Freitag, 17. Juni 2016

386 Heute Morgen ist alles ganz anders

Heute Morgen ist alles ganz anders. Das Surren, das sonst wie ein Helm meinen Kopf einhüllt, erlebe ich als einen unendlichen Strom, der von links nach rechts an mir, vor mir und über mir vorbeizieht. Draußen ist ganz deutlich der Verkehrslärm zu hören, während die Entlüftung nur mit halber Kraft zu röhren scheint. Dieser Verkehrslärm, den ich bisher nur als undifferenziertes Rauschen und Brummen wahrgenommen habe, ist heute geradezu plastisch. Ich kann einzelne Autos und ihre Verkehrsmanöver wie Bremsen, Beschleunigen heraushören. Der Wind, der ist es, der diese Geräusche so nahe heranträgt. Jetzt dominiert die Lüftung im Lichtschacht wieder mit voller Kraft, auch ihr Heulen kommt mir plastischer vor; ich kann die Interferenztöne deutlich hören. Ganz tief hinten in diesem Geräuschestrom vermeine ich auch ein Pochen wahrzunehmen. Die Kinderstimmen sind besonders hell und deutlich unterscheidbar; alles hat eine viel größere Klarheit.

Diese ungewöhnliche Klarheit, so bereichernd ich sie auch erlebe, verunsichert mich etwas, denn was hat sie zu bedeuten? Ich erlebe diesen Morgen als etwas Neues und ich bin neugierig, was der Tag bringen wird, der reicher und voller, intensiver zu werden verspricht. Aber ich bin auch angespannt, so, wie wenn man sich auf etwas wichtiges vorbereitet, auf eine entscheidende Begegnung, einen Kampf, einen großen Auftritt.

Was wird es sein? Kurz heult eine Sirene auf. Ein Motorrad zieht seine akustische Spur durch die Stadt. Die Vögel sind weiter weg und daher leiser. Jemand scheppert mit Geschirr und pritschelt mit Wasser. Türen werden zugeschlagen. Ein Radio wird aufgedreht und jemand pfeift dazu. Der Alltag geht weiter. Das Leben geht weiter.
















©Peter Alois Rumpf    Juni 2016                 peteraloisrumpf@gmail.com

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