken mir manchmal auf mein Notizbuch, was ich denn da
schreibe. Oh, ihr Unwissenden und Ahnungslosen! Ich wißt nicht, was euch da
entgeht, wenn ihr meine Texte nicht lest und die Musik in meinen Ohren nicht
hört! (Zur Erklärung: ich habe inzwischen schon einen Schluck echten Kaffees
genommen.) Ich schaue die Leute und ihre Gestelle an und denke mir meinen Teil.
„The Past Recedes“ singt John Frusciante (hoffentlich!).
Das mit den Büchern muß ich wirklich ernsthaft überdenken.
Noch dazu: wer wird mit so einem Erbe etwas anfangen können? Es zu Geld zu
machen, wird nicht viel bringen (wenn überhaupt etwas), dabei sind die meisten
gute und wertvolle Bücher (wertvoll in dem was wirklich zählt). Hoffentlich
werden sie nicht verbrannt werden, sondern wenigstens in ein Antiquariat
gegeben. Meine Musiksammlung: detto.
Oh! Jetzt singt John Frusciante „All We Have“. So schön! So
schön! Wirklich so schön. Dabei ist das nur ein Demoband.
Der Kaffee wirkt schon; ich schwitze noch mehr. (Ich gehe
ungern ohne Sakko außer Haus. Ihr wißt schon: Reisepass, Geld, Handy,
MP3-Player, Gold und Diamanten … jederzeit fluchtbereit.) (Ich weiß, ich darf
diesen Vergleicht nicht machen – ich stamme von den Tätern ab, nicht von den
Opfern.) Und ich blicke zum Himmel hinauf und sehe die einzelnen weißen Wolken
sich ausbreiten, sich verbinden und dunkler werden.
Ich trinke aus und fahre heim. Lesen.
Am Heimweg komme ich unweigerlich an einem Antiquariat
vorbei. Noch zwei Bücher.
Hier ist die Liste der gekauften Bücher (in zufälliger
Reihenfolge):
Karl Ove Knausgård,
Im Winter, € 22,70
Herta Müller, Immer derselbe Schnee und immer derselbe
Onkel; € 10,30
Herta Müller, Hunger und Seide, € 10,30
Thomas Mann, Zauberberg, € 15,50
Joseph Roth, Beichte eines Mörders, erzählt in der Nacht, €
10,20
Joseph Roth, Hotel Savoy, € 8,20
Joseph Roth, Die Flucht ohne Ende, € 8,20
Hermann Hesse, Siddhartha, (antiquarisch) € 4.-
Choderlos de Laclos, Schlimme Liebschaften, (antiquarisch) €
4,50
Liste der Bücher, die schon neben meinem Bett zum Lesen oder
Wiederlesen aufgestapelt sind:
Egon Fridell, Abschaffung des Genies
Albert Drach, Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum
Festschrift für Jesper Juul
Rilke Rodin
Paula von Preradović,
Ritter, Tod und Teufel
Friedrich Torberg, Die Erben der Tante Jolesch
Adalbert Stifter, Nachsommer
Barbara Frischmuth, Die Mystifikationen der Sophie Silber
Carl Zuckmayer, Des Teufels General
Bernhard Hüttenegger, Die sibirische Freundlichkeit
Theodor Kramer, Laß still bei dir mich liegen
Henrik Ibsen, Gespenster
Henrik Ibsen, Nora
Henrik Ibsen, Peer Gynt
Carlos Castaneda, das Feuer von innen
Carlos Castaneda, Das Rad der Zeit
Jörn Pfennig, Abschied von der Männlichkeit
Dylan Thomas, Windabgeworfenes Licht
Wolfgang Mayer-König, Verkannte Tiefe
(manche davon liegen schon Monate und Jahre ungelesen neben
meinem Bett, einzelne habe ich schon hunderte Male gelesen. So ist das.)
(8.5.2018)
©Peter Alois Rumpf Mai
2018 peteraloisrumpf@gmail.com