Montag, 20. Januar 2025

3940 hoch wermas nimma gwinna

 



1:11 a.m.  Ich schließe den Tag ab. Ich hatte mich heute (19.1.) krank geschrieben und so habe ich die Wohnung nicht verlassen, das Fitnessstudio gecancelt und auch die morgige Therapie abgesagt. Ich kuriere meine Erkältung aus (echte Grippe ist es - glaube ich – nicht). Das Abdrehen des Laptops oder des CD-Players und gegebenenfalls das Weglegen des Buches ist schon immer ein Moment, wo mich etwas heimsuchen will – ich weiß nicht, wie ich es beschreiben und benennen kann. Verzweiflung? Nein, es ist  - zumindest am Beginn - nicht so dramatisch und haut mich nicht um. Ein leichter Schock vielleicht, weil ich alle Ablenkung weggegeben habe und mir so mein wahres Leben vor die Augen tritt, mit dem ich mich so schwer aussöhnen kann. Ich fange dann allerdings zu grübeln an und beginne in Gedanken meine Lebensentscheidungen oder die Schlüsselmomente zu korrigieren, oder die vielen verlorenen Kämpfe umzuschreiben, dass ich siegreich daraus hervorgehe. Auch mein Alter fällt mir dann wieder ein und dass ich – wie kann ich sagen? - das Ganze nicht mehr hoch gewinnen werde (Originalzitat 1999 von Anton Pfeffer in der Pause der Fußballspiels Spanien – Österreich beim Stand 5:0 „hoch wermas nimma gwinna!“ Und das war zur Halbzeit! Ich bin in der siebzigsten Minute oder kurz vorm Schlußpfiff!). Es läßt sich nicht mehr verleugnen, dass mir nicht allzu viel Zeit bleiben dürfte, und die Zeit, die mir verbleibt, wird – so befürchte ich es – von Altersarmut bedroht sein. Ja, der Gedanke an den näher kommenden Tod läßt sich nicht mehr leicht verdrängen.

An meine Lebensgeschichte zu denken macht mich traurig, obwohl ich tapfer und brav dagegen halte und allem nüchtern und ohne zu verurteilen ins Angesicht sehen will.

Im Bett dann fühle ich mich gleich wohler und versöhnlicher. Ich mag jedoch nicht sofort das Licht abdrehen und hänge noch so her und verweile in so einer Art stummem Gebet in die Sinnlosigkeit hinaus. Die Sinnlosigkeit ist nicht ontologisch vorgegeben, sondern das Ergebnis meiner Lebensentscheidungen. So lange verweile ich in diesem Zustand, bis ich zu müde zum Grübeln bin und nur mehr schlafen will.


(20.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3939 Kartenspielen

 



Nach dem Familienessen sitze ich im bequemen Sessel, die anderen spielen Karten, während ich vor mich hin schnupfe. Ich spiele lieber zu Hause allein gegen das Universum – Solitaire, Majong – und nicht gegen die anderen (schöne Akzentverschiebung! Er stellt es so hin, als wolle er seine Mitmenschen nicht besiegen oder behelligen, in Wirklichkeit darf vermutet werden, dass er ihre Konkurrenz und Rache fürchtet – der innere Spötter). Naja, aber das Universum ist die Stärkste Kraft im Universum. Ja, wirklich eigenartig, dass ich mir einbilde, mit der Kraft, die Universum und Leben regiert, besser zu Rande zu kommen als mit den Mitmenschen (Größenwahn läßt grüßen! Ja gut, aber gegen das Universum zu verlieren ist doch keine Schande, aber gegen den und die und den da drüben schon. Auch ein interessante Akzentverschiebung! – der innere Spötter). Oder? Oder spiele ich halt nur so vor mich hin?


(18.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3938 Zwiebel

 



0:43 a.m.  Ich bin schon im Bett, die halbierten Zwiebel sind ausgelegt (um mit ihrem Duft, der sich im Zimmer ausbreitet, gegen meine Grippe oder Erkältung oder was das ist anzukämpfen, und es hilft einigermaßen). In meinen Ohren surrt es wie fiebrig dahin. In Gedanken bin ich nach fünfzehnminütigem Flug bei Picasso gelandet (den lasse ich beim Durchschreiten der Batlinersammlung immer aus), aber die Gedanken werden gleich weitersegeln (ich glaube nicht, dass ich noch einmal zu Picasso zurückfinden werde, dessen Museum in seiner Villa ich bei meinem Pariser Exil vor zig Jahren andauernd besucht habe). Jetzt rede ich mit dem neuen Albertinachef und sage ihm, dass er diese Batlinersammlung nicht kaputt machen darf. Mit der Aufmerksamkeit wieder mehr zurück im Zimmer (ein wenig Scheinanwesenheit bleibt immer), blicke ich an den Wänden hin und her, aber die Wände und die Karten und Bildchen bleiben stumm und lösen nicht viel aus. Beziehungsweise einen Niesanfall. Jetzt lege ich mich zum Schlafen flach.


