Freitag, 28. März 2025

4013 Auf! Zack! Zack!

 



12:13.  „Na, Bruder Stalin! Jetzt verflüchtigst du dich, nachdem ich dich von hinten identifiziert habe!“ sage ich zum Fußboden und die Muster an der angegafften Stelle auf den Fließen des Badezimmerbodens zerfallen wieder in abstraktes Gesprengsel. Die Tageskinder unten vollführen ihr selbsterfundenes, tägliches Ritual vorm Schlafengehen, in dem sie laut „Saurier!“ rufend vor eben diesem herbeigerufenen Ungeheuer davon und wenn auch nur im Kreis laufen und so ihre restlichen Energien hinausarbeiten, bis sie endlich müde sind. Meine Gedanken und Assoziationen taumeln nun in meinem äußerst mageren Wissen über Dinosaurier umher und kommen nicht weit. Wovor fliehen eigentlich meine Gedanken und Bilder? Mit einem tiefen Atemzug hebe ich meinen Brustkorb (heben ist absolut exakt, denn ich lagere wieder auf meinem Bett und mein Brustkorb hebt sich tatsächlich, wenn auch schräg, nach oben. Also gegen die Erdanziehungskraft ungefähr Richtung Zenit. Wie in jedem Moment, egal zu welcher Tageszeit, wenn sich meine Aufmerksamkeit ob absichtlich oder zufällig auf die umgebenden Geräusche richtet, höre ich meine inneren Sirenen schrillen. Das fällt mir jetzt besonders auf, weil die Tageskinder ihren Run beendet haben und nun beim Einschlafen still geworden sind. Dafür rauscht jetzt im Lichtschacht eine Lüftung oder Klimaanlage. Ich empfinde es jedoch hier und jetzt immer noch als still. Ich spüre auch einen Druck in den Ohren und darin ein leichtes Pochen, das auch den inneren Singsang leise moduliert. Was heißt innerer: ich höre das Surren in meinen Ohren schon so, als wäre es draußen in der Welt (wer weiß! - der innere Spötter). (Ach! Innerer Spötter! Ich wußte gar nicht, dass du auch konstruktiv sein kannst! - der andere innere Spötter.) (Oder anders gesagt: wenn das Surren etwas mit dem Verschieben des Montagepunktes zu tun hat – schließlich hat man das gern bei Fieber, großer Müdigkeit, sonstiger Erschöpfung, vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen – dann kann es tatsächlich mit erweiterter Wahrnehmung zu tun haben: also von draußen kommen – P.A.R.)

Raus aus diesem diffusen Zwischenstadium - auf! – zack! zack! - nehme ich mir vor, das Ganze jetzt gleich vorm Gang ins Fitnessstudio abzutippen. (Nebenbei gesagt: ich mag diese Anhäufung von drei Konsonanten bei zusammengesetzten Wörtern nicht – in der alten Rechtschreibung hat man uns für intelligent genug gehalten, das zu überreißen und uns einen Buchstaben erspart – was ein lockereres Verhältnis zur Rechtschreibung bedeutet – aber das da ist mit den drei s schon so schön absurd, dass ich es aus aufmüpfigen Gründen nach der neuen Rechtschreibung korrekt schreibe.)


(28.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

4012 Filterkaffee

 



7:53 a.m.  Nachdem ich mich noch durch etliche Albträume mit dysfunktionalen Bahnhöfen und Zugverbindungen zum Beispiel gekämpft habe, bin ich vorm alarm aufgewacht – zu welchen Waffen sollte ich auch greifen – und versuche mich schlaftrunken und angstverhangen auf den Termin vorzubereiten. Ich meine eh nur Toilette, Waschen, Zähneputzen etc – also nichts Besonderes: ein halbwegs klares Gesicht und einen halbwegs wachen Zustand herzustellen.

Jetzt sitze ich in der Küche und warte, bis das Wasser kocht. Und schon gieße ich den Filterkaffee, der vornehmlich aus falschem Kaffee und nur aus einer Brise echten besteht, auf und beginne zu warten, bis der angekündigte Mensch kommt. Wie ich mich vom Stuhl erhebe und zur Anrichte gehe, um heißes Wasser nachzugießen, habe ich plötzlich und kurz den Eindruck, ein Riese zu sein, der von hoch oben wohlwollend auf das Filterarrangement tief unten hinabblickt, und diese schon öfters auftretenden Wahrnehmungsverschiebungen machen mir allmählich ein wenig Sorgen, aber nicht allzu sehr, denn ich finde sie auch interessant.

Die ersten Schlucke meines Kaffeegebräus wirken trotz geringen Anteils an coffea alltagsstabilisierend, die nachgehangenen Träume sind weitgehend verscheucht und nur mehr als schwacher Hauch gegenwärtig. Zum Essen bin ich noch nicht bereit.

Die Küchenuhr tickt tapfer meine Lebenszeit ab und dieses verlockende Geräusch treibt mich fast wieder in die anderen Gegenden des Bewußtseins, der Erfahrung und der Wahrnehmung. Aber ich bleibe hier (ich kann ja mit meiner verwirrten, unaufgeräumten Seele, meiner strategischen Disziplinlosigkeit und meinem chronischen Energiemangel drüben gar nichts Gescheites anfangen; also bringt das Ganze nicht viel, denn mehr als ein paar albtraumhafte, unkontrollierte Träume und eigenartige Wahrnehmungsflashes schauen dabei nicht heraus).

Ich könnte jetzt mein Vitamin D3 einnehmen. Gute Idee! Mache ich gleich.

Diese vormittägliche Ruhe ist heilsam und nervenberuhigend. Elegisch röchelt der Kühlschrank neben mir und tuckert der morgendliche Hubschrauber über den Häusern, alles klar getaktet von der unermüdlichen Küchenuhr (dabei hat man gar nicht den Eindruck, dass sie sich dabei sehr anstrengt).


(28.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 27. März 2025

4011 Ich will heim

 



23:56.  Weil ich nichts zu sagen habe, kann ich so viel schreiben.


(26.3.2025)


11:23 a.m.  Und jetzt? Jetzt kann ich nichts schreiben, weil ich etwas zu sagen habe? Dabei habe ich gar nichts zu sagen. Ich bin in der Albertina herumgekreist und erschöpft. Die Bilder oder meine Augen konnten die Hülle aus leichter Übelkeit nicht durchdringen, sogar meine Lieblingsbilder sind nicht recht aufgegangen und haben mich ermüdet. Scheiß Fitnessstudio! Scheiß Astorvastatin! Auch die zwei Sphinxen, rechts von mir, wo ich jetzt raste – die eine auf meiner Seite des Ganges, die andere auf der drüberen – können mir nichts helfen und nichts raten. Es hätte mich auch gewundert, wie die aussehen! Ich will heim in mein Zimmer, auf mein Bett. Mir ist aber schlecht und ich muß noch rasten. Die Alltagswelt wankt. Die Menschen finde ich nicht anziehend. Mein Spiegelbild gegenüber: ein alter, zusammengekrümmter Mann mit idiotischer Kappe. Alles blau: Kappe, Sakko, Hose. Ich bekomme zu wenig Luft. Der akustische Andrang ist unangenehm; als würde jeder Laut meine elektrische Schutzhülle aufschlitzen können. Kein Mensch schaut so aus, dass eines Hoffnung haben könnte (für Vorbilder ist es sowieso schon längst zu spät – der innere Spötter). Ach Gott! Diese Sphinxen schaun so deppert drein, nichts von Weisheit, Weitsicht, Sehen oder Ähnliches; eine Visage wie irgendeine Neunzehntes-Jahrhundert-Tussi (das weißt du so genau? - der innere Spötter). Interessant, als jetzt wieder der innere Spötter aufgetaucht ist, ist meine Übelkeit zurückgegangen.
Jetzt bin ich umringt von Jugendlichen mit ihren Handys, die hier auch rasten wollen. Komisch, dass ich mich nicht richtig bedrängt fühle, nicht mehr als überhaupt. Ihre Sprache? Skandinavisch? Nein. Ein vorbeieilender alter Mann bleibt am Fuße der Treppe zwischen den Sphinxen stehen und starrt mich lange an. Ich bin bigott und fromm und tu so, als wäre das ganz normal. Dass die Jugendlichen immer so nuscheln und so undeutlich sprechen! Vielleicht auch Holländisch, Flämisch oder etwas in der Art. Aber sie reden nur in kurzen, verschluckten Halbsätzen und einzelnen Lauten. Wieder hat mich ein Mann – diesmal ein jüngerer – im Vorbeigehen angestarrt. Ich kann im Spiegel nichts Komisches an mir erkennen.
Ich komm nicht drauf, welche Sprache das ist. Doch eher eine skandinavische? Fragen tu ich nicht, also gebe ich auf. Ich werde als braves Kind in die frische Luft gehen. Vorher mußte ich noch die zwei Stockwerke per Treppe in die Toilette hinunter – eine kleine Herausforderung bei meinem leichten Schwindel – und außerdem mag ich keine überfüllten Toiletten und auch Pissoirs – auch wenn es hier eh Sichtschutz gegeben hat. Beim Hinausgehen ins Freie haben mich die gelben Streifen der Stufenmarkierung im Sonnenlicht fast umgeworfen und mir die Alltagswelt fast weggezogen. Aber jetzt, jetzt beruhige ich mich. Die kühle, windige Luft tut gut. Aber nur kurz. Dann quält eine Kreissäge mein Gehör und meine Seele. Jetzt schlagen die Uhren zwölf und läuten die Kirchenglocken Mittag. Das beruhigt mich wirklich. Ich muß nicht alleine die ganze Welt herrichten.


