Freitag, 15. Januar 2021

2119 Es ist 13 Uhr

 

Dem Surren in meinen Ohren eignet eine gewisse Schärfe an, ebenso den Konturen und Kanten der Bücher und der Regalbretter. Ich höre ein Rascheln im Zimmer, das ich nicht zuordnen kann, denn die Katze sitzt ruhig neben mir. Dem Licht, das aus dem Lichtschacht hereinkommt, eignet nicht nur Schärfe, sondern auch große Traurigkeit. Die Traurigkeit ist nicht nur in mir, die ist auch in der Welt. Ungern gebe ich es zu, aber da hat der äußerst unsympathische Apostel Paulus schon recht, daß die gesamte Schöpfung der Erlösung harret.

Das Surren ist milder geworden; es war mir noch nicht ganz bewußt, daß mein Formulieren und Beschreiben es verändern kann. Ein Cluster aus Ober- Unter- und Zwischentönen.

Ganz weit hinter dem Surren meinte ich kurz ein Kinderweinen vernommen zu haben. Von den schlafenden Tageskindern ist es nicht gekommen; es war ganz, ganz weit entfernt, ganz, ganz weit weg, ganz, ganz weit im Hintergrund . Hätte ich nicht ganz bewußt und konzentriert gelauscht, wäre es mir entgangen.

Es ist 13 Uhr und ich raste mich von einem Arztbesuch aus. Arztbesuche sind für mich ungeheuer anstrengend und ich fühle mich nachher oft – egal bei welchem Arzt – wie gearschpudert, unrein, beschmutzt, entfremdet – auch wenn das Gespräch völlig normal, freundlich und sachlich abgelaufen ist.

 

(15.1.2021)

 

©Peter Alois Rumpf   Januar 2021   peteraloisrumpf@gmail.com

 

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