Freitag, 7. März 2025

3992 Spazihieren

 



15:44.  Die Donau – ihr Seitenarm – fließt und fließt und fließt; recht flott eigentlich (und uneigentlich? - der innere Spötter). Meine liebe Frau hat mich überredet mit ihr in die Sonne zu kommen und ich – in Erwartung einen Spaziergang zu machen (vergleiche: er heißt Peter und er geht so gern spazihieren und meine Art zu gehen ist zu machen einen Spaziergang) – habe zugestimmt. Dann hat sich herausgestellt: sie hat eine Decke mit und will lagern. Das habe ich nicht so gern, weil das ungestützte Hocken am Grund und Boden sehr gern auf mein Kreuz geht. Aber was macht eines nicht alles, damit jemand einmal in der Woche, am Wochenende, alle meine Texte der ganzen Woche liest (jetzt tut er wieder so arm! Dabei hat sie diese morgendlichen Wochenendlesungen im Bett nie in Frage gestellt und liebt sie auch! - der innere Korrektor!). Na gut, schreib ich hald (sic!) noch einen Text, der letzte – und die letzten sind beim Vorlesen immer die ersten am elektronischen Stapel – ist ja wirklich kein so guter Einstieg für ein Wochenendvergnügen. Also: die Donau fließt und fließt und fließt. Ein Saxophonspieler am anderen Ufer hat unter der Brücke (Resonanzraum!) zu spielen begonnen. Er (oder sie) übt dort wohl, obwohl ich ihn/sie nicht sehen kann, vermutlich hinter einem Pfeiler der Brückenkonstruktion versteckt. Ah! Er wechselt die Standorte – offensichtlich um die verschiedenen Akustiken auszuprobieren: nun sitzt er (oder doch sie?) ganz unauffällig und von den Farben der Kleidung her gut getarnt seitlich auf einem niederen Mäuerchen. Mehr kann ich im Gegenlicht und bei dem wasseroberflächlichen Geglitzer nicht sehen. Bei meinen aufgestellten Beinen rutschen ständig die Füße am Gras des kleinen Wiesenhanges ab. Schon angenehm, dass Schreiben keinen Lärm macht und dabei im Gegensatz zur Malerei kaum Aufbewahrungsprobleme auftauchen. Mir gefällt das saxophonische – und ich meine das nicht negativ! - Gejammer; es passt perfekt zu meiner Stimmung. Lesen, schreiben, essen tu ich in „der Natur“ nicht so gern; schnell fehlt mir dabei die gewünschte Intimität, die solipsistische Abgeschlossenheit und soziale Sicherheit. Außerdem habe ich immer den Verdacht, dass mir die Sonne meine tiefsinnigen, existenzialphilosophischen Gedanken und alltheologischen Fähigkeiten wegbrennt. Aber zur Not geht es schon und gottseidank gibt es jetzt noch keine nennenswerten Insekten. Schlimmstenfalls lege ich mein Schreibzeug weg.
Mir tut bereits vom harten Grund und Boden der Hintern weh und das Kreuz beginnt zu schmerzen. Polizeisirenen überheulen das Saxophon, das auch sofort abbricht. Und nach dem Vorbeirasen der alarmierten Autos wieder von neuem ansetzt. Ich kann so – ohne Anlehnen – nicht mehr länger sitzen. Das Kreuz tut schon richtig weh. Verdammt noch mal! Ich bin alt, alt, alt. Die frei improvisierte Saxophonmusik ist wirklich schön; ich höre da auch selbstironischen Humor heraus, oder?


(7.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

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