(17.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 16. Januar 2025

3937 Die Batliner-Sammlung

 



11:57 a.m.  In der Albertina. Aber bevor ich etwas über meine Lieblingsbilder schreibe – zum Beispiel sitze ich gerade vor den zwei Werefkins – möchte ich festhalten: ich habe in meinem Inneren keinen Schweinehund, sondern eine ursprünglich reine, und dann verletzte und deformierte Seele! Den Vuillard und den Manguin habe ich schon absolviert. Drüben hängt ein schöner Jawlensky. Drei Lieblingsbilder pro Saal reichen. Körperlich bin ich erschöpft; ein leises Zittern ist allem unterlegt. Die Bilder habe ich schon öfters zu beschreiben versucht; mehr ist momentan nicht drin. Jetzt wird gerade eine Gruppe junger Mädchen durchgeführt und ihnen einzelne Bilder, auch im Dialog, erläutert. Ich habe auch ein wenig mitbekommen. Aber nun gehe ich weiter. Ich sitze vor der Kokoschkawand (umgruppiert). (Ich verzichte auf Beschreibungen.) (Das Vier-Weiberbild von Hodler, das völlig deplatziert in diesem Saal hängt, stört enorm! Besonders die Stimmung im Saal. Furchtbar. Ich vermeide es, das Bild in den Blick zu bekommen.) Aber mein London! - Balsam auf die Seele. Jetzt kommen die Klees (den depperten Kardinal dort nehme ich in Kauf – schließlich kann ich hier gut sitzen und mich im großen Wandspiegel betrachten). (Der alte Herr gegenüber, der mich so skeptisch anschaut: ganz unsympathisch ist er nicht, aber gibt auch nicht allzuviel her.) Ich merke schon, wie mir die Batliner-Sammlung gut tut; frischt Geist und Seele auf.


(16.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3936 Lärm in der Küche

 



7:38 a.m. Aus einem verstörenden Traum wegen Lärm in der Küche aufgewacht, hänge ich betroffen und ratlos im Bett. Die Szenerie rundherum hat sich – so weit ich sehe - gar nicht verändert; also müßte ich mich wiederholen, wenn ich sie zu beschreiben versuchte. Und das will ich jetzt nicht. Ich bin noch voll in der Loserstimmung aus dem Traum. In einer psychischen Pattsituation. Also halte ich mich an das, was mir auffällt: meine linke Hand hält das Notizbuch völlig verkrampft und mit übertriebenem Kraftaufwand fest (im Traum hat es mir jemand weggeworfen). Mein Halsweh ist wieder etwas stärker, aber immer noch im Harmlosen, moderaten Bereich. Neben dem Rollo kann ich schon blaues Tageslicht am Fenster erkennen. Schon wieder halte ich das Notizbuch verkrampft fest, als hätte ich panische Angst, dass mir auch dieser letzte Lebensanker weggenommen wird oder aus der Hand fällt. Ich werde jetzt das Licht abdrehen und den Lichtstreifen beim Fenster betrachten.


(16.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3935 Szeneputzen

 



1:36 a.m. Endlich im Bett (ich komme schwer vom Internet los). Wenn ich bewerten müßte, würde ich sagen: ein gelungener Tag. Nicht außergewöhnlich, aber im Großen und Ganzen alles hinbekommen. Leicht lächle ich vor mich hin. Gut gelüftet habe ich auch und wirklich gründlich die Zähne geputzt. Meine heranschleichende Erkältung scheine ich mit Zwiebel, Honig und Kräutertee einigermaßen abgefangen zu haben (naja, der Tipper). Und jetzt? Jetzt schaue ich mich im kaum ausgeleuchteten Zimmer um. Gedanken, Erinnerungsfragmente etcetera kommen und gehen, sie kommen bloß so angeschwemmt, dann driften sie gleich wieder davon. Schaut so aus, als hätte ich nichts mehr zu sagen.


