381 Fußballeuropameisterschaftsfieber
Ich bin schon ganz im Fußballeuropameisterschaftsfieber. Ich
vernachlässige deswegen alles. Dabei paßt (ich sehe schon, bald wird mich die
neue Rechtschreibung eingeholt haben) das gar nicht zu mir. Einerseits. Denn
ich schaue mir selber grinsend und ironisch zu, wie ich dieses Theater spiele
und nehme mich dabei überhaupt nicht ernst. Obwohl ich schon emotional voll
mitgehe. Tschak! Das Aufheulen einer Holzfräse im Lichthof reißt mich total aus
diesen Überlegungen und Gedanken und stößt mich in die Erinnerungen an die
Zeit, als ich versuchte, Tischler zu sein. Jeder Hobbybastler hat sich besser
ausgekannt als ich. Die Angst vor den Maschinen, meinem Versagen, den Menschen
dort in der Werkstatt war mein ständiger Begleiter. Zwar habe ich das mit der
Tischlerei ernst gemeint, aber dann den Mut verloren.
Dieses Geräusch löst aus solcher Nähe Schock und
Gefühlslähmung aus. Mein Gott, um halbfünf aufstehen und alles in dieser alles
umfassenden Angst machen. Beim Frühstück zum Beispiel die Panik jeden Tag nur
mit Müh und Not niedergehalten; die lange Anfahrtszeit in Bus und Straßenbahn –
dabei der Versuch, sich an irgendetwas festzuhalten, den Geist irgendwo fest zu
verankern um inneren Halt zu finden; die Werkstätte eine mir komplett fremde,
angstauslösende Welt. Und die Angst vor den Nachbarn der kleinen Wohnung des
Wiener Zuwanderungsfonds, denn ich war gerade erst aus der Steiermark nach
Wien-Brigittenau migriert und habe den Wiener Tonfall als fremd und aggressiv
empfunden. Wenn ich an das alles denke, steigt mir immer noch das Grauen auf.
Und wieder die Holzfräse. Das Thema Fußball …
Einerseits, habe ich geschrieben. Jetzt schreibe ich
andererseits. Andererseits ist Hingabe ein großes Thema in meinem Leben. Und
wie sagt Romano Guardini so genau und treffend? „Ironie ist ein Idealismus, der
sich nicht traut.“
©Peter Alois Rumpf Juni
2016 peteraloisrumpf@gmail.com
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