Nachdem ich den Computer abgedreht und mich mühsam von
meinem Sessel erhoben habe, habe ich das Fenster geöffnet, die Tagesdecke von
meinem Bett genommen, zusammen- und weggelegt, die Bettdecke zurückgeschlagen,
bin ins Bad gegangen, habe dann die Lichter ausgemacht und in meiner Kammer die
Leselampe an, habe das Nachtgewand angezogen, mich ins Bett gelegt, zugedeckt,
die Lesebrille aufgesetzt, das Notizbuch in die linke und den Kugelschreiber in
die rechte Hand genommen und auf den Schreibimpuls gewartet.
Schon beim Zähneputzen habe ich mich auf diesen Moment
gefreut. Jetzt atme ich die frische Luft ein (um Mitternacht sind im
Lichtschacht keine Dunstabzüge mehr in Betrieb) und freue mich noch immer. Auch
wenn jetzt nichts zu schreiben kommt, freue ich mich. Es ist der Moment, wo ich
gleichzeitig in die Welt hinauslausche (und möglicherweise über diese Welt
hinaus) und in mich hineinhorche (vielleicht auch da über mein Inneres hinaus).
Ich horche, ich lausche, ich blicke herum, ich strecke meine
Fühler aus und versuche, meine Umgebung zu erfassen. Ja, das mag ich! Das
Dröhnen eines fernen Flugzeugs, hoch oben, ist ein interessantes Forschungs-
und Empfindungsobjekt. Oder das Dröhnen in meinen Ohren. Da tun sich ganze
Klangwelten auf, in denen Vibrationen zu spüren sind. Ein Zustand, in dem ich
für die Dinge keinen Namen haben muß, aber in dem ich große Lust habe, mit den
vielen fast unnützen Namen für die Dinge zu spielen.
Beinah alles, was ich jetzt wahrnehme, habe ich schon
mehrmals beschrieben, so habe ich keine Eile, genieße meine umherstreifende
Aufmerksamkeit, muß nichts aufschreiben. Es ist wieder die stille Zeit und die
Augen fallen mir zu.
Hier und jetzt schließe ich Frieden mit diesem Tag und
seiner ganzen Vorgeschichte.
Morgendämmerung. Ich komme aus dem Traum vom Weltuntergang.
Mein Herz klopft noch stark, ansonsten habe ich alles gut überstanden. Der
morgendliche Eifer der Vögel hilft, mein Diesseits zu festigen; mit ihren
frühen Rufen und Aktivitäten singen sie diese Welt herbei. Morgenlob,
Revierbehaupten, Futtersuchen. Ob es um diese Zeit auch um Fortpflanzung geht,
weiß ich nicht.
Für mich fällt mir in dieser Welt momentan nicht allzuviel
ein, ehrlich gesagt, gar nichts. Darum beginne ich wieder hinüberzugleiten;
allmählich tauche ich wieder in die andere Welt. Unangenehme Geräusche holen
mich wieder und wieder hierher, als würde unten jemand den Handstand üben, ein
abruptes Aufklatschen, Aufprallen mit den Füßen.
Aber was soll ich hier? Für Revierkämpfe und
Selbstbehauptung fühle ich mich zu alt (um nicht sagen zu müssen – immer schon
zu schwach); dafür ist es zu spät. Die Augen fallen mir zu und mir soll's recht
sein.
Ich bin nicht repräsentativ.
Ein leerer Wasserkrug steht da links unten, daneben eine
Schachtel, Inhalt unbekannt. Ich dreh' mich um. Da läuft ein Porno, zwar seh' und hör' ich nichts, aber wissen tu' ich es sicher.
Dunkle Räume, viele Menschen, alle stumm, mit düsteren
Gesichtern, wahrscheinlich eine coole Party. Sie reden nichts, ich weiß von
nichts.
Zigmal versuche ich mich aus dieser schwammig-dunklen Welt
zu lösen, zumindest so viel, daß ich sie beschreiben und mich dann erinnern
kann, aber immer wieder sinke ich zurück und verliere alle Sätze; sie lösen
sich wie Gestein in Lava auf. Dabei waren sie nichteinmal ewige Wahrheiten,
sondern ganz gewöhnliche Sätze, ohne großen literarischen Anspruch, Notizen,
mehr nicht.
Befremdliches Denken beschäftigt meinen überforderten Geist,
deshalb kommt er nicht weiter.
Die Katzen leisten mir Gesellschaft.
Die Visionäre schauen wie verrückte Affen aus.
Irgendwer pfeift fröhlich im Stiegenhaus.