(16.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3934 Spidermannetze

 



0:42 a.m.  Ganze Bücherreihen rutschen auf ihren Brettern das Regal hinunter und bleiben doch immer an derselben Stelle. Aber beliebig kann ich diesen optischen Effekt doch nicht herbeiführen. Jetzt sind es eher Wellen, die an der Wand gegenüber herunterwandern. Ich bin mit dem Tag zufrieden. Rote Spidermannetze überziehen mein schwarzes Gesichtsfeld. Ah, jetzt war wieder Abrutschen dran. Jetzt ist die Bildfläche rot mit goldenen Punkten, die Punkte im Bereich des Zentrums.

9:43 a.m.  Die hohle Angst, mit der ich aufwache und wegen der ich mich kaum rühren kann. Ich setze mich trotzdem auf um aus dem hinaus zu kommen. Und wirklich: die Angst zieht sich in die Leibesmitte zurück und flaut langsam ab. Ich blicke auf die Wand gegenüber: Die Gipsbüste hat die Jessica freigegeben und das Schäflein hebt sich schön von den blauen Guardinis ab. Die frankophone Schweizerin erscheint wieder üppiger als sie ist (sowohl mit, als auch ohne Brille). Im glasgerahmten Kussbild ist ein länglicher, dunkler Kopf erschienen, der sich bewegt (das ist nur die Spiegelung eines Flügels des Holzraben, der in der Aufwärme des Heizkörpers tanzt, im Glas – ich dulde keine Mystifizierungen! - der innere Korrektor). Akustisch bin ich vom Gesang der singenden Ohren, Schwerpunkt links, eingehüllt. Langsam werde ich bereit zum Frühstück. Die restliche Angst kann ich ignorieren.


(15.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 14. Januar 2025

3933 Kürbisgrämsuppe

 



11:56 a.m.  Bauchmuskeltraining und Fitnessstudio scheinen mir alle Schreibtrance zu vertreiben. Ich sitze in meinem Lieblingscafé, aber nichts geht. Ich meine, es kommt auch keine „Stimmung“ bei mir auf. Die Musik „flutscht“ nicht. Da hilft auch das Stückchen Schnitte nicht, das ich kommunionsartig verzehrt habe. Ich werde mit der Fitnesserei noch ein wenig weitermachen, aber ich werde die Frage, sich sich erhebt, ob sich denn das Ganze für das bisschen Gesundheit (wenn’s wahr ist; denn mir ist permanent leicht schlecht: vorm Training, während des Trainings, nach dem Training) und ein paar Jährchen mehr (möglicherweise!) lohnt, nicht verdrängen. Ein „poetischer“ Abgang im Kaffeehaus zum Beispiel mit zu Boden gefallenem Notizbuch hätte doch auch etwas, oder?

So! Genug selbstmitleidige Selbstbetrachtung! Morgen wird wieder sich gequält! Immer muß ich bei solchen Ansagen an den nazistischen „inneren Schweinehund“ denken. Was haben die Nazis damit anderes gewollt, als sich selbst die inneren Impulse abzutöten und ihre Opfer zu Tode zu schinden? Diese Redewendung innerer Schweinehund ist mir und besonders in dem Tonfall, in dem ich ihn erinnere, verhasst. Richtig verhasst.

Ich finde, mit über siebzig darf man auch abtreten (Unser Leben währet 70 und wenn’s hochkommt 80 … Psalm 90, 10), irgendwann darf ich angekommen sein und nicht mehr an mir herumdoktern müssen. Ich habe – so gut ich konnte – um meine Veränderung gekämpft – erfolglos – aber jetzt bin ich kampfesmüde. Was ich erreicht habe, habe ich erreicht; was nicht: nicht. That’s it. Mehr gibt’s nicht. Ich haben fertig.

Gut, trinken wir den Kaffee aus und dann nach Hause; ich muß einen Großeinkauf (der dann nicht so groß war – der Tipper) erledigen. Ich werde vielleicht ein Stück zu Fuß gehen; das tut mir gut und hilft auch gegen die ständig drohenden Kreuzschmerzen, gegen die – ich muß es zugeben – das Fitnesstrainig eventuell vielleicht möglicherweise auch helfen könnte.