(27.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

4010 Licht

 



15:58.  Licht, Licht, immer wieder das Licht. Jetzt strahlt es von den Hausfassaden her vor dem dunkelgrauen Wolkenhimmel.

16:41.  Jetzt sind die Hausfassaden stumpf und der Himmel hell: blau und weiß bewölkt.

Auch in meinem kleinen, abgelegenen Zimmer ist noch Licht. Noch strahlt es in himmlischem hellgrau beim Fenster herein.


(26.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 25. März 2025

4009 Allzuviel sehe ich nicht

 



11:22 a.m.  Ich sitze hinten in der Nische neben dem Eingang zum Herrenklo (im vorderen Raum war nichts frei). Dieser Platz hat ein paar Nachteile: betritt oder verläßt jemand die Toilette, weht der ekelhafte Duft dieser Pissoirsteine her; geht jemand vom Personal in das Lager hinunter, steigt ein typischer, muffiger Kellergeruch herauf; und vom kleinen Fenster hinter über mir zieht es kalt her. Trotzdem habe ich im schwach besetzten hinteren Gastraum diesen Platz gewählt, weil er einen Blick durch die zwei Räume auf die gläserne Eingangstüre und damit auf Gehsteig, Schanigarten und Straße zuläßt. Und solche Ausblicke und Durchblicke liebe ich.

Ich habe hier also gefrühstückt (Käse), Standard und Kleine Zeitung gelesen und jetzt schreibe ich. Ich bin der Älteste hier und somit befinde ich mich in einer vertrauten, heimeligen Fremdheit – wobei ich mich sowieso ständig jünger denke, als ich bin. Allzuviel sehe ich bei der Glastür nicht, denn der Ausschnitt ist nicht sehr groß, nur ab und zu geht jemand durch die Tür, oft verdeckt durch andere Gäste oder vorbeieilende Kellner und an den Kleiderhaken hängendes Gewand, aber das macht nichts: was ich liebe ist das Licht da draußen in der Welt; auch wenn es heute verhangen und grau ist, strahlt es herein.

11:57 a.m.  Jetzt ist der Ausblick zur und durch die Glastür völlig frei, und wirklich – und so komisch das klingt – mein Herz freut sich und meine Seele lebt auf (ich muß ja nicht alles zur Gänze verstehen). Immer wieder tanzen nun Gestalten durch mein Blickfeld, soeben zum Beispiel hat eine Frau ihre Jacke aufgehängt und nicht bemerkt, dass ihre Jacke sogleich heruntergefallen ist. Warum erwähne ich diesmal nicht die Musik? Für diese sitze ich zu abseits; ich höre sie wie von weitem. Und nun, liebe Leserinnen und Leser, kommt das Schnitten-Kaffee-Wandlungsritual: das Brechen der Schnitte(nverpackung) über dem Cappuccino und deren andächtiger Verzehr. Die Musik wandelt sich von einem presleyähnlichen, amerikanischen Selbstmitleids-Solo-Singsang zu einem aufmunternden, einfachen, mehrstimmigen rhythmisierten (deshalb aufmunternden) Chor, aber das ist schon wieder vorbei. Jetzt klingt’s sinatraartig – wie schon gesagt: es klingt nach Amis – mit dem typischen, jaulenden Gegeige. Jetzt wird es poppiger (Sechzigerjahre Sprachgebrauch) und voller E-Gitarren, eher noch Rythm-and-Blues – das Ganze muß aber nicht von damals sein; ich erkenne die Stücke und die Interpreten nicht; es können auch Neuauflagen oder Retrokompositionen sein.

Meinen dritten Cappuccino habe ich gerade ausgetrunken und in mir meldet sich die Aufbruchsstimme; auch wenn ich die Vermutung habe, dahinter verbirgt sich nur mein ordinäres schlechte Gewissen ob meiner Prasserei (wenn ich einmal in die Grazer Autorinnen Autoren Versammlung aufgenommen sein werde, werde ich dies leichter als wenn schon nicht notwendige, dann doch förderliche Arbeitssituation verbuchen können - als Arbeitszeit sozusagen).


(25.3.2025)



Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

4008 Alles hat seine Zeit

 



0:52 a.m.  Ich blicke auf das schon jahrelang ungenutzte Radio, an dem ein paar Magnetbildchen aus den Museen mit Abbildungen verschiedener Gemälde halbnackter Frauen von verschiedenen Künstlern kleben, als ich merke, dass nach jedem Augenaufschlag das Licht dort schwindet und das Gesehene verblast, bis ein neuer Augenaufschlag wieder mehr Licht ins System schickt. Das ging ein paarmal so, aber jetzt läßt sich das Phänomen nicht wiederholen. Ich versuche es immer wieder, aber vergeblich. Dafür scheint mein Gehör auf meine Augenaufschläge zu reagieren und dabei das Surren in den Ohren zu modulieren. Auch dieses Phänomen kann ich jetzt willentlich nicht mehr erzeugen.
Ich bin so glücklich, dass ich dieses Zimmer habe. In Mali Lošinj braut sich etwas zusammen oder hat sich schon zusammengebraut und wartet nur, dass es losbrechen kann. Ich starre nun auf ein dunkelblaues Buch mit rotem Querstreifen an seinem Rücken in der Bücherwand gegenüber im dunklen Bereich des Zimmers, irgendein Knausgård oder Murakami (Karl Ove Knausgård, Alles hat seine Zeit – der Tipper). Was erwarte ich noch von meinem Leben? Dass es im Wesentlichen nicht schlechter wird – vor allem finanziell und sozial – und ich mir ab und zu ein Frühstück in einem Café leisten kann. Ich nehme mir gleich für morgen so ein Frühstück vor und sogleich erfüllt mich eine große Freude und mein Herz jubelt und hüpft wie ein kleines, fröhliches Kind (ein kleines Kind, das nicht eingeschüchtert ist, muß ich ergänzen).


(25.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

4007 Aufziehschnur

 



15:39.  Im Zimmer ist es dunkel geworden und ich höre auf den Regen, wie er so erfrischend niederprasselt. Ein Gefühl von „endlich!“. Endlich fließen die Tränen; aber nicht bei mir. Dabei hätte ich genug Gründe (so oder so). Schon ist der Regenguß vorbei und es tröpfelt nur mehr nach. Von unten höre ich, wie der Holztisch abgewischt wird.

Ich lese. Dann lege ich alles weg, rolle mich ein und falle in Schlaf. Mit dem nächsten Regenguß werde ich wieder geweckt.

18:22.  Ich lese. Wie ich wieder aufschaue, ist es wirklich finster geworden. Ich drehe das Leselicht ab und lausche, blicke und fühle in die Finsternis hinein. Die Schnur an der Holzmöve über meinem Kopf - jene hatte sich an meiner Brille verhängt - schaukelt jetzt befreit mit ihrer kleinen Holzkugel am Ende der Aufziehschnur hin und her und meine Augen, die sich an die Dunkelheit gewöhnen, sind nun in der Lage, das graue, schwache Licht am Fenster als Leuchten wahrzunehmen. Es ist still und intensiv, bis unten die Yogagäste eintreffen. Ich erhebe mich, mache das große Licht im Zimmer an und schließe die Zimmertür, damit die Yoginis nicht gestört sind. Ich werde wieder ins Internet gehen.


(24.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 20. März 2025

4006 „Kritische Distanz“

 



8:34 a.m.  Schnell noch hinuntergehen und die Sechzig-Grad-Wäsche in die Maschine, bevor die Tageskinder aus dem Augarten zurückkommen, denn ich bin noch im Pyjama und will mich dann nochmals ein wenig ins Bett legen. Oder hocken. Ein sonniger Tag zeichnet sich heute am Frühlingsbeginn ab, auch wenn die Nacht noch sehr kalt war. Das österreichische Justizsystem kann mir Korruption und Spionage nicht angemessen umgehen. Sonst noch was? Ich denke an meinen Vater, weil ich gestern zum ersten Mal seine Briefe aus dem Krieg an seine Eltern (er war da 19 Jahre alt), und vor allem den einen an seine Mutter zum Muttertag, noch vor seiner Verletzung, gelesen habe. Nebst den offiziellen Mitteilungen aus dem Lazarett, wo er – nur knapp dem Tod entkommen - schwer verwundet gelegen ist und noch nicht selbst schreiben konnte. Das beschäftigt mich seit gestern sehr, und meine Stimmung schwankt zwischen heulen wollen und dem Versuch zu so einer Art „kritische Distanz“, die mir äußerst windig, feig und unwürdig vorkommt. Von den Ereignissen wußte ich, aber noch nie habe ich dabei seine damalige Stimme „gehört“. Ich bin sehr aufgewühlt und richtig durcheinander.

