Nur Geld kann mich noch retten. Ich will mir ein g'scheites
Laptop kaufen und im ehemaligen Atelier oder im oberen Kinderzimmer eine
ordentliche Musikanlage aufstellen. Bücher, CDs, DVDs (zb Jean Eustache „la
maman es la putain“) im Lockdown via Internet kaufen. Und einen Hoodie mit
aufgedruckter Uniform aus der Zeit des Wiener Kongresses, so richtig mit
aufgedruckter Schärpe, Oden, Medaillen & Co; und zwar mit eigener Karte
bezahlend!
Das ist eine eigene Geschichte: Die
Internet-Feizbuck-Werbung hat mich schon ein wenig durchschaut und bietet mir
immer öfter Waren an, auf die ich wirklich anspringen könnte. Da waren letztens
auch Hoodies mit aufgedruckten historischen Uniformen dabei. Besonders eine hat
mir gut gefallen und ich stellte es mir toll vor, als Karikatur meiner selbst
herumzulaufen. Diese eine aufgedruckte Uniform habe ich der Zeit des Wiener
Kongresses zugeordnet und von den Farben und Orden her gedacht, das könnte eine
Zarenuniform sein! Aber das Photo ist viel zu klein, dass ich das überprüfen
könnte. Und bei meinen geringen Militär- Adels- Mode- und Geschichtskenntnissen
sowieso fragwürdig. Aber Zar tät mir gefallen! Bei meiner Slawophilie (aus der
Ferne). Da ich mit meiner Karte keine internationalen Überweisungen tätigen
kann, muß ich immer meine liebe Frau bitten, den Betrag von ihrem Konto zu
überweisen und ich überweise ihn auf ihr Konto. Verläßlich. Aber sie hatte sich
geweigert, sei es, dass sie sich für meine kindischen Wünsche geniert, sei es,
weil ich mein spärliches Geld nicht für so einen Scheiß ausgeben soll –
schließlich kommt sie ja fast zur Gänze für meine Kost und Logis auf. Und
sofort bin ich – tatsächlich – in schwerere Depression gestürzt. Ich versteh
jetzt die über Katalog und Internet bestellenden frustrierten Hausfrauen, die
über Konsum ihre schief gewordene Seelenbalance ausgleichen wollen. Konsum
hilft. Und deshalb hilft Geld. Meine Depression läßt sich mit Geld aufwiegen: je
mehr Geld in der einen Waagschale ist, desto weiter geht die depressive nach
oben ins Hellere.
Es ist ja kaum zu ertragen, für jede Auslandsüberweisung
meine Frau bitten zu müssen, und auch meinen persönlichen, vor allem
finanziellen Lockdown halte ich kaum noch aus. Ich würde ja auch gerne Konzerte
besuchen, Ausstellungen, Museen, Theater, Kabarett uns so weiter, jedoch auch
zum Essen einladen, Feste ausrichten und finanzieren (ab und zu), meine Töchter
finanziell unterstützen etc.
Mit dem Zarenhoodie ist es so weiter gegangen:
therapieunterstützt habe ich einen neuen Anlauf genommen und meiner Frau
einfach und erfolgreich angeschafft, die Überweisung für mich zu tätigen – in
höchst angespannter Atmosphäre – und gleich darauf meine so entstandenen Schulden
bei ihr bezahlt. Der Gedanke, als Zar und Herrscher aufzutreten, amüsierte mich
sehr. Aber meine Angetraute sagt dann: „die Uniform erinnert mich an Napoleon.“
Au weh! Nichts von Gottes Gnaden! Um Gottes Willen! Ein Emporkömmling und
Usurpator! Ich bin aufgeflogen!
Moment! Halt! „Zar“ geht ja wie „Kaiser“ auf den Namen
Caesar zurück! Das ist auch ein Usurpator! König ist eine archetypische
Gestalt, Kaiser und Zar nicht! Darum sind die auch nicht von „Gottes Gnaden“!
Anders gesagt: sie sind nicht in den tiefen Schichten des kollektiven
Unterbewußten verankert. Also wurscht ob Zar oder Napoleon. Und mit meiner
Sonne-Neptun bin ich astrologisch gesehen sowieso ein König, wenn auch einer
ohne Land.
(3./4./5.1.2021)
©Peter Alois Rumpf Januar 2021
peteraloisrumpf@gmail.com