Ich muß noch hinzufügen: in meinem Leben hat fast immer Mangelwirtschaft – was vor allem den Handel mit der Welt betrifft – geherrscht, bezogen auf den mitteleuropäischen Standard (jetzt setzt er auch noch seinen ungerechtfertigten Selbstmitleidssermon fort! Keinen Funken Anstand und Ehrgefühl! - der innere Kritiker).

Also jetzt ist Schluß! Zahlen und gehen!

(P.S.: am Heimweg, als ich an einem Restaurant mit Speisekartentafel vorm Eingang vorbeigewandert bin, ist mir noch ein Wortspiel: Kürbisgrämsuppe eingefallen.)


(14.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3932 Zehn Minuten

 



2:09 a.m.  2:19 a.m.  Zehn Minuten lang schaue ich schon auf die leere Seite des Notizbuchs und lausche in die schrille Stille hinaus. Ich bin aufgekratzt und glaube nicht, dass ich schlafen können werde (was mir überhaupt keine Sorgen macht). Trotzdem sind die Augen müde und liefern optische Täuschungen im halbdunklem Zimmer. Gut. Okay.


8:15 a.m.  Pluto. Uranus. Venus. Ein Verlegenheitsstart in den noch dämmrigen Morgen hier im Zimmer. Es ist noch kalt. Ich warte, bis es hier im Raum wärmer wird.


(13.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3931 Bewegen! Sport! Bewegen!

 



9:58 a.m.  Heute wollen wir wieder ins Fitnessstudio gehen. Vor einer Woche haben wir damit angefangen. Eigenartig: mir ist schlecht vor Angst. Und das verstehe ich nicht. Nach meinem letzten Besuch am Freitag war mir auch schlecht. Dabei habe ich mich an die Vorgaben gehalten und nicht übertrieben. Was kann das sein? Zwei mögliche Antworten fallen mir ein: erstens: meine träge Seite, die schon aufgegeben hat und am liebsten nur mehr in Kaffeehäusern herumsitzen will und das Schwelgen in Selbstmitleid genießen und beschreiben, wehrt sich sozusagen mit Händen und Füßen dagegen, aufgescheucht und des Platzes verwiesen zu werden. Oder, zweitens: die echte innere Stimme, die mit dem Abstrakten verbunden ist und somit aus Bereichen kommt, die alles überblicken, warnt mich, weil gesundheitlich etwas nicht in Ordnung ist und das Training schädlich. Ich denke da ans Herz zum Beispiel (wiewohl meine letzten medizinischen Tests diesbezüglich nichts Gravierendes gezeigt haben) und mir alle Ärzte und Ärztinnen - ob es um Cholesterin oder Kreuz oder weiß der Teufel was geht – die ganze Zeit predigen: Bewegen! Sport! Bewegen!


(12.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3930 Landkrimi

 



19:20.  Erschüttert suche ich Worte zu finden. Das Erschütternde ist fast unmerklich und nicht leicht zu benennen, das Erschütterte ebenfalls. Es muß etwas mit Leere und Tod zu tun haben. Ich meine die nichtssagende Leere, nicht die, wo eines das Gerümpel rausgeräumt hat. Mir kommt jedoch vor, das mit dem erschüttert ist eine Lüge. Aber irgendeinen Zipfel der Wahrheit hatte ich doch erwischt. Jetzt ist sie wieder weg, die Wahrheit (wenn sie wirklich da war – es gibt viele Möglichkeiten zum Selbstbetrug – der innere Kritiker).
Soll ich Zeit im Bild schauen? Es würde mich vom Abgrund ablenken. Und wenn ich still in der Irritation bleibe? Kommt dann etwas heraus? Wenn ich weiterschreibe – kommt mir vor – baue ich bloß einen Zaun um mich, so provisorisch er auch sein mag. Der kann vielleicht die anderen täuschen darüber, was sich da wirklich dahinter befindet, aber nicht die Unendlichkeit. Dieses Ungeschützte will ich nur dem Abstrakten zeigen, nicht den Mitmenschen (deshalb hätte ich auch vor einem Jüngsten Gericht weniger Angst als vor dem der Mitmenschen). Ich will es ihnen schon gar nicht jetzt zeigen, wo es so ungeschützt und wehrlos ist; wir Menschen sind fragile Wesen (offen, wehrlos – er versucht es schon wieder zu kaschieren und behübschen! - der innere Spötter). Die ZiB sollte schon angefangen haben. Außerdem spinnt mein Laptop in letzter Zeit und ich kann nur selten die Sendungen live abrufen, möglicherweise auch jetzt nicht. So starre ich in mein Zimmer ohne etwas wahrzunehmen. Jetzt, wo ich das hergeschrieben habe, sehe ich doch etwas mehr. Verschwommen und gleichgültig nimmt mein Sehsinn die Bücherwand und die Bilderreihe darüber auf. Aber das ruft die Erinnerung auf, dass ich diesen Anblick liebe. Zumindest habe ich das immer behauptet. Es wird bald Zeit für den abendlichen Krimi, also irgendeinen, den fast täglich anzuschauen sich meine Frau und ich angewöhnt haben. Der Landkrimi gestern mit der Pia Hierzegger war wirklich toll, großartig gespielt. Draußen heult der Wind. Ich lege nun das Notizbuch weg.


