Mittwoch, 27. Januar 2016

275 Einsicht

Ich schaue in ein inneres Bild und sehe, ich komme in meinen Handlungen oft nicht vor. Sie geschehen in einer Art stillen, vergessenen Panik, die mich aus mir selbst vertrieben hat. In meiner Mitte finde ich mich nicht; fast alles geschieht in einem bewußtlosen Taumel. In meinem Innersten findet eine Explosion statt, ich weiß nicht, ob es der Urknall ist oder sein Nachbild oder der letzte Krieg oder meine Panik in der Teufelsgrube. Jedenfalls blendet es mich und ich kann nicht sehen. Nicht, was um mich stattfindet, noch, was in mir los ist. Übrig bleibt ein unausgereifter Replikant, dessen Mechanik sehr leicht blockiert, störanfällig beim kleinsten Stress, am Rande der Materialermüdung.

Wie ein leeres, ungeschütztes Haus.

Gern hülle ich mich in Decken ein, damit das verlorene Selbst nicht davondampfen, sondern wenigstens zu einer flüssigen Substanz kondensieren kann. Eine Leerstelle in mir, vollgeräumt mit fremdem Zeugs. Darum oft dieses achselzuckende „ich weiß nicht“. Es fehlt der, der sieht.

Ich gleite jetzt ab in einen japanischen Fischmarkt. Und jetzt bin ich mit Grillparzer unterwegs, wo, das weiß ich schon nicht mehr. Ein kleines Flugzeug schneidet sich in hohem Ton durch mein Traumbewußtsein und holt mich so – bei immer tiefer werdender Tonlage – zurück. Die ganze Sahara liegt drei Monate unter Regen, die Wüste lebt und blüht wieder auf.

Meine Finger sind verknotet und weich wie ein Wollknäuel. Mein Traumgesicht täuscht mir ein vollgeschriebenes Notizbuch vor. Im Inneren wünsche ich meinen Lieben einen schönen Tag, bevor ich wieder in Träume versinke. Ich rieche etwas, das Kaffee oder Katzenscheiße sein könnte.
„High on ice cream, and not melting, mouths to feel, but not be felt“ (aus: Escalator over the hill; Musik: Carla Bley Text: Paul Haines; Akt: Over her head; es singt: Ginger = Linda Ronstadt)

Im Niemandsland zwischen Traum und Wirklichkeit nehme ich alles auf mich und trage es. Trotzdem ist es eine Komödie, darauf bestehe ich, oder mein Rest an Stolz.

Und: Musik hilft, das Chaos zu ordnen.

















©Peter Alois Rumpf  Jänner 2016    peteraloisrumpf@gmail.com

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