„Der Wundertäter war von hohem Wuchs.“ (Daniil Charms).
Der Wundertäter wird in den Himmel geholt (à la Dante), trifft dort alle
Möglichen und Unmöglichen, Vorfahren, Eltern, die Opfer des Krieges, auch die
seiner Verwandten … und erhält dort
seine Fähigkeit, Wunder zu wirken; oder er hat diese Kraft schon und sie wird
ihm im Himmel gezeigt.
Mit meinen Träumen arbeiten. Der Wundertäter erfährt im
Träumen von seiner Fähigkeit und reist öfters dort hin.
Der Wundertäter wird schon oft von vornherein, ohne daß er
noch ein Wunder vollbracht hat, bewundert. Kann oder will oder darf er kein
Wunder vollbringen? Nicht vergessen: bei Charms ist die geniale Grundidee, daß
der Wundertäter Zeit seines Lebens kein einziges Wunder vollbringt. Er könnte
es, tut es aber nicht. Also: er kann es. Warum macht er es nicht? Darüber muß
ich eine klare Entscheidung treffen. Muß ich das wirklich? Kann es nicht auch
changieren?
Über Georgos Thaumatourgos nachlesen! Vielleicht findet sich
dort etwas brauchbares.
Im Bewußtsein des Wundertäters ist alles mögliche, um nicht
zu sagen, alles präsent, Rebellion und Unterwerfung, religiös und antireligiös
etcetera.
Ahnung von der Komplexität des Daseins.
Hemmung, Wunder zu vollbringen – wer nur ein Steinchen
verschiebt, ändert die ganze Welt.
Oder hebt sich „Alles“ in ihm gegenseitig auf? (Die
Bewegungen aller Teilchen heben sich alle gegeneinander gleichzeitig auf.)
Die “MMeistersinger“ (sic!) treten auf, sie deklamieren als
Chor immer so nazi-darwinistische Sprüche („Nur die Harten kommen durch ...“
usw.)
Begleittier? Hund? Säbelzahntiger? Wolf? Schlange? Wir
werden sehen (schau'ma mal).
Das ganze wie ein absurdes Theaterstück à la Hermanovsky-Orlando? Oder
romanhafte, erzählerische, dramenhafte, drehbuchartige etc. … Abschnitte? Egal,
ich bin ein alter Mann, ich darf
schreiben, was ich will. Auch dann, wenn ich davon keine Ahnung habe.
(Altersstarrsinn und senile Schlafflucht).
„Der Wundertäter war von hohem Wuchs“ (Daniil Charms). Er
ging aufrecht durch die Welt, nur manchmal, wenn er allein und müde war, konnte
er auch gekrümmt wirken. Nein, Blödsinn, als Wundertäter ist man immer eher
allein. Oder? Gekrümmt? - nein.
Warum er als Wundertäter keine Wunder vollbringt (kann man
Wunder auch anders als „vollbringen“? - tun, schaffen, fertigen, wirken; wie
würde man bei einer Wundertäterin sagen? Wundertäterin!? Ist das eine Idee?! - nein,
die Seelen der Frauen kenne ich viel zu wenig): eingeschüchtert, stolz, er weiß
es nicht, daß … - geht eher nicht. Er muß wissen, daß er Wunder tun
kann; das ist ja die Pointe. Ist er träge, erschrocken, neben der Spur?
Wie sieht er aus? Schlank? Eher ja; Sicher ja! Er strahlt
Würde aus – eher eine verborgene. Wirkt sich seine Kraft zum Wunderwirken, die
er nie einsetzt, so aus, daß er eine verborgene, stille Würde ausstrahlt? Oder
ist das schon zu viel?
Ich denke, er ist dunkelhaarig; kein Bart; Augen – braun?
Trägt in der Regel dunkle Kleidung – schwarz, grau; keine
gemusterten und gestreiften Sachen (Döbereiner, verschwinde!); doch bunt? Aber
sicher nicht als Clown unterwegs!
Wann lebt er? Zu Charms Zeiten oder zu meinen Zeiten? Das
ist eine wichtige Entscheidung. Momentan bin ich eher für jetzt. Das geht ja
gar nicht anders! Was weiß ich schon von Charms Welt; und außerdem bin ich zu
faul um aufwendige Recherchen zu betreiben.
Wird er, wie bei Charms, zum Schluß aus der Wohnung
geworfen? (Ich muß nochmals genau in der alten Frau nachlesen!
Daniil Charms, „Die alte Frau“) Das kann noch offen bleiben, je nachdem
sich die Geschichte entwickelt. Er könnte durchaus öfters Wohnung wechseln, auf
Wohnungssuche sein.
Weiß er, daß er Wunder wirken kann und ist bloß zu – ja, zu
was? - zu aufgeregt, damit zu beginnen?; schiebt sozusagen sein erstes Wunder
ständig hinaus, bis es zu spät ist? (Wann ist es zu spät? Irgendwann im Alter
oder erst im Tod?) Der Wundertäter als Verzögerungstaktiker und Verzögerungsmeister.
Oder hat er sich entschlossen, aus irgend einem Grund, auf Wunder zu
verzichten, zum Beispiel weil er es unfair fände, sich so einen Vorteil
gegenüber seinen Mitmenschen zu verschaffen? Oder gehört das zu seiner Mission
in dieser Welt? – wie kommt ein Wundertäter heutzutage ohne Wunder durch – ist
das sein „kosmischer“ Auftrag? Als verschärftes Jesus-Christus-Experiment.
Allerdings kann man dann nicht sagen, daß in ihm Gott dem Menschen zeigt, wie
er ihn bei der Schöpfung „gedacht“ hat, denn da gehören Wunder dazu. Oder
machen die da oben ein Feldexperiment, wie sie unter den Bedingungen einer
aufgeklärten, modernen, funktionalistischen Welt die Menschen retten können?
Der Wundertäter ohne Wunder als ein Vorläufer für den kommenden Retter, der seine
Möglichkeiten austesten will? Oder ganz anders, hat er bei Antritt der
Lebensreise in einem Vertrag mit den Mächten unterschrieben, daß er kein Wunder
vollbringen wird – irgendwie genötigt, sozusagen eine „jenseitige“
Sonne-Neptun-Königskonkurrenz (W. Döbereiner)? Oder eine irdische
Verzichtserklärung, wie bei mir?
Überhaupt: wie viel Autobiographisches darf einfließen? Daß
etwas einfließt wird unvermeidlich sein. Bevor ich zu schreiben beginne muß ich
mir dazu eine gründlich durchdachte, gut ausgearbeitete, klar formulierte Liste
anlegen, was er von mir haben darf, oder besser, was er von mir nicht
haben darf. Aber heute traue ich mich noch nicht mit dieser Liste anfangen.
Jetzt, in dieser Phase, muß alles noch möglichst offen sein.
©Peter
Alois Rumpf Jänner 2016 peteraloisrumpf@gmail.com