2119 Es ist 13 Uhr
Dem Surren in meinen Ohren eignet eine gewisse Schärfe an,
ebenso den Konturen und Kanten der Bücher und der Regalbretter. Ich höre ein
Rascheln im Zimmer, das ich nicht zuordnen kann, denn die Katze sitzt ruhig
neben mir. Dem Licht, das aus dem Lichtschacht hereinkommt, eignet nicht nur
Schärfe, sondern auch große Traurigkeit. Die Traurigkeit ist nicht nur in mir,
die ist auch in der Welt. Ungern gebe ich es zu, aber da hat der äußerst
unsympathische Apostel Paulus schon recht, daß die gesamte Schöpfung der
Erlösung harret.
Das Surren ist milder geworden; es war mir noch nicht ganz
bewußt, daß mein Formulieren und Beschreiben es verändern kann. Ein Cluster aus
Ober- Unter- und Zwischentönen.
Ganz weit hinter dem Surren meinte ich kurz ein Kinderweinen
vernommen zu haben. Von den schlafenden Tageskindern ist es nicht gekommen; es
war ganz, ganz weit entfernt, ganz, ganz weit weg, ganz, ganz weit im
Hintergrund . Hätte ich nicht ganz bewußt und konzentriert gelauscht, wäre es
mir entgangen.
Es ist 13 Uhr und ich raste mich von einem Arztbesuch aus.
Arztbesuche sind für mich ungeheuer anstrengend und ich fühle mich nachher oft
– egal bei welchem Arzt – wie gearschpudert, unrein, beschmutzt, entfremdet –
auch wenn das Gespräch völlig normal, freundlich und sachlich abgelaufen ist.
(15.1.2021)
©Peter Alois Rumpf Januar 2021
peteraloisrumpf@gmail.com
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