Mein Blick fällt zufällig - oder weil sie in der Richtung hängen, wo ich von hier aus wegen meiner üblichen Kopfhaltung und Kopfausrichtung sozusagen automatisch hinschaue - auf Rettenschoess und Mali Lošinj, und schicke ihn dann absichtlich zur Riesneralm und nach Veli Lošinj, damit die nicht zu kurz kommen und das System ausgeglichen ist und Gerechtigkeit herrscht (hahaha, ich sag jetzt nichts – der innere Spötter). Der Holzrabe schaukelt im Aufwind über dem Heizkörper und ich frage mich, ob er mich auslacht (ich würde sagen: nein, denn seine Bewegungen sind sanft und bedächtig).


(20.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

4005 So What!?

 



0:48 a.m.  (…)

16:34.  Im Espresso Burggasse. Mit der Suche in der fernen Vergangenheit lange vor meiner Zeit war das heute ein intensiver erlebter Tag.(Soo lange ist das auch wieder nicht, 11 Jahre liegen zwischen 1942 und 1953.) Nein, es geht nicht, das zu beschreiben. Ich muß passen. Der Typ dort beobachtet mich über den Spiegel vor ihm. Aber das ist nicht der Grund, warum ich das nicht erzählen kann. Sondern? Ich bin von meinen aufgebrochenen Gefühlen irritiert und kann sie nicht einordnen (das muß man aber wenigstens ansatzweise, wenn eines sie beschreiben will). Also gut, lassen wir es fürs erste.


(19.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

4004 Die Photos

 



2:15 a.m.  Das Smartphone zeigt mir komische Botschaften (dabei weiß er gar nicht, ob sein Handydings überhaupt ein Smartphone ist - der innere Spötter), lauter Sachen, die ich überhaupt nicht verstehe. Das hat jetzt nichts damit zu tun: aber meine Seufzer sind intensiviert, mit stockenden Atemzügen. Ein leichtes Kribbeln kreist heut’ auf meiner Schädeldecke (vielleicht wächst ihm ein Heiligenschein – der innere Spötter). Ich will es so sagen: ich sitze am Rande einer mäßig beleuchteten Dunkelheit und mein Leib scheint verfließen zu wollen. Ich bin noch nicht fertig; zwinge mich jedoch, mich hinzulegen.


12:52.  Die Sonne scheint und scheint aus ihrem blauen Himmel (geozentrisches Weltbild! - der innere Spötter) und mich irritiert die allzu hellgrüne Schrift meines Pilotstiftes. Die Hausfassaden strahlen ab, dass es gewöhnungsbedürftig ist und blendet. Man kann es kaum glauben. Ich denke an die Photos meiner Großeltern, die ich vorbereiten sollte. Und ist das da gegenüber ein Gesicht hinter den vielen Fensterspiegelungen? Dann habe ich mich auf die bereit liegende, ausgerollte Matte auf den Rücken gelegt und versucht, meine gestreckten Beine fünfzehn Mal anzuheben. Dann habe ich mich wieder an den Schreibtisch vorm Fenster gesetzt und in das indirekte Sonnenlicht geschaut. Ich gehe jetzt wieder in mein Zimmer zurück und richte die Photos her.


(18.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 17. März 2025

4003 Wühlen

 




9:43 a.m.  Ein stiller Glanz vom Fenster her liegt auf den Kanten der CD-Hüllen aus durchsichtigem Plastik. Der Holzrabe am Fenster schaukelt wie besinnungslos. Veli Lošinj verdrückt sich in die rechte obere Ecke unterm Plafond. Irgendwo tropft es. Einen Stock tiefer spielt das junge, aufblühende Leben. Rettenschoess hat etwas Betörendes bekommen, wie sich die Landschaft so bereitwillig aufs Papier geworfen hat. Nur dieser eine dunkelblaue Berg hebt sich eigensinnig und unerlöst aus dem Bild. Unten wühlen sie in den Legosteinen. Mali Lošinj verglüht fast vor Unruhe auf seine gedämpfte, dumpfe Art, während Veli Lošinj in seinem hintergründigen Strahlen erstarrt zu sein scheint. Die Galeristin aus Celje/Cilli kommt mir in den Sinn, und die Ereignisse von damals kommen von unangebrachter Wehmut angeweht. Und der Photograph unserer Bilder vom jugoslawischen Militär. Jetzt kristallisiert sich die Unruhe an einer Stelle im Meer im Hafen von Mali Lošinj.


(17.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Samstag, 15. März 2025

4002 Vierzig Jahre meines Nachruhms

 



10:59 a.m.  Ich schaue – während die Zeit so vor sich hin schaukelt (Schaukel russisch качели Katscheli) – auf die Bar; hinter mir – im Rücken - die Fensterfront, der Schanigarten und die Karmelitergasse, und natürlich die Häuser der anderen Straßenseite, der Donaukanal – alles 224° Südwest – das schirche Hundertwasserhaus, Schloss Neugebäude, Zentralfriedhof (was?! Den hast du hinter dir? Ich dachte: vor dir – der innere Spötter), den Böhmischen Prater, die Ölraffinerie Schwechat, Eisenstadt, Sarajewo, Thessaloniki, Mittelmeer, Alexandria, Kairo, Rotes Meer, Äthiopien, Indischer Ozean, Antarktis (nein, wir gehen nicht auf der anderen Seite der Weltkugel wieder hinauf und kommen von Nordwesten her retour). Die Musik wäre lateinamerikanisch und schwärmt in zarten Tönen und mit schönem Gitarrenzupfen vom Tequila. Ja, das ist lange her (bekommst du eine nostalgische Anwandlung und Sehnsucht danach, dich zu betrinken? - Nicht wirklich). Die Kaffeemaschine rauscht ohrenbetäubend. Das Lokal wird voller. Die Jacken an den Kleiderhaken haben nasse Flaken – Flecken natürlich, weil es regnet (er würde gern gereimt schreiben – zum Speiben! - der innere Spötter) (Genug!) Ja, jetzt komme ich erst so richtig an und kann mir auch vorstellen, hier aufs Klo zu gehen.

Verdammt, was ist heute los!? Es fällt mir nämlich die Reihe der Flaschen ganz oben am typisch verspiegelten Gläserregal, das dadurch zu einer silbern erstrahlten Blickfangfläche wird, positiv auf. Und da eben die Flaschen der härteren Getränke. Naja, Trinken gehört schon zum Versuch, sich gemütlich in der langweiligen Welt der Funktionalität, der verlorenen Leidenschaften und des vergessenen Himmels einzurichten. Wobei Himmel natürlich auch falsch ist (wurscht! Passt schon! Meine LeserInnen dürfen sich auch anstrengen). Zwei der vier Barhocker vor mir sind freundlich und ansprechend mit Klebeband repariert, weil bereits aufgeplatzt (was hat platzen mit Platz zu tun? Zu Hause nachschauen!). (Nichts! Letzteres kommt von lat. Platea, ersteres von einer Intensivform zum Schallwort pla(n)schen, nach Mackensen – der Tipper.) Es ist gar nicht so schlecht, mit dem Rücken zur Straße zu sitzen (mein Stammplatz wäre 90° nach links gedreht). Jetzt drehe ich mich um und schaue durchs Fenster im Rücken auf die Straße und die abzweigende Gasse bis zur Karmeliterkirche. Wegen abzweigen drehe ich mich nochmals um, ob dort auch ein Baum zu sehen ist: ja, dort steht ein großer, mächtiger Baum, der mir vorher gar nicht aufgefallen ist; was für einer kann ich nicht erkennen. Gefühlsmäßig hätte ich auf eine Linde getippt, aber ich glaube nicht, dass das stimmt (ich habe im Wiener Baumkataster nachgeschaut: Linde könnte stimmen! - der Tipper). 4°C soll es laut Handyanzeige draußen haben. Der mächtige Hirsch (denn da setzt sich Grünspan ahn, an dem man sich vergiften kahn) oben am Vorsprung des Hauses ist schön zu sehen und beeindruckend. Was macht der Hirsch in der Stadt? War das hier nicht kaiserliches Jagdgebiet? (warum ahn und kahn? Wegen des Tigers Zahn drei Zeilen vorher.) Ich vermeine hier herinnen viel Steirisch zu hören; aber nachgefragt hab ich nicht. Die einen Oststeirisch, die andere: Mürztal? Vielleicht bloß eine Langweiligkeitsprojektion. Das vermutete Oststeirische könnte doch Grazerisch sein; die andere, allein Sitzende telephoniert nicht mehr. Ein Kind macht seine Hausübungen. Ich meine Außerhausübungen. Die Musik – jetzt englischsprachig – taugt mir auch. Überhaupt: irgendwie so ein Moment einer gehobenen … Glückseligkeit wäre maßlos übertrieben, aber es geht in die Richtung. So schöne Musik: Another place, another world. Genau! Ich habe nachgefragt: White Light, I want to know me – passt!(ha! ha! ha! - du hast im Songtitel zwischen want und to das you übersehen! - der innere Spötter)


Außerdem: Vierzig Jahre meines Nachruhms für ein[.] besseres Selbstbewußtsein.