(11.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 10. Januar 2025

3929 Beim Fenster herein

 



16:01.  Ach! Ich war wirklich im Fitnessstudio, wie ich mir das gestern vorgenommen habe und jetzt hänge ich hockend auf dem Bett und höre Jacques Brel (ich fürchte sonst um meine letzte Poesie). (Obwohl der natürlich auch fragwürdig ist.) Der Nachmittag dämmert schon beim Fenster herein, meine Frau höre ich telephonieren (sie arbeitet so viel! Sie arbeitet soo viel!) und aus dem Lichtschacht kommen Geräusche einer Klimaanlage oder Lüftung (ich weiß das immer noch nicht, was das wirklich ist. Jedesmal, wenn ich das höre und mehr noch, wenn ich es beschreibe, will ich nachschauen, was das für ein Gerät ist, und immer habe ich es später, wenn ich dazu die Gelegenheit habe, vergessen oder es ist mir völlig wurscht). Ich hatte vor, mich zu einem Nachmittagsschlaf hinzulegen, aber Pflichtgefühl und schlechtes Gewissen lassen mich jetzt nicht. Dann zurück an den Schreibtisch! (Ätsch! Dort schreibe ich nie. Dort steht mein Laptop. Ich will ein Jacques-Brel-Chanson auf Facebook teilen: Clara und vermutlich werde ich hängen bleiben). (Vielleicht schaffe ich es nachher zu lesen, am Bett.)


(10.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3928 Die Aurafarbe

 



1:59 a.m.  Der Holzrabe am Fenster bewegt sich, aber es kann nur ein Vexierbild meiner Augenmuskeln sein. Oder kommt doch so viel Zugluft durch die alten Fenster herein? Die Aufwärme des Heizkörpers unter dem Fenster ist es nicht, denn die Heizung ist nicht an. Außerdem taucht um das hängende Spielzeug immer wieder ein unruhiges Leuchten von hellerem, ins Beige tendierendem Gelb auf, heller als das des Rollos. Das spricht auch für die Augentheorie. Ich bilde mir ein, hinter meinem Ohrensurren ein Maschinengeräusch zu hören, aber auch das will ich nicht recht glauben. Jetzt erscheint die Aura des Raben eher bläulich-gelb – wenn es denn eine solche Farbe überhaupt geben kann. Sein Schatten schwebt hinter ihm und ein wenig höher als dieser Holzvogel (die Leselampe ist tief herunten - ich dulde keine Mystifizierungen! - der innere Korrektor) und scheint davonfliegen zu wollen. Die Aurafarbe changiert wieder stärker ins Gelbliche. Ich habe mir für morgen viel vorgenommen und habe jetzt schon Angst.


(10.1.2025)


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Donnerstag, 9. Januar 2025

3927 Armbanduhr

 



