3948 Breakfast d’anglais (2)
12:50. Nach einem fetten Breakfast d’anglais mit Speck, Pilzen, Spiegelei, Blunzen, Bohnen und Orangenmarmelade plus zwei Cappuccinos geht es mir besser. Ich sitze in meinem Lieblingscafé, die Musik ist recht angenehm, ich habe meinen Platz frei gefunden. Zwar habe ich gerade Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit des Personals so auf mich zu ziehen, dass ich meinen dritten Cappuccino bestellen kann, aber das macht nichts (denn es ist ja auch von Vorteil, wenn man lange unbehelligt bei seinem Kaffee sitzen kann) und hat vermutlich vor allem mit meinem schüchternen Getue zu tun. Ich könnte ja meine Stimme erheben, aber mache es nicht (wahrscheinlich erwartet er, dass die Leute ihm die Wünsche von den Augen ablesen und der Lebenskampf, dem alle ausgesetzt sind, für ihn nicht gilt – der innere Spötter). Nach mehrmaligem Rufen und anschließendem schon halbkräftigem Räuspern, um meine belegte Stimmer lauter zu machen, und einem weiteren Versuch, die Stimme laut und deutlich erschallen zu lassen – was alles vergeblich war – gelang es mir mit dem rechten erhobenen Zeigefinger meinen Cappuccino 3 zu ordern (Bilder sind stärker als Worte). Der wird wohl bald kommen. Mir jedoch kommt vor, die Kellnerin hat meine Bestellung vergessen, aber ein zufälliger Blick hat sie erinnert und jetzt macht sie sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. Die Kerze am Bord beim Spiegel drüben, in dem sich nur der dicke, dunkelrote Vorhang bei der Eingangstür, der der Wärmedämmung dient, spiegelt, flackert so berührend, dass ich beinah weinen muß. Kurz frage ich mich, ob diese Kerze mit dem typischen Wachswulst und einer durchgeschmolzenen Stelle gleich darunter, wo man einen Durchblick auf die Flamme erhaschen kann, ob diese Kerze wirklich echt ist oder ein superrealistisches elektrisches Fake. Nein, die muß echt sein! Da bin ich mir sicher. Nebenbei gesagt: mit meiner Schreiberei bin ich zurzeit gar nicht zufrieden: ich gehe im Kreis und sie wirkt nicht mehr stabilisierend auf meine Seele und rechtfertigt meine Existenz nicht mehr. Ich meine das so: bisher hat es genügt, einen in meinen Augen halbwegs gelungenen Text geschrieben zu haben, und mein Tag war „gut“. Ich hatte das Empfinden, mein Tagewerk vollbracht zu haben. Das funktioniert nicht mehr. Sonst habe ich aber, was den – wenn auch meistens nur imaginierten – Austausch mit der offiziellen Welt betrifft, nichts. Ein Baby drei Tische weiter schaut noch staunend um sich, denn es sieht noch Wunder; die Beschreibung der Welt hat noch nicht vollständig seine Wahrnehmung übernommen. Meine Zeit hier (im Lokal) neigt sich dem Ende zu; ich spüre, dass ich bald aufbrechen werde und meinen Weg nach Hause – ungerechtfertigt - antreten werde. Vorher werde ich noch einen Blick auf die Kerze beim Spiegel werfen, wenn mir niemand den Zugang verstellt. Der alternativ gestylte ältere, weißlanghaarige Mann mit junger Begleiterin, kleiner Dutt am Scheitel, perfekt Englisch sprechend, das Hemd über der Hose hängend, dominant und laut kritisierend, in einem Tonfall, als wäre er hier der Boss, aber beim Aufstehen – ich trau mich wetten – Kreuzschmerzen, der geht mir gehörig auf die Nerven (Neid? - der innere Spötter). Neid? Was weiß man schon über seine innersten Motive, aber ich glaube nicht, dass das Neid ist (Tja… - der innere Spötter). Wie auch immer: Zahlen wir und gehen wir. (Sagen wir so: ich möchte nicht der sein, aber mehr Souveränität und Resonanz könnte ich mir schon gönnen!)
(28.1.2025)
©Peter Alois Rumpf Jänner 2025 peteraloisrumpf@gmail.com
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