(15.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Mittwoch, 12. März 2025

4001 Exchange

 



12:58.  In der Kassenhalle der ehemaligen Postsparkasse trinke ich einen doppelten Cappuccino und suche vergeblich nach einer Zeitung. Ein Wahnsinnsstiegenaufgang! Sakrale Unterfütterung und Überhöhung des Bankgeschäfts. Jetzt ist hier die Kunst daheim und das Café, in dem ich sitze und in dem man angeblich lange ungestört sitzen kann. Der Hall ist hier herinnen enorm! Kommt die lockere Künstlerstimmung gegen das Bankgeprotze auf? Ich denke schon, die jungen Leute - von mir aus gesehen sind fast alle jung – sind heutzutage lockerer und hier offensichtlich mehrheitlich fröhlich; ich bin es, der sich noch ein wenig umgewöhnen muß und die tendenzielle Einschüchterung abschütteln. Natürlich hat die Stahl-Glas-Konstruktion der Decke etwas Industrielles, wie eine alte Bahnhofshalle. (Ich bin offenbar noch mit dem Ankommen beschäftigt.) (Jetzt macht er wieder auf sensibel! - der innere Spötter.) Ein bißchen zu exponiert sitze ich, ein Platz mehr im Hintergrund oder an der Seite wäre mir lieber gewesen, aber es war kein anderer frei. Selbstbedienung. Die Leute tragen das Geschirr zurück. Wer wischt hier die Tische ab? (Wurscht! Ich habe das Notizbuch auf meinem linken Oberschenkel meiner überschlagenen Beine liegen.) Mini-Ping-Pong in einer Ecke der Halle. Jetzt wird es auf einmal ziemlich ruhig. Findet jetzt die Heilige Wandlung statt? Oder bloß ein Exchange? Jetzt verstehe ich auch, warum man lange hier sitzen kann: wegen der Selbstbedienung und weil es auch abgelegene Nischen gibt, wie mir gezeigt wurde. Zwei Fautieus (verdammt! wie schreibt man das?) zwei Fauteuils werden hereingetragen und an der Stirnseite der Halle abgestellt. Während ich diese Ereignis notiert habe, sind es schon drei Polstersessel geworden.

Ich wechsle einmal die überschlagenen Beine, bevor sie mir einschlafen (in letzter Zeit schläft er des nachts etwas schlecht – der innere Spötter). An der Halle und ihrer Ausstattung kiefle ich noch herum, aber mein Gemüt beruhigt sich langsam. Im Seitentrakt blinkt eine Neonlampe; weil sich darunter anscheinend ein Kunstobjekt – aus dieser Entfernung kann ich es nicht genau sehen - befindet, weiß ich nicht, ob absichtlich oder wegen eines Defektes (ich habe mich erkundigt! Das Blinken der Leuchtstoffröhre ist vom Künstler mit Absicht so installiert – ich bin richtig stolz auf mich, dass ich auf diese Vermutung gekommen bin).

Jetzt kommt Musik auf; das ist sehr angenehm (sowohl die Tatsache als auch die Musik) und hilft, den architektonischen Einschüchterungs-versuchen stand zu halten. Ah! Jetzt wischt einer vom Café die Tische ab. Gut, auch dafür ist gesorgt. Sagen wir, es genügt für heute? Brechen wir langsam auf? Die Ausstellung dort werde ich mir noch anschauen. Durch kafkaeske Gänge auf der Suche nach einem Klo. Ich werde wieder kommen und alle Möglichkeiten hier ausprobieren.


(12.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

4000 Fleißig

 



0:17 a.m.  Ich lege das Handy weg und schnaufe. Heute habe ich fleißig gearbeitet. Dann nehme ich das Handy wieder in die Hand, weil mir eingefallen ist, dass ich noch jemanden etwas fragen will (es geht um ein von mir noch nicht entdecktes Café, wo man angeblich lange ungestört sitzen kann). Dann lege ich es wieder weg. Ich bin rechtschaffen müde. Fleißig gewesen zu sein ist ein gutes Gefühl, dem aber schon auch einiges an Fragwürdigkeit anhaftet, finde ich. Vor allem, wenn das mit der eigenen Rechtfertigung zu tun hat. Solchen inneren Diskussionen und solchen Verteidigungsversuchen vorm inneren Tribunal – denn der Angeklagte bin immer ich – muß man nicht nachgehen. Dennoch: fleißig gewesen zu sein ist im Moment ein gutes Gefühl. Schlaf gut! Träum schön! Und bleib luzid!

(Tja! Bei manchen Dingen sagt die simple Zählung nicht allzuviel aus!)


(12.3.2025)
 

Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 11. März 2025

3999 Il Vangelo secondo Matteo

 



12:48.  Als ich in den Sechzigerjahren den Film Il Vangelo secondo Matteo aus dem Jahr 1964 von Pasolini gesehen habe – natürlich auf Deutsch und mit dem Titel Menschenfischer - war ich in der Unterstufe des Gymnasiums, gläubig, und hatte durchaus ein unsicheres Gefühl darüber, ob es okay ist, vor allem Jesus, Maria und Josef filmisch, also durch SchauspielerInnen, darzustellen. Eine Scheu vor der Darstellung des Heiligen durch „normale“ Schauspieler, die damals nicht nur ich hatte. Letztlich ist das wahrscheinlich die Scheu, das heilige Absolute so ganz im Kontinenten zu identifizieren, wiewohl ja das Angekommensein des Absoluten an einem konkreten Ort, zu einer konkreten Zeit, in einer konkreten Kultur, einer konkreten Sprache und einem konkreten Ambiente die zentrale Aussage der christlichen Botschaft von der Menschwerdung Gottes ist. Gleichzeitig hatte ich damals schon einen Hang zur „Moderne“, was immer das ist – übrigens vor allem angeregt durch Kapläne, bei denen ich die ersten Kunstbände zum Beispiel durchgeblättert habe, Kunstbände, die in der rustikalen Ödnis rundherum zumindest für mich nicht vorgekommen sind; auch von den säkularen LehrernInnen kamen kaum direkte, außerhalb des schulischen Benotungsdrucks artikulierte und persönlich zugeschnittene Anregungen. Und wegen dieses „Hangs zur Moderne“ war ich damals schon vom Film und seiner Ästhetik fasziniert (heute auch noch, auch wenn ich einiges anders erzählen würde).

Nebenbei gesagt war es für mich damals selbstverständlich, den Kaplan des Ortes an einem faden Nachmittag auch ohne Ankündigung und Absprache besuchen zu gehen und über alles Mögliche zu reden. Und damit es da kein Mißverständnis gibt: es gab dabei niemals irgendwelche Übergriffe, und nicht nur – um auch das zu betonen – weil sich der eine oder andere Kaplan beherrscht hat, sondern weil das überhaupt bei den konkreten Personen kein Thema war und gar nicht im Raum stand (Thema wurde es erst durch einen deutschen „Sommerfrischler“ am Putterersee).

Zurück zum Film und damit nach Bethlehem, denn der Bethlehemitische Kindermord soll das eigentliche Thema dieser Betrachtung sein. 2007 habe ich einen Text geschrieben (Der Bethlehemitische Kindermord und der Engel, hier auf der Schublade der Text Nummer 3), wo es um die Frage geht, warum Gott (oder wer oder was auch immer) nur dem Josef einen Engel geschickt hat um ihn zu warnen und den anderen nicht. (Übrigens ist es mir in diesem Zusammenhang völlig wurscht, ob diese Ereignisse historisch sind oder nicht. Es geht mir nur um die Geschichte und die vielen menschlichen Erfahrungen dahinter.) Meine Antwort darauf war in etwa, dass in jedem und jeder aus den tiefsten Schichten des Bewußtseins (oder weil es so tief „unten“ ist, kann man es auch Unterbewußtsein nennen – wichtig ist nur, dass es ein Bewußtsein ist, wenn auch ein meist abgedrängtes) – aus der Region also, die direkt mit dem – nennen wir es so – „Universalbewußtsein“ verbunden ist – dass von dort an jeden und jeder eine Warnung vor der Gefahr in welcher Form auch immer aufgestiegen ist, aber nur Josef so offen war, diese Warnung wahrzunehmen und sofort darauf zu reagieren (noch in dieser Nacht) und mit Frau und Kind geflüchtet ist. Und nicht gedacht hat: „Nein, das wird schon nicht so schlimm!“ oder „Wer denkt sich so einen Irrsinn aus, das gibt es doch nicht!“ oder „Morgen soll doch die bestellte neue Hobelmaschine geliefert werden; das geht jetzt nicht!“ oder „Ich muß zuerst das mit meinem Konto regeln; die haben aber erst wieder am Sonntag offen. Das warte ich noch ab!“ oder „Maria hat vorige Woche erst ihre neue Einbauküche bekommen; das kann ich ihr jetzt nicht antun!“ etcetera etcetera etcetera.

Zurück zum Pasolinifilm: bei der Szene der Abreise der Flüchtlingsfamilie wegen des drohenden Mordes an dem Knaben – nochmals: mir ist es wurscht, ob diese Geschichte historisch ist oder „bloß“ die traumatischen Erfahrungen der Menschheit widerspiegelt – sieht man ganz klassisch Maria mit dem Kind am Esel, den Josef führt, sitzen und, weil sie ja weiß, was für ein Massaker hier bald passieren wird, läuft ihr eine Träne über die Wange.

Mein Religionslehrer im Gymnasium damals – eine unerleuchtete Figur; typisch ein Opfer eines falschen Handels mit den Göttern („wenn ich Stalingrad überlebe, werde ich Priester“) – hat diese Szene kritisiert, weil man da auf den Gedanken kommen könnte, warum Josef und Maria nicht auch die anderen gewarnt haben (also die Szene im Film, nicht die unterlassene Warnung hat er kritisiert). Ich selbst habe das damals auch einfach so hingenommen, ohne über diese Frage nachzudenken (und diese habe ich mir auch im Text Nummer 3 nicht gestellt, weil ja eh jeder sozusagen unbewußt informiert wurde). Erst vor kurzem habe ich von diesem Text 3 erzählt und mir im Nachhinein Gedanken gemacht, warum die wirklich nicht die andern gewarnt haben. Was könnte denn dabei passieren? Wie könnte den die Reaktion der Gewarnten sein?