8:43 a.m.  Gerade bin ich aufgewacht, habe mich fast schwungvoll aufgesetzt, bin mühsam aus dem Sitzen aufgestanden (Kreuz!), ins Bad, wieder zurück ins Bett. Da hocke ich jetzt, Wellen gehen durch meinen Körper. Meinen Plan, ins Lieblingscafé zu fahren, habe ich für heute verworfen. Die Wellen erreichen meine Fingerspitzen und geben an den Fingerkuppen Impulse ans Notizbuch ab. Mein leicht nach links geneigter Kopf fängt leicht zu wackeln an. Beginne ich mich aufzulösen? Die linke Wange wird größer und größer und bedeckt schon die gesamte Hälfte meines Kopfes. Zerfällt mein Körper? Und fliegt dann so eine Art Seele aus dieser Auflösung heraus? Und dann? Angst macht mir das Ganze bis jetzt nicht. Also sind das alles nur so Andeutungen. Mein Geist versetzt sich in die Landschaft von Drosendorf – glaube ich (zuerst war ich mir sicher, dass das in Drosendorf ist, dann nicht mehr). Jetzt aber doch wieder! Ich erinnere mich, wo diese Stelle unten an der Thaya ist. Der Pilotstift fällt mir aus den Fingern auf die Handwurzel. Im Aufschrecken aus dem Schlaf glaube ich, meine Armbanduhr ist mir vom Handgelenk gefallen, aber ich trage seit Jahren keine Armbanduhr mehr. Da hat mein eingeschlafenes Bewußtsein die Sinneswahrnehmungen zu einem falschen Bild zusammengesetzt. Oder?


(9.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3926 Tarnkappe

 



1:59 a.m.  Ich komme aus dem Gähnen nicht hinaus. Die nächtliche Stille (hier ist es wirklich still!), der aufwühlende Roman (ich habe gerade noch gelesen). Und dennoch … (und dennoch – das diktiert mir mein innerer Monolog. Aber warum? Wo will er denn hin?). Die Schrift verschwimmt vor meinen Augen. Ich bin ein Fremdling, der sich mühsam zu tarnen versucht (Ah! Da wollte er hin! - der innere Spötter). Eine Tarnkappe wäre wirklich nicht schlecht. Sich als Unsichtbarer umsehen. Durch-die-Wände-gehen-können gehörte dann auch dazu. Das stelle ich mir spannend vor. Das wären Entdeckungsreisen! Oh, das gäbe viel Schreibmaterial! Wobei ich gar nicht sicher bin, ob ich dann noch schreiben würde (Doch! Doch! - der innere Optimist)…. Vielleicht kann ich das träumen?


(9.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 8. Januar 2025

3925 Ich zögere noch

 



1:38 a.m.  Sagen wir es so: ich sollte pinkeln gehen, zögere jedoch, weiß aber nicht warum. Nachdem ich das hergeschrieben habe, geht es doch. Meine Schreiberei ist also mindestens psychotherapeutisch, wenn nicht magisch.

Eines will ich noch festhalten: ich habe so gut wie überhaupt keine Weltkompetenz. Darum veröffentliche ich auch nicht ernsthaft.


9:17 a.m.  Ich fahre mit der Zunge meine Zähne entlang und zwei, drei Stellen stören. Eine bestimmte Stelle links oben zu betasten, da habe ich seit Tagen geradezu einen Zwang entwickelt: ich gehe ständig mit der Zunge hin. Es fühlt sich an, als ob ein Fremdkörper dort zwischen den Zähnen steckt, aber das ist nicht so.

Egal! Wir wenden uns dem Zimmer zu: angenehmes Morgenlicht, sanft strahlend (vermutlich sonniges Wetter). Ah! Ich höre die Tageskinder im Stiegenhaus heraufkommen. Ich lockere meine linke Hand, die ich ständig verkrampft halte, was mir meistens gar nicht auffällt. Das Zimmer: ist und bleibt für mich ein angenehmer Ort. Wie immer macht mich meine Bücherwand gegenüber stolz, wiewohl ich den falschen Ton darin merke. Ich denke über Sturm Graz nach und darüber, wie es ihnen in der neuen Saison wohl gehen wird, obwohl ich fachlich überhaupt nichts davon verstehe. Kann man das dann überhaupt denken nennen? (Überhaupt kommt laut Mackensen vom Viehhandel: wenn einer eine Herde kauft, ohne die einzelnen Häupter zu zählen.)

Zum Zimmer fällt mir nichts mehr ein. Ich versuche es mit einem Blick auf die obere Bildreihe. Das hat noch immer geholfen. Durch Mali Lošinj zieht sich ein leicht deformierter Bogen, was mir zum ersten Mal auffällt. In Rettenschoess sticht der blaue, mißratende Berg heute ganz besonders heraus. Beim Photo der Riesneralm scheint alles wie immer zu sein, besonders das winterliche Sonnenlicht. Und Veli Lošinj? Schwebt stärker denn je über einen Abgrund aus Licht. Ein REM-Traum von heute morgen beschäftigt mich wieder (REM-Träume habe ich oft).

