Sonntag, 31. Januar 2016

279 Wundertäterfragment 1

„Der Wundertäter war von hohem Wuchs.“ (Daniil Charms).


Der Wundertäter wird in den Himmel geholt (à la Dante), trifft dort alle Möglichen und Unmöglichen, Vorfahren, Eltern, die Opfer des Krieges, auch die seiner Verwandten …  und erhält dort seine Fähigkeit, Wunder zu wirken; oder er hat diese Kraft schon und sie wird ihm im Himmel gezeigt.

Mit meinen Träumen arbeiten. Der Wundertäter erfährt im Träumen von seiner Fähigkeit und reist öfters dort hin.

Der Wundertäter wird schon oft von vornherein, ohne daß er noch ein Wunder vollbracht hat, bewundert. Kann oder will oder darf er kein Wunder vollbringen? Nicht vergessen: bei Charms ist die geniale Grundidee, daß der Wundertäter Zeit seines Lebens kein einziges Wunder vollbringt. Er könnte es, tut es aber nicht. Also: er kann es. Warum macht er es nicht? Darüber muß ich eine klare Entscheidung treffen. Muß ich das wirklich? Kann es nicht auch changieren?

Über Georgos Thaumatourgos nachlesen! Vielleicht findet sich dort etwas brauchbares.

Im Bewußtsein des Wundertäters ist alles mögliche, um nicht zu sagen, alles präsent, Rebellion und Unterwerfung, religiös und antireligiös etcetera.

Ahnung von der Komplexität des Daseins.
Hemmung, Wunder zu vollbringen – wer nur ein Steinchen verschiebt, ändert die ganze Welt.
Oder hebt sich „Alles“ in ihm gegenseitig auf? (Die Bewegungen aller Teilchen heben sich alle gegeneinander gleichzeitig auf.)

Die “MMeistersinger“ (sic!) treten auf, sie deklamieren als Chor immer so nazi-darwinistische Sprüche („Nur die Harten kommen durch ...“ usw.)

Begleittier? Hund? Säbelzahntiger? Wolf? Schlange? Wir werden sehen (schau'ma mal).

Das ganze wie ein absurdes Theaterstück à la Hermanovsky-Orlando? Oder romanhafte, erzählerische, dramenhafte, drehbuchartige etc. … Abschnitte? Egal, ich bin ein alter Mann, ich  darf schreiben, was ich will. Auch dann, wenn ich davon keine Ahnung habe. (Altersstarrsinn und senile Schlafflucht).

„Der Wundertäter war von hohem Wuchs“ (Daniil Charms). Er ging aufrecht durch die Welt, nur manchmal, wenn er allein und müde war, konnte er auch gekrümmt wirken. Nein, Blödsinn, als Wundertäter ist man immer eher allein. Oder? Gekrümmt? - nein.

Warum er als Wundertäter keine Wunder vollbringt (kann man Wunder auch anders als „vollbringen“? - tun, schaffen, fertigen, wirken; wie würde man bei einer Wundertäterin sagen? Wundertäterin!? Ist das eine Idee?! - nein, die Seelen der Frauen kenne ich viel zu wenig): eingeschüchtert, stolz, er weiß es nicht, daß … - geht eher nicht. Er muß wissen, daß er Wunder tun kann; das ist ja die Pointe. Ist er träge, erschrocken, neben der Spur?
Wie sieht er aus? Schlank? Eher ja; Sicher ja! Er strahlt Würde aus – eher eine verborgene. Wirkt sich seine Kraft zum Wunderwirken, die er nie einsetzt, so aus, daß er eine verborgene, stille Würde ausstrahlt? Oder ist das schon zu viel?

Ich denke, er ist dunkelhaarig; kein Bart; Augen – braun?
Trägt in der Regel dunkle Kleidung – schwarz, grau; keine gemusterten und gestreiften Sachen (Döbereiner, verschwinde!); doch bunt? Aber sicher nicht als Clown unterwegs!

Wann lebt er? Zu Charms Zeiten oder zu meinen Zeiten? Das ist eine wichtige Entscheidung. Momentan bin ich eher für jetzt. Das geht ja gar nicht anders! Was weiß ich schon von Charms Welt; und außerdem bin ich zu faul um aufwendige Recherchen zu betreiben.

Wird er, wie bei Charms, zum Schluß aus der Wohnung geworfen? (Ich muß nochmals genau in der alten Frau  nachlesen!  Daniil Charms, „Die alte Frau“) Das kann noch offen bleiben, je nachdem sich die Geschichte entwickelt. Er könnte durchaus öfters Wohnung wechseln, auf Wohnungssuche sein.

Weiß er, daß er Wunder wirken kann und ist bloß zu – ja, zu was? - zu aufgeregt, damit zu beginnen?; schiebt sozusagen sein erstes Wunder ständig hinaus, bis es zu spät ist? (Wann ist es zu spät? Irgendwann im Alter oder erst im Tod?) Der Wundertäter als Verzögerungstaktiker und Verzögerungsmeister. Oder hat er sich entschlossen, aus irgend einem Grund, auf Wunder zu verzichten, zum Beispiel weil er es unfair fände, sich so einen Vorteil gegenüber seinen Mitmenschen zu verschaffen? Oder gehört das zu seiner Mission in dieser Welt? – wie kommt ein Wundertäter heutzutage ohne Wunder durch – ist das sein „kosmischer“ Auftrag? Als verschärftes Jesus-Christus-Experiment. Allerdings kann man dann nicht sagen, daß in ihm Gott dem Menschen zeigt, wie er ihn bei der Schöpfung „gedacht“ hat, denn da gehören Wunder dazu. Oder machen die da oben ein Feldexperiment, wie sie unter den Bedingungen einer aufgeklärten, modernen, funktionalistischen Welt die Menschen retten können? Der Wundertäter ohne Wunder als ein Vorläufer für den kommenden Retter, der seine Möglichkeiten austesten will? Oder ganz anders, hat er bei Antritt der Lebensreise in einem Vertrag mit den Mächten unterschrieben, daß er kein Wunder vollbringen wird – irgendwie genötigt, sozusagen eine „jenseitige“ Sonne-Neptun-Königskonkurrenz (W. Döbereiner)? Oder eine irdische Verzichtserklärung, wie bei mir?

Überhaupt: wie viel Autobiographisches darf einfließen? Daß etwas einfließt wird unvermeidlich sein. Bevor ich zu schreiben beginne muß ich mir dazu eine gründlich durchdachte, gut ausgearbeitete, klar formulierte Liste anlegen, was er von mir haben darf, oder besser, was er von mir nicht haben darf. Aber heute traue ich mich noch nicht mit dieser Liste anfangen. Jetzt, in dieser Phase, muß alles noch möglichst offen sein.















©Peter Alois Rumpf  Jänner 2016    peteraloisrumpf@gmail.com

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