„Was! Wie reden die über unseren guten König Herodes! Die reden so schlecht über ihn! Das ist Gesellschaftsgefährdung!“ oder „Der Herodes ist zwar ein Arschloch, aber wenn ich die anzeige, habe ich vielleicht bei den Behörden für meine beantragte Genehmigung für xyz einen Vorteil!“ oder „Die spinnen ja! Wer denkt sich so etwas aus?! Die gehören ins Irrenhaus!“ oder „So etwas Blödes! Damit will ich nichts zu tun haben!“ oder „Woher wollen gerade diese Hungerleider, diese religiösen Seicherl das wissen?!“ oder „Leute mit Visionen gehören zum Arzt!“. Und die Geschichte ist (die Geschichten sind) doch voll von ermordeten Propheten und gelynchten Seherinnen, weil die Gewarnten die Warnung nicht vertragen konnten.

Anmerken will ich noch zum Text 3, dass die Gestalt, die als Engel beschrieben wird, wenn schon dann eher der berühmte „Schutzengel“ wäre, der immer auf seinen Schützling bezogen ist, eigentlich und besser jedoch als der andere, als der verdrängte Teil des energetischen Konglomerats, das wir im Wesentlichen sind, bezeichnet werden könnte, oder als der verweigerte und weggeschobene Anteil des eigenen „Energiekörpers“, der sich immer bemerkbar machen und einbringen will.

Ich hatte auch vorgehabt, den Text 3 hinsichtlich seines arroganten und schnoddrigen Tones zu überarbeiten, aber nein, mir gefällt das eh.


(11.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3998 Das Londonbild

 



9:55 a.m.  Wie fast immer, wenn ich aufwache, muß ich ein wenig staunen, dass ich in einer Welt bin. Und muß mich erst ein wenig orientieren und daran erinnern, was bisher geschah. So verankere ich meinen an sich umherschweifenden Blick ein wenig an den vier Bildern oben unter dem Plafond: Malerwochen 1988 auf Cres, Malerwochen 1999 in Rettenschoess, das jährliche Schifahren früher mit den Kindern auf der Riesneralm vor zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren (ich weiß nicht mehr, aus welchem Jahr das Foto stammt). Ich lasse die unmittelbare Welt meines Zimmers auf mich einwirken. Und wie fast immer – da sie zufällig im Zentrum meines Blickfeldes lehnt – bleibt mein Blick auch bei der frankophonen Schweizerin hängen, die ich verschwommen und – weil mein Bewußtsein schon wieder in die Träume abhauen will – größer werden und näher rücken sehe. Jetzt suche ich das Londonbild vom Kokoschka im Regal, wo es irgendwo lehnt (mein Bewußtsein will wieder hierher zurück), aber kann es nicht gleich finden (mein Bewußtsein ist noch nicht ganz da). Ich werde ganz aufgeregt davon und bin dann sehr erleichtert, als ich es entdeckt habe. Das alles vom Bett aus. Aber jetzt bin ich bereit, aufzustehen und in die Küche hinunter zu gehen, um mir ein Frühstück zu bereiten (die Tageskinder haben auch schon nach mir gerufen).


(11.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3997 Kannitverstan

 



3:30 a.m.  Meine linke Hand hält ganz verkrampft das Notizbuch fest. Ich bewege nun Hand und Finger, um sie zu lockern. Ich halte außen und innen nach einer Geschichte Ausschau. Mein Kratzelbild ist auf einmal ein verschwommenes Gesicht. Schaut nicht gut aus. Entweder schon tot oder noch gequält. Oder eine verdreckte, beschädigte Totenmaske oder das Gesicht einer entstellten Mumie. Über meinem Kopf die weiße Möwe aus Holz. Die Wände wollen sprechen, aber können es nicht. Die Stille schreit mir in die Ohren. Das Kratzelbild hat sich wieder verändert: jetzt schwanken zwei fragwürdige Gestalten ratlos aus einem dunklen Tunnel durch den einem Glashaus ähnlichen Bereich auf die Glasfront am Ausgang zu; sie zögern und bleiben stehen. Sie schauen. Die Glasfront ist hell und die Glasdecke bunt und sie sind von dunklen Strukturen durchzogen, die die einzelnen Glasplatten unterschiedlicher Größen und Formen tragen. Eine stumpfe Stimme spricht zu leise auf Holländisch zu mir. Kannitverstan. Das antworte ich.


(11.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 10. März 2025

3996 Mit kleinem Ball

 



12:18.  High Noon war ich noch auf der Straße. Nichts ist passiert. Keiner hat geschossen. Der Zenit ist überschritten. In den noch kahlen Büschen hängen noch Meisenkugeln. Ein kleiner Bub mit curcuma-ingwergelber Zipfelmütze geht mit seiner Mutter (? - ich weiß es ja nicht wirklich) vorbei. Er dürfte gerade erst gehen gelernt haben. Ein junges Paar (? - weiß ich auch nicht wirklich; jedenfalls sind es zwei Personen) spielt in der erst leicht angerünten Wiese mit einem kleinen Ball. Einige Mütter mit Kinderwagen. Ach ja: Campus, Hof 3. Auf meinem linken Zeigefinger entdecke ich eine kleine orange farbige Stelle, die sich auch mir Spucke nicht säubern läßt. Mit Karotten habe ich heute nichts gemacht, aber vielleicht war das die rote Frühstückspaprika? Zum Ballspiel der jungen Leute gehört ein Gestell mit einem gespannten, ein Dezimeter über dem Boden platziertem Plastiknetz, in das sie offensichtlich den Ball beim ersten Schlag reinhauen müssen, und der andere soll ihn dann, wenn er wieder hochgesprungen kommt, übernehmen und zurückschießen, wobei die Netzberührung nicht mehr vorgeschrieben ist. Geschlagen wird der kleine Ball mit der flachen Hand. Mehr ist mir nicht aufgefallen. Vielleicht ist er jedoch ein Coach? Er klingt bei seinen Ansagen ein wenig so. Ich gehe jetzt weiter, am Narrenturm vorbei.


(10.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3995 Schönes Erwachen

 



10:03 a.m.  Schönes Erwachen. Dann ordne ich die „ausgelesenen“ Bücher vom Stapel neben dem Bett ins neue Regal im Musikzimmer ein. Vor meinem Therapietermin will ich noch in die Apotheke, aber irgendetwas vergesse ich. Mit dem Gang zur Apotheke war in meiner Planung gestern für heute noch eine zweite Erledigung verbunden, die mir nicht und nicht einfallen will. Ich strenge mein Gehirn an, aber vergeblich. Ich versuche es mit dem einen Schritt zurück, vergeblich. Ich versuche, meinen Geist abzulenken und zu beruhigen, indem ich auf die durch die Brillen gesehen so dezent und angenehm üppige frankophone Schweizerin starre, vergeblich. (Vielleicht frißt auch mir ein Wurm das Gehirn auf; da wäre ich in prominenter Gesellschaft! Naja, mir kommt es eher wie Versulzung vor. Wie auch immer.) Na gut, dann nicht. Dann gehe ich jetzt hinunter frühstücken.


(10.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3994 Wie wird das werden

 



1:23 a.m.  Die Luft ist rein. So gut habe ich gelüftet. Ich schau ins Kratzelbild. Da fällt mir ein: Sturm Graz hat gewonnen! Ich schaue wieder ins Kratzelbild. Ich frage mich, wie wird das werden, wenn mein anderer kommt? Die Hälfte des Lebens ist längst vorbei und liegt schon ein halbes Leben zurück. Ich meine den anderen, der alles über mein Leben weiß, auch alles, was ich vergessen habe oder nicht wissen will, alles, was ich nicht mitbekommen und was ich übersehen habe, alles, wofür ich zu faul oder zu überfordert war, alles, was hätte sein können und alles, was besser nicht passieren hätte sollen. Alles. Wie wird das werden, wenn der kommt? Der sich an alle meine Wahrnehmungen und alle meine Träume erinnert: die der Tage und die der Nächte, der alle meine Gedanken abgespeichert hat, alle Regungen meines Herzens, der alle meine Handlungen kennt und alle Unterlassungen, der alle meine Ängste kennt und alle meine Hoffnungen, meine Irrtümer und meine „guten Taten“? Wie wird das werden?