Ich bin wieder eingenickt und aufgewacht bin ich von einem kleinen stechenden Schmerz in der Zunge, die anscheinend die ganze Zeit an besagter Stelle sozusagen geklebt ist. Auch am rechten Zeigefinger habe ich eine kleine, lästige, kaum erkennbare Wunde; keine Ahnung woher.


(8.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3924 Verkutzt

 



1:35 a.m.  Heute (6.1.) morgen – es wird so gegen 9:30 gewesen sein – meine liebe Frau hat mir die Schüssel mit dem Haferbrei ins Bett gebracht, und weil mein Breichen noch zu heiß war, habe ich darin geistesabwesend herumgestochert und herumgerührt, in Gedanken in einem inneren, imaginierten Dialog redend, und weil dieses Deckelchen hinten in der Mundhöhle, das dafür zuständig ist, beim Essen die Luftröhre zu verschließen und beim Reden sie offen zu halten, nicht unterscheiden kann, ob diese Rede im Geiste oder in der äußeren Welt stattfindet, hat es die Luftröhre offen gehalten. Gleichzeitig hatte sich jedoch in meinem Mund, angeregt, weil ich in der ganzen Szene andächtig in den Brei gestarrt habe, in Erwartung auf die Nahrung ziemlich viel Speichel angesammelt, der hinuntergeschluckt werden sollte, aber dabei in die offene Luftröhre geraten ist, was einen heftigen Hustenanfall ausgelöst hat, der sich nicht so schnell auflöste.
Solche Vorgänge sind – nehme ich an - soweit bekannt. Aber was habe ich da in Gedanken geredet? Ich wollte irgendjemandem gerade erklären, dass man zum Beispiel den Burgenländern einreden hätte sollen, dass der Kickl als Orbanfan das Burgenland an Ungarn zurückgeben will, um wenigstens im Burgenland die blauen Stimmen zu minimieren, wenn uns schon sonst nichts mehr einfällt.

2:34 a.m.  Sagen wir es so: ich bin schon recht müde.

8:58 a.m.  Sagen wir es so: ich bin recht ratlos wegen der politischen Situation in Österreich und ich kann an nichts anderes denken. So hocke ich im Bett und kann nichts schreiben und will gar nicht in die Welt und zu ihren Bewohnern hinaus. Ich werde aber müssen.


(7.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3923 Zu gach

 



9:31 a.m.  Mars. Jupiter. Uranus. Ich bekomme Kopfweh von den soeben aufgesetzten Lesebrillen. Zu gach in den Wachmodus, keine Pufferzone? Oder? Die Medizin, die ich einnehme? Der dreifaltige Wohnzimmerbaum hängt einigermaßen aufrecht in den Bändern, die ihn hochgezogen halten. An einer Stelle fangen ein paar Ästchen zu vibrieren an; das sind natürlich meine Augen; hier herinnen ist kein Wind. Oh, ich bin noch müde! Gestern ist es auf drei Uhr zugegangen. Was habe ich für einen Krimi geschaut? Ich weiß es nicht mehr. Aber jetzt kommt der üppige, bunte Frühstücksbrei. Essen hält Seele und Leib zusammen.


(4.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 3. Januar 2025

3922 Amtlicher Kaffee

 



13:07.  Im Kaffeeamt. Zum ersten Mal. Ein schöner Raum. Zeitungen gibt es auch. Als ich von jemandem Prominenten aus dem Sportbereich gelesen habe, dass er tief religiös sei, schießen mir sofort die Tränen in die Augen. Und als aus den Boxen ein Song ertönt, den – unter anderen – meine Töchter auf ihrer Geschenkcede für mich gesungen haben - und den ich bis jetzt noch nie im Original gehört habe – bin ich sowieso ganz weg (fragt mich bitte nicht nach Titel und Interpret). Der Kaffee ist ausgezeichnet. Die Raumausstattung schön, angenehm und schlicht (zur Erinnerung: ich schreibe keine Lokalkritiken, sondern subjektive Situationen – was nicht von vornherein heißt, dass meine Aussagen unzutreffend sind). Eine schlichte Uhr hängt auch an der Wand – nicht schlecht! Die Musik passt mir auch. Ich werde einen zweiten Cappuccino trinken.

