274 Ein fremder Morgen
„So schreibe ich meine Texte“, erkläre ich, „im Gesicht noch
verschlafen weil gerade aufgewacht, in die Bettdecke eingehüllt mit angezogenen
Knien, drei Pölster im Rücken.“ So erkläre ich es meiner imaginierten Tochter,
während die reale unten in der Küche ihr Frühstück bereitet.
Als ich die Anführungszeichen nachtrage, ruft eine Krähe;
Krähenfüßchen? Gänsefüßchen? Ach, Blödsinn! Ich schreibe wie unter Zwang und
schaue mir dabei verwundert zu.
Heute ist etwas anders; etwas, das die ganze Stimmung
verändert. Eine Pattsituation, aber zwischen welchen Kräften? Der Morgen ist
mir fremd, obwohl er aus den vertrauten Elementen besteht, zum Beispiel dem
Gefühl, gut ausgeschlafen zu sein und der Angst.
Sicher, es saust eine jugendliche, drängende Kraft in der
Wohnung herum, aber diese ist nicht das Befremdende.
Das Befremdende ist in mir.
Das Surren erlebe ich heute als einen langsamen, breiten
Strom, der sich über mich ergießt, als stünde ich in einem trägen,
zeitlupischen Wasserfall aus Tönen.
Ich höre einen Wind heulen und die Kinder spielen.
Ich glaube, das Befremdende sitzt doch in der vertrauten
Angst. Gehört die Angst nicht zu unserem natürlichen Erbe? Eine fremde
Installation? Paß auf, daß du die Dinge nicht verwechselst und vermischt.
Einerseits muß ich schreiben, andrerseits will ich
diesen Text aufgeben. Und innen ein Gefühl, als würde mein Bewußtsein bald
zusammenklappen.
©Peter
Alois Rumpf Jänner 2016 peteraloisrumpf@gmail.com
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