(10.3.2025)


Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3993 Die Papierrolle

 



16:21.  „Ja, du hast recht gehabt, die Falterrolle ist viel schöner, seriöser und edler!“ sagte ich zu meiner Frau, nachdem ich mich eine gute Stunde früher darüber mokiert hatte, dass sie mir - wahrscheinlich schon längst – was mir aber bis heute nicht aufgefallen ist – die von mir am Fensterbrett im Badezimmer deponierte dicke Rolle aus Zeitungspapier – ich kann mich nicht erinnern, ob ich sie mit Klebeband umwickelt auch in ihrer runden Form stabilisiert hatte – wie ich es nachgewiesenermaßen bei anderen Papierrollen bei anderen Fenstern getan habe – weggeschmissen hat, weil angeblich staubig und verlurcht. Diese Rollen liegen an den Fenstern bereit, weil ich mit ihnen bei längerer Lüftung – wie es jetzt bei diesem warmen Wetter sinnvoll ist – den dann zwischen den zwei rechten Fensterflügeln eingeklemmten linken äußeren Flügel daran hindern will, bei jedem Luftzug oder Windstoß gegen den Griff des äußeren rechten Fensterflügels oder gegen die Rahmen der anderen fixierten Flügel zu schlagen. Ja, sie hat recht gehabt! Die Falterrolle hat mehr Niveau. Soll ich sie noch mit Tixo fixieren? Zahlt sich das aus?

Früher verwendete ich noch Holzstücke als Rollenkern. Eigentlich war es umgekehrt: zuerst habe ich ein Holzstück zwischen die Fensterflügel geklemmt, dann habe ich sie durch Umwickeln mit Zeitungspapier hinsichtlich ihrer dämpfenden Wirkung verbessert, geräuschärmer und insgesamt sicherer gemacht. Dann habe ich auf den Holzkern verzichtet und eine recht dicke Zeitungspapierrolle produziert. Apropos Rolle, Zeitung und produzieren – bei meinen Großeltern gab es nur alte, in handliche Größe zerschnittene Zeitungen als Klopapier - ich habe heute festgestellt, dass beim Scheißen (scheißen von der indogermanischen Wurzel *skei- lostrennen wie scheiden, Scheit, Scheitel (Stelle, wo sich die Haare trennen), scheitern (das Holzschiff, das in Holzscheiter zerfällt – alles nach Mackensen, Ursprung der Wörter) festgestellt, dass dies – bei entsprechender Materialproduktion und problemlosem Ablauf – durchaus ein Akt sein kann, der eine gewisse Befriedigung verschaffen kann; nicht wahr?


(9.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Freitag, 7. März 2025

3992 Spazihieren

 



15:44.  Die Donau – ihr Seitenarm – fließt und fließt und fließt; recht flott eigentlich (und uneigentlich? - der innere Spötter). Meine liebe Frau hat mich überredet mit ihr in die Sonne zu kommen und ich – in Erwartung einen Spaziergang zu machen (vergleiche: er heißt Peter und er geht so gern spazihieren und meine Art zu gehen ist zu machen einen Spaziergang) – habe zugestimmt. Dann hat sich herausgestellt: sie hat eine Decke mit und will lagern. Das habe ich nicht so gern, weil das ungestützte Hocken am Grund und Boden sehr gern auf mein Kreuz geht. Aber was macht eines nicht alles, damit jemand einmal in der Woche, am Wochenende, alle meine Texte der ganzen Woche liest (jetzt tut er wieder so arm! Dabei hat sie diese morgendlichen Wochenendlesungen im Bett nie in Frage gestellt und liebt sie auch! - der innere Korrektor!). Na gut, schreib ich hald (sic!) noch einen Text, der letzte – und die letzten sind beim Vorlesen immer die ersten am elektronischen Stapel – ist ja wirklich kein so guter Einstieg für ein Wochenendvergnügen. Also: die Donau fließt und fließt und fließt. Ein Saxophonspieler am anderen Ufer hat unter der Brücke (Resonanzraum!) zu spielen begonnen. Er (oder sie) übt dort wohl, obwohl ich ihn/sie nicht sehen kann, vermutlich hinter einem Pfeiler der Brückenkonstruktion versteckt. Ah! Er wechselt die Standorte – offensichtlich um die verschiedenen Akustiken auszuprobieren: nun sitzt er (oder doch sie?) ganz unauffällig und von den Farben der Kleidung her gut getarnt seitlich auf einem niederen Mäuerchen. Mehr kann ich im Gegenlicht und bei dem wasseroberflächlichen Geglitzer nicht sehen. Bei meinen aufgestellten Beinen rutschen ständig die Füße am Gras des kleinen Wiesenhanges ab. Schon angenehm, dass Schreiben keinen Lärm macht und dabei im Gegensatz zur Malerei kaum Aufbewahrungsprobleme auftauchen. Mir gefällt das saxophonische – und ich meine das nicht negativ! - Gejammer; es passt perfekt zu meiner Stimmung. Lesen, schreiben, essen tu ich in „der Natur“ nicht so gern; schnell fehlt mir dabei die gewünschte Intimität, die solipsistische Abgeschlossenheit und soziale Sicherheit. Außerdem habe ich immer den Verdacht, dass mir die Sonne meine tiefsinnigen, existenzialphilosophischen Gedanken und alltheologischen Fähigkeiten wegbrennt. Aber zur Not geht es schon und gottseidank gibt es jetzt noch keine nennenswerten Insekten. Schlimmstenfalls lege ich mein Schreibzeug weg.
Mir tut bereits vom harten Grund und Boden der Hintern weh und das Kreuz beginnt zu schmerzen. Polizeisirenen überheulen das Saxophon, das auch sofort abbricht. Und nach dem Vorbeirasen der alarmierten Autos wieder von neuem ansetzt. Ich kann so – ohne Anlehnen – nicht mehr länger sitzen. Das Kreuz tut schon richtig weh. Verdammt noch mal! Ich bin alt, alt, alt. Die frei improvisierte Saxophonmusik ist wirklich schön; ich höre da auch selbstironischen Humor heraus, oder?


(7.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3991 Auch

 



10:22 a.m.  Im Kaffeeamt. Viele Leute frühstücken hier. Ein Kellner spielt mit einem Hund einer Kundin. Den Falter hatte ich zum besseren Lesen aus seinem Holzgestell geschraubt. Die Schiffamtsgasse – so kommt mir vor – gibt beschreibungsmäßig nicht allzuviel her; das Gebäude gegenüber ist hässlich (ich habe nichts gegen architektonische Sachlichkeit; es ist nicht Dekoration, die mir hier abgeht). Die meisten Menschen sind paarweise hier. (Den kindergerechten zweiten Gastraum – eine wirklich segensreiche Einrichtung für Leute mit Kleinkindern, die sich hier unbefangen treffen können - habe ich nicht im Auge.) Farblich fallen im Ambiente die Orangenkörbe an der Budel auf; also nicht die Metallkörbe selbst, sondern die Orangen. Übrigens: den Falter habe ich heute am Freitag als Erster gelesen; ich habe es beim Umblättern an den noch in den Druckereilöchern verkeilten Seiten bemerkt. Trotz all dem weiß ich nicht, wo ich im offiziellen Leben hingehöre. Ich kann nicht hinschreiben, dass ich Schriftsteller bin, obwohl ich – so gott-oder-wer-oder-was-auch-immer-will – bald meinen viertausendsten Text geschrieben haben werde. Dabei sind die verlorenen, zerstörten Texte meiner Frühzeit gar nicht mitgezählt. Das kommt von der Überlagerung der zwei Begriffe von Kunst (& Co): erstens als kategorialer Begriff - Künstler, Schriftsteller, Musiker etc im Unterschied zu Tischler, Koch, Tagesmutter, Installateur, Krankenschwester etc, und zweitens Kunst als inhaltlicher Begriff: dass eine Tätigkeit - egal ob kochen, schreiben, malen, Kinder betreuen, tischlern etc in ihrer Ausführung und ihrem Ergebnis - sagen wir es pathetisch – die Unendlichkeit berührt und damit die Kultur einer Epoche von den unterschiedlichen Standorten aus ausrichtet und orientiert. Beim inhaltlichen Begriff Kunst gibt es eigentlich keine Künstler als Beruf, sondern bloß Schreiber, Maler, Installateure, Köche etc und -innen, die in einem, vielleicht auch nur einem einzigen Moment in ihrer Arbeit über die Beschränkungen und Kategorien der Alltagswelt hinausgelangt sind und diese „Berührung“ ihrem Werk „eingespeichert“ haben. Weil aber der inhaltliche Begriff und seine Aura in Sprachgebrauch und Bewußtsein auch beim kategorialen Begriff von Schriftsteller etc mitschwingen – weshalb ja die „Kunst“ von der Gesellschaft besonderen Schutz erwartet, ähnlich wie die religiösen Institutionen – und dabei wie die letzteren im Einzelfall nicht immer oder auch nur selten zu Recht – was nicht gegen einen solchen prinzipiellen Schutzstatus spricht, denn diese Ungewissheit und Unsicherheit ist auszuhalten – also wegen der Überlagerung der beiden Begriffe von Kunst traue ich mich meistens nicht, mich als Schriftsteller zu bezeichnen, weil es offen ist, ob mir – und wenn ja: in welchen Texten) dieser Hinausgriff auf die Unendlichkeit beziehungsweise das Zulassen deren Hereinstrahlens gelungen ist, obwohl ich viertausend Texte geschrieben habe. Vielleicht ist es mir leichter, zumindest den kategorialen Begriff Schriftsteller auf mich anzuwenden, wenn ich in die Grazer Autorinnen Autorenversammlung aufgenommen werde (mein Antrag vor zwei Jahren ist wegen der Schlamperei der Österreichischen Post beim letzten Aufnahmeverfahren im September 2023 nicht bearbeitet worden), denn ganz unwirksam und sinnlos sind solche Bestätigungen zumindest bei mir nicht. In etwa so wie eine Gesellenprüfung eines Tischlers zum Beispiel, auch wenn das unter Umständen auch nicht allzuviel über die tischlerischen Fähigkeiten des Probanden aussagt.