Ja, das ist fein, ein angenehmes Lokal ganz in der Nähe zu haben. Ich lasse mir jetzt auch die Karte bringen, ohne etwas essen zu wollen, für eventuelle Frühstücke hier. Die Damen und Herren, die hier arbeiten, sind ausgesprochen freundlich, auf eine offene Art (nicht das scheiß(un)freundliche vieler traditioneller Wiener Kaffeehäuser). Ich blicke durch die großen, auch schön designten Fenster auf die Straße hinaus, auf der sich nicht viel abspielt. Der Wind schaukelt die Pflanzen und die Lichterkette des zurzeit leeren Schanigartens (4°C). Und was mir schon seit Monaten im Vorbeigehen zur UBahnstation beim Blick in die Fenster aufgefallen ist: hier sind viele Eltern mit kleinen Kindern, die einen eigenen, kindergerechten Raum haben.

Ich lehne mich im Sessel zurück, dabei strecke ich meinen Oberkörper vorsichtig, um keine Kreuzgeschichte auszulösen. Ich drehe mich auf dem Stuhl, um meine Blickrichtung ein paar Grad nach links zu verschieben und sozusagen diagonal durchs Lokal zu schauen. Und wie ich vermutet habe, schaue ich dabei so ziemlich genau Richtung Nord (ich weiß nicht, ob der wandernde Magnetpol mit einberechnet ist). (Oder ist diese Frage ganz dumm?) Zum Thema „tief religiös“: ich vermute, dass in eine tiefe, echte, ins Leben gebrachte Religiösität zu finden, eine tiefe Sehnsucht schon in meiner Kindheit war – wieso sollte mich das sonst so berühren? So jedoch bin ich ein einsamer Vogel, der zu fliegen nie gelernt hat.


(3.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3921 Liegestatt

 



7:53 a.m.  Ein Flugzeug überfliegt meine Liegestatt. Man hört jedoch auch so, dass der Tag begonnen hat. Jetzt springt die Heizung an – es blubbert im Heizkörper (8 Uhr). Für heute nehme ich mir nichts vor, um nicht wie gestern von mir enttäuscht zu sein. Mit ungehemmt plappernder innerer Stimme gleitet mein Bewußtsein wieder Richtung Schlaf. Bis die Stimme sagt: „Haltet den Mund an!“ Um’s Aufschreiben willen hole ich mich wieder zurück. Und dafür bestraft er mich für meine Unsicherheit. Wer ist er? Ich weiß es nicht. Irgend so ein internalisierter Trottel vielleicht.


(3.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3920 Dieser Tag

 



0:57 a.m.  Stille tröpfelt es draußen im Lichtschacht. Das Bücherregal hat sich zu einem fremdartigen Gebäude gewölbt. Meiner Zunge passt irgendetwas an meinen Zähnen nicht. Und ich höre etwas. Was es ist, kann ich nicht herausfinden. Ich lausche und höre noch mehr. Diesen Tag habe ich nichts weitergebracht; nichts, das mir aufgefallen wäre (ich bin schon wirklich neugierig auf den Blick sub specie aeternitatis auf mein Leben beim Sterben – wenn einem das ganze Leben rekapituliert wird).

Jetzt beginne ich langsam mit dem Tag zufrieden zu werden; vor allem damit, dass er zu Ende geht und ich bald schlafen werde.


(3.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 2. Januar 2025

3919 Ich alter Haudegen

 



7:25 a.m.  Ja, es hat ein wenig hergeschneit und meine Seele scheint in ein Loch fallen zu wollen. Die Heizung ist noch nicht angesprungen und das Rollo habe ich wegen der besseren Wärmedämmung noch nicht hochgezogen. Ganz schwach kann ich an seinem rechten Rand das graue Morgenlicht erahnen. Kommt zu mir, Hilfsgeister, ich habe Angst! Unten wird die Stiegensperre angebracht, das höre ich. Mein Geist, vom Aufwachen erschreckt, beginnt sich wieder zu beruhigen und nimmt seine übliche Tätigkeit auf. Ich werde die Leselampe wieder abdrehen.

10:00 a.m.  Jetzt zittere ich wieder vor Angst. Eigentlich hatte ich vor, eines der Museen zu besuchen, aber das schaffe ich heute nicht: ich komme nicht aus dem Bett und scheue mich, die Wohnung zu verlassen. Egal! Ich bin auf diesem Gebiet ein alter Haudegen. Bleibe ich hald (sic!) im Bett und lese.


(2.1.2025)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com