Montag, 20. Juni 2016

387 Diese schönen, nassen Dächer

Vor allem die Essigbäume im Regen, sie füllen fast das ganze Fenster aus. Die singenden Kinder im Stiegenhaus. Die Äste der Bäume schaukeln im Wind. Eine Amsel fliegt knapp vorm Fenster senkrecht nach oben. Die Kinder verhandeln und machen sich ihre Spiele aus. Ich selber bin müde und sehne mich nach Ruhe, nach Dasitzen und nichts mehr tun, nichts mehr wollen. Auch schreiben nicht. Ich habe mich für meine Übungen in Turnzeug gekleidet, aber jetzt sitze ich nur da. Aus Gewohnheit, aber ohne Anstrengung und Erwartung halte ich Ausschau, ob sich etwas zeigt. Keine schlechte Gewohnheit, würde ich sagen. Eine leichte Übelkeit hatte mich schon vorher erfaßt – als  könnte ich meine Gefühle nicht aushalten. Aber ich beruhige mich. Ein langer, seufzender Atemzug. Ich weiß, das habe ich – wie das meiste – schon so oft hergeschrieben: eine unsägliche Trauer. Ich empfinde sie nicht als übertrieben, sie ist mir auch nicht unangenehm – denn ich spüre mich in ihr; Sie ist die wesentliche Substanz, aus der ich bestehe. Ich empfinde diese Trauer einfach als angemessen. So ist meine Existenz. Kein Grund zur Aufregung, kein Grund zur Beschwerde; wenn ich traurig sein darf, ist alles gut.

Der sanfte Wind wiegt die Bäume draußen geradezu liebevoll. Die Kinder singen wieder fröhlich und ganz ihren Spielen hingegeben, die immer wieder, sehr schnell, in Streit kippen können und genauso schnell wieder zurück.

Die Amsel kommt wegen der Kirschen im Kirschbaum, denke ich. Alles ist ganz normal.

Diese schönen, nassen Dächer.

Und das wunderschöne Geräusch der Regentropfen auf dem Fensterblech.

















©Peter Alois Rumpf    Juni 2016                 peteraloisrumpf@gmail.com


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