(7.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3990 Auf die harte Art

 



15:29.  Heute ist es viel wärmer als ich erwartete hatte. Ich mußte das so auf die harte Art lernen, weil ich wie zur Winterszeit gewohnt mit langer Unterhose und Pullover einkaufen gegangen bin (eingekauft habe ich Lupinienkaffee, Löwenzahnkaffee, Getreidekaffee, Kaffeegewürz und einen Packen Kopierpapier zum Ausdrucken meiner Texte). Also: dass es heute über 20°C hat, mußte ich – wie schon gesagt – auf die harte Art lernen; durch direkte Konfrontation mit der Wirklichkeit, direkt aus dem Leben heraus, ohne Vermittlung, ohne Warnhinweise! Gut, es ist nicht viel passiert, denn als ich dann wieder zu Hause war, habe ich zuerst mein blaues Sakko ausgezogen, dann den dicken dunklen Pullover, sowie meine Jeans (wobei es mich auch noch aus dem Gleichgewicht geschmissen und arschlings aufs Bett geschleudert hat), dann meine Socken, dann die lange weiße Unterhose (die ich immer über eine kurze, normale trage damit sie länger basicly brauchbar bleibt und ich sie dann nicht dauernd noch waschen muß, denn ich habe nur eine einzige unzerrissene); dann habe ich die Socken wieder angezogen, die Jeans darüber und das war’s.

Und als ich mich vor zwanzig Minuten in den Augarten zum verabredeten Platz begeben habe, haben mich zwei Schülerinnen – offensichtlich eine schulische Gruppenarbeit – angesprochen und gefragt, was ich von Autorität und ihrem Verschwinden halte. Ich habe – nach einigem Herumstottern – sinngemäß gesagt, dass ich Autorität und autoritär unterscheide und das Autoritäre verschwinden möge, aber zum umfassenden Ausführen des Gedankens bin ich nicht gekommen (er schwindelt ein wenig: ganz so ist es nicht abgelaufen; er versucht, sich wieder besser darzustellen als er es in echt in der Situation bei seinem Mangel an Schlagfertigkeit war – der innere Verräter).

Der dichte Wald an unbelaubten Bäumen, der sich aus meinem Blickwinkel quer durch den ganzen Augarten, wodurch im Abbild die Abstände zwischen den Baumreihen verloren gehen und alle Bäume mit ihren Ästen und Zweigen auf eine dichte, rötlich-braune Masse zusammengeschoben erscheinen, wenn eines länger hingafft, fast zum verstörenden Anblick werden kann. Das gelbliche Sonnenlicht darauf von rechts hat auch noch einen befremdenden Effekt. Das alles ist bei genauerer Betrachtung viel weniger vertraut, als eines annimmt. Und die vielen Menschen, die an diesem ersten wirklich warmen Tag ins Freie gepilgert sind.


(6.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Donnerstag, 6. März 2025

3989 Dahinter das Meer

 



9:14 a.m.  Wenn ich – so wie jetzt beim Hochziehen des Rollos – aus dem Fenster auf die weißen Wände des Lichtschachts und - wenn ich mich weit vorbeuge und meinen Kopf weit in den Nacken lege - auf das Stück blauen Himmels, und auf die Spiegelungen wieder der weißen Mauern und des blauen Himmels im Dachbodenfenster gegenüber einen Stock höher blicke, dann habe ich an sonnigen Tagen wie diesen den Eindruck: hinter diesen Mauern ist das Meer. Gleich dahinter.


(6.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3988 Käfer und Wurm

 



1:06 a.m.  Wie war das? Für’s Schlafen sind die Stunden der steigenden Sonne die besten? Die richtigen Wege zweigen oft von den falschen ab? Der frühe Vogel fängt den Wurm? Ich habe bloß einmal einen Holzwurm „gefangen“, gebraten und gegessen – das war aber am Nachmittag und nicht in der Früh. Wie der geschmeckt hat? Blöderweise hatte ich ihm nicht den Kopf und damit das daran hängende, mit Holzmehl gefüllte Gedärm abgezogen, aber ansonsten in etwa wie geröstete Kokosstücke. Ich glaube, das war meine einzige Schlachtung. Nein! Nicht ganz: einmal habe ich für einen Regenzauber ein paar lebende Käfer – aber als Ganzes – hinuntergeschluckt – also eigentlich eh nicht geschlachtet. Wahrscheinlich war ich bei dieser Zeremonie zu zögerlich, oder ich habe die falsche Käferart genommen – ganz so exakt wird meine Übertragung der indianisch-amerikanischen Bioverhältnisse auf die Wiener Umwelt auch nicht gewesen sein – denn es hat dann nur kurz zu tröpfeln begonnen. Ich habe das gemacht, weil wegen einer lange anhaltenden Trockenperiode der Dachgarten schon ganz dürr war und ich des ständigen Gießens müde mit der Wasserversorgung der Pflanzen nicht mehr nachgekommen bin. Noch dazu, wo ich befürchtete, dass die Benützung des Flachdaches und das Anlegen des Gartens illegal waren und bei offizieller Anfrage von der Hausverwaltung nicht erlaubt worden wären. Noch dazu wo das Dach dazu tendierte, undicht zu werden und wir ohne Blumentöpfe direkt in den Dach-Boden pflanzten beziehungsweise die karge, aber schon von selbst vorhandene Vegetation damit erst so richtig aufpäppelten. So habe ich diese Arbeiten immer heimlich und unbemerkt und nicht zu auffällig auszuführen versucht. Ja, das ist schon Jahrzehnte her, das waren die Käfer und der Wurm. Und sonst? Weiß nicht. Bin schon müde.


(6.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3987 Unrasiert

 



2:05 a.m.  Unrasiert hocke ich des Nachts im Bett; die Augen müde vom Lesen, das Herz aufgewühlt und der Geist wie geblendet, so dass er nur wenig versteht. Das Sirren und Surren besetzt mein Gehör, mein Kopf dröhnt von den Resonanzen (nein, ich habe nicht Kopfweh, sondern bloß einen Turban aus wellenlosem Schall – dieser ist nämlich nicht durch die Luft gekommen). Wieder das Nebelgefühl im Zimmer, ein Nebel vielleicht aus zurückgeworfenem, gestreutem Licht. Eine Kunstkartennackte steht heute – mit Brillen gesehen – so komisch da – ohne Brille schaut sie bildgemäßer aus. Mein Reich ist wirklich nicht von dieser Welt, mein inzwischen eingeschlafener Schreib-Arm schon.


(5.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Dienstag, 4. März 2025

3986 Wau wau

 



12:28.  Im Espresso Burggasse blicke ich direkt und gerade aus durch den Gastraum hindurch und durch das große Fenster hinaus auf den Gehsteig und den Schanigarten und die stark befahrene Burggasse und sehe einen jungen Mann mit einem Baby am Übergang zum Kleinkind „umgehängt“, wie ich das früher als gar nicht mehr so junger Vater auch gemacht habe. Einige Verwegene sitzen schon im Gastgarten - mein Handy sagt: 11°C – wo schon Frühlingsstimmung des sonnigen und relativ warmen Tages wegen aufkommt, aber es zum Sitzen im Freien schon noch recht kühl ist. Heute ist hier während meines Frühstückens viel los gewesen, zwei größere Gruppen junger Erwachsener waren hier, jetzt jedoch wird es leerer. Der relativ junge Mann (relativ zu mir sind die meisten Menschen jung) mit dem kleinen Kind sitzt nun herinnen beim Fenster und hat sein Kind vor sich auf den Tisch gesetzt und dieses schaut neugierig und aufgeweckt die Umgebung erkundend um sich und arbeitet mit seinen Händen wie im Versuch zu dirigieren, und als wir kurz Augenkontakt hatten, habe ich ihm aus meiner zirka drei oder vier Meter Entfernung in Nachahmung seiner Arm- und Handbewegungen zugewunken, was bei ihm so eine Art gestischen und mimischen Lachanfall ausgelöst hat.

Schöne, auseinandergezogene Soulmusik aus den Boxen. Cappuccino numero drei. Die Sonnenflecken auf den gegenüber liegenden Hausfassaden sind schon etwas weiter herunter gewandert, aber wie geht es jetzt weiter? Die Plexiglas(?)wände des Schanigartens zur Straße hin sind von Feuchtigkeit beschlagen und bilden so auch einen dezenten, aber dennoch durchscheinenden Sichtschutz. Der Mann links am Nebentisch ist mir nicht ganz geheuer. Ich winke dem kleinen Kind am Fensterplatz an der gegenüber liegenden Seite und es lächelt sofort. Und noch einmal. Jetzt hat es die Schnüre der Jalousie entdeckt und zieht und zupft eifrig daran. Ein Hund bellt und das Kind sagt: „wau wau!“ Neue Gäste kommen herein und schauen sich um und sind schon im hinteren Raum verschwunden. Der Mann links nebenan ißt Linsen und macht – so wirkt es auf mich – dabei eigenartiges und befremdliches Theater. Aber ich muß ja nicht alles verstehen. Jetzt reicht der Papa beim Fenster dem kleinen Kind, das noch kein Glas halten kann, Wasser aus seinem Glas zum Trinken (warum kommen mir jetzt Tränen?). Jetzt ruft das Kind mit strahlenden Augen seiner jungen Nachbarin am Nebentisch „A!!“ zu (das A sehr scharf und prägnant und nicht in die Länge gezogen). Jetzt krabbelt es am Boden, denn der Papa ist aufgestanden und rüstet sich zum Aufbruch. Aus den Boxen heult eine schwarze Stimme so schön „alone!“. Ich gehe noch aufs Klo, zahle dann (Geburtstagsgeschenk!) und werde nachher ebenfalls aufbrechen.


(4.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3985 Ecce Puer

 





9:43 a.m.  Mein Herz klopft vor Aufregung. Warum weiß ich nicht. Beim Hochziehen des Rollos (na gut! Meinetwegen! Halte ich mich heute hald (sic!) an das vorgeschriebene Geschlecht!) spüre ich schon eine feierlich leicht sakrale Stimmung. Aber wieso? Das frage ich, mich während mir auf einmal im vollbepackten Bücherregal eine dunkle Stelle – ein querliegendes dunkelblaues Buch ist tiefer in die Buchreihe hineingeschoben als die anderen – unheimlich wird. Das gibt es doch nicht! Welcher Film läuft da ab? Ich versuche mein Gemüt am Bild einer Medardo-Rosso-Skulptur rechts an der Wand zu beruhigen. Und dann bei einem näher hängenden Weiler. Ah! Jetzt geht ein tiefer Atemzug. Und noch einer. Was heckt da meine arme Seele aus? Zufällig fällt mein Blick auf die frankophone Schweizerin mitten am Regal. Ganz verschwommen nehme ich ihren ein wenig unsicheren, fast hilfesuchenden Blick wahr (aber der Maler hatte kein Erbarmen). Ist es das? (Le chapeau violet, 1907 von Felix Edouard Vallotton.) Hängen zu viele Abbilder von Erbarmungslosigkeit und was-weiß-ich-noch-was im Zimmer? Und welche Energien sind in all den Büchern gespeichert und was strahlen sie ab? Liege, hocke und lebe ich da mitten im Wahnsinn? Oder ist das einfach das Leben?

Ich wollte unbedingt herausfinden, welches Buch mich erschreckt hat und mußte dazu aufstehen und zum Bücherregal gehen: Michael Köhlmeier; Telemach.

Dann wollte ich herausfinden, welche Skulptur von Medardo Rosso das ist, die da als Abbild an der Wand hängt und mich ein wenig beruhigt hat, und weil ich die Kunstkarte an der Wand nicht umbiegen wollte, um die Angaben an der Rückseite zu lesen, bin ich ins Musikzimmer gegangen, wo mein neues Ausweichbücherregal steht, um im dort abgelegten Medardo-Rosso-Katalog nachzuschauen, habe jedoch in meiner Hektik und beim nervösen Herumblättern die Skulptur nicht gefunden, sodass ich dann doch auf mein Bett kraxeln und die Karte an der Wand umbiegen mußte: ecce puer (den ich immer für ein Mädchen gehalten habe).

Wie auch immer: durch dieses Suchen sind mein Geist angekurbelt und meine Kräfte aktiviert worden; ich bin jetzt für den Tag gerüstet und bereit. Auf ins Lieblingscafé! (Espresso Burggasse.)


(4.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3984 Spät nachts

 



2:10 a.m.  Jetzt schaut es aus, als würden spätnächtliche Nebel durchs wenig erleuchtete Zimmer ziehen. Und als würden manche Gegenstände auszufransen beginnen. Und es scheint ein unsichtbarer Druck durchs Zimmer zu schleichen – ich spüre ihn von außen an Gesicht und Gebiß.


(4.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3983 Wegbeamen

 



15:46.  Und nun sitze ich in der Gesundheitskassenzahnambulanz, mit dem Rücken zum Bildschirm dieses depperten „Gesundheitsfernsehens“, weil ich so etwas (gott-oder-wer-oder-was-auch-immer wenigstens ohne Ton) nicht vertragen kann (im Gegensatz zu Lichtspiegelungen). Ich starre auf das feine Muster des linken unteren Ärmels meines blauen Sakkos. Dann geht es schnell. Aufruf zur Behandlung.

16:14.  Im Behandlungsraum habe ich die Lüftungsschlitze, Feuermelder (?), deren beigeklebten Nummernpickerl an der Decke und die Lichter, Lampen und Lichteffekte plus die verschiedenfarblichen Nachbilder betrachtet und angegafft, während ich am Behandlungsstuhl liegend, beziehungsweise meine Zähne bearbeitet wurden. Fast konnte ich mich wegbeamen, aber nur fast. Ich freue mich aufs unpersönliche Universum (ha! ha! ha! - der innere Spötter).


3.3.2025


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3982 Spiegelungen

 



15:17.  Das polnische Institut und eines der frühneuzeitlichen Häuser werden mit schönen Lichtornamenten in Form einander überlappend gekreuzt gedrehter Lichtbänder (ich habe im Internet gesucht, ob ich unter den Maschendrahtzäunen irgendeine ähnliche Verknüpfungsstruktur finde, aber nein) und Ovalen und anderen, zum Teil in gebrochenem Licht, über irgendwelche für mich nicht nachvollziehbare Spiegelungen geschmückt.

[gute Gründe, warum der drohende Bethlemitische Kindermord nicht den anderen verraten werden sollen könnte: „Was?! Ihr redet so schlecht über unseren geliebten König Herodes!?“ (in Gedanken: ... diesen Verrat werde ich den Behörden melden!“). Oder: „Was spinnen die da zusammen! Wer denkt sich so etwas aus! Die müssen verrückt sein! Die gehören ins Irrenhaus!“] (Tut mit leid! So steht es im Notizbuch – der Tipper)

Spiegelungen, die sich mit der sinkenden Sonne verändern und an den Häuserfronten wandern. Und am Heimweg die herrlichen, optimistisch sonnenbeleuchteten Hausfassaden, zum Beispiel am Donaukanal, in weitverlaufenden Häuserreihen, die so ein tolles Stadtgefühl vermitteln.


(3.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

Montag, 3. März 2025

3981 Im Sitzen

 



1:40 a.m.  Den Fehler, dass ich statt - zum Beispiel - in ich schreibe, mache ich oft. Und der ist verräterisch! Aber heute bin ich schon zu müde, mehr darüber zu notieren. Außerdem bin ich ja kein Notar.


7:48 a.m.  Als ich – aufgeweckt von Lärm in der Küche unten – mich nach dem Gang auf die Toilette wieder ins Bett gesetzt habe, bin ich – durch eine unerklärliche Bewegung – mit dem Hintern an die Leselampe gestoßen. Passiert ist nichts, gott-oder-wer-oder-was-auch-immer-sei-dank, aber das war in meinem einundsiebzigjährigen Leben das ersten Mal!
So, dieses Ereignis haben wir jetzt einmal festgehalten. Wer sagt, der spöttelt sich so durch den Tag, hat nicht ganz unrecht. Die Rollo (sic! Ich bleibe heute bei meiner inneren Grammatik und Sprechweise) (aber nur teilweise! Siehe hochgezogen ein paar Zentimeter weiter - der innere Spötter) habe ich schon hochgezogen und der helle, freundliche Morgen kann optisch herein und ich muß nicht die Leselampe als Schreiblampe aufdrehen. Acht Uhr: die Heizung gurgelt los. Die – noch – Kälte im Zimmer bringt mich zum husten (da bin ich jetzt grammatikalisch unsicher: zu husten klingt für mich im Moment falsch, und zum Husten … ich weiß nicht, schaut auch nicht gut aus). Ach ja, heute habe ich nicht nur meinen Psychotherapietermin, sondern auch einen bei der Zahnärztin. Wie mache ich das mit dem Essen und meinen Haushaltspflichten? Ich werde noch eine Runde schlafen; im Sitzen.


(3.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

3980 Gern

 



0:52 a.m.  Der Rasierapparat schrillt und schreit gequält in meine Ohren, dass mir vor allem am linken hören vergeht. Beim Zähneputzen bin ich in eine - ich schätze - fast halbstündige Bürsttrance verfallen. Beim vorgebeugten Zehennägelschneiden habe ich wieder einmal mein Kreuz stärker gespürt. Es kann natürlich auch die Kälte sein, die meinem Kreuz zusetzt oder das lange Stehen in der Küche beim Zubereiten der Speisen für das Familienessen morgen (heute). Aber 19° C im Pyjama ist mir doch etwas kalt. Wozu schreibe ich das eigentlich auf? Naja, ich schreibe hald (sic!) gern! Formulieren macht mir Freude. Und selbst wenn ich an einem Tag nicht den Eindruck habe, dass mir ein wirklich guter Text gelungen ist, empfinde ich den Tag dennoch als einen halbwegs gelungenen. Meistens kritzel ich meine Texte wie nebenbei hin; ich weiß fast nie, was rauskommen wird. Ich habe selten einen Plan. Manchmal fällt mir ein Einstiegssatz ein, bevor ich mich zum Schreiben hinsetze oder hinknotze, oft starte ich ohne jede Idee. Ist das interessant? Ich weiß nicht. Ich schreibe hald (!) gern.


(1.3.2025)


©Peter Alois Rumpf März 2025 peteraloisrumpf@gmail.com